Hyperlinks und Vervielfältigungsrecht

Online-Rechtsberatung
Stand: 14.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

In Deutschland geht die herrschende Rechtsmeinung davon aus, dass das Setzen eines Hyperlinks auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk dessen Vervielfältigungsrechte nicht beeinträchtigt.
Auch das Verbreitungsrecht wird nach herrschender Rechtsauffassung durch einen Hyperlink nicht tangiert, da das Setzen eines Hyperlinks allein noch nicht als Anbieten oder Inverkehrbringen fremder Inhalte aufgefasst werden kann.

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zul%C3%A4ssigkeit_von_und_Haftung_f%C3%BCr_Hyperlinks)

Zu dieser Rechtsthematik benötige ich höchstrichterliche Urteile mit jeweiligem Aktenzeichen als Auszug oder Volltext. Damit wäre mir sehr geholfen.

Antwort des Anwalts

In Ihrem Fall gibt es ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshof, vgl. EuGH, Urteil vom 13. 2. 2014, Aktenzeichen C-466/12 *1), das den derzeit geltenden Rahmen der Hyperlinkhaftung neu definiert hat.

Das Urteil hat in Verbindung mit der sogenannten Informationsrichtlinie2), nach allgemeinen Grundsätzen über die Fernwirkung europäischer Richtlinien und deren Auslegung durch internationale Rechtsprechung allgemeine Wirkung in Deutschland und ist insoweit auch für deutsche Gerichte bindend. Zu den Einzelheiten vgl. den Artikel Die Bindungswirkung von Urteilen des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach deutschem Zivilprozessrecht und nach Gemeinschaftsrecht 2).

Hintergrund des Urteils ist die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Informationsrichtlinie.

In dem als Schweden stammenden Fall ging es um eine Entschädigung, die als Ausgleich für den Schaden gefordert wurde, der dadurch entstanden sein soll, dass auf die Internetseite des klagenden Unternehmens anklickbare Internetlinks ("Hyperlinks") gesetzt worden seien, die auf Presseartikel verwiesen, an denen dem klagenden Unternehmen das Urheberrecht zustanden.

Im Ergebnis wurden in dieser Entscheidung die den Mitgliedsstaaten gesetzten Grenzen definiert.

Nach Randziffer 32 dieser Entscheidung war Art. 3 Abs. der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen, dass keine Handlung der öffentlichen Wiedergabe im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite frei zugänglich sind.

Nach Randziffer 37 kann Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 nicht so verstanden werden, dass ein Mitgliedstaat einen weiter gehenden Schutz der Inhaber eines Urheberrechts vorsehen darf, indem er zulässt, dass die öffentliche Wiedergabe Handlungen erfasst, die über diese Bestimmung hinausgehen.

Von dieser Entscheidung ausgehend, definiert sich auch der Rahmen des deutschen Rechts. Naturgemäß gibt es derzeit noch keine aktuellere deutsche Entscheidung, die über das genannte Urteil des EuGH hinaus reichen.

Der Rahmen der Zulässigkeit von Hyperlinks auf fremde geschützte Inhalte wird definiert in § 95a UrhG 4). Dazu ist maßgeblich die insoweit aktuellste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 39/08 5) (Any DVD).

In der Entscheidung befinden sich zahlreiche Verweise mit weiterer Rechtsprechung. Ferner darf ich in der Anlage noch eine Liste mit weiterführenden Entscheidungen im Einzelfall verweisen. Ansonsten empfiehlt sich auch die Recherche von aktuellen deutschen Kommentaren zu § 95a UrhG, die sämtliche Rechtsprechung akribisch auflisten.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) Fundstelle mit deutscher Version (Volltext) des Urteils des EuGH vom 13.02.2014:

www.lexetius.com/2014,223

*2) Informationsrichtlinie Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte der Informationsgesellschaft (ABL L 167, S. 10).

Fundstellen mit Volltexten der Informationsrichtlinie

http://www.internet4jurists.at/gesetze/rl_information01.htm

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:167:0010:0019:DE:PDF

*3) zu den Einzelheiten vgl. http://europainstitut.de/fileadmin/schriften/364.pdf

*4) § 95a UrhG Schutz technischer Maßnahmen

(1) Wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes dürfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden, soweit dem Handelnden bekannt ist oder den Umständen nach bekannt sein muss, dass die Umgehung erfolgt, um den Zugang zu einem solchen Werk oder Schutzgegenstand oder deren Nutzung zu ermöglichen.
(2) Technische Maßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken. Technische Maßnahmen sind wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.
(3) Verboten sind die Herstellung, die Einfuhr, die Verbreitung, der Verkauf, die Vermietung, die Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung und der gewerblichen Zwecken dienende Besitz von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die

  1. Gegenstand einer Verkaufsförderung, Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen sind oder

  2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen nur einen begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder

  3. hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.
    (4) Von den Verboten der Absätze 1 und 3 unberührt bleiben Aufgaben und Befugnisse öffentlicher Stellen zum Zwecke des Schutzes der öffentlichen Sicherheit oder der Strafrechtspflege.

*5) BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 39/08

Session-ID - Das Setzen eines Hyperlink auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk in Form eines Deep Link kann das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung verletzen, wenn dabei eine vom Berechtigen eingerichtete technische Schutzvorrichtung umgangen wird.

http://medien-internet-und-recht.de/pdf/VT-MIR-2010-Dok-159.pdf

Fundstelle mit weiteren Nachweisen:

https://dejure.org/dienste/lex/UrhG/95a/1.html

BGH, 17.07.2008 - I ZR 219/05 CloneCD
AG Köln, 06.04.2005 - 113 C 463/04
LG Köln, 23.11.2005 - 28 S 6/05

Werben für die Umgehung eines Kopierschutzes und Abmahnkosten
OLG München, 23.10.2008 - 29 U 5696/07

Urheberrechtsschutz: Beteiligung eines IT-Nachrichtendienstes an der Verbreitung
BGH, 14.10.2010 - I ZR 191/08
AnyDVD
BVerfG, 15.12.2011 - 1 BvR 1248/11
Nichtannahmebeschluss AnyDVD
LG München I, 14.11.2007 - 21 O 6742/07
Verbot eines Hyperlinks auf illegales Software-Angebot

OLG München, 28.07.2005 - 29 U 2887/05
Haftung für Link auf Kopierschutz-Software - Heise
BVerfG, 03.01.2007 - 1 BvR 1936/05
Erschöpfung des Rechtswegs bei Unterlassungsverfügungen
LG München I, 07.03.2005 - 21 O 3220/05
Beihilfe durch Verlinkung auf urheberrechtswidrige Kopier-Software (§§ 823 Abs. ...
BGH, 29.04.2010 - I ZR 39/08
Session-ID
Zum selben Verfahren:
OLG Hamburg, 20.02.2008 - 5 U 68/07
Urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch: Unzulässige Überwindung einer ...
BGH, 06.02.2013 - I ZR 124/11
Vorlagebeschluss Videospiel-Konsolen
Zum selben Verfahren:
LG München I, 14.10.2009 - 21 O 22196/08
Schutz technischer Maßnahmen: Unterlassungsanspruch gegen Adapter zur Umgehung
BVerfG, 25.07.2005 - 1 BvR 2182/04
Kopierschutz bei Privatkopie
LG München I, 11.10.2006 - 21 O 2004/06
Störerhaftung wegen Hyperlinks auf Kopierschutzumgehungssoftware
OLG Hamburg, 24.06.2009 - 5 U 165/08
Urheberrecht: Indiz für eine Umgehung technischer Schutzmaßnahmen durch den ...
LG München I, 26.07.2012 - 7 O 10502/12
Download von Video-Streams - TubeBox
OLG München, 21.01.2010 - 6 U 3223/09
Das die einstweilige Verfügung im Wesentlichen bestätigende Urteil muss nicht ...
OLG Celle, 27.01.2010 - 9 U 38/09
Herunterladen von Hackersoftware auf dienstlichen Laptop
LG Frankfurt/Main, 31.05.2006 - 6 O 288/06
Keine Urheberrechtsverletzung bei analoger Lücke
LG Hamburg, 25.04.2013 - 310 O 144/13
Video-Download bei Streaming-Portalen - JDownloader2
AG München, 24.04.2007 - 161 C 24310/05
Zu den Abmahnkosten für bei Ebay angebotenen Kopiersoftware
LG München I, 13.03.2008 - 7 O 16829/07
Urheberrechtsverletzung: Vertrieb von Modchips zur Umgehung technischer Schutzvorrichtungen
LG München I, 10.09.2008 - 21 S 18909/07
AG München, 17.09.2008 - 161 C 4777/08
Abmahnkosten: Bestreiten des alten Anspruchs nach Abgabe
LG München I, 13.06.2007 - 21 S 2042/06
Angebot und Verbreitung von Kopierschutzumgehungsprogrammen bei ebay
BGH, 06.02.2013 - I ZR 126/11
Umgehung des Schutzes technischer Maßnahmen durch den Vertrieb der Adapter
BGH, 02.10.2008 - I ZR 18/06
Keine Geräteabgaben für PCs
Zum selben Verfahren:
BGH, 06.12.2007 - I ZR 94/05
Keine Urheberrechtsvergütung für Drucker
BGH, 17.07.2008 - I ZR 206/05
Keine Gerätevergütung für Kopierstationen
LG Düsseldorf, 25.01.2006 - 12 O 110/05
LG Düsseldorf, 29.11.2006 - 12 O 8/06
OLG Düsseldorf, 23.01.2007 - 20 U 38/06
Keine Vergütungspflicht nach § 54a UrhG für Drucker und Plotter
OLG München, 27.10.2005 - 29 U 2151/05
"CD-Kopierstationen"; Vergütungspflicht für CD-Kopierstationen
OLG München, 15.12.2005 - 29 U 1913/05
Urheberrrecht - PCs sind vergütungspflichtige Geräte
LG München I, 28.05.2009 - 7 O 17548/08
Vertragsstrafe: Verwirkung einer in einem mit einem privaten Fernsehsender
OLG Hamburg, 24.10.2012 - 5 U 38/10
Reisevermittlung trotz Exklusivvertriebs? - OLG Hamburg verbietet Reiseportal
LG München I, 22.11.2010 - 21 O 19689/10
Urheberrechtlicher Schutz technischer Maßnahmen: Vertriebsverbot bei Bewerbung
LG Braunschweig, 07.06.2006 - 9 O 869/06
Online-Videorecorder urheberrechtswidrig
LG Hamburg, 13.06.2006 - 312 O 136/05
Unterlassungsanspruch

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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