ALG II: Kosten für Therapiefahrkosten werden nicht erstattet

Online-Rechtsberatung
Stand: 16.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein Sohn bezieht Arbeitslosengeld II und fährt regelmäßig seit zwei Jahren zur Substitutionstherapie. Vor kurzem erfuhr er, dass es seit 2010 ein Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden gibt, das die Kosten für die Fahrt zur Therapie der ARGE zur Erstattung auferlegt hat.

Nach seinem Antrag auf Erstattung wurde diese von der ARGE für die Zukunft zugesagt. Bedingung ist, dass die Fahrkarten zum Beweis vorgelegt werden. Sein Antrag, die Kosten auch für die Vergangenheit zu erstatten, wurde Abgelehnt. Begründung: Es wurden keine Fahrkarten vorgelegt.

Die Fahrkarten wurden von meinem Sohn nicht aufbewahrt, da ihm bis vor kurzem nicht bekannt war, dass ein Erstattungsanspruch besteht.

Was kann nun noch getan werden?
Widerspruch einlegen, aber mit welcher Begründung?
Die Fahrkarten können nicht mehr beschafft werden.
Die Besuche beim Arzt in München wurden von diesem bestätigt und können lückenlos nachgewiesen werden.

Antwort des Anwalts

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der von Ihnen genannten Entscheidung des SG Wiesbaden lediglich um einen Beschluss im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens handelt, also lediglich um eine vorläufige Regelung. Zwar ist nicht ersichtlich, dass ein Hauptsacheverfahren in dieser Sache durchgeführt wurde, was darauf schließen lässt, dass die zuständige ARGE das Ergebnis akzeptiert hat, allerdings ist in einem derartigen vorläufigen Verfahren die Prüfungsdichte nicht derartig hoch, wie bei einem „normalen“ Klageverfahren, da mit letzterem nicht eine vorläufige, sondern eine endgültige Regelung der Angelegenheit erfolgen soll. Es gab durchaus schon Verfahren, bei denen dasselbe Gericht im Eilverfahren (nur oberflächliche Prüfung) zu einem anderen Ergebnis gekommen ist, als im Klageverfahren.

In der Sache selbst handelt es sich bei den Fahrtkosten um einen Mehrbedarf, der nicht gesondert beantragt werden muss, da der Antrag auf Leistungen nach dem SGB II auch die Mehrbedarfe umfasst.
Problematisch ist im vorliegenden Fall allerdings der Nachweis, dass der entsprechende Bedarf angefallen ist.
Grundsätzlich muss dafür die Fahrkarte vorgelegt werden. Liegt diese nicht vor, kann der Nachweis auch auf andere Weise, etwa durch Zeugen, Vorlage von Kontoauszügen, auf denen die Fahrtkosten ersichtlich sind, etc. erbracht werden.
Widerspruch einzulegen lohnt sich in Angelegenheiten des SGB II eigentlich immer. Zur Begründung würde ich die anderen Beweismittel anführen und die Fahrtkosten beziffern. Problematisch ist hier allerdings, dass die zugrundeliegenden Bescheide der letzten zwei Jahre, außer dem aktuellen, vermutlich bestandskräftig geworden sind, so dass hier allenfalls ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt werden kann. Allerdings kann in Angelegenheiten des SGB II eine Nachzahlung aufgrund eines Überprüfungsantrages maximal rückwirkend ab Beginn des Jahres erfolgen, dass dem Jahr der Überprüfungsantragstellung vorausgeht, vorliegend also ab 01.01.2012. Leistungen für Zeiträume, die davor liegen, können nicht nachgezahlt werden.
Ich würde Ihnen daher raten, Widerspruch gegen den Bescheid zu erheben, der die Nachzahlung für die Vergangenheit ablehnt. Zur Begründung muss vorgetragen werden, dass der Nachweis der Fahrtkosten anderweitig geführt werden kann. Daneben kann man noch auf einen sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruch eingehen, der immer dann besteht, wenn man aufgrund fehlerhafter oder unterbliebener Beratung durch die ARGE einen Antrag nicht gestellt oder Belege nicht vorgelegt hat. Dann hat man einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre man richtig beraten worden und hätten dementsprechend die Unterlagen vorgelegt/den Antrag gestellt. Allerdings sind die ARGEn mit derartigen Ansprüchen eher restriktiv und lehnen diese häufig ab. Die Gerichte stellen darauf ab, ob die ARGE einen entsprechenden Anhaltspunkt für ein Bedürfnis nach entsprechender Beratung hatte (wussten die von der Therapie Ihres Sohnes?).
Rein vorsorglich würde ich einen Überprüfungsantrag für alle Bescheide für die Zeiträume ab dem 01.01.2012 stellen. (mit obiger Begründung).
Ich hoffe, meine Ausführungen waren verständlich und hilfreich.
Für Rückfragen oder eine weitergehende Vertretung in dieser Sache stehe ich gerne zur Verfügung.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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