Kunde fordert Webshop mit verfassungsfeindlichen Symbolen: Mache ich mich strafbar?

Online-Rechtsberatung
Stand: 28.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Eine Firma möchte ihre Produkte über einen Internetshop vertreiben. Für das Ausland (speziell Japan und USA) sollen bestimmte Varianten des Produktes auch mit verfassungswidrigen Kennzeichen oder Symbolen angeboten werden. Fragen, die sich für mich und die künftige Firma aufwerfen:

  1. Auf mich käme der Auftrag zu, einen Shop für das Internet zu entwickeln, zu betreiben und ggf. zu pflegen. Bekomme ich damit schon Probleme, wenn die Seite in Deutschland gehostet ist und ich in Deutschland auf dieser Seite mit Produkten, die teilweise für den ausländischen Markt besagte Symbole tragen, arbeite?
  2. Wie verhält es sich, wenn sich der Provider in der Schweiz befindet, die Seite in der Schweiz gehostet ist, die Firma in der Schweiz geführt wird (im Impressum ausgewiesen) und ich von Deutschland aus (online ja alles kein Thema) die Entwicklung und Pflege betreibe?
Antwort des Anwalts

Frage 1. Auf mich käme der Auftrag zu (finanziel lukrativ) einen Shop für das Internet zu entwickeln, zu betreiben und ggf. zu pflegen. Bekomme ich damit schon Probleme, wenn die Seite in Deutschland gehostet (s.B. bei STRATO Berlin) ist und ich in Deutschland auf dieser Seite mit Produkten, die teilweise für den ausländischen Markt besagte Symbole tragen, arbeite (vermutlich ja)?

Antwort Rechtsanwalt:

In der Tat sehe ich bei dem geplanten Vorhaben Probleme auf Sie zukommen.

Zunächst einmal dürften Sie mit solch einem Internetauftritt gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Strato verstoßen 1), denn danach dürfen Sie keine Domains oder Inhalte zum Abruf anzubieten, die extremistischer (insbesondere rechtsextremistischer) Natur sind. Vermutlich wird Strato Sie bei der ersten Beschwerde als Nutzer sperren.
Vollkommen richtig haben Sie ferner eine möglicher Strafbarkeit schon § 86a StGB
2) erwähnt. Das Gesetz, über das man sich rechtspolitisch streiten kann, ist als abstraktes Gefährdungsdelikt sehr weit formuliert. Erfasst werden insbesondere auch Vorbereitungshandlungen sowie nach allgemeinen Grundsätzen gibt es auch die Strafbarkeit erweiternde Tatbestände mit Beihilfe- und Mittäterschaftsdelikten, vgl. dazu §§ 25 und 27 StGB.

Strafbar ist sowohl die Verbreitung oder Verwendung im Inland von entsprechenden Kennzeichen in einer Versammlung oder in verbreiteten Schriften. § 11 Abs. 3 StGB *3), worauf im Gesetz verwiesen wird, stellt Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen den Schriften gleich.

Nach dessen Absatz 2 ist auch erweiternd strafbar das Herstellen, Vorrätig halten, Einführen oder Ausführen von Gegenständen, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise.

Ähnlich wie bei §§ 184, 184a StGB gibt es sodann die juristische Kontroverse, ob das reine Bereitstellen von Daten im Internet schon ein Verbreiten ist oder ein öffentliches Zugänglichmachen (Fischer, StGB Kommentar 56. Aufl. § 184 Rz. 33). Ein Verbreiten wird aber jedenfalls dann angenommen, wenn die Datei auf dem Computer des Nutzers angekommen ist (BGHSt. 47, 55 *4)).

Insgesamt müssen Sie damit rechnen, daß dann, wenn durch Ihren Beitrag irgendwo in Deutschland derartige Kennzeichen wahrgenommen werden können, zumindest ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegen Sie besteht. Dieser reicht in der Regel aus, um strafrechtliche Ermittlungen gegen Sie einzuleiten und auch aufrecht zu halten. Die Konsequenzen sind die bekannten in Deutschland üblichen Maßnahmen gegenüber Verdächtigen wie z.B. Listungen in polizeiinternen Suchsystemen (z.B. POLIS), polizeiliche Observationen, verstärkte Gefahr von Hausdurchsuchungen, etc. Eine rechtskräftige Verurteilung benötigen die deutschen Behörden für derartige Nachstellungen nach deutschem Recht nicht.

Es gibt in § 86a Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 86 Abs. 3 und Abs. 4 StGB *5) die sogenannte Sozialadäquanzklausel.

Tipp: Als einen gangbaren, aber immer noch riskanten Weg sähe ich es, sicherzustellen, daß die fraglichen Propagandamittel oder die Handlungen ausschließlich nur der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen. Hier sollten Sie, wenn das überhaupt in Betracht kommt, möglichst eng von vorne herein mit den zuständigen Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft, Forschungseinrichtungen) an einer sicheren Lösung zusammen arbeiten.

Leider müssen Sie damit rechnen, daß andernfalls besonders die unteren deutschen Gerichte, also der betreffende Strafrichter am Amtsgericht, diese Klausel allerdings eng sieht bzw. sogar erst einmal übersieht.

  1. Wie verhält es sich, wenn sich der Provider in der Schweiz befindet, die Seite in der Schweiz gehostet (firmenname.com oder firmenname.ch) ist und die Firma in der Schweiz geführt wird (im Impressum ausgewiesen) und ich von Deutschland aus (online ja alles kein Thema) die Entwicklung und Pflege betreibe? Das wäre grob die Prblematik für die wir eine Lösung suchen!

Antwort Rechtsanwalt:

Der Tatort für Straftaten wie z.B. nach § 86a StGB wird über § 3 und § 9 Abs. 1 StGB schon dann als inländisch angesehen, wenn die Handlung im Ausland begangen wurde, aber im Inland wahrnehmbar ist.

Die Verlagerung des Providers und des Hostings in die Schweiz dürfte Ihnen also nicht viel helfen.

Wenn und insoweit man Ihnen Tatbeiträge nachweisen kann, und das Ergebnis in Deutschland irgendwie, also auch über das Internet, wahrnehmbar wird, können Sie dadurch wegen sämtlicher Tatbeiträge in Deutschland auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Dies zusammen mit den bereits erwähnten juristischen Konstruktionen von Beihilfe- und Mittäterschaft erlaubt es den Behörden, Sie in diesem Zusammenhang relativ problemlos zu verfolgen, solange Sie sich in Deutschland aufhalten.

Zur ebenfalls möglichen zusätzlichen Strafbarkeit nach Schweizer Recht habe ich keine Stellung genommen. Diese Frage sollte gegebenenfalls vor Ort durch einen Kollegen in der Schweiz geprüft werden.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) http://www.strato.de/agb/

Zitat aus den AGB von Strato:

2.3 Der Kunde verpflichtet sich, keine Domains oder Inhalte zum Abruf anzubieten, die extremistischer (insbesondere rechtsextremistischer) Natur sind oder pornographische oder kommerzielle erotische Angebote beinhalten. Dies gilt auch, wenn solche Inhalte durch Hyperlinks oder sonstige Verbindungen, die der Kunde auf Seiten Dritter setzt, zugänglich gemacht werden.

*2) § 86a StGB

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (§ 11 Abs. 3) verwendet oder
  2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
    (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
    (3) § 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

*3) § 11 Abs. 3 StGB
(3) Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen Absatz verweisen.

*4) http://www.servat.unibe.ch/dfr/bs047055.html

*5) Verweis auf § 86 Abs. 3 und 4 StGB

Abs. 3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.
Abs. (4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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