Vorzeitiger Renteneintritt: Reicht die mündliche Ankündigung?

Online-Rechtsberatung
Stand: 16.01.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ein Mitarbeiter vom mir wird 63 Jahre alt und will dann in vorgezogene Rente gehen.
Ich habe Ihn gebeten, mir das bitte schriftlich zu bestätigen.
Auf Nachfrage bei seinem Anwalt wurde ihm gesagt, das das nicht notwendig ist, eine mündliche Ankündigung würde reichen, er soll seinen Renteneintritt nicht schriftlich bestätigen.

Fragen:
Reicht eine mündliche Ankündigung, und wie soll ich mich weiter verhalten?

Antwort des Anwalts

Der Renteneintritt darf nicht verwechselt werden mit der Frage des Fortbestands bzw. der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Das seltsame Verhalten des Kollegen dürfte sich aus § 41 Sozialgesetzbuch (SGB) VI *1) sowie der rechtlichen Vorgeschichte erklären.

Bisherige Gesetze, die bei Erreichen von starren Altersgrenzen auch das Arbeitsverhältnis automatisch für beendigt erklärten, sind vom Gesetzgeber in den letzten 10 Jahren sang- und klanglos aufgehoben worden. Vgl. dazu das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.04.2002 zur alten Rechtslage *2).

Das modernere deutsche Gesetz knüpft an das Erreichen von Altersgrenzen lediglich ein Recht auf den Rentenbezug an. Das gilt sowohl für die Regelaltersgrenze nach § 35 SGB VI 3), als auch den vorzeitigen Rentenbezug, geregelt in § 236 SGB VI 4). Der erwähnte § 41 SGB VI stellt klar, daß das Erreichen des Rentenalters grundsätzlich keinen Kündigungsgrund abgibt.

Die rechtswissenschaftliche Diskussion ist nun vielmehr nur noch die Frage, ob die Vereinbarung von Altersgrenzen, z.B. im Arbeitsvertrag oder nach Tarifrecht, überhaupt noch zulässig ist.

Das deutsche Gesetz sieht das aber nicht mehr vor, und derartige vertragliche Regelungen einer Altersgrenze scheinen in Ihrem Fall nicht zu existieren.

Daher braucht die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen hier auch nicht weiter erörtert zu werden.

Tipp: Sie sollten den Arbeitsvertrag und einschlägige Tarifbestimmungen auf Altersregelungen hin durchsehen.

Grundsätzlich interessiert Sie als Arbeitgeber somit der Bezug des Arbeitgebers von vorgezogener Rente nicht weiter. Damit zusammen hängenden rentenrechtliche Anrechnungsvorschriften und steuerliche Fragen sind nicht Ihr Problem.

Der Arbeitnehmer braucht Ihnen gegenüber den Bezug der vorzeitigen Rente schon deshalb nicht schriftlich zu bestätigen, weil sich dadurch für das Arbeitsverhältnis nichts ändert. Unten gebe ich Ihnen ein diesbezügliches Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 05.02.2007 zu dem Thema wieder *6).

Vermutlich soll mit der fehlenden Bestätigung auch vermieden werden, dass diese Mitteilung durch den Arbeitnehmer von Ihnen versehentlich als Kündigung umgedeutet wird bzw. werden kann.

Im Übrigen ist eine Pflicht Ihres Arbeitnehmers zur schriftlichen Bestätigung seiner mündlichen Mitteilungen nach dem Gesetz oder nach Arbeitsrecht nicht vorgesehen. Die Schriftform würde allenfalls der Beweiserleichterung für Sie dienen, und dazu ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet.

Wenn sich daraus – anders als nach unserer obigen Einschätzung – irgendwelche arbeitsrechtlichen Konsequenzen ergäben, hätten Sie dem Arbeitgeber auch einfach dessen Mitteilung schriftlich bestätigen können.

Tipp: Sie könnten das weitere Gespräch mit dem Arbeitnehmer suchen und freiwillig eine verbindliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren, etwa beim Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Aber auch das muss der Arbeitnehmer nicht notwendiger Weise akzeptieren.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) § 41 SGB VI
Altersrente und Kündigungsschutz

Der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters ist nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann. Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, gilt dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist.

*2) Bundesarbeitsgericht BAG, Urteil vom 17. 4. 2002 - 7 AZR 40/01 (Lexetius.com/2002,1124 [2002/8/174]) (zum alten Recht)

Zur Arbeitsvertraglichen Altersgrenze bei vorgezogener Altersrente: Maßgeblich für die Berechnung der Dreijahresfrist des § 41 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ist nicht die Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern der mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Zeitpunkt des Ausscheidens.

*3) § 35 SGB VI Regelaltersrente

Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

  1. die Regelaltersgrenze erreicht und
  2. die allgemeine Wartezeit erfüllt
    haben. Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

*4) § 236 SGB VI Altersrente für langjährig Versicherte

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte, wenn sie

  1. das 65. Lebensjahr vollendet und
  2. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt
    haben. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.

*5) Das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz bzw. die diesem zugrundeliegende EU-Diskriminierungs-Richtlinie kann eine Kündigung wegen Alters als Diskriminierung einstufen.

*6) Arbeitsgericht Osnabrück vom 05.02.2007: Die Kündigung eines älteren Arbeitnehmers ist unzulässig, da der innerbetrieblich verhandelte Sozialplan und Interessenausgleich zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur eine Diskriminierung älterer Arbetnehmer bedingt. Der Arbeitgeber wurde zur Weiterbeschäftigung des klagenden Arbeitnehmers verurteilt ( Aktenzeichen 3 Ca 677/06).

Zwangsbeendigung von Arbeitsverhältnissen wegen Alters nur eingeschränkt zulässig
http://www.bertelsmann-gaebert.de/downloads/altersgrenze.pdf

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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