Alkoholabhängiger Mieter terrorisiert die Nachbarschaft

Online-Rechtsberatung
Stand: 05.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir haben seit ca. sieben oder acht Jahren ein Haus an eine Familie vermietet. Der Mann ist vor ca. drei Jahren Frührentner geworden, die Frau arbeitet bei einem Immobilienhändler, der Sohn ist sechs Jahre alt. Der Mann ist seit Jahren Alkoholiker. Er tyrannisiert seit Jahren die Nachbarschaft, beschimpft diese, schreit nachts herum und hält die ganze Straße wach.

Ein Entzug war bisher erfolglos und er wurde immer wieder rückfällig. Die Nachbarn alarmieren regelmäßig die Polizei, sodass er dort auch auffällig und aktenkundig ist.

Wir haben jetzt ein Schreiben von den Nachbarn bekommen, die sich bei uns beschweren und uns bitten, den Mieter zu bewegen dieses zu unterlassen. Indirekt (oder direkt) drohen sie uns mit Klage, falls wir das nicht in den Griff bekommen. Wir möchten den Mietern jetzt auf Grund dieser Lage kündigen.

Antwort des Anwalts

Eine sofortige Kündigung könnte ein Fehler sein. Sie sollten vorab dem Mieter die Beschwerdeschreiben zur Kenntnis bringen und ihm Gelegenheit zur Abhilfe geben (Abmahnung). Erst dann, wenn das beanstandete Verhalten nicht aufhört, kommt nach § 543 BGB *1) eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund in Frage.

Jede Vertragspartei kann danach das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Wenn der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag besteht, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, so ist es der gesetzliche Regelfall nach Absatz 3.

Tipp: Es empfiehlt sich zunächst eine Abmahnung an den Mieter. Formuliert sein sollte es wie folgt:

Briefkopf
Per Einschreiben
Betreff: Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB wegen vertragswidrigen Verhaltens, vgl. Beschwerden der Nachbarn

Sehr geehrter Herr XY,

in der Anlage erhalten Sie die Beschwerden der Nachbarn vom (Datum) in Kopie zur Kenntnis.

Ihnen ist folgendes vorzuwerfen:

(genaue Wiedergabe des genauen vertragswidrigen Verhaltens, Genaue Besschreibung des jeweiligen Vorfalls, Zeit, Ort, Zeugen und sonstige Beweismittel).

Das Verhalten stört das Mietverhältnis und muss von uns nicht hingenommen werden.

Sie werden hiermit formell abgemahnt und aufgefordert, das beanstandete Verhalten unverzüglich zu unterlassen.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir gezwungen sind, im Wiederholungsfall das Mietverhältnis ohne weitere Vorwarnung aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos zu kündigen.

Mit freundlichen Grüssen,

Datum Unterschrift Vermieter

Das Anschreiben können Sie gerne so übernehmen. Selbstverständlich kann die Angelegenheit auch anwaltlich abgemahnt werden, bitte zögern Sie nicht, gegebenenfalls deswegen anzufragen, das muss allerdings als gesondertes Mandat getrennt von diesem Kurzgutachten vergeben werden.

Für volle außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit fällt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz RVG normaler Weise an eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 Vergütungsverzeichnis VV zum RVG in Höhe von 1,3, in der Anlage finden Sie einen Link auf einen verwendbaren Rechner des Anwaltsvereins *2). Ein einfaches Anwaltsschreiben kann für 0,3 Gebühren abgerechnet werden.

Gemäß § 41 Abs. 2 GKG errechnet sich der Streitwert für die Kündigung und das Räumungsverlangen eines Wohnraums nach dem einjährigen Mietzins, Berechnungsbeispiele finden Sie in Anlage *3).

Eine Abschrift dieser Abmahnung erhalten die Nachbarn in Kopie zur Kenntnis.

Sollte das beanstandete Verhalten danach wiederholt werden, sollte konsequent gekündigt werden, außerordentlich und zugleich hilfsweise ordentlich laut Mietvertrag. Beachten Sie die Hinweispflichten auf das Widerrufsrecht des Mieters nach § 574b BGB *4).

Wenn der Mieter freiwillig nicht auszieht, muss unverzüglich eine Räumungsklage erhoben werden.

Tipp: Wegen des hohen Gegenstandswerts kann das teuer werden. Ziehen Sie deshalb den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung in Betracht, die allerdings häufig Ausschlüsse für schon bestehende Sachverhalte haben.

*) Unter meiner Antwort befinden sich Fußnoten, rechtliche Hinweise, weiterführende Angaben einschließlich Links auf Fundstellen im Internet

*1) § 543 BGB
Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

  1. dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
  2. der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
  3. der Mieter
    a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
    b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
    Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

  1. eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
  2. die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
  3. der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.
    (4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

http://dejure.org/gesetze/BGB/543.html

*2) http://anwaltverein.de/de/service/prozesskostenrechner

*3) http://www.iww.de/rvgprof/archiv/streitwert-streitwertberechnung-in-mietsachen-f22206

*4) 574b BGB
Form und Frist des Widerspruchs

(1) Der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen.

(2) Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter ihm den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. Hat der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, so kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.

(3) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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