Betreuerin weigert sich Unterlagen von Verstorbenem rauszugeben

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Die Schwester meines Mannes stand mind. ca. 20 Jahre unter Betreuung (Alkoholismus). Sie ist vor zwei Wochen verstorben und die Betreuerin (schon immer schwierig) weigert sich, irgendwelche Unterlagen, sei es Strom-, Gaslieferer, Telefonanbieter etc. (wg. Kündigungen) oder Beihilfeunterlagen (war Beamtin) ohne Erbschein herauszugeben. Auch Angaben zum Girokonto (wg. Rücksprache mit der Bank zwecks weiteren Abbuchungen etc.) gibt sie nicht heraus.

Es kommen auch noch div. Rechnungen von Ärzten, Labor, Krankenhaus, bei denen wir nicht wissen, wie sie dann bezahlt werden müssen, bei welcher Krankenkasse einreichen od, wie Beihilfe. Es existiert auch ein Testament (Alleinerbe mein Mann), welches beim Amtsgericht in Schwerte eröffnet wird, wenn alle Unterlagen (eine Sterbeurkunde vom Vater fehlt noch) vorliegen,

Nun meine Frage: muss die Betreuerin nicht auch aufgrund des Testaments die Unterlagen herausgeben (denn wir brauchen dann wohl nur für sie einen Erbschein) und auf was müssen wir achten, wenn sie uns die Sachen übergibt. Wäre es ratsam, dies im Beisein eines Anwalts zu machen.

Antwort des Anwalts

Hierzu teile ich Ihnen mit, dass folgende Rechtslage gilt:
Betreuerinnen und Betreuer sind häufig verunsichert, wie sie im Falle des Todes des Betreuten verfahren sollen.

Vielfach steht nicht fest, ob es überhaupt Erben gibt, und somit stellt sich die Frage, wer die Beerdigungs- und Nachlassangelegenheiten regelt.

Die Broschüren der Justizministerien geben hier keine Hilfestellung. In einigen Handbüchern für die Betreuungsarbeit wird zwar dieses Thema angesprochen, jedoch tauchen auch hier grobe Unterschiede und Missverständnisse auf.

Kraft Gesetz endet mit dem Ereignis des Todes des Betreuten grundsätzlich das Amt des Betreuers. Allerdings besteht nach dem Urteil des BayObLG die Vertretungsbefugnis des Betreuers weiter, bis die Betreffenden von der Beendigung der Betreuung Kenntnis erlangt haben oder die Beendigung kennen mussten.

Betreuer sind grundsätzlich "Fürsorger ihrer Betreuten, aber nicht von deren Erben".

Nach Eintritt des Todes des Betreuten entfällt die Berechtigung und die Verpflichtung des Betreuers, das Vermögen des Betreuten zu verwalten, Verfügungen zu treffen und die Erben belastende Rechtsgeschäfte abzuschließen.

Für die Sicherung des Nachlasses des Betreuten hat grundsätzlich das Nachlassgericht Sorge zu tragen.

Stellt das Nachlassgericht einen aktuellen Sicherungsbedarf fest, wird es umgehend einen Nachlasspfleger, eventuell den mit den Angelegenheiten vertrauten ehemaligen Betreuer, bestellen, sofern dieser bereit, geeignet und in der Lage dazu ist.

Schwierig wird es erst dann, wenn aufgrund des fehlenden aktuellen Sicherungsbedürfnisses die Bestellung eines Nachlasspflegers durch das Nachlassgericht unterbleibt.

§ 1908 i BGB regelt, dass u. a. auch der § 1893 BGB auf Betreuungen sinngemäß Anwendung findet, der es somit dem Betreuer erlaubt, im Falle der Beendigung der Betreuung, die Geschäfte, "die nicht ohne Gefahr aufgeschoben werden können", zu besorgen, bis die Rechtsnachfolger (Erben) anderweitig Fürsorge treffen können.

Diese unaufschiebbaren Geschäfte wären z. B. die Wahrung von Fristen oder das Einlegen von notwendigen Widersprüchen gegen Verwaltungsakte.

Dies betrifft jedoch nur die Geschäfte, die auch in den Aufgabenkreis des Betreuers fallen.

Keinesfalls ist dann z. B. ein Betreuer für die Heilfürsorge befugt oder verpflichtet, Vermögensangelegenheiten zu regeln.

Nur in Ausnahmefällen ist eine über die Beendigung der Betreuung hinausgehende Berechtigung und Verpflichtung zum Tätigwerden vorgesehen. Wann solch ein Ausnahmefall vorliegt, kann und sollte der ehemalige Betreuer nicht allein entscheiden, sondern unbedingt eine vormundschaftsgerichtliche Beratung einholen, ob und inwieweit er mit Auftrag und Vollmacht handeln kann.

Die Haftung des Betreuers nach § 1833 BGB greift nur dann, wenn er es unterlassen hat, das Nachlassgericht über den Sicherungsbedarf zu informieren.

Somit besteht hier einzig die Aufgabe des Betreuers im Todesfall des Betreuten, nachweislich, das Betreuungs- und das Nachlassgericht, einen der Erben, und wenn diese nicht vorhanden, die zuständige Behörde für die Regelung der Bestattung, über das Ereignis zu informieren.

Handelt es sich nicht um Handlungen nach §§ 677, 679 ff. BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) kann es, da z. B. die Organisation und Durchführung der Beerdigung durch den ehemaligen Betreuer faktisch einen Vertragsabschluss ohne Vertretungsmacht darstellt, zu Haftungsfällen nach § 177 BGB kommen.

Ebenso muss die Wohnungs- und Haushaltsauflösung durch den ehemaligen Betreuer als Handeln ohne Vollmacht gesehen werden, da z. B. das Kündigen des Mietverhältnisses und die Haushaltsauflösung jetzt den Erben obliegt und diese gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen den ehemaligen Betreuer richten.

Zu diesen Aufgaben ist der Betreuer in keinster Weise verpflichtet oder befugt, dies ist alleine Sache der Erben.
Sobald das Testament eröffnet ist, sollten Sie daher das Betreuungsgericht hiervon in Kenntnis setzen. Die Eröffnung eines notariellen Testaments ersetzt hier den Erbschein, in übrigen Fälle sollten Sie einen Erbschein beantragen, da dieser Sie als Erbe auch gegenüber dem Betreuungsgericht ausweist.

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass der gesetzliche Betreuer nicht mehr weiter tätig sein darf und dass er gegenüber dem Betreuungsgericht nun zur Rechenschaft verpflichtet ist.
Sie – beziehungsweise Ihr Ehemann als Erbe sollten sich daher direkt mit dem Betreuungsgericht und dem Nachlassgericht wegen dem weiteren Verfahren in Verbindung setzen.

Die offenen Rechnungen sowie die noch bestehenden Ansprüche sind von den Erben zu erfüllen, der Betreuer ist hierzu nicht mehr bevollmächtigt.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice