Anspruch auf ausbezahltes Sterbegeld gegen die Stiefmutter?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Folgender Erbfall:
Der Vater war im öffentlichen Dienst tätig und ist am 27.01.2016 verstorben. Er hat kein Testament hinterlassen. Ein Erbschein wurde noch nicht beantragt, da wir dachten, es geht auch ohne Erbschein.
Erben sind:
Ehefrau aus zweiter Ehe zu ½ Erbteil
Volljähriger Sohn aus erster Ehe zu ¼ Erbteil
Minderjährige Tochter aus zweiter Ehe zu ¼ Erbteil.

Da sich die gestellte Frage hier um den Standpunkt des Sohnes aus erster Ehe dreht, werden alle Zahlen für diesen Standpunkt anteilig dargestellt:

Der Verstorbene hat Schulden in Höhe von ca. € 7.500 durch einen ungesicherten Kredit hinterlassen, den die Erben nun auch mitgeerbt haben.
Es gibt außer einer Geige mit einem geschätzten Wert von ca. 15.000 € und zwei Streichbögen im Wert von zusammen ca. € 5.000 keine weiteren Hinterlassenschaften des Verstorbenen.
Ob bei einem Verkauf der Geige/Streichbögen die geschätzten Werte erzielt werden können ist noch offen.
Demgegenüber stehen jetzt auch noch die Begräbniskosten von ca. € 5.000, die die Erben anteilig zu bezahlen haben.
Hieraus resultiert dann mit Begräbniskosten und Schulden ein Gesamtbetrag von € 12.500.

Die Ehefrau aus zweiter Ehe hat zwei Sterbegeldzahlungen für die Bezahlung der Begräbniskosten bekommen. Einmal in Höhe von € 1.200 (Bayerische Versorgungskammer) und einmal € 500 (DOV) Deutsche Orchestervereinigung.
Gesamtkosten € 12.500 minus € 1.700 = € 10.800, hieraus ¼ Anteil für den Sohn = € 2.700.

Da der Verstorbene im öffentlichen Dienst tätig war, hat die Ehefrau auf Antrag vom Arbeitgeber des Verstorbenen auch eine „Zuwendung / Sterbegeldzahlung nach § 23 Abs. 3 TVöD“ von zwei Bruttogehältern in Höhe von € 15.000 erhalten. Da sie keine eigenen Einkünfte und Steuerklasse 3 hat wurde ihr das Sterbegeld in Höhe von € 15.000 auf ihr eigenes privates Girokonto ausgezahlt.

Dieses Sterbegeld würde dem Sohn aus erster Ehe nach den Vorschriften des § 23 TVöD ebenso als berechtigtem Angehörigen zustehen, hätte er es vor der Witwe beantragt. Diese ist ihm aber zuvor gekommen und beansprucht den gesamten Betrag für sich ganz alleine.
Nun verlangt die Witwe, dass der Sohn aus erster Ehe sich anteilig gemäß seinem Erbteil zu ¼ an den Begräbniskosten und Schulden beteiligt, was ja rechtlich auch so geregelt ist.

Nur stehen dem gegenüber die € 15.000 Sterbegeldzahlung nach § 23 Abs. 3 TVöD, die die Witwe bekommen hat. Sie vertritt den Standpunkt, dieses Geld gehört ihr alleine und sie könne mit dem Geld machen was sie wolle, es sei nicht für die Deckung der gesamten Begräbniskosten und der Schulden zu verwenden. Sie vertritt den Standpunkt, sie könne sich damit auch ein neues Auto kaufen.

Würde man das Sterbegeld nach § 23 Abs. 3 TVöD von € 15.000 auf den Erbteil des Sohnesl mit ¼ umrechnen, so wären das € 3.750, die dem Sohn zustehen, damit wären seine gesamten anteilig zu ¼ zu zahlenden Kosten für das Begräbnis und die Schulden in Höhe von € 2.700 abgedeckt (Berechnung siehe oben).
Ist das so?
Kann der Sohn aus erster Ehe von der Witwe des verstorbenen Vaters verlangen, dass seine nach Erbrecht auf ihn entfallenden anteiligen Begräbniskosten und auch die auf ihn entfallenden Schulden seines verstorbenen Vaters mit diesem an die Witwe gezahlten Sterbegeld verrechnet werden, da ihm das Sterbegeld nach § 23 Abs. 3 TVöD ebenso als berechtigtem Familienangehörigen zugestanden hätte? Die Witwe war nur schneller, dieses Sterbegeld beim Arbeitgeber zu beantragen und beansprucht dieses nun für sich alleine und ist zu keinen Kompromissen bereit.
Das Sterbegeld ist eine Sozialleistung und gehört nicht zur Erbmasse, das ist uns schon bekannt.
Wird es an einen berechtigten Familienangehörigen gezahlt, erlischt das Recht der anderen Familienangehörigen auf dieses Sterbegeld. Aber bekommt der Berchtigte, an den das Sterbegeld ausgezahlt wird, dieses nicht gesamtschuldnerisch, da ja die Ansprüche der anderen Berechtigten dadurch automatisch erlöschen?

Wie ist hier die Rechtslage? Hat der Sohn Anspruch darauf, dass seine anteiligen Gesamtkosten am Begräbnis und den Schulden mit diesem Sterbegeld verrechnet werden?

Der Sohn aus erster Ehe ist noch in Ausbildung und hat derzeit nur ein Nettoeinkommen von € 1.100 und wurde vom Vater monatlich auch noch mit € 400 unterstützt. Diese Unterstützung bekommt er jetzt nicht mehr. Die Witwe wird in Zukunft zwei Witwenrenten und zwei Halbwaisenrenten (für ihre minderjährige Tochter) von insgesamt € 3.000 netto monatlich erhalten.

Wie kann der Sohn sein Recht einfordern? Hat er ein anteiliges Recht auf diese Sterbegeldzahlung zur Abgeltung der auf ihn entfallenden Schulden aus dem Erbfall?
Was muss er tun?
Der Sohn hat keine Rechtsschutzversicherung, kann er auch Hilfe beim Nachlassgericht bekommen z.B. bei einem Rechspfleger oder welche Art von Rechtsanwalt bräuchte er in dieser Sache?

Antwort des Anwalts

Ich weise zunächst darauf hin, dass auch der volljährige Sohn noch bis zum Abschluss seiner Ausbildung Anspruch auf Waisenrente haben könnte. Nach § 48 Abs.4 SGB VI besteht dieser Anspruch bis zum 27. Lebensjahr, wenn sich das Waisenkind so lange in Ausbildung befindet. Ich lege daher nahe hier die Stellung eines Rentenantrages zu prüfen.

Der Anspruch auf Sterbegeld nach § 23 Abs.3 TVÖD führt zu einer Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB der in der Vorschrift genannten Berechtigten, da das Gesetz keine Rangfolge zwischen den Berechtigten aufstellt ( so Rundschreiben des Bundesministers des Inneren zur Anwendung des TVÖD vom 8.12.2005).

Der Ausgleich zwischen den Gesamtgläubigern erfolgt sodann nach § 430 BGB. Danach sind die Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Ich gehe davon aus, dass hier durch das Erbrecht eine Bestimmung dahingehend erfolgt ist, dass die Gesamtgläubigeranteile den Erbanteilen entsprechen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass dem Sohn ein Viertel aus der Sterbegeldzahlung zusteht.

Damit spielt es keine Rolle, wer das Sterbegeld beantragt; vielmehr ist es nach der Regelung des § 430 BGB zwischen den Hinterbliebenen aufzuteilen.

Daraus leite ich sodann die Empfehlung ab, jede Leistung an die Ehefrau des Verstorbenen abzulehnen. Dazu bedarf es keines Anwaltes. Dieser müsste erst eingeschaltet werden, wenn die Ehefrau ihren vermeintlichen Anspruch gerichtlich geltend macht.

Desweiteren sollte überlegt werden, ob es nicht noch möglich ist, das Erbe auszuschlagen. Grundsätzlich ist dieses innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach der Kenntnis vom Tode des Verstorbenen möglich, soweit eine Annahme der Erbschaft noch nicht erfolgt ist. Durch die Ausschlagung der Erbschaft würde der Sohn ebenfalls von den Bestattungskosten befreit. Die Erbausschlagung ist vor einem Notar oder dem Nachlassgericht zu erklären.

Damit verliert er aber auch die Chancen, die sich aus einer Verwertung der Musikinstrumente ergeben. Schlägt er die Erbschaft nicht aus und wird hier noch ein nennenswerter Erlös erzielt, ist er daran zu ¼ zu beteiligen. Verweigert die Ehefrau dann die Herausgabe des anteiligen Erlöses, müsste sie durch den Sohn (unter Mithilfe eines Anwaltes) verklagt werden. Dann wäre es angebracht zu prüfen, ob dem Sohn dazu Prozesskostenhilfe zusteht. Durch die Prozesskostenhilfe wären die eigenen Anwaltskosten und die Gerichtskosten finanziert.

Vom Nachlassgericht ist hingegen keine Unterstützung zu erwarten. Dieses protokolliert lediglich die Erklärungen der Erben und stellt entsprechende Bescheinigungen aus; es mischt sich jedoch nicht in die Auseinandersetzung zwischen den Erben ein.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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