Rundfunkgebühr trotz Stipendium: Muss ich zahlen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 02.03.2015
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich habe – wie wahrscheinlich etliche andere Bürger zurzeit – Fragen zur Zahlung des Rundfunkbeitrags. Zunächst zu meinen Verhältnissen:

Ich bin 25 Jahre alt, Studentin, lebe alleine (in einer abgeschlossenen Wohneinheit im Studentenwohnheim) und habe folgende monatliche Einnahmen:

  • Studentische Aushilfe an der Universität: ca. 270 Euro (seit Juli 2013)
  • Halbwaisenrente: ca. 230 Euro (seit ca. 2000)
  • Stipendium eines öffentlich geförderten Begabtenförderwerkes: ca. 970 Euro (seit Okt. 2014)

Mein Gesamteinkommen beläuft sich also auf knapp 1500 Euro netto monatlich, allerdings befinde ich mich noch in einigen finanziellen Engpässen, da ich einige Dispositionskredite habe und meine Familie (die von ALG II lebt) finanziell mit unterstütze und die Zahlung des Stipendiums sich etwas verzögert hat.

In den letzten Monaten habe ich wie viele andere Zahlungsaufforderungen des Beitragsservice erhalten und soll eine Gesamtsumme von 395,56 Euro begleichen, zusammengesetzt aus den Beiträgen seit Einführung der neuen Beitragsregelung (ich habe die ganze Zeit über schon allein gelebt und nie einen Beitrag angemeldet oder gezahlt, bisher habe ich aus Unsicherheit auch auf kein Schreiben des Beitragsservice reagiert).

Wie ich bereits herausfinden konnte, können Studenten, die Leistungen nach dem BAföG beziehen, einen Antrag auf Erlass der Beiträge stellen. Die Bedingungen zum Erhalt eines Stipendiums der öffentlichen Begabtenförderwerke sind „grundsätzlich“ die gleichen wie zum Erhalt nach dem BAföG. Aus den "Zusätzlichen Nebenbestimmungen zur Förderung begabter Studierender sowie begabter Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:

„I. Förderung begabter Studierender

  1. Voraussetzungen
    1.1. Studierende, die (…) zu dem in § 8 Abs. 1 bis 3 BAföG genannten Personenkreis gehören, können Leistungen nach diesen Bestimmungen erhalten, wenn ihre Begabung und ihre Persönlichkeit besondere Leistungen in Studium und Beruf erwarten lassen. (…)
    1.2. Die Förderfähigkeit der Ausbildung richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des BAföG.“

Unter diesem Link finden Sie die gesamten Nebenbestimmungen:

http://www.stipendiumplus.de/

Nun zu meinen Fragen:

  1. Wie „rechtens“ ist diese Ungleichbehandlung von BAföG-Empfängern und Stipendiaten? Gibt es eine rechtlich sattelfeste Begründung hierfür seitens des Beitragsservice, wo sich doch beide Personengruppen in den gleichen insbesondere finanziellen Umständen befinden?

  2. Falls die Sachlage schwammig, angreifbar, lückenhaft oder eine rechtliche Grauzone ist, ist es ratsam für mich, die Beiträge bzw. Raten erstmal nicht zu zahlen (die erste Rate wäre am 15.11. fällig) und nach Erhalt des Beitragsbescheides Widerspruch einzulegen? Oder sollte ich die erste Rate vom 15.11. erstmal zahlen, damit keine Gebühren etc. auf mich zukommen?
    Da ich erst seit diesem Oktober Stipendiatin bin, kann ich die Beitragspflicht, soweit ich weiß (zumindest mit dieser Begründung) ohnehin nicht rückwirkend aufheben, oder?
    Ich habe allerdings Angst, mit der Zahlung der ersten Rate ungewollt auf irgendein Recht zu verzichten oder eine Art „Zahlungsbereitschaft“ zu signalisieren, die ich mindestens hinsichtlich der zukünftig anfallenden Beiträge definitiv nicht habe.

  3. Insofern: Würde die Zahlung der ersten Rate ein Hindernis für einen möglichen Widerspruch gegen zukünftig anfallende Beiträge sein?

  4. Wie erfolgsversprechend wäre ein Widerspruch mit Bezug auf die Ungleichbehandlung von BAföG-Empfängern und Stipendiaten Ihrer Einschätzung nach auf den ersten Blick? Gibt es bereits ähnliche Fälle, erfolgreiche Widersprüche von Stiftungen/Studienwerken oder Klagen mit dieser Begründung? Mit welchen Kosten hätte ich ggf. zu rechnen? Macht es Sinn diesen Weg "auf eigene Faust" zu gehen?

  5. Kurzum: Wie würden Sie mir empfehlen angesichts der beschriebenen Umstände mit der Situation umzugehen? Gibt es für meine Situation (vielleicht durch den Erhalt von Halbwaisenrente o.ä.) noch andere Möglichkeiten den Rundfunkbeitrag zu umgehen, wenn die Stipendium/BAföG-Argumentation nicht erfolgsversprechend scheint?

Antwort des Anwalts

Einen Anspruch auf Beitragsbefreiung von den Fernseh- und Rundfunkgebühren haben Sie nicht.

  1. Ihrer Einkommenssituation ist nicht mit der eines BAFög- Empfängers zu vergleichen. Der aktuelle BAFöG-Höchstsatz liegt bei 670 €, während Sie ein Nettoeinkommen von 1500 € haben.
    Allein Ihr zusätzliches Einkommen als studentische Hilfskraft steht zudem der Befreiung entgegen.

  2. Wenn Sie in der Vergangenheit bereits wiederholt Post vom Beitragsservice/der GEZ erhalten haben, ist davon auszugehen, dass dabei bereits ein Beitragsbescheid war. Wenn dieses der Fall ist, ist dieser zwischenzeitlich rechtskräftig, wenn Sie nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt haben. Er kann dann wie ein Urteil vollstreckt werden. Einwände gegen seine Richtigkeit sind nicht mehr möglich.

  3. Eine Beitragsbefreiung kann stets erst nach vorheriger Antragstellung erfolgen. Somit kann für die Vergangenheit keine Beitragsbefreiung mehr geltend gemacht werden.

  4. Daraus folgt, dass Sie zur Vermeidung weiterer Kosten schnellstmöglich die aufgelaufenen Rechnungen vollständig bezahlen sollten. Das hindert nicht daran für die Zukunft Befreiungsanträge zu stellen. Die dafür notwendigen Bescheinigungen erhalten Sie von den Sozialleistungsträgern (Jobcenter; BAFöG-Ämter). Sollten die Anträge abgelehnt werden, können Sie dagegen fristgerecht Widerspruch einlegen.

Fazit:

An der Beitragspflicht für die Vergangenheit besteht kein Zweifel, da Sie keinen entsprechenden Antrag gestellt haben. Rechnungen für die Vergangenheit sind zur Vermeidung von Vollstreckungskosten schnellstmöglich zu zahlen. Es steht Ihnen frei für die Zukunft Befreiungsanträge zu stellen. Diese werden abgelehnt werden, da Ihr Einkommen deutlich zu hoch ist. Gebührenbefreiung gibt es nur die Bezieher von Leistungen des Jobcenters, der Sozialämter oder gleichgelagerter Behörden (z.B. BAFöG-Amt) auf Niveau der Sozialhilfe.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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