Lebensversicherung: Rückabwicklung inklusive Verzinsung?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein Vater hat am 01.01.1992 eine Kapital-Lebensversicherung bei Deutscher Lloyd, jetzt Generali, abgeschlossen, welche am 01.01.2012 endet.
In dieser Zeit hat er ca. 11.045 Euro an Beiträgen gezahlt. Der aktuelle Versicherungsschutz im Todesfall liegt bei nur ca. 7.264 Euro, die Ablaufleistung im Erlebensfall liegt laut Versicherungsmitteilung bei 7.267 Euro. Gibt es die Möglichkeit einer Rückabwicklung des Vertrages mit Rückerstattung der Beiträge, evtl. mit Verzinsung?

Antwort des Anwalts

Die Möglichkeit einer Rückabwicklung des gesamten Vertrages mit Rückerstattung der Beiträge für die Kapital-Lebensversicherung mit einer eventuellen Verzinsung besteht nur dann, wenn ein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch gegen die Versicherungsgesellschaft (Deutscher Lloyd/Generali) besteht. Denn im Rahmen eines Schadenersatzanspruches kann grundsätzlich auch eine Rückgängigmachung erbrachter Leistungen verlangt werden.

Denkbar ist – was die Rechtsfolge angeht – auch die Verpflichtung zur Neuberechnung und Auszahlung eines höheren Rückkaufswertes oder die Neuberechnung und Auszahlung höherer Überschüsse zusammen mit dem Rückkaufswert oder bei Ablauf des Vertrages. Letzteres käme in Ihrem Fall in Betracht.
Die hiermit notwendigerweise verbundenen Berechnungen können allerdings sehr komplex werden und erfordern ggfls. auch versicherungsmathematische Begutachtungen. So ist es denkbar, dass eine Überschussbeteiligung teilweise berechtigt und unberechtigt sein kann, sodass Alternativberechnungen über die gesamte Vertragslaufzeit erforderlich werden.

Ein Schadensersatzanspruch setzt ungeachtet dessen regelmäßig ein von dem Versicherungsnehmer nachzuweisendes Verschulden des Versicherungsunternehmens voraus, also ein vorwerfbares Verhalten durch eine Verletzung versicherungsvertraglicher und/oder gesetzlicher Pflichten des Versicherers. Auch in Ihrem Fall müsste also geprüft werden, ob eine nachweisbare Pflichtverletzung vorliegt. Dies ist nur möglich im Rahmen einer umfassenden tatsächlichen wie juristischen Überprüfung aller Vertragsunterlagen, also etwa der Versicherungsbedingungen, Mitteilungen des Versicherers während der Vertragslaufzeit, Beispielrechnungen des Versicherers bzw. Werbung bei Vertragsabschluss, Verhalten des Versicherers bzw. der Vermittler bei Vertragsschluss. Selbst wenn man hiernach zu dem Ergebnis käme, dass ein weiteres Vorgehen gegen die Versicherung auch gerichtlich Erfolg versprechend ist, bliebe immer noch ein sicher beachtliches Prozessrisiko. Aufgrund Ihrer Mitteilungen zur Ablaufleistung und zu den eingezahlten Beiträgen ist – wie Sie sicher nachvollziehen können – eine abschließende, verlässliche Prognose hinsichtlich einer erfolgreichen Durchsetzung einer Rückabwicklung des Versicherungsvertrages nicht möglich.

Sinnvoll erscheint es, dass Sie sämtliche Vertragsunterlagen einem spezialisierten Berater vor Ort übergeben zwecks einer weiteren Überprüfung. Dies verursacht natürlich deutlich höhere Kosten, die zuvor geklärt werden sollten. Möglicherweise kann auch eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch genommen werden.

Unabhängig davon möchte ich Ihnen noch aufzeigen, welche Fehler oder Mängel in diesem Zusammenhang zu Schadensersatzansprüchen führen können. Zu nennen sind etwa unwirksame bzw. intransparente Vertragsklauseln (z. B. zur Verrechnung der Abschlusskosten und versicherungsmathematischen Stornoabzüge); irreführende Darstellungen in der Werbung zur Überschussbeteiligung oder Rendite; zu verbindliche Zusagen zur erwarteten Ablaufleistung; Verschweigen maßgeblicher Tatsachen, z. B. im Hinblick auf eine bevorstehende Senkung der Überschussbeteiligung wegen Zinssenkung oder Einführung neuer Sterbetafeln; Gesetzesverstöße oder Fehlverhalten des Versicherers bzw. Vorstands, z. B. unzureichende Erfüllung der Anforderungen des KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich) oder unzureichende Risikokontrolle bei den Kapitalanlagen, Veruntreuung von Versichertengeldern; fehlerhafte Vertragsdurchführung ein-schließlich Berechnungsfehlern; Abweichen von dem Geschäftsplan zur Überschussbeteiligung; Benachteiligung und Ungleichbehandlung von Versicherten bei der jährlichen Festlegung der Überschussanteilssätze; nicht begründete methodische Abweichung der tatsächlichen Überschussbeteiligung von den Beispielrechnungen; Verletzung bzw. ungenügende Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen nach § 11a VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) durch den verantwortlichen Aktuar, insbesondere bei der Prüfung der Finanzlage des Unternehmens im Hinblick auf die Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verträge sowie beim Vorschlag zur angemessenen Überschussbeteiligung; mangelhafte Aufklärung über Risiken und Kosten; verspätete oder fehlende Information über voraussichtliche Senkungen der erwarteten Ablaufleistungen.

Viele Beispielrechnungen und Festlegungen zur Höhe der Überschüsse wurden in bereits vergangenen Jahren von der Aufsichtsbehörde als irreführend oder unzureichend begründet beanstandet, wobei auch die hierfür verantwortlichen Aktuare kritisiert wurden.

Schadensersatzansprüche können sich gegen das Versicherungsunternehmen, vermittelnde Unternehmen oder Einzelpersonen richten. In Betracht kommen neben dem Versicherungsunternehmen also auch der Vermittler, Makler, Anlageberater, Finanzierungsinstitute, Vorstandsmitglieder oder der verantwortliche Aktuar des Versicherers.

Die Rechtsprechung ist bislang nicht unbedingt versicherungsnehmerfreundlich. Dies mag auch daran liegen, dass sich Gerichte aufgrund derzeitiger Rechtslage mit der Verpflichtung von Versicherungsunternehmen zur Offenlegung ihrer Kalkulationsgrundlagen schwertun.

Der BGH (Urt. vom 12.10.2005 Az. IV ZR 162/03, 177/03, 245/03) hat zwar Lebensversicherungsklauseln zur Verrechnung der Abschlusskosten und zu Stornoabzügen beim Rückkaufswert wegen Intransparenz für unwirksam erklärt. Dies hindert jedoch Gerichte nicht unbedingt daran, anzunehmen, dass die Vertragsparteien ja am Vertrag festgehalten haben, weshalb im Wege ergänzender Vertragsauslegung intransparente durch transparente Klauseln mit gleichem Inhalt ersetzt werden. Dass ein Versicherungsnehmer den Vertrag bei Kenntnis des wirklichen Inhalts nicht abgeschlossen hätte, wird in der Rechtsprechung oft nicht angenommen. Dies führt dazu, dass der verlangten Neuberechnung der Rückkaufswerte oder der Rückzahlung der Prämien zuzüglich Zinsen in solchen Fällen nicht entsprochen wird.

Wer also seine Versicherung verklagen will, muss quasi auf juristisch steinigem Weg kämpfen, um es salopp auszudrücken. Zu berücksichtigen ist aber, dass jeder Fall einzeln entschieden und anders gelagert sein kann. Die Quelle möglicher Pflichtverletzungen durch den Versicherer oder beteiligter Personen ist groß. Zudem ist auch in der Rechtsprechung eine Dynamik in Richtung Transparenz zugunsten des Versicherungsnehmers nicht nur durch die oben genannten BGH Entscheidungen zu erkennen.

Um die Chancen einer Prozessführung zu verbessern, sollte der Versicherungsnehmer genau darlegen und begründen können, weshalb ein Schaden entstanden ist. Insbesondere sollte er nachvollziehbar schildern können, wie er sich bei rechtzeitiger Kenntnis der beanstandeten Punkte anders verhalten hätte. Irreführende Werbung oder gesetzeswidriges Verhalten des Versicherers muss bei dem Versicherungsnehmer nachvollziehbar ursächlich für einen Schaden in bestimmter Höhe gewesen sein.

Kann z.B. der Versicherungsnehmer darlegen, dass der Versicherer von einer bevorstehenden Senkung der Überschussbeteiligung gewusst, aber noch mit den alten überhöhten Beispielrechnungen geworben hat und dies für seine Entscheidung im Hinblick auf die Einrichtung einer Altersvorsorge mit möglichst hoher Rendite oder etwa für die Entscheidung zu einem Immobilienkauf und einer Finanzierung über eine Lebensversicherung gerade bei dieser Gesellschaft von Bedeutung war, kann dies zur Schadensersatzverpflichtung des Versicherers führen. Die Rechtsprechung zum Thema Unwirksamkeit der Senkung von Überschussrenten wegen eingeführter neuer Sterbetafeln kann hierzu unterstützend herangezogen werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice