Brautkleid zurückgeben und vom Kauf zurücktreten

Online-Rechtsberatung
Stand: 07.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Tochter hat ein Brautkleid bestellt. Als dieses Kleid von der Hersteller Firma geliefert wurde, und meine Tochter dieses Kleid anprobierte, musste die Verkäuferin, Näherin und auch Chefin der Brautkultur feststellen, dass dieses Kleid vernäht sei und auch der Stoff nicht in Ordnung sei, und somit das Kleid zurück zum Hersteller muss. Somit wurde meiner Tochter bestätigt, das eine Ersatzlieferung nicht mehr möglich sein, und sie ein anderes Kleid anprobieren möchte. Dieses geschah auch, aber meine Tochter konnte sich nicht sofort für ein anderes Kleid entscheiden.

Daraufhin bat meine Tochter um Bedenkzeit. Diese wurde ihr auch zugestanden von Freitag bis Montag, dann müsste aber eine Entscheidung fallen, ob das Ersatzkleid in Frage kommt. Meine Tochter hatte sich aber gegen das Ersatzkleid entschieden, und teile der Firma mit, das ein Kleid aus ihrem Hause nicht in Frage kommt, und sie von der Bestellung zurücktreten möchte. Darauf antwortete die Brautkultur, das wäre nicht möglich, da das Kleid nochmal geliefert werden könnte, und somit Versandkosten entstehen.
Kann meine Tochter zurücktreten?

Antwort des Anwalts

Die Frage, ob Ihre Tochter ein Rücktrittsrecht hat, richtet sich nach dem Zivilrecht und ist in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch weitgehend geregelt.

Das Rücktrittsrecht, nach dem Sie fragen, ist eine Rechtsfolge, die in §§ 346 ff. BGB geregelt ist.

Es wird ausgelöst entweder durch Vereinbarung oder kraft Gesetzes, etwa beim Rücktritt vom Kaufvertrag.

Mangels weiterer Angaben wird davon ausgegangen, daß keine allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers anwendbar/ vorhanden sind. Hier wäre gegebenenfalls die Wirksamkeit entsprechender Klauseln zu prüfen.

Vorfrage ist deshalb für den Fall, um welchen Vertrag es sich hier handelt.

Abgrenzung Kaufvertrag und Werkvertrag

Zunächst ist dabei festzustellen, um welche Art von Vertrag es sich hier handelt.
Die genaue Ausgestaltung und auch die Rechtsfolgen bzw. die Auslösung der Rechtsfolgen ist im Einzelnen rechtlich unterschiedlich.

Mangels weiterer Angaben „Bestellung“ muß man annehmen, daß es sich wohl eher um einen Kaufvertrag handelt, geregelt in §§ 433 ff. BGB. Das ist der Fall, wenn das Brautkleid „von der Stange“ war, also etwas aus einem Katalog ausgewählt wurde, oder nach einem Muster bestellt wurde.

Sofern bei der Bestellung individuelle Vorgaben gemacht wurden, die eine Anfertigung des Kleids voraussetzt, etwa ganz oder teilweise genäht wurde, so wäre eher Werkvertragrecht anwendbar, §§ 631 ff. BGB.

Lösung des Falls nach Kaufvertragsrecht, §§ 433 ff. BGB

Der Vertragsschluss ist mit der Bestellung unproblematisch erfolgt. Danach hat der Käufer den Kaufpreis zu zahlen, der Verkäufer muß eine fehlerfreie Sache liefern, § 433 Abs. 1 S. 2 BGB.

Wir haben es mit einem Sachmangel zu tun, wenn das Brautkleid vernäht ist, § 434 BGB versteht darunter „die vereinbarte Beschaffenheit“. Auch wenn § 433 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 BGB auf die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung abstellt, - was wohl auch bei einem „vernähten“ Brautkleid ginge, so wird nach § 433 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2 BGB abgestellt auf die Beschaffenheit, die bei Gegenständen gleicher Art üblich ist.

Bei Brautkleidern dürften hier besonders hohe Anforderungen zu stellen sein an die Qualität der Verarbeitung. Die Braut steht im Mittelpunkt des Geschehens und auch das Brautkleid muß da höchsten Anforderungen entsprechen.

Im Ergebnis haben wir hier wohl recht klar einen Sachmangel.

Tipp: Die Vernähung durch Fotos dokumentieren. Dies kann auch dem Verkäufer vorgelegt werden.
Tipp: Die Aussage der Näherin sollte schriftlich aufgenommen werden und von dieser unterzeichnet, einschließlich ladungsfähiger Anschrift. Wenn es zum Prozess kommt, kann dies als Beweismittel vorgelegt werden und die Näherin als Zeugin angegeben werden. Daneben wird es vermutlich ein kleines Sachverständigengutachten geben.

Rechtsfolge bei Mängeln: § 437 BGB

Die Rechtsfolgen sind nach Wahl des Käufers Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag (!), Kaufpreisminderung und Schadensersatz einschließlich Aufwendungsersatz.

Frage, ob sich etwas daran geändert hat, dadurch, daß die Tochter um Bedenkzeit bat:

Nein. Es wurde ihr kein gleichwertiges Ersatzkleid angeboten, insoweit ist es nach dem Sachverhalt auch nicht zu einem bindenden neuen Vertragsschluss gekommen.

Wir haben es somit gem. 437 Ziff. 2 um einen Rücktritt vom Vertrag zu tun. Einschlägig sind die §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB.

§ 323 Abs. 1 BGB verlangt als Voraussetzung eines Rücktritts, daß der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist setzt zur Nacherfüllung.

Dies scheint vorliegend (noch) nicht der Fall gewesen zu sein.

Tipp: Hier sollte Ihre Tochter nach dem Gesetz dem Verkäufer erst einmal formal eine Frist setzen zur Nacherfüllung, und darf dann erst vom Vertrag zurücktreten.

Darauf, ob dem Verkäufer zusätzliche Kosten dadurch entstehen, kommt es dabei selbstverständlich nicht an. Die Leistung einer fehlerfreien Sache ist seine eigene Aufgabe.

Es darf noch darauf hingewiesen werden, daß nach § 323 Abs. 2 Ziff. 3 BGB besondere Umstände den sofortigen Rücktritt rechtfertigen, wobei die beiderseitigen Interessen abzuwägen sind. Das wäre etwa der Fall, wenn wegen des Zeitdrucks nun anderweitig ein Kleid gekauft werden musste, wenn die Hochzeit schon stattgefunden hatte, etc.

Je nachdem was der Grund für die nun erfolgte Ablehnung Ihrer Tochter ist, (warum möchte Sie denn kein Ersatzkleid haben?)

§ 440 BGB regelt, daß es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung dann nicht bedarf, wenn dem Käufer die Nacherfüllung nicht zugemutet werden kann.

Nach den Umständen ist dies aber nicht notwendiger Weise der Fall.

Auch in Betracht käme, daß die Tochter statt des Rücktritts Schadensersatz wegen Pflichtverletzung verlangt, was gem. 437 Ziff. 3 i.Vb. m. §§ 440, 208, 281, 383 und 311 a BGB neben dem Recht auf Rücktritts vorgesehen ist.

Aber auch hier wäre eine vergebliche Aufforderung zum Nachbesserungsversuch eine der gesetzlichen Voraussetzungen, die nur unter besonderen Umständen entfällt. Hier könnte man vielleicht auch mit einem engen Hochzeitsplan zu argumentieren, bzw. vielleicht auch damit, daß die fristgerechte Erfüllung von besonderem Interesse war.

Hilfsweise ist zu vermerken, daß dann, wenn im Ergebnis doch ein Werk bestellt worden sein sollte, die Frage des Rücktritts sich nach §§ 634 Ziff. 3 BGB richtet. Darin wird verwiesen auf die §§ 636, 323, 326 Abs. 5 BGB. Nach § 636 BGB ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung gegebenenfalls u.a. dann entbehrlich, wenn sie dem Besteller nicht zuzumuten ist.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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