Lärmbelästigung durch Gartenbaubetrieb: Was kann ich tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir wohnen in einem Mischgebiet und fühlen uns extrem von unseren Nachbarn, einem Garten-und Landschaftsbaubetrieb, durch Lärm gestört. Wir befürchten, dass wir unsere Immobilie bald aufgeben müssen, da ein Wohnen nicht möglich ist und wir von der Lärmbelästigung und dem entstehenden Stress krank werden.
In dem Gartenbaubetrieb fahren und arbeiten spätestens ab 6 Uhr ( in den Sommermonaten sogar manchmal um 5 Uhr) 1-2 große Radlader, 1-2 sehr große Zugtraktoren und ein Schaufelbagger. Ständig passieren LKW oder Trecker mit großen Anhängern, die mit Sand und auch großen Felsen be- und entladen werden, unser Grundstück. Alleine der Knall, wenn ein großer Felsen in einen leeren Stahlanhänger fällt, schreckt immer wieder auf. Es ist nicht möglich, von Montag bis Samstag länger als 6 Uhr zu schlafen, trotz (!) geschlossener, neu eingebauter Fenster und Gehörschutz. Das tiefdringende Brummen der lauten Baumaschinen und das Knallen dringen durch jeden Gehörschutz. Wir haben eine private, nicht offizielle Schallpegelmessung mit einem geeichten Dezibelmesser von unserem Balkon durchgeführt. Obwohl der Betrieb 20-30 m entfernt liegt, lag der Lärmpegel oft weit über 80 Dezibel. Es werden also ständig die erlaubten 60db in einem Mischgebiet überschritten.

Wir haben bereits bei der Gewerbeaufsicht Beschwerde eingelegt. Die Gewerbeaufsicht sieht sich nicht zuständig, da der Gartenbaubetrieb als Baumschule gemeldet ist (die Baumschule existiert seit Jahren in diesem Teil des Geländes nicht mehr, sie wurde durch einen großen Betriebshof ersetzt). Wir wurden an das Umweltamt verwiesen. Das Umweltamt hat uns aber auf unsere Beschwerde hin nur belächelt. Wir wurden darauf hingewiesen, dass sie nichts machen können, da die Lärmquellen, von denen wir sprechen, keine ortsfesten Maschinen sind. Außerdem wurde uns sinngemäß mitgeteilt, dass wir in unserem Mischgebiet mit dem Lärm leben müssen und es typisch für Betriebe dieser Art sei, Lärm zu verursachen. Das Umweltamt sah sich nicht in der Lage nachzuvollziehen, dass die Baumaschinen auf dem Betriebshof so laut sein können. Es habe zudem noch keine anderen Beschwerden gegeben und wir sollten uns lieber mit dem Bürgermeister in Verbindung setzen.

Auf der Karte ist schon das große Ausmaß von diesem eigentlichen Industriepark zu sehen. Wir wohnen direkt nordöstlich davon als direkte Nachbarn. Wir möchten gerne wissen, welche Möglichkeiten für uns offen stehen, um diese Lärmbelästigung zu verhindern? Haben wir Chancen, dass der Lärm endlich eingeschränkt wird? Wir haben bereits einen sehr freundlichen Brief an den Betrieb mit dem Hinweis geschrieben, dass uns der Lärm stört. Ca. eine Woche lang wurde es etwas leiser und nun hat es sich wieder ins Unerträgliche gesteigert.

Antwort des Anwalts

Vorab sei gesagt, dass es im Ergebnis dann darauf ankommen wird, dass die von Ihnen so gefühlte Belästigung dann auch objektiven Maßstäben gerecht wird. Das bedeutet, dass die von Ihnen vorgenommenen Schallmessungen eine Momentaufnahme darstellen, was aber noch nicht bedeutet, dass diese Belästigung gegebenenfalls in einem Verfahren tatsächlich zum Tragen kommen wird.
Es gibt zweierlei Möglichkeiten, wie Sie Ihre Rechte wahren können. Das Eine betrifft das Öffentliche Recht – hier haben Sie über das Baurecht und das Umweltrecht Möglichkeiten, die entsprechenden Behörden zum Handeln zu bringen. Daneben gibt es auch einen zivilrechtlichen Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Zunächst möchte ich Ihnen Hinweise zum Immissionsschutz, insbesondere was den Lärm betrifft geben. Sie haben geschrieben, der nachbarliche Betrieb sei als Baumschule gemeldet. Hier wäre beim zuständigen Bauamt zu prüfen, ob eine entsprechende Genehmigung zur Nutzungsänderung vorliegt. Desweiteren wäre zu prüfen, ob dieser Betrieb nach den Festlegungen der BauNVO so überhaupt zulässig ist.
Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht betrifft Rechtschutzmöglichkeiten, die einem Dritten zur Verfügung stehen, der sich durch ein Bauvorhaben (oder dessen Nutzung) in seinen Interessen beeinträchtigt sieht. Hierbei geht es um den Ausgleich unterschiedlicher Interessen, nämlich des Bauherrn und des Nachbarn.

Ziel von Drittwidersprüchen bzw. - klagen im öffentlichen Baurecht ist häufig die Abwehr unzumutbarer Belästigungen und Störungen durch Immissionen. In diesem Zusammenhang kommt dem Gebot der Rücksichtnahme besondere Bedeutung zu. Nach § 15 BauNVO können die in den §§ 2 - 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig sein, wenn nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiets selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

Bereits aus § 15 Abs. 3 BauNVO wird die Nähe des baurechtlichen Gebotes zur Rücksichtnahme zu umweltrechtlichen Regelwerken deutlich. So findet sich der Begriff der schädlichen Umweltwirkungen in § 3 BImSchG. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist deren Erheblichkeit von Bedeutung. Die Zumutbarkeit bestimmt sich stets nach der konkreten Schutzwürdigkeit der betroffenen Grundstücke usw. Hierbei ist der jeweilige Baugebietscharakter zu hinterfragen. In Gemengelagen besteht eine wechselseitige Pflicht zur Rücksichtnahme.

Das OVG Nordrhein-Westfalen, 26.02.2003 - 7 B 2434/02 (BRS 66, Nr. 176) stellt einen Zusammenhang zwischen Unzumutbarkeit i.S.d. planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes und dem Begriff der schädlichen Umweltwirkungen gem. § 3 Abs. 1 BImSchG her. Die Zumutbarkeit wird demnach durch umweltrechtliche Vorgaben auch für das Planungsrecht bestimmt. Im jeweiligen Genehmigungsverfahren ist eine Prognose zur Einhaltung der Zumutbarkeitskriterien vom Bauherrn zu liefern. Die Werte müssen im Rahmen der Prognose auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegen.

Bei der Bewertung von Immissionen kann auch im öffentlichen Baurecht auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden. Das BImSchG definiert nämlich auch für das öffentliche Baurecht die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen. Ein Umweltgrundrecht, auf welches sich ein Nachbar beziehen könnte wird aber im öffentlichen Baurecht abgelehnt (BVerwG, 29.07.1977 - IV C 51.75, BRS 32, Nr. 17).

An dieser rechtlichen Bewertung hat sich auch nichts durch die Anreicherung der bauordnungsrechtlichen Generalklausel§ 1 Abs. 1 NBauO, NI durch das Tatbestandsmerkmal: Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen geändert.
Im Rahmen der Bauleitplanung ist der Grundsatz der Konfliktbewältigung zu beachten, d .h. bereits im Rahmen der Planung - also im Vorfeld - ist die Entstehung etwaiger Konfliktsituationen zu vermeiden So sind Wohnbebauung und emittierende Anlagen grundsätzlich zu trennen. Weitere mögliche Maßnahmen des Immissionsschutzes sind:

ausreichend große Abstände (vgl. hierzu Abstandserlass NRW 1998),

anlagenbezogene Maßnahmen, z. B. Reduzierung der Emissionen durch den Einbau von Filtern usw.,

Einschränkungen oder Schutzmaßnahmen bei betroffenen Nutzungen, z. B. durch die Errichtung von Lärmschutzwällen usw. und/ oder

Entspannung von Konfliktsituationen durch Verlagerung von problematischen Nutzungen.

Für die Beurteilung von Immissionen kann auf verschiedene technische Regelwerke aus dem Umweltrecht zurückgegriffen werden:

Hinweise für die bei der Bauleitplanung mit Blick auf eine ausreichende Schallschutzvorsorge anzustrebenden Zielwerte finden sich in der DIN 18005 - Schallschutz im Städtebau.

Neben der TA-Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm 1998) Die TA-Lärm ist für Immissionen von gewerblichen Betrieben ausgerichtet, darf allerdings auch auf immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Vorhaben angewendet werden.

Zur Bedeutung der TA-Lärm zur Beurteilung eines lärmintensiven Betriebes (Natursteinverarbeitungsbetrieb in einem Wohngebiet) für die Nachbarschaft vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 09.07.1992 - 7 A 158/91 (BRS 54, Nr. 190, hier auch kritische Anmerkungen zur TA-Lräm und zur VDI-Richtlinie 2058). Zur Bewertung der TA-Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vgl. OVG Nordrhein-Westfalen 24.10.2003 - 21 A 2723/01 (BRS Informationsdienst 3/2004, S. 8 ff.).
Zur Bedeutung der TA-Lärm zur Beurteilung einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlage (Betrieb einer Tankstelle in der Nacht) vgl. OVG Nordrhein-Westfalen 24.09.1992 - 7 C.92 (BRS 54, Nr. 187), kritisch: OVG Nordrhein-Westfalen, 09.07.1992 - 7 A 158/91 (BRS 54, Nr. 190).
Zu den Anforderungen an eine Verkehrs(lärm)prognose vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 10.12.1993 - 11 a B 2255/93.NE (NVwZ 1994, S. 1016 ff.). Für die Beurteilung der Zumutbarkeit des vom Zu- und Abgangsverkehrs ausgehenden Lärms wird die VerkehrslärmschutzVO (16. BImSchV) vom BVerwG, 27.08.1998 - 4 C 5.98 (BRS 60, Nr. 83) als nicht anwendbar erklärt. Das BVerwG 13.12.2007 - 4 BN 41.07 (BRS Informationsdienst 1/2008, S. 5 ff.) verweist auf die TA-Lärm (hier Zu- und Abfahrt bei einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb).
Zur Beurteilung von Geräuschimmissionen aus Freizeitanlagen vgl. BVerwG, 16.05.2001 - 7 C 16.00 (BRS 64, Nr. 181, vgl. hierzu auch: VGH Bayern, 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679, BRS 69, Nr. 169, Altanlagenbonus rechtfertigt keine generelle Erhöhung der Richtwerte).
Der Inhalt der vorgenannten technischen Regelwerke kommt weder Normen konkretisierenden Richtlinien noch einem Sachverständigengutachten gleich. Es handelt sich nicht um gesetzliche Normen, sondern sie sind nicht mehr als eine Orientierungshilfe für die Beurteilung der Erheblichkeit der zu erwartenden Immissionen (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, 22.03.1991 - 4 B 31/91 und BVerwG 28.07.2010 - 4 B 29.10, BauR 2010, S. 2083 ff.).

Auch VDI-Richtlinien, die erst nach Erteilung der Baugenehmigung erschienen sind, können im Nachbarstreitverfahren berücksichtigt werden, weil damit keine Änderung der Sach- und Rechtslage verbunden ist (OVG Niedersachsen, 04.11.2003 - 1 LB 323/02, BRS 66, Nr. 174).

Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit auch die Bildung von Zwischenwerten vertretbar sein kann (BRS 55, Nr. 165). Unzulässig ist die bloß schematische Anwendung bestimmter Grenzwerte bzw. Mittelungspegel. In der bauaufsichtlichen Praxis ist die abschließende Beurteilung einer Immissionssituation häufig nur durch ein Sachverständigengutachten zu klären.

Das OVG Nordrhein-Westfalen, 24.10.2003 - 21 A 2723/01 (BRS 66, Nr. 177) bezeichnet die TA-Lärm als Norm konkretisierende Verwaltungsvorschrift. Das Obergericht geht davon aus, dass die TA-Lärm -ebenso wie die TA Luft - Verwaltungsbehörden wie Gerichte im Rahmen ihres Regelungsgehalts bindet. Das OVG Niedersachsen, 25.03.1996 - 6 L 5539/94 (BRS 58, Nr. 165) betrachtet hingegen die Lärmrichtwerte nur als groben Anhalt.

Zwischenzeitlich sind aber neuere Erkenntnisse zu berücksichtigen. Die VDI 3471/ 342 ist zwar allgemein akzeptiert, sie folgt aber einer ehemals aktuellen, heute jedoch veralteten Methodik. Der 2. Teil der VDI 3473 wurde wegen fachlicher Mängel zurück gezogen. Die Bearbeitung der VDI 3474 wude wegen einer Vielzahl fachlicher Einwendungen eingestellt. In keiner dieser Richlinien wird die Belästigung der Anwohner berücksichtigt oder zugrunde gelegt (Quelle: lanuvNRW).
Die Vorschriften der BauNVO über die Zulässigkeit (und ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit) von baulichen Anlagen bzw. deren Nutzungen stellen auf bestimmte Nutzungen ab, die erfahrungsgemäß im jeweiligen Baugebiet nicht stören, nicht wesentlich stören, nicht erheblich stören und stören bzw. belästigen. Der Störbegriff ist dabei nicht aus sich heraus verständlich, sondern nur vor dem Hintergrund des entsprechenden Baugebietscharakters erklärbar. Dieser folgt zum einen aus dem Katalog der regelmäßig und ausnahmsweise zulässigen baulichen Anlagen und Nutzungen, zum anderen aus der tatsächlichen Zusammensetzung des Baugebietes vor Ort.

Zu den Anforderungen an (das Wohnen) nicht störende sonstige Gewerbebetriebe i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vgl.: VGH Baden-Württemberg, 18.01.1995 - 3 S 3153/94 (BRS 57, Nr. 215). Laut dem BVerwG, 23.09.1999 - 4 C 6.98 ist aber von gesunden Wohnverhältnissen auszugehen, wenn die Richtwerte der 18. BImSchV für Kern-, Dorf- und Mischgebiete eingehalten werden.

Zu beachten ist, dass die BauNVO von einer typisierenden Betrachtungsweise ausgeht. Dies bedeutet, dass es grundsätzlich nicht auf den zu prüfenden tatsächlichen Gewerbebetrieb ankommt, vielmehr wird von den aus solchen Betrieben üblicherweise resultierenden Immissionen ausgegangen. Hierbei ist auf solche Störungen abzustellen, die eine funktionsgerechte Benutzung der baulichen Anlage in aller Regel mit sich bringt. Allerdings hat der Bauherr bzw. Betriebsinhaber die Möglichkeit, im Baugenehmigungsverfahren den Nachweis zu führen, dass gerade sein Betrieb atypisch ist und die normalerweise zu erwartenden Immissionen nicht auftreten werden. Die Beweislast liegt dabei eindeutig beim Antragsteller.

Was mit Blick auf den Immissionsschutz im Einzelfall zumutbar ist, folgt aus der konkreten Situation der benachbarten Grundstücke. Treffen gewerbliche Nutzung und schutzwürdigen Wohnnutzung (gleichberechtigt) aufeinander, kann die wechselseitige Pflicht zur Rücksichtnahme zur Bildung eines Mittelwertes führen (zur Bildung eines Mittelwertes bei Geruchsbelästigungen vgl.: BVerwG, 28.09.1993 - 4 B 151.93, BRS 55, Nr. 165, vgl. auch für Lärm in einer Gemengelage: VG Hannover 26.01.2010 - 4 A 888/09).

Dies gilt auch für das Aufeinandertreffen von Baugebieten unterschiedlicher Qualität: BGH, 14.10.1994 - V ZR 76/93, DVBl. 1995, S. 111 ff., zu einem Einzelfall MI neben WA vgl.: VGH Baden-Württemberg, 11.01.2005 - 5 S 1444/04).

OVG Nordrhein-Westfalen, 28.08.1998 - 10 B 1353/98 (BRS 60, Nr. 202) äußert sich zur Bedeutung der Lärmvorbelastung eines Baugebietes durch eine Autobahn im Verhältnis zu Immissionen resultierend aus einer Stellplatzanlage.

Bewegen sich die Immissionen eines neuen gewerblichen Vorhabens im Rahmen der bereits vorhandenen Vorbelastung, muss die im nachbarlichen Umfeld vorhandene Wohnbebauung das neue Vorhaben und dessen Auswirkungen hinnehmen. Der Bestandsschutz einer emittierenden gewerblichen Anlage kann die Zumutbarkeit zu Lasten vorhandener störanfälliger Nutzungen beeinflussen. Voraussetzung hierfür ist aber formelle und/ oder materielle Legalität der gewerblichen Nutzung.
Ferner muss diese dem Stand der Technik entsprechen, andernfalls kann die zuständige Immissionsschutzbehörde (nicht die Bauaufsichtsbehörde!) auf Grund des im Umweltrecht geltenden Verursacherprinzips nachträgliche Anordnungen (§ 17 BImSchG) aussprechen (vgl. z. B. zur Befugnis der Immissionsbehörde zur Anordnung der nachträglichen Erhöhung eines Schornsteins, um Luftverunreinigungen für die Nachbarschaft zu mindern: BVerwG, 09.03.1988 - 7 B 34.88 (DVBl. 1988, S. 541). Das BVerwG, 25.08.1999 - 4 B 55.99 (BRS 62, Nr. 186) betont aber, dass nicht jede nach dem Stand der Technik vermeidbare Beeinträchtigung auch als schädlich zu qualifizieren ist und damit vom Nachbarn abgewehrt werden kann.

Eine bereits existierende legal emittierende gewerbliche Anlage kann im öffentlichen Baurecht dazu führen, dass eine störanfällige (Wohn-) nutzung in deren näheren Umfeld nicht zugelassen werden kann (§ 15 Abs. 1 BauNVO, vgl. zu einem Nutzungskonflikt zwischen einem Wohngebiet und einem lärmintensiven Entsorgungsbetrieb: OVG Nordrhein-Westfalen 30.06.2003 - 10a B 1028/02.NE (BRS Informationsdienst 1/2004, S. 12 ff.)).

Im beplanten und unbeplanten Innenbereich (aber auch im Außenbereich) ist das Abwehrrecht eines genehmigten gewerblichen (bzw. landwirtschaftlichen) Betriebes gegen eine heranrückende Wohnbebauung höchstrichterlich anerkannt.
Im Übrigen ist rechtlich anerkannt, dass der für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen relevante § 22 BImSchG nachbarschützend ist.
Auch das landesrechtlich geregelte Bauordnungsrecht dient dem Immissionsschutz, d. h. es will Gefahren resultierend aus Immissionen vermeiden (Gefahrenabwehr). Zu diesem Zweck beinhalten die Landesbauordnung bzw. die Sonderbauvorschriften eine Reihe von Vorschriften, die die Ausbreitung von Emissionen verhindern bzw. mindern wollen.

Hinsichtlich des Mischgebietes ist Folgendes zu beachten:
Mischgebiete i.S.d. § 6 BauNVO weisen eine Mischung von Wohnen und Gewerbe auf, wobei diese beiden Nutzungen gleichberechtigt nebeneinander stehen. In dem Gebiet muss ein quantitativ und qualitativ ausgewogenes Mischungsverhältnis von Wohnen und Gewerbe bestehen (vgl. hierzu: BauR 1986, S. 440, vgl. zum Wahlrecht des Bauherrn: VGH Bayern 03.02.2006 – 1 BV 05.613, BRS 70, Nr. 69), hier ist eine wertende Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägenden Faktoren erforderlich (OVG Nordrhein-Westfalen 21.06.1994 - 11 A 1113/91, BRS 56, Nr. 58). In einem Mischgebiet müssen aber nicht auf allen von der Festsetzung erfassten Grundstücken jede in § 6 Abs. 2 BauNVO gestattete Nutzung möglich sein (BVerwG 01.03.1991 - 8 C 59.89, BRS 52, Nr. 93).
Mischgebiete sind hinsichtlich des Nachbarschutzes - wie Dorfgebiete - auf der 2. Stufe anzusiedeln. Die Bewohner müssen gewisse Störungen hinnehmen, allerdings entfällt der Schutz der Wohnruhe nicht gänzlich. So dürfen die von gewerblichen Nutzungen verursachten Störungen nicht auch den Feierabend und das Wochenende beeinträchtigen. Als Mindestforderung ist eine auskömmliche und ungestörte Nachtruhe zu stellen (OVG Berlin 07.01.1966 - II B 41.65, BRS 17, Nr. 19). Deshalb gilt, dass auch in einem Mischgebiet mit nachts sonst nicht störenden Gewerbebetrieben das Interesse einer Vielzahl betroffener Nachbarn an einer ungestörten Nachtruhe dem Gewinnstreben eines Diskothekeninhabers und dem Wunsch seiner Besucher nach einer längeren Öffnungsdauer vorgeht (GewArch 1975, S. 99). Als zulässig wurde eine Schnellgaststätte mit Autoschalter bewertet (VGH Bayern 25.08.1997 - 2 ZB 97.00681, BRS 59, Nr. 167).
Als im Mischgebiet rücksichtslos und damit nicht zulässig wurden z.B. eine Diskothek (VGH Bayern 29.10.1987 - Nr. 20 B 85. A. 1481, BRS 47, Nr. 52, NVwZ 1988, S. 1140), eine Tanzbar mit Striptease (NJW 1984. S. 1522), eine Tanzbar mit 60 Plätzen und Spielcasino (BVlBW 1981, S. 222, zu Spielhallen im Mischgebiet vgl. auch BVerwG 28.07.1988 - 4 B 119.88, BRS 48, Nr. 40), ein Bordell (VBlBW 1990, S. 220, OVG Nordrhein-Westfalen 19.01.1983 - 11 A 2171/82 - hier im GE, BRS 40, Nr. 51, BVerwG 25.11.1983 - 4 C 21.83 - hier im GE, BRS 52, Nr. 55, zur Wohnungsprostitution vgl.: BBauBl. 1995, S. 957), ein lärmintensiver Karosseriebetrieb (BVerwG 14.04.1976 - IV B 32.76, BRS 30, Nr. 43, BauR 1975, S. 296, zu Kraftfahrzeugwerkstätten allgemein vgl. BVerwG 11.04.1975 - IV B 37.75, BRS 29, Nr. 27), nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen (BverwG 18.10.1974 - IV C 77.73, BRS 28, Nr. 27, zu einer Fellsalzerei vgl. GewArch 64, S. 244), ein Fernverkehrsunternehmen mit einem 38-Tonnen-Lastzug (VGH Hessen 21.12.1992 - 3 TH 1677/92, BRS 54, Nr. 52) und ein Zeitungsauslieferungslager (VGH Bayern 06.11.1992 - 2 B 90.2435, BRS 54, Nr. 47) eingestuft, nicht hingegen eine Autowaschhalle (OVG Niedersachsen 26.01.1978 - I A 149/76, BRS 33, Nr. 47, OVG Niedersachsen 18.09.1984 - 6 B 97/84, BRS 42, Nr. 68, VGH Baden-Württemberg 19.08.1992 - 5 S 403/91, BRS 54, Nr. 51), ein Pizza-Heimservice (VGH Baden-Württemberg 21.06.1994 - 5 S 1198/93, BRS 56, Nr. 57, anders Schnellrestaurant mit Autoschalter: OVG Hamburg 12.02.2002 - 2 Bs384/01, BauR 2003, S. 769 ff.) und ein Tennisplatz (UPR 1985, S. 181).
Soweit also der Überblick über die öffentlich-rechtlichen Ansprüche. Ich empfehle Ihnen daher, diesbezüglich mit dem zuständigen Bauamt in Kontakt zu treten und hier um entsprechende Maßnahmen nachzusuchen.

Neben den öffentlich-rechtlichen Ansprüchen haben Sie auch einen eigenständigen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 906 BGB.
Hierbei ist nachstehendes zu beachten:
§ 906 gilt als die Generalnorm des zivilrechtlichen Nachbarschutzes (BTDrs 12/7425 S 87) und als Inhaltsbestimmung des Eigentums; geregelt wird der privatrechtliche Immissionsschutz. Die Vorschrift beschränkt die negativen Eigentümerbefugnisse aus § 903 (§ 903), indem sie die dem Grundstückseigentümer zustehenden Abwehransprüche einschränkt. Dadurch wird ein Ausgleich zwischen den gleichrangigen Interessen der Eigentümer an der ungestörten Nutzung benachbarter Grundstücke geschaffen. Ziel ist es, im Interesse eines gedeihlichen nachbarlichen Zusammenlebens eine möglichst sinnvolle Grundstücksnutzung zu ermöglichen (BGHZ 88, 344, 346). Zu diesem Zweck legt I 1 dem Eigentümer die entschädigungslose Verpflichtung auf, bestimmte von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen zu dulden, wenn dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Unwesentlich ist die Beeinträchtigung idR dann, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden (I 2). Nach I 3 gilt das Gleiche für Werte in allg Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 BImSchG erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

Nach II 1 muss der Eigentümer daneben auch solche Einwirkungen hinnehmen, welche die Benutzung seines Grundstücks zwar wesentlich beeinträchtigen, die aber durch die ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt werden und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden können. In diesem Fall ist der Duldungspflichtige zu entschädigen, wenn die Einwirkung die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt (II 2).

Die Vorschrift enthält außer in II 2 keine selbstständige Anspruchsgrundlage. Die im Zusammenhang mit Beeinträchtigungen stehenden Abwehransprüche des Grundstückseigentümers ergeben sich aus §§ 907, 1004 I. Sie bestehen erst dann, wenn die Beeinträchtigung durch eine bestimmte Nutzung oder einen bestimmten Zustand des Nachbargrundstücks bereits eingetreten ist oder zumindest konkret droht (BGH NZM 09, 834 [BGH 18.09.2009 - V ZR 75/08]).

Neben dem privatrechtlichen Immissionsschutz steht der öffentlichrechtliche. Er ist in einer Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Normen geregelt und bezweckt teilweise auch den Ausgleich widerstreitender Interessen von Privatpersonen. Insoweit tritt der öffentlich-rechtliche Immissionsschutz in Konkurrenz zu § 906. Für den betroffenen Grundstückseigentümer bedeutet dies, dass er die Vornahme immissionsschutzrechtlicher Maßnahmen durch die Verwaltungsbehörde vor den Verwaltungsgerichten verlangen und daneben die Abwehrklage aus §§ 907, 1004 I oder den quasi-negatorischen Beseitigungsanspruch aus §§ 823 II iVm 1004 I vor den ordentlichen Gerichten erheben kann (vgl BGH NJW 95, 132 [BGH 14.10.1994 - V ZR 76/93]); das gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen die privatrechtlichen Abwehransprüche durch öffentlich-rechtliche Vorschriften ausgeschlossen sind.
Einwirkungen, welche die Benutzung des von ihm betroffenen benachbarten (nicht notwendig unmittelbar angrenzenden) Grundstücks nicht beeinträchtigen, müssen hingenommen werden. Entgegen der aus § 903 folgenden negativen Befugnis des Grundstückseigentümers, andere von jeder Einwirkung auszuschließen, wird hier eine die Eigentümerbefugnisse einschränkende Duldungspflicht normiert. Das geschieht im Interesse einer sinnvollen Grundstücksnutzung iRe gedeihlichen nachbarlichen Zusammenlebens. Die grundlose Ausübung des an sich bestehenden Abwehrrechts aus § 1004 I wird untersagt, ohne dass die Schwelle des Schikaneverbots (§ 226) überschritten sein muss.

Ebenfalls müssen solche Einwirkungen geduldet werden, welche die Benutzung des betroffenen Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen. Wann das der Fall ist, beurteilt sich nach dem Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“ und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist; damit können auch wertende Momente, wie zB die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewusstseins der Bevölkerung (BGHZ 157, 33, 43) oder die Belange pflegebedürftiger Personen (Karlsr NJW 07, 3443, 3444 [OLG Karlsruhe 30.03.2007 - 14 U 43/06]), in die Beurteilung einbezogen werden. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Natur und die tatsächliche Zweckbestimmung des von der Beeinträchtigung betroffenen Grundstücks in seiner konkreten Beschaffenheit (BGHZ 111, 63, 65).

Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt nach I 2, 3 idR dann vor, wenn die in Gesetzen, Rechtsverordnungen oder aufgrund des § 48 BImSchG erlassenen Verwaltungsvorschriften festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Das Einhalten solcher Werte hat Indizwirkung für die Unwesentlichkeit der gleichwohl aufgetretenen Beeinträchtigung (BGH NJW 04, 1317 [BGH 13.02.2004 - V ZR 217/03]). Die Wesentlichkeitsgrenze kann selbst dann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgelegt werden, wenn die Stärke der Beeinträchtigung - wie zB bei Geräuschimmissionen - messtechnisch bestimmt werden kann (BGH NJW 03, 3699 [BGH 26.09.2003 - V ZR 41/03]). Demnach können bspw Lärmimmissionen trotz der Überschreitung von Richtwerten unwesentlich sein, wenn sie von einer für das gesellschaftliche Zusammenleben bedeutsamen und nur an einem Tag des Jahres stattfindenden Veranstaltung ausgehen (BGH NJW 03, 3699 [BGH 26.09.2003 - V ZR 41/03]).

Zu den Gesetzen iSd Vorschrift gehören - abw von Art 2 EGBGB - nur Parlamentsgesetze des Bundes und der Länder; gemeindliche Satzungsvorschriften gehören nicht dazu. Rechtsvorschriften iSd Vorschrift sind insb die förmlichen Verordnungen, welche auf der Grundlage der §§ 7, 23 BImSchG erlassen worden sind. Sie enthalten Anforderungen an die Errichtung, die Beschaffenheit, den Betrieb, den Zustand nach Betriebseinstellung und die betreibereigene Überwachung genehmigungsbedürftiger Anlagen bzw an die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Verhütung schwerer Unfälle.
Solche Verwaltungsvorschriften sind nur dann maßgeblich, wenn sie aufgrund des in § 48 BImSchG vorgeschriebenen Verfahrens erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben, also den Entwicklungsstand von Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, der nach deutlich überwiegender Meinung führender Fachleute die Erreichung des vorgegebenen Ziels gesichert erscheinen lässt (BTDrs 12/425 S 88).

Keine Vorschriften iSv I 2, 3 sind die DIN-, VDE- und VDI-Normen sowie die den Freizeitlärm betreffenden LAI-Hinweise; sie können jedoch den Gerichten bei der Bewertung der Unwesentlichkeit oder Wesentlichkeit von Einwirkungen als Entscheidungshilfe dienen (BGH NJW 03, 3699, 3700 [BGH 26.09.2003 - V ZR 41/03]).

Wesentliche Beeinträchtigungen der Grundstücksbenutzung sind nur dann zu dulden, wenn sie durch die ortsübliche Benutzung des Grundstücks, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, herbeigeführt werden und nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (II 1).
Für die Beurteilung der Wesentlichkeit gelten dieselben Grundsätze wie für die Beurteilung der Unwesentlichkeit. Auf das subjektive Empfinden des Beeinträchtigten kommt es somit nicht an, sondern auf das eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks. Damit wird ein Gleichlauf zwischen privatrechtlichem und öffentlichrechtlichem Immissionsschutz hergestellt; denn wesentliche Beeinträchtigungen iSv § 906 sind identisch mit erheblichen Belästigungen iSv § 3 I BImSchG (BGH NJW 03, 3699 [BGH 26.09.2003 - V ZR 41/03]).

Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist eine Güterabwägung notwendig, bei der ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Allerdings ist in jedem Fall die konkrete Situation des Grundstücks zu berücksichtigen, zB seine Lage, seine Ausstattung und seine Zweckbestimmung. Die wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung eines Wohnhauses setzt nicht voraus, dass es unbewohnbar wird; es reicht aus, dass die mit der konkreten Wohnnutzung verbundenen Annehmlichkeiten beeinträchtigt werden und dadurch der Wert des Hauses gemindert wird (BGH MDR 80, 655). Geräusch- und Geruchsbeeinträchtigungen durch Kraftfahrzeuge führen bereits dann zu einer wesentlichen Beeinträchtigung, wenn ein durchschnittlicher Nutzer des betroffenen Grundstücks sie ohne weiteres wahrnimmt und empfindet (BGH NJW 82, 440, 441 [BGH 30.10.1981 - V ZR 191/80]). In jedem Fall ist die Wesentlichkeitsgrenze dann überschritten, wenn die Einwirkungen zu einer Gesundheitsgefährdung führen (BGH NJW 04, 1317 [BGH 13.02.2004 - V ZR 217/03]) oder objektiv festgestellte physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (BGHZ 157, 33, 43 f), zB wenn sprengungsbedingte Erschütterungen einen erheblichen Sachschaden an einem Gebäude des Nachbargrundstücks verursacht haben (BGH NJW 99, 1029 [BGH 20.11.1998 - V ZR 411/97]) oder die Dacheinläufe und Dachrinnen eines Wohnhauses durch herab fallende Bestandteile von auf dem Nachbargrundstück wachsenden Bäumen verstopft werden (BGHZ 157, 33, 44).
Beeinträchtigen summierte Einwirkungen mehrerer Emittenten jede für sich unwesentlich, zusammen aber wesentlich, kann von jedem einzelnen Emittenten Unterlassung verlangt werden, bis die Einwirkungen die Grenze zur Wesentlichkeit unterschreiten (Palandt/Bassenge Rz 31; vgl Frankf DWW 85, 208).

Werden die in I 2, 3 genannten Grenz- oder Richtwerte überschritten, indiziert das die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung (BGH MDR 05, 328 [BGH 08.10.2004 - V ZR 85/04]). Eine wesentliche Beeinträchtigung kann allerdings auch dann vorliegen, wenn die Werte unterschritten werden (BGH NJW 99, 1029 [BGH 20.11.1998 - V ZR 411/97]). Das ist die Folge des Grundsatzes, dass es für die Beurteilung der Wesentlichkeit auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks ankommt. Bei Immissionen, die Luftverschmutzungen zur Folge haben, kommt es deshalb in erster Linie nicht auf die - zur Beurteilung der Wesentlichkeit jedoch auch heranzuziehenden - Werte nach der TA-Luft an, sondern auf das Gesamterscheinungsbild. Bei Lärmimmissionen ist - neben den Werten der TA-Lärm - die Lästigkeit der Geräusche maßgeblich, die sich ua nach dem Zeitpunkt ihrer Zuführung (BGHZ 148, 261, 265 f), nach ihrer Dauer und Häufigkeit (BGH NJW 03, 3699, 3700 [BGH 26.09.2003 - V ZR 41/03]), nach ihrer Eigenart wie zB hohe Frequenzen (BGH MDR 69, 744) oder plötzliches Auftreten und An- und Abschwellen (BGHZ 120, 239, 258) sowie nach ihrem Impulscharakter (BGH NJW 83, 751 [BGH 17.12.1982 - V ZR 55/82]) beurteilt (Einzelfälle s. bei Staud/Roth Rz 197). Bei Geruchsimmissionen entscheidet die Ekelerregung über die Wesentlichkeit (BGHZ 140, 1, 8).

Diese Punkte sind bei der Beurteilung Ihres Falles daher wesentlich. Sie beschreiben plastisch die Lärmbeeinträchtigung – die zitierten Entscheidungen geben daher sehr gut auch Ihre Situation wieder.

Die Ermittlung der - als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Wesentlichkeit dienenden - Grenz- oder Richtwerte erfolgt bei Lärmimmissionen danach, in welchem Gebiet sich das beeinträchtigende und das beeinträchtigte Grundstück befinden. Beim Zusammentreffen von Gebieten unterschiedlicher Qualität und Schutzwürdigkeit ist jede Grundstücksnutzung mit einer spezifischen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so dass für die Ermittlung der maßgebenden Grenz- und Richtwerte ein Mittelwert gefunden werden muss (BGHZ 148, 261, 264).

Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit ist auch zu berücksichtigen, ob die störende Anlage mit behördlicher Genehmigung betrieben wird. Zwar schließt die Genehmigung idR den Anspruch aus § 1004 I nicht aus; aber das Fehlen einer notwendigen behördlichen Genehmigung ist für die Prüfung der Wesentlichkeit einer von der nicht genehmigten Anlage ausgehenden Einwirkung auf benachbarte Grundstücke jedenfalls so lange von Bedeutung, wie die uneingeschränkte Genehmigungsfähigkeit nicht feststeht, denn das Genehmigungsverfahren dient auch dazu, die Beeinträchtigung von Nachbarn gering zu halten (BGHZ 140, 1, 6 f). Eine fehlende Genehmigung stellt für die Frage der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nur ein Kriterium von mehreren dar; entscheidend ist eine Würdigung aller Umstände, ausgerichtet am Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“, insb unter Berücksichtigung der nach I 2, 3 maßgeblichen Werte (BGH ZflR 06, 104).

Die Pflicht zur Duldung einer wesentlichen Beeinträchtigung setzt voraus, dass die Benutzung des Grundstücks, von welchem die Beeinträchtigung ausgeht, ortsüblich ist. Das ist dann der Fall, wenn eine Mehrheit von Grundstücken in der Umgebung mit einer nach Art und Ausmaß einigermaßen gleich bleibenden Einwirkung benutzt wird (BGHZ 120, 239, 260).

Als Vergleichsgebiet ist grds das gesamte Gemeindegebiet, in welchem das emittierende Grundstück liegt, zu betrachten. Allerdings kommt im Einzelfall sowohl eine Erweiterung des Vergleichsgebiets über die Gemeindegrenzen hinaus in Betracht, wenn eine bestimmte Grundstücksnutzung (zB Bergbau) ein räumlich großes Gebiet prägt (BGHZ 30, 273, 277), als auch eine Begrenzung auf einzelne Teile des Gemeindegebiets, wenn diese wegen der dort typischen Grundstücksnutzung (zB Villen- oder Industrieviertel) ein erkennbar eigentümliches, von anderen Ortsteilen verschiedenes Gepräge aufweisen (BGH NJW 59, 1632, 1633 [BGH 16.06.1959 - V ZR 47/58]). Überörtliche Verkehrsanlagen müssen in sich als Ganzes iVm dem verkehrsmäßig zu erschließenden Raum gewürdigt werden; ein einzelner Teil der Anlage (zB Straße) kann nicht nur im Zusammenhang mit einem Gebiet von bestimmtem Charakter beurteilt werden (BGHZ 54, 384, 390). Andererseits kann ein einziges Grundstück aufgrund seiner spezifischen Nutzung den Gebietscharakter prägen (Flughafen: BGHZ 69, 105, 111).

Die einmalige Nutzung des störenden Grundstücks in dem Vergleichsgebiet führt idR nicht zur Ortsüblichkeit; die Benutzungen müssen öfter geschehen (BGH MDR 78, 1005). Ausnahmen hiervon sind jedoch möglich, wenn bereits das Halten der Anlage auf dem Grundstück, von welchem die Beeinträchtigung ausgeht, ortsüblich ist; das kommt zB in Betracht bei Arbeiten zur Erhaltung eines die Umgebung prägenden Baudenkmals (BGH MDR 77, 128), bei Abbrucharbeiten (BGH NJW 62, 1342 [BGH 30.05.1962 - V ZR 121/60]) oder bei Straßenbauarbeiten (BGHZ 72, 289, 296). In diesen Fällen sind auch die vorübergehend erhöhten Einwirkungen ortsüblich, weil sie durch die normale ortsübliche Benutzung des Grundstücks herbeigeführt werden. Das gilt allerdings nicht für besonders starke Einwirkungen, die bei gleichartigen Maßnahmen üblicherweise nicht auftreten (BGHZ 54, 384, 391 f).

Ortsüblich sind auch erhöhte Einwirkungen, die auf einer intensiveren Nutzung des störenden Grundstücks beruhen. In erster Linie gilt das für Steigerungen des Verkehrsaufkommens auf Straßen (BGHZ 49, 148, 151) und im Luftverkehr (BGHZ 69, 105, 111). Erhöhte Einwirkungen, die von einem Wechsel der Bewirtschaftungsart des beeinträchtigenden Grundstücks herrühren, können ebenfalls ortsüblich sein, zB wenn die Bewirtschaftung eines Bauernhofs der modernen Betriebsführung angepasst wird; wenn jedoch der landwirtschaftliche Betrieb in einen gewerblichen Betrieb umgewandelt wird, sind die danach auftretenden Einwirkungen nicht mehr ortsüblich (BGHZ 48, 31, 33 f).

Nur für gleichartige Einwirkungen kann die Ortsüblichkeit bejaht werden. Grundstücke, von denen unterschiedliche Einwirkungen (zB Geräusche und Gerüche) ausgehen, dürfen nicht in die Beurteilung einbezogen werden. Die Quelle der Einwirkungen muss dagegen nicht dieselbe sein; entscheidend ist nur die Gleichartigkeit, zB Fabrik- und Straßenlärm (BGHZ 46, 35, 38).
Die Ortsüblichkeit einer Einwirkung beurteilt sich - ebenso wie die der Wesentlichkeit (Rn 17 ff) - nach den in dem maßgeblichen Vergleichsgebiet im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz tatsächlichen Verhältnissen (BGHZ 148, 261, 267). Grds ist es unerheblich, ob mit der Benutzung des beeinträchtigten Grundstücks früher oder später als mit der Benutzung des beeinträchtigenden Grundstücks begonnen wurde. Dem Gedanken der zeitlichen Priorität kommt bei dem primären Rechtsschutz nach §§ 1004 I iVm 906 II 1 idR keine Bedeutung zu. Unter dem Gesichtspunkt der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 903 Rn 14 ff) folgenden Mitverantwortung des beeinträchtigten Grundstückseigentümers für einen vorhersehbaren Konflikt kann sich jedoch für ihn eine gesteigerte Duldungspflicht ggü solchen Einwirkungen ergeben, von denen sein Grundstück bereits vor der von ihm begonnenen Benutzung betroffen war. Das erlangt vor allen Dingen in den Fällen Bedeutung, in denen eine Wohnbebauung nahe an ein Industriegebiet heranrückt (BGHZ 148, 261, 269).

Eine öffentlich-rechtliche Genehmigung der Anlage, von welcher die Beeinträchtigung ausgeht, begründet nicht automatisch die Ortsüblichkeit. Ihr Fehlen schließt jedoch die Ortsüblichkeit aus (BGHZ 140, 1, 9).

Der erste Übersicht über das Luftbild zeigt, dass es sich wohl nicht um eine ortsübliche Beeinträchtigung handeln dürfte.

Schließlich besteht die Pflicht des Grundstückseigentümers zur Duldung wesentlicher Beeinträchtigungen, die von der ortsüblichen Benutzung benachbarter Grundstücke herrühren, nur dann, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, welche dem Benutzer des beeinträchtigenden Grundstücks wirtschaftlich zumutbar sind. Wann das der Fall ist, bestimmt sich nach einem differenziert-objektiven Maßstab. In die Beurteilung sind die nachbarlichen Verhältnisse, die Vor- und Nachteile der technischen oder organisatorischen Maßnahmen für beide Seiten und die finanzielle Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Benutzers des beeinträchtigenden Grundstücks einzubeziehen. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des konkreten Benutzers kommt es nicht an.

Die Maßnahmen müssen dazu geeignet sein, die Einwirkungen auf das betroffene Grundstück so weit zu reduzieren, dass sie dessen Benutzung nicht mehr oder nur noch unwesentlich beeinträchtigen (Frankf NJW-RR 01, 1364, 1366 [OLG Frankfurt am Main 20.07.2000 - 26 W 38/00]). Sie müssen technisch möglich und wirksam sein (Nürnbg MDR 80, 667, 668). In Betracht kommen auch organisatorische Maßnahmen wie die zeitliche Begrenzung von Einwirkungen (Zweibr DWW 91, 305, 307).

Unzumutbarkeit iSd Vorschrift ist gegeben, wenn die notwendigen Maßnahmen solche Kosten verursachen, dass ein dem konkreten Grundstücksnutzer vergleichbarer durchschnittlicher Benutzer keinen angemessenen Gewinn aus der Grundstücksnutzung mehr erzielen könnte. Bei Betrieben, die Teil eines Unternehmens mit mehreren Betriebsstätten sind, kommt es nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der einzelnen störenden Betriebsstätte, sondern auf die des gesamten Unternehmens an. Unzumutbarkeit ist nicht ohne weiteres bereits dann anzunehmen, wenn der Grundstücksnutzer die notwendigen Maßnahmen nicht aus laufenden Einnahmen bezahlen kann; in diesem Fall kommt auch die Gewährung einer Frist in Betracht, so dass die Durchführung der Gesamtmaßnahme zeitlich gestreckt wird (Schlesw NJW-RR 96, 399 [OLG Schleswig 20.03.1995 - 1 U 191/92]).

Hier wäre aber dann, wenn eine grundsätzliche Duldungspflicht bejaht würde, noch ein weites Feld für entsprechende Maßnahmen – sei es zeitlich oder organisatorisch oder aber mit technischen Maßnahmen zu versehen.
Im Rechtsstreit obliegt es dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer bzw –besitzer, die Einwirkung als solche und die dadurch hervorgerufene Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung darzulegen und zu beweisen (BGHZ 95, 307, 312). Werden die Grenz- oder Richtwerte nach I 2, 3 überschritten, spricht das idR für die Kausalität zwischen der Einwirkung und der Beeinträchtigung (BGHZ 121, 248, 251). Macht der beeinträchtigte Grundstückseigentümer oder -besitzer den Ausgleichsanspruch nach II 2 geltend, muss er auch die Ortsüblichkeit der Nutzung seines Grundstücks und die Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung beweisen.

Der Beeinträchtigende ist darlegungs- und beweispflichtig für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung (BGHZ 120, 239, 257). Die Einhaltung oder Unterschreitung der Werte nach I 2, 3 indiziert die Unwesentlichkeit; in diesem Fall muss der Beeinträchtigte allerdings nicht die nach seiner Auffassung gleichwohl gegebene Wesentlichkeit, sondern lediglich Tatsachen darlegen und beweisen, welche die Indizwirkung zB durch wissenschaftlich begründete Zweifel an der Richtigkeit der Werte und den fundierten Verdacht einer erheblichen Beeinträchtigung erschüttern (BGH NJW 04, 1317 [BGH 13.02.2004 - V ZR 217/03]). Kann der Beeinträchtigende die Unwesentlichkeit nicht beweisen, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast für die Ortsüblichkeit seiner Grundstücksnutzung und für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Verhinderung von wesentlichen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks.
Ich rate Ihnen daher dazu, sowohl den öffentlich-rechtlichen wie auch den zivilrechtlichen Weg zu gehen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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