Sicherungshypothek: Finanzamt erteilt keine Löschungsbewilligung

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Insolvenzrecht:
Finanzamt hat geschätzte Steuerschuld vom Konto gepfändet und ist
komplett befriedigt. Hat jedoch auf Immobilie Sicherungshypothek.
Nach Insolvenzantrag hat Insolvenzverwalter die vom Finanzamt eingezogenen
Zahlungen zur Insolvenzmasse zurückgefordert.

Finanzamt will nun keine Löschungsbewilligung erteilen, da ja wieder eine Forderung offen ist.

Insolvenzverwalter hat Grundstück freigegeben.

Frage:
Muss das Finanzamt Löschungsbewilligung erteilen, da ja die Zahlungen vollständig ausgeglichen waren ?

Durfte der IV diese gepfändeten Beträge des Finanzamtes überhaupt zur Masse zurückfordern ?

Hier gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Bitte keinen Anwalt aus dem Bereich Schleswig-Holstein.

Antwort des Anwalts

Hierbei ist zu differenzieren, ob nach § 88 InsO oder nach § 131 InsO vorgegangen wurde.
§ 88 stärkt den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (KPB-Lüke § 88 Rn. 2) und ergänzt das Anfechtungsrecht der §§ 129 ff (Uhlenbruck-Uhlenbruck § 88 Rn. 1). Zur Durchsetzung der par conditio creditorum ist die Norm nur bedingt tauglich (MK-Breuer § 88 Rn. 3; für ersatzlose Streichung: Marotzke, DZWIR 2007, 265, 267). Insb. wird kritisiert, dass nur die Sicherung, nicht aber die Befriedigung erfasst wird (HK-Kayser § 88 Rn. 2; MK-Breuer § 88 Rn. 3; dagegen Raebel, ZInsO 2003, 1124, 1126; Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 9 ff.). Der rigoros vollstreckende Gläubiger würde besser gestellt (Marotzke, ZInsO 2006, 7, 9; Uhlenbruck-Uhlenbruck § 88 Rn. 3). Ausreichende Korrekturmöglichkeiten eröffnet die Insolvenzanfechtung über § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 9). Das durch Zwangsvollstreckung Erlangte ist stets inkongruente Deckung (BGH, ZInsO 2003, 611; 2004, 145). Die Anfechtung scheitert wegen fehlender Gläubigerbenachteiligung nur, wenn das zuvor erlangte Sicherungsrecht insolvenzfest ist. Da die §§ 130 ff. auch die durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung erfassen, erlangt § 88 eigenständige Bedeutung insb. dann, wenn der Insolvenzverwalter zügig einen belasteten Gegenstand verwerten will (Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 7 ff.). Wäre er nur auf die Anfechtungsmöglichkeit beschränkt, bedarf die Durchsetzung des Rückgewähranspruchs u.U. langjähriger gerichtlicher Auseinandersetzung. Die Rechtsfolgen des § 88 sind dagegen schneller umsetzbar (vgl. Rdn. 13 ff.).

§ 88 regelt lediglich vollstreckungsrechtliche Sicherungen. Erlangt der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung Befriedigung, greift § 88 nicht (allg. M.: KPB-Lüke § 88 Rn. 10; BK-Blersch/v. Olshausen § 88 Rn. 6; OLG Frankfurt, ZInsO 2002, 1032). In diesem Fall kommt regelmäßig Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Für die Abgrenzung, ob durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahme Befriedigung oder erst Sicherung erlangt wurde, ist Art und Inhalt des titulierten Anspruches maßgebend (Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 30; KPB-Lüke § 88 Rn. 10; FK-App § 88 Rn. 8). Ist der Schuldner zur Bestellung des Sicherungsrechtes verurteilt, tritt durch die Erlangung Befriedigung ein (Uhlenbruck-Uhlenbruck § 88 Rn. 13). § 88 ist unanwendbar auf freiwillige Zahlungen, Leistungen im Rahmen einer Vollstreckungsvereinbarung oder Sicherungsleistungen an den Gläubiger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung (Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 21; Uhlenbruck-Uhlenbruck § 88 Rn. 15). Befürwortet wird indessen eine Anwendung dann, wenn der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an den Gerichtsvollzieher zahlt und der Erlös noch nicht an den Gläubiger weitergeleitet wurde (Gottwald-Gerhardt, InsRHdb, § 33 Rn. 31 Fn. 86; Braun-Kroth § 88 Rn. 2; HK-Kayser § 88 Rn. 18; Uhlenbruck/Uhlenbruck § 88 Rn. 14; a.A. Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 21). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Bei freiwillig - auch unter Vollstreckungsdruck - geleisteter Zahlung tritt Erfüllung erst mit Ablieferung des Geldes an den Gläubiger ein (Zöller-Stöber § 755 ZPO Rn. 4). § 815 ZPO ist auf die freiwillige Zahlung an den Gläubiger unanwendbar (Zöller-Stöber § 815 ZPO Rn. 2).

Vorgeschlagen wurde weiterhin, die Inbesitznahme von Absonderungsgut der Rückschlagsperre zu unterwerfen. Der Absonderungsgläubiger kann hierdurch seine Pflicht zum Kostenbeitrag nach §§ 170, 171 vermeiden. Da das Absonderungsrecht von der Rückschlagsperre unberührt bleibt, sind diese Erwägungen abzulehnen (Eckardt, ZIP 1999, 1734, 1743; Uhlenbruck-Uhlenbruck § 88 Rn. 12). Streitig ist, ob bei verfahrensrechtlicher Tilgungswirkung (§ 815 Abs. 3, § 819 ZPO) § 88 zur Anwendung gelangt (bejahend: HK-Kayser § 88 Rn. 23; Jaeger-Eckardt § 88 Rn. 32; a.A. Vallender, ZIP 1997, 1995, Grothe, KTS 2001, 231). Wird dies befürwortet, kann der Versteigerungserlös zur Masse beansprucht werden, wenn der Gerichtsvollzieher diesen noch nicht an den Gläubiger weitergeleitet hat.

Sie haben mitgeteilt, dass das Finanzamt durch die Kontenpfändung vollständige Befriedigung erlangt habe.
Eine Maßnahme nach § 88 InsO scheidet für den Insolvenzverwalter daher aus.
Es ist weiter zu prüfen, ob eine Anfechtung nach § 131 InsO erfolgen konnte. Diese Möglichkeit wird durch § 141 InsO eröffnet:
Die Alt. 1 stellt klar, dass das Vorliegen eines Vollstreckungstitels die Anfechtung der Rechtshandlung des Schuldners nicht ausschließt. Die Anfechtung von Leistungen auf titulierte Forderungen erfolgt also in derselben Weise wie die Anfechtung von Leistungen auf nicht titulierte Forderungen. Durch Alt. 2 wird klargestellt, dass eine Rechtsposition, die unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsmittel erzwungen wird, wie eine freiwillig vorgenommene Rechtshandlung angefochten werden kann (MK-Kirchhof § 141 Rn. 1). § 141 statuiert keinen eigenständigen Anfechtungsgrund.
Hier liegt nach Ihren Angaben ein Fall der Alt. 2 vor.
Die Alt. 2 stellt klar, dass auch die Zuhilfenahme staatlicher Autorität nichts an der Anfechtbarkeit der Vermögensverschiebung ändern kann. Unerheblich ist dabei, ob die durch die Vollstreckung gesicherte oder erfüllte Forderung anfechtbar oder unanfechtbar erworben worden war. Wurde bereits die Forderung anfechtbar erworben, so kann die Forderungsbegründung nach §§ 132 ff., die Vollstreckungshandlung gem. §§ 130, 131 angefochten werden (zur Anfechtung nach § 133). Zu den erfassten Vollstreckungshandlungen zählen z.B. die Pfändung von beweglichen Sachen und Forderungen, die Begründung von Zwangshypotheken, die Anordnung der Zwangsversteigerung eines Grundstückes sowie die Vollziehung von Arrest und einstweiliger Verfügung (HK-Kreft § 141 Rn. 4).
In Ihrem Falle zählt daher die Kontenpfändung unter diese Alternative.
Damit sind also die Voraussetzungen des § 131 InsO zu prüfen:
§ 131 erklärt wie § 130 bestimmte, während des ebenfalls dort geschützten Zeitraums vorgenommene Rechtshandlungen für anfechtbar, ggü. § 130 jedoch unter erleichterten Voraussetzungen, da ein Insolvenzgläubiger, der sich eine ihm nicht gebührende Sicherung oder Befriedigung gewähren lässt, wegen der besonderen Verdächtigkeit derartiger Handlungen weniger schutzwürdig ist.
Diese gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung muss gerade einem Insolvenzgläubiger (BGH, ZInsO 2008, 814) eine Sicherung oder Befriedigung seiner Forderung gewähren oder ermöglicht haben (vgl. dazu § 130). Im Gegensatz zu § 130 muss es sich um eine Deckung handeln, die der Gläubiger im Zeitpunkt der Leistung (§ 140) nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Insolvenzgläubiger i.S.d. § 131 kann daher insb. auch derjenige sein, der eine Deckung ohne einen objektiv wirksamen Rechtsgrund erlangt.
Nach der Rspr. ist die Anfechtung gem. § 131 trotz des anderslautenden Wortlautes des § 142 (Bargeschäft) auch bei Austauschgeschäften im Sinne jener Norm möglich (BGH, ZInsO 2006, 712; vgl. § 142 Rdn. 4), da der Wortlaut der Norm (Leistung des Schuldners, »für die« unmittelbar eine gleichwertige Leistung in sein Vermögen gelangt) voraussetzt, dass Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft und damit kongruent sind (OLG Stuttgart, ZInsO 2004, 156) und weder rechtlich noch wirtschaftlich ein Anlass dafür besteht, Umsatzgeschäfte in der Krise zu privilegieren, die anders als vereinbart abgewickelt werden (Uhlenbruck-Hirte § 142 Rn. 4).
Inkongruent ist eine Deckungshandlung, wenn der Gläubiger ausgehend von dem zwischen ihm und dem Schuldner bestehenden (ggf. nichtigen) Schuldverhältnis im maßgeblichen Zeitpunkt entweder überhaupt keinen Anspruch auf Deckung hatte oder jedenfalls das Erlangte in dieser Form oder zu dieser Zeit nicht beanspruchen konnte.
Die Übereinstimmung der Deckung mit dem Schuldinhalt ist objektiv zu beurteilen; abweichende subjektive Vorstellungen der Beteiligten sind wegen des Normzwecks unerheblich (MK-Kirchhof § 131 Rn. 9). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Inkongruenz ist derjenige, in dem die Rechtshandlung vollendet wurde (§ 140). Wird eine Leistungspflicht des Schuldners durch nachträglich vorgenommene Änderung des Schuldverhältnisses (bspw. Ersatzleistung statt Geld) verändert, kommt eine Kongruenz der dann entsprechend der nachträglichen Vereinbarung erfolgenden Deckungshandlung nur in Betracht, wenn die nachträgliche Vereinbarung selbst außerhalb des durch § 131 geschützten zeitlichen Bereichs erfolgt oder nicht selbstständig hiernach anfechtbar ist Gleiches gilt, wenn die inkongruente Deckungshandlung zum Zeitpunkt der nachträglichen Änderung bereits vollendet war.
Im Interesse der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger ist die Kongruenz zwischen Anspruch und Deckungsleistung nach strengen Maßstäben zu beurteilen (BGH, ZInsO 2003, 178), sodass nach der Verkehrsanschauung unerhebliche Abweichungen zwischen Anspruch und Deckung nicht zur Inkongruenz führen (BGH, ZInsO 2003, 178).
Eine unteilbare Leistung, die lediglich teilweise inkongruent ist, gilt insgesamt als inkongruent.

Die Befriedigung ist nicht zu beanspruchen, wenn der Gläubiger gar keinen Anspruch gegen den Schuldner auf dessen Leistung hat, wenn der Anspruch nicht durchsetzbar ist oder der Durchsetzung ein Einwand oder eine dauernde Einrede entgegensteht (MK-Kirchhof § 131 Rn. 13).

Nicht in der Art zu beanspruchen ist die Befriedigung, wenn dem Gläubiger zwar eine Befriedigung zusteht, jedoch in einer die Insolvenzgläubiger weniger benachteiligenden Art als die tatsächlich gewährte, an Erfüllungs statt (§ 364 BGB) oder erfüllungshalber erbrachte Leistung.

Die Zahlung auf eine fällige Forderung ist insoweit inkongruent, als sie mitursächlich auf Maßnahmen beruht, auf die kein Anspruch bestand.

Die Befriedigung einer titulierten Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung ist ebenfalls inkongruent, soweit sie innerhalb des Drei-Monats-Zeitraumes des § 131 erfolgt (st. Rspr. seit BGHZ 136, 309, 311; BGHZ 167, 11, 14 = ZInsO 2006, 553; BAG ZInsO 2011, 1560).
Zweck des § 131 ist es auch, während der letzten drei Monate vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Grundsatz des Vorrangs des schnelleren Gläubigers, der in der Einzelzwangsvollstreckung gem. § 804 Abs. 2 ZPO gilt, durch den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu ersetzen; dieser soll gerade nicht durch die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmittel eingeschränkt werden (BGH, ZInsO 2008, 806).
Inkongruenz ist auch dann anzunehmen, wenn die Befriedigung im Rahmen einer bereits eingeleiteten Zwangsvollstreckung in ein Bankkonto in der Weise erfolgt, dass die Bank dem Kontoinhaber gestattet, von dem gepfändeten Konto eine Überweisung an den Pfandgläubiger vorzunehmen (BGH, ZInsO 2008, 374).

Inkongruent ist nach st. höchstrichterlicher Rspr. (seit BGHZ 136, 309 [zur KO]) auch eine Leistung des Schuldners, die dieser zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung (BGHZ 157, 242), der Erledigung einer bereits ausgebrachten Zwangsvollstreckungsmaßnahme (BGH, ZInsO 2008, 374) oder der angedrohten Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbringt (BGH, ZInsO 2006, 94).
Nicht erforderlich - aber auch nicht schädlich - ist, dass die Vollstreckung zurzeit der Leistung im formalrechtlichen Sinne bereits begonnen hat. Eine Zwangsvollstreckung droht vielmehr bereits dann unmittelbar, wenn der Schuldner im Zeitpunkt seiner Leistung damit rechnen muss, dass ohne sie der Gläubiger mit der ohne Weiteres zulässigen Zwangsvollstreckung beginnt (st. Rspr. des BGH, zuletzt ZInsO 2011, 423); einer Fristsetzung durch den Gläubiger zur Zahlung bedarf es für die Annahme von Vollstreckungsdruck nicht (BGH a.a.O.). Ob der Schuldner aufgrund eines unmittelbaren Vollstreckungsdrucks geleistet hat, beurteilt sich aus der objektivierten Sicht des Schuldners (BGH a.a.O.). Es ist ausreichend, wenn sich die Motivation des Schuldners durch den Vollstreckungsdruck bei der Zahlung aus den Umständen ergibt, ohne dass eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme unmittelbar vor der Leistung ausdrücklich angedroht worden sein muss (OLG Jena, ZIP 2000, 1734 [OLG Jena 23.08.2000 - 2 U 92/00]). Der Vollstreckungsdruck entfällt auch nicht dadurch, dass der Schuldner zunächst eine Teilzahlung leistet und der Gläubiger nicht binnen der nächsten vier Wochen die bereits angedrohten Maßnahmen fortsetzt; vielmehr wirkt der ursprüngliche Druck weiter fort (OLG Hamburg, ZInsO 2005, 657). Dies gilt jedoch nicht, wenn zwischen (angedrohter) Vollstreckung und Zahlung ein Zeitraum von einem Jahr liegt (OLG Rostock, ZInsO 2006, 1109). Nicht ausreichend für die Annahme von Vollstreckungsdruck ist demgegenüber die nach § 699 Abs. 4 Satz 1 ZPO erfolgende Zustellung eines Vollstreckungsbescheids (BGH, ZInsO 2007, 99), sofern der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel nicht zuvor (oder zeitgleich) eingeleitet oder wenigstens angedroht hat; ebenfalls nicht ausreichend für den zur Inkongruenz führenden zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang ist die Mitteilung der titulierten Zahlungsrückstände durch den Gläubiger (BGH, ZInsO 2010, 1324).
Inkongruent ist die Befriedigung aufgrund einer Pfändung, soweit diese selbst in inkongruenter Weise erfolgte (BGHZ 136, 309, 312).
Hat der Gläubiger hingegen die Sicherung vor der Drei-Monats-Frist erlangt, so ist diese selbst und auch die ihr nachfolgende Befriedigung aus der Sicherheit kongruent (Uhlenbruck-Hirte § 131 Rn. 21). Auch die zur Abwendung der Versteigerung des Pfandobjektes erbrachte Zahlung ist dann allenfalls nach § 130 anfechtbar (RGZ 14, 80).

Vielfach lässt sich Forderungsanmeldungen entnehmen, ob im geschützten zeitlichen Bereich des § 131 Leistungen an den anmeldenden Insolvenzgläubiger erbracht wurden und ob diese im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten.

Der Gläubiger eines Zahlungsanspruches hat eine Sicherung, die er während der Krise des Schuldners durch eine Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt, nicht zu beanspruchen, sie ist also inkongruent (st. Rspr. seit BGHZ 136, 309, 311; BGHZ 162, 143 = ZInsO 2005, 25); es gelten dieselben Grundsätze wie oben dargestellt. Bei der Pfändung künftiger Forderungen wird das Pfändungspfandrecht erst in dem Augenblick begründet, in dem die jeweils gepfändete Forderung entsteht, § 140 (st. Rspr. seit BGHZ 157, 350, 354 = ZInsO 2004, 270); dieser Zeitpunkt, nicht derjenige der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, ist dann dafür maßgeblich, ob die Rechtshandlung innerhalb des durch § 131 geschützten Zeitraums als vorgenommen gilt
Im Insolvenzeröffnungsverfahren kann die Verwertung eines wahrscheinlich anfechtbar durch Zwangsvollstreckung erworbenen Pfandrechts durch vorsorgliche einstweilige Einstellung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 verhindert werden (AG Hamburg, WM 2000, 895 [AG Hamburg 21.10.1999 - 68d IK 24/99]).

Sicherungen, die im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt wurden und noch nicht verwertet wurden (vgl. Rdn. 11), werden nach § 88 mit Verfahrenseröffnung ipso iure unwirksam, weshalb es in einem solchen Fall der Anfechtung grds. nicht bedarf. Ausgeschlossen ist sie jedoch nicht.
Bei einer Anschlusspfändung ist darauf abzustellen, wann sie, nicht die Erstpfändung, ausgebracht wurde. Da die Anschlusspfändung nach erstmaliger Vollstreckungswirkung vom weiteren Schicksal der Erstpfändung unabhängig fortbesteht, beseitigt die Anfechtung der Erstpfändung die Anschlusspfändung nicht. Sie muss vielmehr gesondert angefochten werden (MK-Kirchhof § 131 Rn. 27).
Vorpfändung gem. § 845 ZPO und Hauptpfändung sind grds. selbstständig anfechtbar. Wurden Vor- und Hauptpfändung beide innerhalb der Fristen des § 131 ausgebracht, bewirkt die erfolgreiche Anfechtung der Hauptpfändung gem. § 845 Abs. 2 ZPO zugleich die Unwirksamkeit der Vorpfändung, wohingegen die Anfechtung allein der Vorpfändung nicht zur Unwirksamkeit der Hauptpfändung führt. Wurde die Vorpfändung außerhalb des anfechtungsrechtlich relevanten Zeitraums ausgebracht, die Hauptpfändung hingegen innerhalb dieser Frist und auch innerhalb der Monatsfrist des § 845 Abs. 2 ZPO, war nach der zu § 30 KO vorherrschenden Ansicht die Hauptpfändung unanfechtbar (RGZ 83, 332, 335). Nunmehr sind jedoch nach §§ 130 f. auch Rechtshandlungen anfechtbar, welche die Deckung lediglich ermöglichen. Da die rechtzeitige Hauptpfändung erst dazu führt, dass die Wirkungen des § 845 Abs. 2 ZPO, insb. also die Rückdatierung der Pfändung auf den Zeitpunkt der Vorpfändung, eintreten, ermöglicht sie erst die Verwertung des Pfandobjekts und ist daher als ermöglichende Rechtshandlung anfechtbar (MK-Kirchhof § 131 Rn. 28). Wird also die Vorpfändung i.S.d. § 845 ZPO außerhalb des durch § 131 geschützten Zeitraums ausgebracht, während die Hauptpfändung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt, ist die Anfechtung der Hauptpfändung möglich und hat automatisch die Unwirksamkeit der Vorpfändung zur Folge (BGH, ZInsO 2006, 553).

Im Rahmen der Anfechtung gem. Abs. 1 Nr. 1 ist nicht erforderlich, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig ist. Einzige zusätzliche Voraussetzung ist, dass die Deckungshandlung bis zu einen Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 139) oder danach erfolgte.
Abs. 1 Nr. 2 betrifft solche Rechtshandlungen, die im zweiten oder dritten Monat vor Antragstellung (§ 139) vorgenommen worden sind. Im Unterschied zu Nr. 1 ist hier wegen des größeren zeitlichen Abstandes zur Antragstellung weiterhin erforderlich, dass der Schuldner bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung (§ 140) zahlungsunfähig war (vgl. § 130). Weiterhin ist die Frage der Inkongruenz für den gesamten - auch den in Nr. 1 der Vorschrift genannten - Zeitraum nur einheitlich und nicht nach den einzelnen Zeitabschnitten zu beantworten (BGH, ZInsO 2011, 1500). Unerheblich ist, ob der Gläubiger von dieser Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatte.
I.R.d. für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit erforderlichen Ermittlung, welche Verbindlichkeiten des Schuldners bereits im Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung (§ 140) fällig waren, sollten zunächst die Forderungsanmeldungen auf bereits im maßgeblichen Zeitpunkt titulierte Forderungen bzw. Vollstreckungsprotokolle hin überprüft werden.
Auch Abs. 1 Nr. 3 erfasst solche Rechtshandlungen, die im zweiten oder dritten Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 139) vorgenommen (§ 140) worden sind. Als zusätzlich erschwerendes Merkmal enthält Nr. 3 anstatt der objektiven Zahlungsunfähigkeit des Schuldners die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der benachteiligenden Wirkung der Deckungshandlung. Objektiv muss daher eine durch die Handlung verursachte (mittelbare) Gläubigerbenachteiligung (vgl. § 129) vorliegen. Von dieser Benachteiligung muss der Insolvenzgläubiger Kenntnis haben. Er muss positiv wissen (vgl. § 130), dass die Deckungshandlung die Befriedigungsaussichten der übrigen Insolvenzgläubiger verschlechtert. Der Begünstigte muss die Vorstellung haben, dass die Handlung das zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehende Vermögen des Schuldners schmälert, sodass dieses voraussichtlich nicht mehr ausreichen wird, um sämtliche Insolvenzgläubiger voll zu befriedigen (MK-Kirchhof § 131 Rn. 53).
Dieser positiven Kenntnis steht nach Abs. 2 Satz 1 die Kenntnis solcher Umstände gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen (vgl. § 130). Der Gläubiger muss also die tatsächlichen Umstände kennen, aus denen sich ergibt, dass durch die fragliche Rechtshandlung das zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stehende Schuldnervermögen in einer Weise geschmälert wird, dass es nicht mehr zur Befriedigung aller Insolvenzgläubiger ausreicht.

Diejenigen Tatsachen, die die Inkongruenz begründen und nahezu immer das Schuldnervermögen schmälern, sind dem Gläubiger als Empfänger der (in dieser Weise/zu dieser Zeit) nicht geschuldeten Leistung immer bekannt.
Problematisch ist daher allenfalls die Kenntnis von der kritischen wirtschaftlichen Situation des Schuldners. Nicht erforderlich ist insoweit die Kenntnis einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit, da auch Abs. 1 Nr. 3 die Anfechtung im Vergleich zu § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erleichtern soll. Es genügt daher, wenn der Anfechtungsgegner aufgrund der ihm bekannt gewordenen Tatsachen die Liquiditäts- und Vermögenslage des Schuldners als so unzulänglich einschätzt, dass dieser in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, seine Zahlungsverpflichtungen vollständig zu erfüllen, sodass Gläubiger jedenfalls teilweise unbefriedigt bleiben (MK-Kirchhof § 131 Rn. 54). Kennt der Anfechtungsgegner die vorgenannten Tatsachen, so folgt daraus rgm. zwingend der Schluss auf die Benachteiligung, da derjenige, der weiß, dass der Schuldner mit überwiegender Wahrscheinlichkeit demnächst nicht mehr alle seine Gläubiger wird befriedigen können und trotzdem an der Vermögensverschiebung mitwirkt, zweifelsfrei mit der Benachteiligung der übrigen Gläubiger rechnen muss. Die dem Gläubiger bekannte mehrmalige Nichteinlösung von Schecks ist ein wesentliches Beweisanzeichen für die Kenntnis von einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit (BGH, ZInsO 2002, 125). Zur Kenntniserlangung verbundener Gesellschaften im Rahmen sog. »Frühwarnsysteme« innerhalb von unternehmensübergreifenden »Cash-Management-Systemen« (sog. »Cash-Pooling«) und den anfechtungsrelevanten Folgen vgl. Thomas ZInsO 2007, 77.

Die Rspr. des BGH zum Wegfall der i.R.d. § 130 erforderlichen Kenntnis (BGH, ZIP 2008, 930 [BGH 27.03.2008 - IX ZR 98/07]; vgl. § 130 Rdn. 16a) wird man auf die Kenntnis i.S.d. § 131 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 sinngemäß anzuwenden haben.

Eine Begünstigungsabsicht des Schuldners ist nicht erforderlich.
§ 131 kann mit allen anderen Anfechtungstatbeständen außer § 132 konkurrieren. Im Vergleich zu § 130 wird die Anfechtung erleichtert, wenn Inkongruenz vorliegt.
§ 131 ist nicht subsidiär ggü. §§ 812 ff. BGB im Fall der Leistung bei Nichtigkeit des Kausalgeschäftes und auch nicht ggü. § 823 Abs. 2 BGB (MK-Kirchhof § 131 Rn. 14a). Zum Eingreifen des § 817 Satz 1 BGB neben Abs. 1 Nr. 3 vgl. § 143 Rdn. 102.

Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen aller Voraussetzungen des § 131 ist im Regelfall der Insolvenzverwalter (vgl. § 130). Zum Beweis der Inkongruenz genügt es, wenn der Insolvenzverwalter die Behauptung, auf die der Anfechtungsgegner seinen Deckungsanspruch stützt, widerlegt (BGHZ 123, 320, 330). Hinsichtlich des i.R.d. Anfechtung nach Abs. 1 Nr. 2 erforderlichen Beweises der Zahlungsunfähigkeit vgl. § 130.

Grds. muss der Insolvenzverwalter in Fällen des Abs. 1 Nr. 3 nachweisen, dass der Begünstigte im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung (§ 140) die Gläubigerbenachteiligung kannte. Dieser Nachweis wird ihm durch Abs. 2 erleichtert (zu Abs. 2 Satz 1). Bei der im Fall eines Rechtsstreits vom Gericht vorzunehmenden Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO ist der Erfahrungswert mitzuberücksichtigen, dass Gläubiger eine andere als die an sich geschuldete Leistung oft nur deshalb fordern oder annehmen, weil sie fürchten, dass sie die an sich geschuldete Leistung wegen eines befürchteten Vermögensverfalls des Schuldners nicht mehr erlangen würden (BGHZ 157, 242 = ZInsO 2004, 145). Daher kann der Inkongruenz ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer Gläubigerbenachteiligung zu entnehmen sein, wenn der Gläubiger - was vom Insolvenzverwalter zu beweisen ist - bei Vornahme der Handlung wusste, dass sich der Schuldner in einer finanziell beengten Lage befand (BGH, ZInsO 2004, 967). Der Gläubiger, der diese Indizwirkung allein mit der Behauptung erschüttern will, er habe die Deckung für kongruent gehalten, muss dazu grds. eine auf den Anlass und die begleitenden Umstände hin nachprüfbare Sachdarstellung geben, die Rückschlüsse auf seine Vorstellungen zulassen (so zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. BGH, WM 1968, 683).

Darüber hinaus wird in Abs. 2 Satz 2 ggü. einer Person, die dem Schuldner im Zeitpunkt der Rechtshandlung i.S.v. § 138 nahe stand, die Kenntnis von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger vermutet. Zum Grund für diese Beweislastumkehr und zu den Entlastungsmöglichkeiten vgl. § 130.

Wie Sie sehen, ist die Rechtsprechung zu diesem Thema umfangreich, es sind viele Einzelaspekte zu beachten.
In Ihrem Falle ist auf der Basis der oben genannten Überlegungen davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit vorlagen. In diesem Falle durfte der Insolvenzverwalter tatsächlich die eingezogenen Beträge zurückfordern.
Durch die Freigabe des Grundstückes kann das Finanzamt jetzt über die Sicherungshypothek darauf zurückgreifen.
Eine Löschungsbewilligung kommt nicht in Frage, weil die Forderung des Finanzamtes eben nicht erloschen ist und die Sicherung weiter fortbesteht.

Ich hoffe, dass ich Ihnen diese doch nicht einfache Materie umfassend und ausführlich darstellen und Ihnen damit weiter helfen konnte, auch wenn das Ergebnis unter Zugrundelegung Ihres Sachverhaltes so aussieht, dass der Insolvenzverwalter tatsächlich anfechten konnte und den Betrag zur Masse ziehen konnte.
Ein weiteres Indiz dafür, dass die Voraussetzungen hierfür auch vorliegen – weil aus der Ferne betrachtet nur Ihre Sachverhaltsdarstellung vorliegt und gegebenenfalls auch Fristen nicht überprüft werden können - , ist, dass das Finanzamt wohl die Rückzahlung zur Masse geleistet hat und nun das Grundstück verwerten muss. Hierbei ist das Finanzamt auf ein Verfahren mit ungewisser Dauer und ungewissem Ausgang verwiesen. Hätte das Finanzamt nur geringste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Handlung des Insolvenzverwalters gehabt, hätte es die Rückzahlung wohl verweigert.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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