Nießbrauchrecht: Jahreswert von Nutzungsrecht

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Eltern haben mir vor 20 Jahren eine Wohnung im Wert von 198.000 DM geschenkt. Sie haben aber Nießbrauchrecht auf Lebenszeit; mein Vater ist heute 82 Jahre und meine Mutter 73 Jahre alt. Die Wohnung war nach Eigennutzung in den letzten 7 Jahren vermietet: 3.600 € Jahreskaltmiete, die meine Eltern eingenommen haben. Die jährlichen Steuern für die Wohnung werden von mir gezahlt. Die Wohnung soll jetzt an einen Dritten für 67.500 € weiterverkauft werden, wobei das Nießbrauchsrecht gelöscht werden soll. Ich habe gelesen,
a) dass sich der Jahreswert für den Nießbrauch an der Jahresmiete orientiert und wie folgt berechnet wird: 3.600€ - 2.000 € (Werbungskosten)=Jahreswert,
b) und dass für die Löschung der Kapitalwert des Nießbrauchs aufgeführt werden soll, der aus dem Produkt aus Jahreswert x Vervielfältiger (Altersfaktor) errechnet wird. Der Notar fragte uns welchen Nießbrauchwert wir angeben wollen und wir haben einen Kapitalwert von 10.000 € (Jahreswert x Altersfaktor) angenommen. Überraschenderweise hat der Notar aber keinen Kapitalwert, sondern einen Jahreswert von 10.000 € in der Löschungsbewilligung angegeben.

Auf meine Frage, ob der Jahreswert in der Löschungsbewilligung gleich dem Kapitalwert des Nießbrauchs ist, bei dem der Vervielfältiger berücksichtigt wird, bekam ich folgende Antwort: „Der Geschäftswert bestimmt sich nach § 52 Abs. 4 GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz). Grundlage der Wertbestimmung ist der jährliche Nutzungswert, der hilfsweise gemäß § 52 Abs. V. GNotKG mit 5 % des in Rede stehenden Wohnungs- und Teileigentums zu bestimmen ist (auf der Grundlage des Verkehrswertes).“

Nun meine Fragen: Ist das eine Antwort auf meine Frage? Sind 10.000 € Jahreswert nicht zu hoch? Was hat der Geschäftswert mit der Löschungsbewilligung zu tun?

Was mir neben dem hohen Jahreswert auch komisch vorkommt ist, dass der Notar uns zwischen Zusendung des Kaufvertrags und der Beurkundung gerade einmal 3 Tage Zeit zur Prüfung geben wollte. Ich habe jetzt den Termin um 10 Tage verschoben. Muss man Käufer und Verkäufer zur Prüfung nicht 14 Tage Zeit geben?

Antwort des Anwalts

Es gibt etliche Methoden wie man den Nießbrauch berechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten ist hier das Bewertungsgesetz maßgebend. Danach gilt:

Zunächst ermittelt man den Jahreswert des Nutzungsrechts. Wohnt die berechtigte Person selbst in der Immobilie, ist das die jährlich gesparte Miete, die sie sonst für eine vergleichbare Wohnung zahlen müsste. Ist die Wohnung vermietet, ist das der Jahreswert der Mieteinnahmen (also die monatliche Miete mal 12). Maximal ist der Jahreswert aber der Verkehrswert der Immobilie geteilt durch 18,6 (Paragraf 16 Bewertungsgesetz). Wobei der Verkehrswert nicht beliebig festgesetzt werden kann, sondern nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelt werden muss.

In einem zweiten Schritt wird dieser Jahreswert nun mit einem bestimmten Faktor mal genommen. Wie hoch der Faktor ist, ergibt sich aus dem Bewertungsgesetz im Zusammenhang mit den jährlich neu ermittelten Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes. Er hängt also vom Alter und Geschlecht der Person ab, die in den Genuss des Wohn- oder Nießbrauchsrechts kommt.

Lediglich im Rahmen der Steuererklärung können hiervon Werbungskosten abgezogen werden. Der Wert bleibt aber unverändert. Es wäre daher von einem Jahreswert von 3.600 € auszugehen. Der Gesamtwert des Nießbrauchs wäre dann mal Altersfaktor zu rechnen.

Dies ist aber nicht der Wert, der für die Gerichts- und Notarskosten zu Grunde zu legen ist. Diese bestimmen sich nach § 52 GNotKG. Ich füge Ihnen den entscheidenden Absatz 4 ein. Dort steht:

Ist das Recht auf die Lebensdauer einer Person beschränkt, ist sein Wert

bei einem Lebensalter von ... der auf die
ersten ... Jahre
bis zu 30 Jahren 20
über 30 Jahren bis zu 50 Jahren 15
über 50 Jahren bis zu 70 Jahren 10
über 70 Jahren 5

entfallende Wert.

Das heißt. Zur Kostenberechnung wird nicht der tatsächliche Wert herangezogen sondern ein fiktiver Wert. Bei Ihren Eltern, beide über 70, ging also der Notar zu Ihren Gunsten von einem Jahreswert von 2.000 Euro des Nießbrauches aus. Diesen hat er gesetzeskonform mit 5 multipliziert, so daß der Wert zur Berechnung der Notarsgebühren und der Gerichtskosten für die Löschungsbewilligung 10.000 € beträgt.

Das Verhalten des Notars bezüglich der Zeit zur Überprüfung der Urkunde ist in der Tat seltsam. Die Zeit, welche er gewähren muss ist nicht gesetzlich festgelegt. Sie muss aber angemessen sein. Was angemessen ist, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Hier würde ich persönlich allerdings auch 14 Tage als angemessen erachten.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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