Jobcenter erkennt Fahrtkosten mit dem eigenen Auto nur anteilig an: Was tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 05.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich habe ein Gewerbe als Reitlehrer und Pferdewirt. Zur Durchführung des Reitunterrichts und Beritt fahre ich täglich 4 verschiedene Reitanlagen an. Ich führe für alle Strecken regelmäßig ein Fahrtenbuch. Das Jobcenter erkennt jedoch nur 1 der 4 Strecken an. Die anderen Strecken werden vom Jobcenter als private Fahrten dargelegt. Welche Kosten kann ich geltend machen?

Antwort des Anwalts

Die Grundlage für die Berechnung des Einkommens Selbständiger bei Bezug von ALG II findet sich in § 3 der ALG-II Verordnung. Die Vorschrift gebe ich im Folgenden in den wesentlichen Passagen wieder:

(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1 nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen.
(2) Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.
(3) Tatsächliche Ausgaben sollen nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Bezuges der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende entsprechen. Nachgewiesene Einnahmen können bei der Berechnung angemessen erhöht werden, wenn anzunehmen ist, dass die nachgewiesene Höhe der Einnahmen offensichtlich nicht den tatsächlichen Einnahmen entspricht. Ausgaben können bei der Berechnung nicht abgesetzt werden, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht. Ausgaben sind ferner nicht abzusetzen, soweit für sie Darlehen oder Zuschüsse nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erbracht oder betriebliche Darlehen aufgenommen worden sind. Dies gilt auch für Ausgaben, soweit zu deren Finanzierung andere Darlehen verwandt werden.

7) Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, sind die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen. Für private Fahrten sind die Ausgaben um 0,10 Euro für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend privat genutzt, sind die tatsächlichen Ausgaben keine Betriebsausgaben. Für betriebliche Fahrten können 0,10 Euro für jeden mit dem privaten Kraftfahrzeug gefahrenen Kilometer abgesetzt werden, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben für Kraftstoff nachweist.“

Aus dieser Regelung ergibt sich eindeutig, dass die Fahrtkosten, die im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit anfallen, als Ausgaben von den Einnahmen abzusetzen sind und so den anzurechnenden Gewinn mindern.

Von daher ist es rechtlich nicht zulässig nur einen Teil der Fahrten anzuerkennen. Dabei gehe ich natürlich davon aus, dass Sie die betriebliche Notwendigkeit der Fahrten 2-4 durch Verträge oder zumindest Zahlungen der Kunden an diesen Orten nachweisen können. Möglicherweise hilft ergänzend auch eine Bestätigung der Kunden. Ohne entsprechende Nachweise wird die Auffassung des Jobcenter, dass es sich hierbei um Privatfahrten handelt, kaum zu widerlegen sein.

Gegen eine fehlerhafte Berechnung der Fahrtkosten können Sie Widerspruch beim Jobcenter und wenn diesem nicht abgeholfen wird, auch Klage beim Sozialgericht einlegen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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