Rücktritt vom Kaufvertrag: Rechte, Fristen & Tipps

Wenn man einen Kaufvertrag abgeschlossen hat, das Wunschprodukt bei der Lieferung dann aber doch nicht den persönlichen Erwartungen entspricht, ist der Ärger oft groß. Am liebsten möchte man das Paket in solchen Fällen sofort wieder zurückschicken. Doch so einfach ist es meistens nicht. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist in der Regel nur möglich, wenn es eine vertragliche Regelung gibt oder wenn der Verkäufer seine Vertragspflichten verletzt hat. Worauf Sie dabei achten müssen und welche Ausnahmen gelten, lesen Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste in Kürze

Wann kann ich vom Kaufvertrag zurücktreten?

Ein generelles Rücktrittsrecht gibt es nicht. Das bedeutet, Sie können nicht einfach ohne Weiteres vom Kaufvertrag zurücktreten, nur weil Ihnen beispielsweise ein Produkt, das sie bestellt haben, doch nicht gefällt. Auch wenn Sie eine falsche oder fehlerhafte Ware erhalten haben, können Sie in den meisten Fällen nicht sofort Ihr Geld zurückverlangen, sondern müssen dem Verkäufer zuerst die Möglichkeit zur Reparatur oder Ersatzlieferung gewähren.

Wollen Sie von einem Kaufvertrag zurücktreten, haben Sie grundsätzlich zwei Optionen:

  • Sie treten unter den Bedingungen und Fristen zurück, die im Kaufvertrag vereinbart wurden. Entsprechende Klauseln regeln die genauen Rücktrittsbestimmungen, an die sich Käufer und Verkäufer halten müssen, sowie auch mögliche Vertragsstrafen bei Nichteinhaltung (zum Beispiel Entschädigungszahlungen bei zu später Stornierung). Eine vertraglich vereinbarte Rücktrittsklausel hat dabei immer Vorrang vor dem gesetzlichen Rücktrittsrecht!
  • Sie berufen sich auf das gesetzliche Rücktrittsrecht (§§ 346 ff. Bürgerliches Gesetzbuch). Es erlaubt Ihnen, von einem bereits geschlossenen Kaufvertrag zurückzutreten, wenn der Verkäufer seine Vertragspflichten verletzt hat und diese auch nach einer Aufforderung zur Nachbesserung nicht erfüllt. Der Kaufvertrag wird in diesem Fall so behandelt, als wäre er nie zustande gekommen, und der Verkäufer muss Ihnen den gezahlten Betrag vollständig erstatten. Wichtig ist hierbei, dass das gesetzliche Rücktrittsrecht nur bei erheblichen Mängeln gilt – sprich, wenn die Behebung mehr als 5 Prozent des Kaufpreises kosten würde (Bundesgerichtshof 2017, Az. VIII ZR 242/16).

Gut zu wissen: Rücktrittsrecht ist nicht gleich Widerrufsrecht

Achtung, hier besteht Verwechslungsgefahr: Rücktrittsrecht und Widerrufsrecht bezeichnen nicht dasselbe. Das gesetzliche Widerrufsrecht (§§ 355 ff BGB) gilt nur bei bestimmten gewerblichen Geschäften. Dazu zählen typischerweise Fernabsatzgeschäfte (zum Beispiel Online-Käufe), Versicherungsverträge oder sogenannte verbundene Geschäfte (zum Beispiel Handy-Kaufverträge mit Ratenzahlungsvertrag). Das Widerrufsrecht erlaubt Ihnen, die gekaufte Ware innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückzugeben. Beim gesetzlichen Rücktrittsrecht ist das nicht möglich!

Wann verstößt der Verkäufer gegen seine Vertragspflichten?

Der Verkäufer verstößt gegen seine Vertragspflichten, wenn er in Lieferverzug gerät oder eine mangelhafte Lieferung an den Kunden aushändigt. Er muss die vereinbarte Leistung demnach erstens pünktlich liefern und zweitens muss die Leistung so beschaffen sein, wie es im Kaufvertrag vereinbart wurde. Die Ware darf also weder beschädigt sein, noch darf sie grob von der vertraglichen Beschreibung abweichen. Ein Beispiel: Sie haben sich ein neues Fahrrad gekauft, das im Kaufvertrag mit der Produktfarbe „grün“ ausgezeichnet war, bekommen dieses allerdings in schwarz geliefert.

Rücktritt vom Kaufvertrag in 3 Schritten: So erhalten Sie Ihr Geld zurück!

Hat der Verkäufer gegen seine Vertragspflichten verstoßen, weil er beispielsweise ein fehlerhaftes oder falsches Produkt geliefert hat, können Sie wie folgt vorgehen:

  1. Setzen Sie dem Verkäufer eine Frist zur Nachbesserung, am besten in einem brieflichen Schreiben mit dem Titel „Aufforderung zur Mängelbeseitigung“. Gängig ist eine Frist von 14 Tagen. So lange hat der Verkäufer Zeit, eine Ersatzlieferung zu schicken beziehungsweise eine Reparatur zu veranlassen.
  2. Ist die Ersatzlieferung erneut mangelhaft, dürfen Sie in der Regel sofort vom Kaufvertrag zurücktreten. Wurde die Ware allerdings in die Reparatur gegeben und daraufhin erneut in einem mangelhaften Zustand geliefert, ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag nicht immer sofort möglich. Je nach Komplexität der Ware können auch mehrere Reparaturversuche zulässig sein. Haben Sie allerdings einen Kaufvertrag nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen, dürfen Sie grundsätzlich auch bei Reparaturen nach dem ersten gescheiterten Nachbesserungsversuch vom Kaufvertrag zurücktreten. Unter Umständen ist dies auch dann möglich, wenn Sie dringend auf die Leistung angewiesen sind.
  3. Wenn der Verkäufer nicht auf Ihre Aufforderung zur Mängelbeseitigung reagiert und die von Ihnen gesetzte Frist verstreichen lässt, können Sie wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten. Heben Sie in Ihrem Schreiben an den Vertragspartner deutlich hervor, dass es sich um einen Rücktritt vom Kaufvertrag handelt. Anschließend können Sie die mangelhafte Ware an den Händler zurücksenden und bekommen den Kaufpreis zurückerstattet. Dadurch verlieren Sie jedoch Ihren Anspruch auf Nacherfüllung.

Was gilt beim Privatverkauf?

Bei einem Privatverkauf ist die Gewährleistung in der Regel ausgeschlossen, weshalb Sie sich auch nicht auf das gesetzliche Rücktrittsrecht berufen können. Haben Sie also etwas von einem privaten Händler erworben, können Sie nur dann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn dies explizit im Vertrag vereinbart war.

Trotzdem muss natürlich auch der private Verkäufer garantieren, dass die Ware so beschaffen ist, wie er sie vor dem Kauf präsentiert hat. Der Ausschluss der Gewährleistung ist demnach nicht rechtens, wenn die Ware nicht vertragsgemäß beschaffen beziehungsweise funktionsfähig ist oder wenn Mängel arglistig verschwiegen wurden. In solchen Fällen stehen dem privaten Verkäufer maximal 3 Nachbesserungsversuche zu. Scheitern diese, dürfen Sie als Käufer einen Umtausch verlangen oder die Ware zurückgeben und sich den Kaufpreis erstatten lassen. Unter Umständen haben Sie sogar einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn wegen der Schlechtleistung Kosten für Sie entstanden sind.

 

Welche Fristen muss ich beim Rücktritt vom Kaufvertrag beachten?

Ein wirksamer Rücktritt vom Kaufvertrag ist nur möglich, solange Sie einen Anspruch auf die Leistung oder einen Anspruch auf Nachbesserung haben (§ 218 BGB). Ausschlaggebend hierfür ist die gesetzliche Gewährleistung, an die sich gewerbliche Verkäufer halten müssen. Die Frist beginnt üblicherweise mit dem Vertragsabschluss beziehungsweise dem Lieferzeitpunkt des Produkts zu laufen:

  • Neuwaren: 24 Monate Gewährleistung
  • Gebrauchtwaren: 12 Monate Gewährleistung

Treten innerhalb der Gewährleistungsfrist Sachmängel an einer Ware oder Leistung auf, muss der gewerbliche Verkäufer dafür haften. Bis zum Ablauf der jeweiligen Frist haben Sie als Käufer grundsätzlich ein Recht auf Nachbesserung oder Rücktritt vom Kaufvertrag.

Gut zu wissen: Verlängerte Beweislastumkehr

Für Verträge, die Sie nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen haben, hat der Gesetzgeber die Beweislastumkehr von 6 auf 12 Monate verlängert. Das bedeutet: Wenn Sie eine Nachbesserung verlangen oder gegebenenfalls auch vom Kaufvertrag zurücktreten wollen, brauchen Sie in den ersten 12 Monaten nach dem Kauf nicht beweisen, dass der Mangel schon bei der Übergabe vorlag.

FAQ: Häufige Fragen zum Rücktritt vom Kaufvertrag

  • Wie viele Nachbesserungsversuche des Verkäufers muss ich hinnehmen?

    Das hängt von der Art der Mängelbeseitigung ab. Bei einer Ersatzlieferung hat der Verkäufer in der Regel nur einen einzigen Nachbesserungsversuch – bei Reparaturen hingegen kommt es meist auf die Komplexität der Ware an. Grundsätzlich gilt: Haben Sie einen Kaufvertrag vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossen, hat der Verkäufer in der Regel 2 Reparaturversuche. Bei Kaufverträgen, die nach dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden, können Sie normalerweise bereits nach einem gescheiterten Reparaturversuch wirksam zurückzutreten.

     

  • Kann ich sofort vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn ich eine mangelhafte Lieferung erhalten habe?

    In der Regel müssen Sie dem Verkäufer zuerst eine Chance zur Nachbesserung gewähren. Erst wenn er diese nicht wahrnimmt, können Sie wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, bei denen ein Rücktritt vom Kaufvertrag sofort erlaubt ist und Sie dem Verkäufer keine Frist zur Mängelbeseitigung setzen müssen. Dies wäre beispielsweise denkbar, wenn sich der Verkäufer weigert, die Mängel zu beheben oder wenn die Nacherfüllung für Sie unzumutbar wäre (zum Beispiel wegen einer langen Anreise für die Reparatur vor Ort).

     

  • Muss ich für eine zurückgegebene Ware eine Nutzungsentschädigung zahlen?

    Unter Umständen kann es sein, dass Sie nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag eine Nutzungsentschädigung an den Verkäufer zahlen müssen. Das klassische Beispiel ist der Autokauf, aber auch bei anderen Produkten kommt es oft vor, dass Mängel an einem Produkt erst nach einer gewissen Zeit zutage treten. Geben Sie das Produkt dann erst nach ein paar Monaten zurück, ist es womöglich nicht mehr so viel Wert wie zum Zeitpunkt des Kaufes und der Händler kann es nicht mehr als Neuware verkaufen. Den Wertverlust (zum Beispiel durch Verschleiß), der in der Zwischenzeit entstanden ist, müssen Sie in Form einer Nutzungsentschädigung begleichen. Diese können Sie mit folgender Formel berechnen:

     

     

    Kaufpreis x Dauer der tatsächlichen Nutzung
    / erwartete Nutzungsdauer im mangelfreien Zustand (Schätzung nach Erfahrungswerten)
    = zu zahlende Nutzungsentschädigung

     

     

    Haben Sie ein Produkt jedoch nur in einem geringen Umfang genutzt, um zum Beispiel die Funktionsfähigkeit zu testen, müssen Sie natürlich keine Nutzungsentschädigung zahlen.

     

  • Kann ich vom Verkäufer einen Transportkostenzuschuss verlangen, wenn ich eine mangelhafte Ware zur Nachbesserung in die Reparatur gebe?

    Ja, grundsätzlich dürfen Sie für Transportkosten, die Ihnen bei der Rücksendung einer mangelhaften Ware entstehen, einen Vorschuss vom Händler verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof im März 2022 entschieden (Az. VIII ZR 109/20). Dieser Anspruch gilt jedoch nicht, wenn der Verkäufer anbietet, die Ware unentgeltlich abzuholen.

     


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