Urlaubsanspruch im Arbeitsverhältnis

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Am 01.02.2013 habe ich den Dienst bei meinem Arbeitgeber angetreten und beende ihn mit fristgerechter Kündigung zum 30.11.2014.

In meinem Arbeitsvertrag steht drin (ohne weitere Erläuterungen vom Arbeitgeber): "Der Arbeitnehmer hat entsprechend der Urlaubsordnung zurzeit einen Anspruch auf einen jährlich bezahlten Urlaub von -30- Werktagen".

Das bedeutet für mich als Arbeitnehmer eigentlich, dass ich sobald ich meine 6 Monate Probezeit überstanden habe den vollen Urlaub erhalte.

Letztes Jahr hatte ich Jedoch nur 29 Tage gestattet bekommen und dieses Jahr haben sie mir nur 28 Tage gestattet, mit der Aussage, dass ich jeweils nur 11/12 vom Jahr dort gearbeitet habe.
Mir fehlen also 3 Tage, welche mir meines Erachtens unterschlagen werden. Bin ich mit der Ansicht im Recht und kann dagegen angehen oder irre ich mich?

Antwort des Anwalts

Die Regelung, die Sie betrifft, findet sich in § 4 BurlG:
§ 4 BUrlG – Wartezeit

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Das Gesetz knüpft die Entstehung des vollen Urlaubsanspruchs an einen mehr als 6-monatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses. Innerhalb der ersten 6 Monate entsteht allenfalls ein Teilurlaubsanspruch nach Maßgabe des § 5 I lit a und b. Weder ist während der Wartezeit der Anspruch des AN auf den vollen Jahresurlaub aufschiebend bedingt, noch erwirbt der AN während der Wartezeit eine entspr Anwartschaft (so aber Neumann/Fenski § 4 Rn. 5 ff). Zu europarechtl Vorgaben hins der Wartezeit vgl EuGH 26.6.2001, C 173/99, AP Nr 3 zu EWG-Richtlinie Nr 93/104 (ferner EuGH 24.1.2012, C 282/10, EzA EG-Vertrag 1999 RL 2003/88 Nr 8; vgl auch HWK/Schinz § 4 Rn. 3).

Weil der (volle) Urlaubsanspruch vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt, kommt es nicht auf die tatsächliche Beschäftigung an (BAG 28.1.1982, 6 AZR 571/79, EzA § 3 BUrlG Nr 13). (Un)Entschuldigte Fehlzeiten, Krankheitstage, arbeitskampfbedingte Ausfallzeiten ua sind deshalb für die Berechnung der Wartezeit unbeachtlich. Maßgeblich ist allein der rechtl Bestand des Arbeitsverhältnisses. Weil es auf den rechtl Bestand ankommt, wird die Wartezeit auch dann nicht unterbrochen, wenn das Arbeitsverhältnis ruht – etwa während der Elternzeit (§§ 15 ff BEEG) oder während des Grundwehrdienstes (§§ 1 ff ArbPlSchG); für mutterschutzrechtl Beschäftigungsverbote vgl ausdrücklich § 17 MuSchG: Ausfallzeiten gelten als Beschäftigungszeiten. Auch ein Betriebsinhaberwechsel iSd § 613a I BGB unterbricht die Wartezeit nicht (BAG 20.7.1993, 3 AZR 99/93, EzA § 613a BGB Nr 110; Leinemann/Linck § 1 Rn. 155, § 4 Rn. 12).

Wird der rechtl Bestand des Arbeitsverhältnisses indes unterbrochen, so beginnt die Wartezeit des § 4 grds neu zu laufen (BAG 15.11.2005, 9 AZR 626/04, EzA § 2 BUrlG Nr 5). In Anlehnung an die Rspr des BAG zur Wartezeit bei § 1 I KSchG (BAG 20.8.1998, 2 AZR 83/98, EzA § 1 KSchG Nr 50) sollten jedoch Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses zumindest dann angerechnet werden, wenn das alte und das neue Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen und die Unterbrechung nicht zu lange gewährt hat (für die Bedeutungslosigkeit kurzfristiger Unterbrechungen auch Neumann/Fenski § 4 Rn. 43 ff). Eine solche Einschränkung trägt dem Erholungszweck des Gesetzes angemessen Rechnung und ist auch nicht wegen »erheblicher Rechtsunsicherheit« abzulehnen (so aber die wohl überwiegende Ansicht ErfK/Gallner § 4 Rn. 4, 5; Leinemann/Linck § 4 Rn. 13 f). In jedem Fall können AG und AN vereinbaren, dass die in einem früheren Arbeitsverhältnis zurückgelegte Wartezeit auf die Wartezeit in einem neuen Arbeitsverhältnis angerechnet wird.

Werden nur einzelne Arbeitsbedingungen geändert, so ist das für den Lauf der Wartezeit unbeachtlich. Wird bspw ein bislang befristet abgeschlossenes Arbeitsverhältnis »entfristet« oder wird ein Vollzeitarbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis überführt, so spielt das für die Wartezeit keine Rolle. Gleiches gilt, wenn sich an ein Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis unmittelbar anschließt. Sowohl das Ausbildungsverhältnis wie auch das Arbeitsverhältnis werden urlaubsrechtl gleichbehandelt (§ 2 S 1) und bei nahtlosem Übergang urlaubsrechtl als Einheit gewertet (BAG 29.11.1984, 6 AZR 238/82, EzA § 13 BUrlG Nr 22).

Der AN muss in einem bestehenden Arbeitsverhältnis die Wartezeit nur einmal erfüllt haben. Die Wartezeit beginnt nicht etwa für jedes Kalenderjahr neu zu laufen. Hat der AN die Wartezeit einmal erfüllt, so entsteht in den Folgejahren der Anspruch des AN auf den vollen Jahresurlaub bereits vom 1. Tag an (BAG 24.10.2006, 9 AZR 669/05, EzA § 125 SGB IX Nr 1; AnwK-ArbR/Düwell § 4 Rn. 10). Die Wartezeit kann auch auf 2 Kalenderjahre verteilt sein (Neumann/Fenski § 4 Rn. 18).

Die Wartezeit kann durch Vereinbarung zugunsten des AN verkürzt oder ganz ausgeschlossen werden (Neumann/Fenski § 4 Rn. 10). Eine Verlängerung der Wartezeit durch Einzelvertrag oder BV ist jedoch wegen § 13 I 3 unzulässig – soweit der gesetzliche Mindesturlaub betroffen ist. Eine Verlängerung der Wartezeit durch TV ist zwar grds möglich (§ 13 I 1), darf aber im Ergebnis nicht dazu führen, dass der Anspruch des AN auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 I) mittelbar abbedungen wird (zutr Leinemann/Linck § 13 Rn. 51; zu weiter gehenden europarechtl Vorbehalten insoweit vgl LAG Hamm 4.3.2010, 16 Sa 1130/09).

Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach dem klaren Wortlaut des § 4 erstmals nach Ablauf der Wartezeit und nicht bereits am letzten Tag der Wartezeit (AnwK-ArbR/Düwell § 4 Rn. 2; Leinemann/Linck § 4 Rn. 19; aM BAG 26.1.1967, 5 AZR 395/66, BB 1967, 717; Neumann/Fenski § 5 Rn. 6). Ein AN, dessen Arbeitsverhältnis am 1.7. beginnt, erwirbt also – weil die Wartezeit erst mit Ablauf des 31.12. endet – für das Jahr seiner Einstellung keinen vollen Urlaubsanspruch mehr (HWK/Schinz § 4 Rn. 12), sondern allenfalls einen Teilurlaubsanspruch nach Maßgabe des § 5 I lit a.

Für die Berechnung der Wartezeit gelten die Bestimmungen der §§ 186 ff BGB. Dabei ist für den Beginn der Wartefrist der vertraglich vereinbarte Beginn des Arbeitsverhältnisses maßgeblich und nicht etwa der Tag, an dem der Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Der vertraglich vereinbarte Beginn des Arbeitsverhältnisses dürfte zumeist der Tag der Arbeitsaufnahme sein. Bei der Fristberechnung ist der 1. Tag des Arbeitsverhältnisses wegen § 187 II BGB regelmäßig mitzurechnen. Anderes gilt jedoch, wenn der AN etwa im Anschluss an ein Vorstellungsgespräch sofort eingestellt wird und die Arbeit noch am selben Tage aufnimmt. Hier ist wegen § 187 I BGB der 1. Tag nicht mitzurechnen (ErfK/Gallner § 4 Rn. 3; Neumann/Fenski § 4 Rn. 20). Die Frist beginnt dann am nachfolgenden Tag zu laufen. Zum jeweiligen Fristende s § 188 II BGB. Für Sonn- und Feiertage gelten beim Fristlauf keine Besonderheiten. Beginnt das Arbeitsverhältnis am 1.5., so wird dieser (Feier-)Tag mitgerechnet. Auch § 193 BGB findet keine Anwendung, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen (HWK/Schinz § 4 Rn. 10). Die Frage, ob die Wartezeit abgelaufen ist, kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 19.8.2003, 9 AZR 641/02, EzA § 256 ZPO 2002 Nr 4).

Ihr Arbeitnehmer denkt aber wohl an die Regelung des § 5 BurlG:
§ 5 BUrlG
§ 5 BUrlG – Teilurlaub

(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

a)

für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b)

wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c)

wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

Weil der AN den vollen Urlaubsanspruch erst nach Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten erwirbt (§ 4), braucht es mit Blick auf den vom Gesetz verfolgten Erholungszweck ein Korrektiv für die Fälle, in denen der AN die Wartezeit nicht (mehr) erfüllen kann. Deshalb erhält der AN in den in § 5 I lit a und lit b angesprochenen Konstellationen einen Anspruch auf Teilurlaub – und zwar in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (sog Zwölftelungsgrundsatz). Dies ist einmal dann der Fall, wenn der AN im laufenden Kalenderjahr die Wartezeit nicht mehr erreichen kann (§ 5 I lit a), da das Arbeitsverhältnis erst zum oder nach dem 1.7. zu laufen beginnt (s § 4). Und das ist zweitens der Fall, wenn der AN vor Ablauf der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 5 I lit b). Mit diesen Teilurlaubsansprüchen erlegt das Gesetz dem AG einerseits in (nur) zumutbarem Umfang Freistellungslasten auf und es trägt andererseits zugleich dem Erholungsbedürfnis des AN angemessen Rechnung.

Genau umgekehrt kürzt § 5 I lit c den Vollurlaub, wenn der AN die Wartezeit zwar bereits zurückgelegt hat (dazu § 4), er aber in der 1. Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Hat der AN im Fall einer Kürzung nach § 5 I lit c bereits Vollurlaub erhalten, so kann das gezahlte Urlaubsentgelt wegen des Rückforderungsverbots des § 5 III grds nicht zurückverlangt werden. § 5 II enthält eine Rundungsvorschrift.
Sowohl § 5 I lit a als auch lit b knüpfen an den Begriff der Wartezeit iSd § 4 an. Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 4 verwiesen werden. Maßgeblich für den Lauf der Wartezeit ist also nicht die tatsächliche Beschäftigung des AN, sondern allein der (ununterbrochene) rechtl Bestand des Arbeitsverhältnisses. Ein Teilurlaubsanspruch kann deshalb auch bspw dann entstehen, wenn der AN während des gesamten Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt ist (Neumann/Fenski § 5 Rn. 21).

Weil gem § 4 der volle Urlaubsanspruch erst nach Ablauf der Wartezeit entsteht, der AN also vorher grds keinerlei Urlaub beanspruchen kann, stellt sich die Frage, wann die Teilurlaubsansprüche des § 5 I jeweils zur Entstehung gelangen. Das Gesetz sagt hierzu nichts. Vorstellbar ist zweierlei: Der Teilurlaubsanspruch könnte einmal ratierlich entspr des Zwölftelungsgrundsatzes anwachsen. Der AN erhielte dann nach jedem vollen Monat 1/12 seines Jahresurlaubs hinzu (so Neumann/Fenski § 5 Rn. 10). Andererseits wäre es vorstellbar, den Teilurlaubsanspruch sofort mit Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zumindest dann in vollem Umfang entstehen zu lassen, sobald die Voraussetzungen eines Teilurlaubsanspruches feststehen (so BAG 10.3.1966, 5 AZR 498/65, BB 1966, 580; ErfK/Gallner § 5 Rn. 6, 11; HWK/Schinz § 5 Rn. 6 f, 17; weiter gehend AnwK-ArbR/Düwell § 5 Rn. 16, 19, § 7 Rn. 19 ff). Ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 I lit a entstünde nach letzterer Ansicht bereits mit Begründung des Arbeitsverhältnisses, weil schon bei einer Einstellung zum oder nach dem 1.7. eines Kalenderjahres feststeht, dass der AN die Wartezeit im laufenden Kalenderjahr nicht mehr erfüllen kann. Entspr gilt für einen Teilurlaubsanspruch aus § 5 I lit b, wenn – etwa aufgrund einer Befristungsabrede – von vornherein feststeht, dass der AN vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wird. Im Fall einer Kdg oder eines Aufhebungsvertrages entstünde der Teilurlaubsanspruch mit Zugang der Kdg bzw mit Abschluss des Aufhebungsvertrages. Mit Blick auf das Anliegen des Gesetzes, den Urlaub möglichst zusammenhängend zu gewähren (§ 7 II), ist die letztere Ansicht vorzugswürdig und ein ratierliches Anwachsen des Teilurlaubsanspruchs abzulehnen. Teilurlaubsansprüche sind mit ihrem Entstehen auch fällig (Leinemann/Linck § 5 Rn. 11; aM Neumann/Fenski § 5 Rn. 11).

Mit den (vollen) Monaten, für die der AN 1/12 seines Jahresurlaubs erhält (Zwölftelungsgrundsatz), sind nicht die Kalendermonate angesprochen, sondern die Beschäftigungsmonate des AN. Für die Berechnung der Beschäftigungsmonate gelten die Bestimmungen der §§ 186 ff BGB (dazu § 4 Rdn. 8). Angefangene Monate bleiben außer Betracht – und zwar selbst dann, wenn zur Vollendung nur noch ein (arbeitsfreier) Sonn- oder Feiertag fehlt (BAG 26.1.1989, 8 AZR 730/87, EzA § 5 BUrlG Nr 14; 13.10.2009, 9 AZR 763/08; AnwK-ArbR/Düwell § 5 Rn. 7; ErfK/Gallner § 5 Rn. 9; aM Neumann/Fenski § 5 Rn. 16). Zu europarechtl Bedenken bei Arbeitsverhältnissen unter einem Monat, für die nach § 5 I lit a und b wegen des Zwölftelungsprinzips grds kein Teilurlaubsanspruch entstehen kann, s HWK/Schinz § 5 Rn. 11.

Ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 I lit a entsteht für Zeiten eines Kalenderjahres, für die der AN wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt. Das ist dann der Fall, wenn der AN so spät während eines Kalenderjahres eingestellt wird, dass er die Wartezeit des § 4 nicht mehr erfüllen kann – also bei einer Einstellung zum 1.7. oder danach (s § 4 Rdn. 7; aM für den Fall einer Einstellung zum 1.7. Neumann/Fenski § 5 Rn. 6, 22, die dann von Vollurlaub ausgehen). Wird die Wartezeit hingegen deshalb nicht erfüllt, weil das Arbeitsverhältnis zuvor endet, dann bestimmt sich ein Teilurlaubsanspruch ausschließlich nach § 5 I lit b. § 5 I lit a geht von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis aus, § 5 I lit b von einem beendeten. In diesem Sinne schließen sich die beiden Teilurlaubsansprüche wechselseitig aus – ein Teilurlaubsanspruch besteht also entweder nach lit a oder nach lit b (vgl auch ErfK/Gallner § 5 Rn. 5).
Eben darum ist auch (nur) für den Teilurlaubsanspruch nach § 5 I lit a in § 7 III 4 die Möglichkeit eröffnet, diesen auf Verlangen des AN auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Der AN muss die Übertragung des Teilurlaubs auf das nächste Kalenderjahr allerdings noch im Urlaubsjahr verlangen (BAG 24.3.2009, 9 AZR 983/07, EzA § 7 BUrlG Abgeltung Nr 15). Dafür genügt jede Handlung des AN, mit der er für den AG deutlich macht, den Teilurlaub erst im nächsten Jahr nehmen zu wollen. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass der AN im Urlaubsjahr darauf verzichtet, einen Urlaubsantrag zu stellen (BAG 29.7.2003, 9 AZR 270/02, EzA § 7 BUrlG Nr 111; AnwK-ArbR/Düwell § 5 Rn. 13). Wird der Teilurlaubsanspruch nach Maßgabe des § 7 III 4 übertragen, so kann er bis zum Ablauf des Folgejahres gewährt und genommen werden (HWK/Schinz § 5 Rn. 15). Versäumt der AN die Übertragung nach Maßgabe des § 7 III 4, weil er ein entspr Verlangen nicht ausreichend artikuliert, so kommt nur noch eine Übertragung des Teilurlaubsanspruchs nach Maßgabe der allg Grundsätze der § 7 III 2 und 3 in Betracht.

Zum Verhältnis des § 5 I lit b zu lit a s.o. Rdn. 6. Das Gesetz gewährt einen Teilurlaubsanspruch ferner dann, wenn der AN vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Dabei ist mit Ausscheiden die rechtl und nicht nur die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemeint. Weil der volle Urlaubsanspruch erst nach Ablauf der Wartezeit entsteht (§ 4 Rdn. 7), ist § 5 I lit b auch dann anzuwenden, wenn der AN mit Ablauf der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (ErfK/Gallner § 5 Rn. 13; Leinemann/Linck § 5 Rn. 28 f). Ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 I lit b kommt ferner dann in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis in einem Kalenderjahr beginnt und im nachfolgenden Jahr noch fortdauert (also etwa befristet vom 1.11. bis zum 28.2. des Folgejahres; dazu BAG 13.10.2009, 9 AZR 763/08; AnwK-ArbR/Düwell § 5 Rn. 22). Teilurlaubsansprüche, die im 1. Kalenderjahr entstanden sind, können ggf nach Maßgabe des § 7 III 2 und 3 in das nachfolgende Kalenderjahr übertragen werden. Die (komfortable) Übertragungsregel des § 7 III 4 gilt für Teilurlaubsansprüche aus § 5 I lit b nicht.

Hat der AN die Wartezeit zwar zurückgelegt (dazu § 4), scheidet er aber in der 1. Hälfte des Kalenderjahres (also spätestens mit Ablauf des 30.6.) aus dem Arbeitsverhältnis aus, dann wird der Vollurlaubsanspruch des AN nach dem Zwölftelungsprinzip gekürzt. Dh: Für jeden vollen Monat im Urlaubsjahr erhält der AN 1/12 seines Jahresurlaubs. Einen höheren Anspruch gewährt ihm das Gesetz dann nicht mehr (zu europarechtlichen Bedenken insoweit vgl ArbG Wesel 29.8.2012, 4 Ca 1267 mwN). Mit »Ausscheiden« meint das Gesetz die rechtl Beendigung des Arbeitsverhältnisses; auf eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung kommt es insoweit nicht an (BAG 22.10.2009, 8 AZR 865/08, NZA-RR 2010, 565). Da es sich bei alledem um den gekürzten Vollurlaubsanspruch handelt, ist es terminologisch eigentlich unzutreffend, insoweit von (einem Anspruch auf) Teilurlaub zu sprechen.

Steht schon zu Jahresbeginn fest, dass der AN innerhalb der 1. Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet (etwa aufgrund einer Befristung), dann entsteht der Urlaub schon von Anfang an gekürzt (Leinemann/Linck § 5 Rn. 34, 37). Stellt sich erst später heraus, dass der AN in der 1. Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, so erfolgt die Kürzung des Vollurlaubs gem § 5 I lit c ab diesem Zeitpunkt (ErfK/Gallner § 5 Rn. 16; HWK/Schinz § 5 Rn. 28) – das wird regelmäßig der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung oder der Zeitpunkt des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages sein. Ausscheiden meint die rechtl Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht nur die tatsächliche.

Eine Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubs aus anderen Gründen oder in anderen Fällen (etwa im Fall des Ausscheidens des AN in der 2. Hälfte des Kalenderjahres) kommt grds nicht in Betracht. Insoweit enthält § 5 I lit c eine abschließende Regelung (Leinemann/Linck § 5 Rn. 3). Weitergreifende (tarifliche) Kürzungsregelungen für (tariflichen) Zusatzurlaub sind zwar möglich; sie dürfen aber nicht dazu führen, dass der Umfang des gesetzlichen Mindesturlaubs gemindert wird (BAG 24.10.2000, 9 AZR 610/99, EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr 120; 20.1.2009, 9 AZR 650/07; LAG Hamburg 27.6.2012, 5 Sa 7/12).

Eine Kürzungsmöglichkeit auch der (Mindest-)Urlaubsdauer bei Elternzeit sieht jedoch § 17 I BEEG vor; zur Kürzung der Urlaubsdauer bei Wehrdienst vgl § 4 ArbPlSchG (bzw § 78 I ZDG iVm § 4 ArbPlSchG im Fall des Zivildienstes anerkannter Kriegsdienstverweigerer).

Hat ein AN im Fall des § 5 I lit c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann gem § 5 III das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden (Rückforderungsverbot). Hat also ein AN bspw im Januar seinen gesamten Jahresurlaub (24 Werktage) einschließlich des Urlaubsentgelts bereits erhalten und endet das Arbeitsverhältnis später aufgrund einer im Februar ausgesprochenen Kdg zum 31.3. und damit in der 1. Hälfte des Kalenderjahres, dann kann der AG das rechtsgrundlos gezahlte Urlaubsentgelt für den überschießenden Teil des Urlaubs (18 Werktage = 24 Werktage [bereits gewährter Urlaub] – 3 [volle Monate]/12 × 24 [Werktage Jahresurlaub]) nicht zurückverlangen.

Das Rückforderungsverbot des § 5 III setzt nach seinem klaren Wortlaut allerdings zweierlei (kumulativ) voraus: Einmal muss der AN zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs schon tatsächlich freigestellt worden sein. Und zum andern muss er das Urlaubsentgelt auch schon tatsächlich erhalten haben (§ 11 II). § 5 III bezieht sich nämlich nur auf die Rückforderung und schließt für den in § 5 III genannten Fall den Bereicherungsanspruch des AG aus (BAG 24.10.2000, 9 AZR 610/99, EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr 120). § 5 III enthält darüber hinausgehend aber keine bes Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Entgelt für diejenige Zeit einer Freistellung, die sich nachträglich nicht als Urlaub erweist (BAG 23.4.1996, 9 AZR 317/95, EzA § 5 BUrlG Nr 17). War also der AN (wegen § 5 I lit c) zwar zu Unrecht freigestellt, hatte er aber das Urlaubsentgelt noch nicht erhalten, so bietet ihm § 5 III keine Grundlage für eine der materiellen Rechtslage widerstreitenden Nachforderung des Urlaubsentgelts (ErfK/Gallner § 5 Rn. 18; HWK/Schinz § 5 Rn. 40).

Schon gar nicht kann der AN ungekürzten Urlaub dann verlangen, wenn die Kürzung des Vollurlaubsanspruchs zwar nach der Urlaubsgewährung aber noch vor Urlaubsantritt oder während des Urlaubs erfolgte. Hier kann der AG vielmehr seine über den gesetzlichen Anspruch hinausgehende Freistellungserklärung kondizieren, weil der Rechtsgrund weggefallen ist. Der AN bleibt dann für die entspr Zeiträume zur Arbeitsleistung verpflichtet (AnwK-ArbR/Düwell § 7 Rn. 49; HWK/Schinz § 5 Rn. 44). Hat der AN zwar bereits das Urlaubsentgelt, nicht aber auch eine (ihm wegen § 5 I lit c nicht mehr zustehende) Freistellung erhalten, dann kann der AG die Freistellungserklärung kondizieren und zudem das Urlaubsentgelt nach bereicherungsrechtl Grundsätzen für den noch nicht verbrauchten Urlaub zurückverlangen. § 5 III, der für ein Rückforderungsverbot sowohl die Zahlung des Urlaubsentgelts als auch die tatsächlich Freistellung verlangt, steht der Rückforderung nicht entgegen, weil es an der Freistellung fehlt (BAG 24.10.2000, 9 AZR 610/99, EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr 120). Allg gilt: Außerhalb seines Anwendungsbereiches sperrt § 5 III einen Zugriff des AG auf das Bereicherungsrecht nicht (dazu BAG 5.9.2002, 9 AZR 244/01, EzA § 1 BUrlG Nr 24; Leinemann/Linck § 5 Rn. 59 f; ferner ArbG Regensburg 12.3.1997, 6 Ca 4530/96 S, EzA § 5 BUrlG Nr 18; für ein allg Rückforderungsverbot hingegen [wenn auch mit Ausnahmen] Neumann/Fenski § 5 Rn. 48 ff). Gem § 13 I können die TV-Parteien – nicht aber auch die Arbeitsvertragsparteien oder die Betriebspartner – auch zuungunsten des AN von dem Rückforderungsverbot des § 5 III abweichen (BAG 23.1.1996, 9 AZR 554/93, § 5 BUrlG Nr 16).
Bruchteile von Urlaubstagen werden auf volle Urlaubstage aufgerundet, sofern die Bruchteile mindestens einen halben Tag ergeben (§ 5 II). Das bedeutet aber nicht zugleich umgekehrt, dass Bruchteile unter einem halben Tag abzurunden wären und damit entfielen (dazu ausf Leinemann/Linck § 5 Rn. 41 ff; ferner AnwK-ArbR/Düwell § 5 Rn. 11; HWK/Schinz § 5 Rn. 37 f). Vielmehr hat in diesen Fällen der AN Anspruch auf stundenweise Befreiung entspr des verbleibenden Bruchteils oder auf anteilige Abgeltung nach § 7 IV (BAG 26.1.1989, 8 AZR 730/87, EzA § 5 BUrlG Nr 14).

Wie Sie sehen können, treffen bei Ihnen die Voraussetzungen des § 5 aber nicht zu. Das bedeutet, dass Sie sowohl für 2013 als auch für 2014 den vollen Urlaubsanspruch erworben haben.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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