Rechte und Pflichten von Nießbrauchern

Online-Rechtsberatung
Stand: 10.02.2015
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein Freund und seine Mutter sind von einem 6-Familienhaus je zur Hälfte Eigentümer. Sobald mein Freund 18 wurde (ist jetzt 7 Jahre her) hat er seiner Mutter für seine Hälfte das Nießbrauchsrecht bis auf Lebenszeit übertragen, da Sie nie richtig gearbeitet hat und somit keine Rentenansprüche hat. Ursprünglicher Eigentümer war der Opa meines Freundes (bzw. Vater der Mutter). Das Haus wurde doch jedoch bereits vor über 10 Jahren vom Opa an die beiden übertragen und er hatte sich bis zu seinem Tode vor einem Jahr das Nießbrauchsrecht vorbehalten. Somit ging der Nießbrauch nach dem Tod auf die Mutter über. Die Mutter bewohnt selbst zwei Wohnungen und wir wohnen auch in diesem Haus zahlen jedoch Miete, die anderen drei Wohnungen sind vermietet.

Nun ist es so dass Sie sich so gut wie nie in Ihrer Wohnung aufhält (schläft auswärts) und somit kümmert Sie sich auch nicht um die Instandhaltung des Gebäudes. Die Mieter kommen schon zu uns und beschweren sich weil die Bäume auf den Balkon wachsen oder die Wasserhähne klemmen etc. und die Mieter immer vertröstet werden, so dass wir uns verpflichtet fühlen uns um die Probleme im Haus zu kümmern. Sie wird desöfteren von mir darauf hingewiesen bzw. erinnert, jedoch ist die Mutter mit Abstand die unzuverlässigste und vergesslichste Person die ich kenne. Jetzt haben wir natürlich Angst, dass dieses Haus runtergewirtschaftet wird und mein Freund später mal nichts mehr davon hat. Gibt es eine Möglichkeit den Nießbrauch zurück zu nehmen wenn der Nießbraucher nicht seinen Pflichten nachkommt? Man kann ja nicht nur die Früchte daraus tragen und sich um die Pflichten nicht kümmern.

Antwort des Anwalts

Gibt es eine Möglichkeit den Nießbrauch zurück zu nehmen wenn der Nießbraucher nicht seinen Pflichten nachkommt? Man kann ja nicht nur die Früchte daraus tragen und sich um die Pflichten nicht kümmern?

Antwort Rechtsanwalt: Im Ergebnis ist dies leider nicht möglich. Der Nießbraucher kann aber rechtlich dazu angehalten werden, sich um seine Pflichten zu kümmern.

Zunächst zu einem rechtlichen Irrtum: Der Nießbrauch, geregelt in § 1030 BGB, ist ist eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Das bedeutet, er ist nicht nur dinglich, also ein im Grundbuch eingetragenes Recht an einer Immobilie, sondern er ist aber auch persönlich. Er steht also nur einer bestimmten Person zu, nämlich der, zu deren Gunsten der Nießbrauch eingetragen ist. Das wäre ursprünglich der Opa.

Der Nießbrauch ist nicht übertragbar, vgl. § 1059 BGB *2). Darum ist er auch nicht vererbbar und erlischt mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten.

Wenn der Opa also vorverstorben ist, dann ist mit dessen Tod dessen Nießbrauchsrecht erloschen. Der Nießbrauch war nicht Teil des Erbes nach dem Opa.

Ein automatischer Übergang des Nießbrauchs auf die Mutter nach dem Tod des Opas (Ehemanns der Mutter), z.B. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (oder Universalsukzession § 1042 BGB) auf den oder die Erben des Großvaters, wie von Ihnen geschildert, kann somit aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht stattgefunden haben. Das muss ein Missverständnis sein.

Vermutlich dürften aber Mutter und Sohn nach dem Tod des Ehemanns im Wege der Gesamtrechtsnachfolge eine Erbengemeinschaft gebildet haben mit je hälftigen Mieterbenanteilen.

In diesem Rahmen haben sich die beiden Erben vermutlich dahingehend auseinandergesetzt, daß der Mutter ein (lebenslanges) Nießbrauchrecht eingeräumt worden ist. Vermutlich wurde dem Sohn dafür in einem Erbvertrag, bzw. einem Auseinandersetzungsvertrag die andere Hälfte, die ja seine Mutter als Ehefrau geerbt hatte, verbindlich zugesagt.

Aus diesem gegenseitigen Vertrag, der zu einer Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch geführt haben muss, wovon ich ausgehe, wird sich der Sohn nicht, wie angedacht, so einfach wieder lösen können.

Man könnte allenfalls denken an einen Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks der Beschenkten. Das fällte vermutlich schon deshalb aus, wenn hier bei der Übertragung des Nießbrauchs wohl doch eine Gegenleistung im Hintergrund gestanden haben mag, was nahe liegt. Die erwähnte Verletzung von etwaigen Pflichten aus dem Nießbrauch seitens der Mutter reicht im Übrigen dafür aber keinesfalls aus. Gemein sind hier nur extreme Fälle wie etwa ein Mordversuch. Das haben wir hier ja offensichtlich nicht. Auch sonstige Anfechtungsgründe nach §§ 119 bzw. 123 BGB sind nicht ersichtlich.

Theoretisch möchte ich noch auf die sich aus § 1041 BGB *4) ergebende Verpflichtung des Nießbrauchers hinweisen, für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Dieser Verpflichtung kommt die Mutter derzeit wohl nicht nach.

Rechtlich gesehen kann der Eigentümer sodann, als gesetzliche Handhabe, gem. 1051 BGB 5) wegen der Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Rechte des Eigentümers von dem Nießbraucher eine Sicherheitsleistung einfordern und gem. 1052 BGB 6) dann, wenn die Sicherheit nicht geleistet wird, die Anordnung einer gerichtlichen Verwaltung beantragen.

Praktisch entstehen durch solche Schritte allerdings zusätzliche Kosten, die letztendlich auch der Sohn als Erbe nach seiner Mutter mittragen wird.

Im Hinblick auf das vermutliche zukünftige Erbe auch der anderen Hälfte der Mutter wäre es, sofern die obigen Vermutungen zutreffen, vermutlich sinnvoller, wenn der Sohn sich um die notwendigen Pflichten bereits jetzt selbst kümmert.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) § 1030 BGB Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen

(1) Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).

(2) Der Nießbrauch kann durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden.

*2) § 1059 BGB Unübertragbarkeit; Überlassung der Ausübung

Der Nießbrauch ist nicht übertragbar. Die Ausübung des Nießbrauchs kann einem anderen überlassen werden.

*3) § 530 BGB Widerruf der Schenkung

(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

*3) § 1041 BGB Erhaltung der Sache

Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören.

*4) § 1051 BGB Sicherheitsleistung

Wird durch das Verhalten des Nießbrauchers die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Rechte des Eigentümers begründet, so kann der Eigentümer Sicherheitsleistung verlangen.

*5) § 1052 BGB Gerichtliche Verwaltung mangels Sicherheitsleistung

(1) Ist der Nießbraucher zur Sicherheitsleistung rechtskräftig verurteilt, so kann der Eigentümer statt der Sicherheitsleistung verlangen, dass die Ausübung des Nießbrauchs für Rechnung des Nießbrauchers einem von dem Gericht zu bestellenden Verwalter übertragen wird. Die Anordnung der Verwaltung ist nur zulässig, wenn dem Nießbraucher auf Antrag des Eigentümers von dem Gericht eine Frist zur Sicherheitsleistung bestimmt worden und die Frist verstrichen ist; sie ist unzulässig, wenn die Sicherheit vor dem Ablauf der Frist geleistet wird.

(2) Der Verwalter steht unter der Aufsicht des Gerichts wie ein für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks bestellter Verwalter. Verwalter kann auch der Eigentümer sein.

(3) Die Verwaltung ist aufzuheben, wenn die Sicherheit nachträglich geleistet wird.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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