 | | | Online-Rechtsberatung von Rechtsanwalt Roland Hoheisel-Gruler Stand: 16.09.2014 |
Frage: Mein leiblicher Vater ist Mitte 2005 verstorben. Er war zum zweiten Mal verheiratet. Seine zweit Ehefrau bat mich nach seinem Tod kurzzeitig auf mein Erbe zu verzichten, weil sie seine Krankhauskosten selber bezahlen musste (nicht privat Krankenversichert - wollte aber dennoch beste Ärzte). Sie hatte mir damals einen handgeschriebenen Zettel geschrieben wo das drin stand. Danach hatte sie sich nie wieder bei mir gemeldet. Nun habe ich erfahren, dass ich dennoch Anspruch auf meinen Pflichtteil hätte. Ich bin das einzige Kind meines Vaters. Ich habe auch nach seinem Tod nie eine offizielle Benachrichtiung bekommen oder nie ein Testament gesehen. Da ich jetzt in der Schweiz wohne, zahlt meine Rechtschutzversicherung hier nicht für Deutschland. Steht mir als Pfichtteil noch etwas zu? Hätte da nicht etwas offizielles vom Nachlassgericht kommen müssen? Gilt ein handgeschrieber Verzicht von seiner Frau? Sie hatte mir gesagt, dass ich mein Teil später bekommen würde? Leider habe ich nie eine Kopie von diesem Verzicht bekommen und beglaubigt wurde das notariell auch nie..... Ich wäre froh, wenn Sie mir helfen könnten.  | Jetzt kostenloses Angebot anfordern!Hier gehts los. |  | 1,99 €/Min. inklusive 19% MwSt aus dem Festnetz der Deutschen Telekom; ggf. abweichende Preise aus Mobilfunknetzen | |
Antwort: Ihr Vater ist 2005 verstorben, er war in zweiter Ehe verheiratet. Von einem Testament ist nichts bekannt. Die überlebende Ehefrau hatte Sie gebeten, auf Ihr Erbe zu verzichten. Hierfür haben Sie einen Zettel unterschrieben. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich hierbei nicht um einen wirksamen Erbverzicht gehandelt haben kann. Unter einem Erbverzicht versteht man einen vertraglich vereinbarter Verzicht des/der gesetzlichen Erben auf den gesetzlichen Erbteil. Der Erbverzicht ist von der Erbausschlagung zu unterscheiden: Diese ist kein Vertrag, sondern eine erst nach dem Eintreten des Erbschaftsfalls erklärte Ablehnung der Erbschaft. Der Erbverzicht erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden, nicht jedoch, wenn es sich um den Ehepartner des Erblassers handelt. Den gemeinsamen Kindern steht ein eigenes Erbrecht zu. Die in den sonstigen Fällen erfolgende automatische Erstreckung auf die Abkömmlinge kann aber vertraglich ausgeschlossen werden. Der Erbverzicht ist notariell zu beglaubigen. Er kann unter einer Bedingung (z.B. der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages) geschlossen werden. Verzichtet jemand zugunsten eines anderen auf sein gesetzliches Erbrecht, so wird nach dem Gesetz vermutet, dass der Erbverzicht unter der Bedingung geschlossen wurde, dass die andere Person tatsächlich Erbe wird. Verzichtet ein Abkömmling auf sein gesetzliches Erbe, so wird gemäß § 2350 BGB vermutet, dass der Verzicht nur zugunsten der anderen Abkömmlinge und des Ehegatten des Erblassers gelten solle. Nachdem es keinen notariell vereinbarten Erbverzicht gibt, muss hier eine andere rechtliche Qualifikation gesucht werden. Zunächst einmal wäre festzuhalten, dass Sie und die Ehefrau mangels eines Testaments gesetzliche Erben geworden sind. Sie bilden daher eine Erbengemeinschaft. Das bedeutet, dass Sie und die Ehefrau gemeinsam Rechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten Ihres verstorbenen Vaters geworden sind. Eine Ausschlagung liegt nicht vor, diese muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Damit sind Sie Erbe geblieben. Allerdings könnten Sie hier einen Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen haben. In der Regel dürften sich die Miterben über die Art und Weise der Teilung des Nachlasses einig werden. Den Normalfall der Erbauseinandersetzung bildet daher der Abschluss eines Erbauseinandersetzungsvertrags. Die Erben sind hinsichtlich des Inhalts des Erbauseinandersetzungsvertrags grds. nicht an die Teilungsvorschriften der §§ 2042 ff. BGB gebunden. Sie verfügen insoweit über volle Gestaltungsfreiheit. So dürfte es sich i.d.R. als erforderlich erweisen, in Abweichung der in §§ 2042 Abs. 2, 757 BGB vorgesehenen Sachmängelhaftung etwa bei Grundstücken einen vollständigen Haftungsausschluss zu vereinbaren. Begrenzt wird die Gestaltungsfreiheit der Erben - wie bei anderen Verträgen auch - durch die gesetzlichen Schranken der §§ 134, 138, 242 BGB. Der Erbauseinandersetzungsvertrag kann grds. formfrei abgeschlossen werden. Er bedarf jedoch der notariellen Beurkundung, wenn er Regelungen enthält, die dieser Form aufgrund spezieller Vorschriften bedürfen. Dies ist z.B. bei Grundstücksübertragungen (§ 311b Abs. 1 BGB) oder GmbH-Geschäftsanteilsabtretungen (§ 15 Abs. 3 GmbHG) der Fall. Gehört zum Nachlass etwa nur Bargeld oder Hausrat, ist eine notarielle Beurkundung somit entbehrlich. Weiterhin ist zu beachten, dass die dingliche Übereignung einzelner Nachlassgegenstände an einen Miterben im Vollzug der Auseinandersetzung der dafür jeweils speziell vorgesehenen Form bedarf. Bei Grundstücken ist also z.B. die Auflassung erforderlich. Diese ist bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragsteile vor einem Notar zu erklären (§ 925 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gleiches gilt auch dann, wenn das Gesamthandseigentum in Bruchteilseigentum umgewandelt wird, also etwa drei Erben anstelle in Erbengemeinschaft zu je 1/3 Miteigentumsanteil an der Grundbesitzung beteiligt sein wollen. Allerdings bedarf der Vertrag auch zweier Vertragsparteien, das bedeutet, dass Vertragsinhalt sein müsste, dass Sie und die Ehefrau sich darüber geeinigt haben, dass ihr der gesamte Nachlass alleine zustehen soll. Für den Fall, dass es sich nicht um einen Vertrag handelt, können Sie der Ehefrau gegenüber auf die Geltendmachung Ihrer Rechte aus der Erbschaft verzichtet haben. Dabei ist zu beachten, dass Sie Ihren Teil später bekommen sollten. Damit könnte der Verzicht auch dahingehend ausgelegt werden, dass Sie die Auseinandersetzung der Erbschaft nur gestundet haben. Ein wesentlicher Punkt für diesen Verzicht war, dass noch Arzt- und Krankenhausrechnungen offen waren. Diese waren aber Nachlassverbindlichkeiten und wären daher ohnehin aus dem Nachlass zu bezahlen gewesen. Soweit Sie also deswegen kurzzeitig auf Ihren Erbteil verzichtet haben, ist darin allenfalls eine Stundung zu sehen. Ich tendiere also dazu, dass Sie nach wie vor die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach Ihrem Vater verlangen können. Hinsichtlich des Pflichtteils verhält es sich nämlich so, dass dieser nur geltend gemacht werden kann, wenn Sie nicht Erbe geworden sind. Nach den bisherigen Feststellungen auf der Basis Ihrer Angaben ist aber davon auszugehen, dass Sie tatsächlich Erbin nach Ihrem Vater geworden sind. Außerdem verjähren Pflichtteilsansprüche innerhalb drei Jahren. Als Fazit bleibt also, dass Sie sich wegen der Auseinandersetzung der Erbschaft sich mit der zweiten Ehefrau auseinander setzen sollten.
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