Erschließungskosten - Amt verlangt Zahlung

Online-Rechtsberatung
Stand: 20.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir haben uns im Dezember 2010 ein Haus in einem gewachsenen Wohngebiet gekauft (Baujahr 1954). Straßen und Versorgungs- /Entsorgungssystem sind vorhanden, sollen nun aber erneuert werden. Lt. Auskunft des Rathauses wurden für unser Grundstück bisher keine Erschließungskosten bezahlt. Diese sollen nun im Zuge der Erneuerung bezahlt werden.

Unsere Fragen sind deshalb:

  • Wie ist 50 Jahre nach der Bauplatzerschließung/ Hausbau die Rechtslage?
  • Kann die Erschließungsgebühr seitens der Gemeinde noch in vollem Umfang geltend gemacht werden?
  • Gibt es für die Erschließungskosten eine Verjährungsfrist?
  • Wie unterscheiden sich erstmalige Erschließungskosten von den nachfolgenden Erschließungsgebühren/Sanierungskosten?
  • Gibt er zur Berechnung unterschiedliche Richtlinien, bzw. fallen diese Kostenberechnungen unterschiedlich aus?
  • Welchen Einfluss kann der Anlieger auf die Art der Sanierung nehmen (minimal Sanierung oder Edel-Sanierung)?
  • Welche Vorgehensweise empfehlen Sie?
Antwort des Anwalts

Die Regelungen zum Erschließungsrecht sind kompliziert und für den Laien nicht immer leicht nachzuvollziehen. Ich will versuchen Ihnen die Grundlagen zu verdeutlichen.

Es wird grundsätzlich unterschieden zwischen der erstmaligen Erschließung nach dem BauGB und den Wiederherstellungskosten nach dem Kommunalabgabengesetz des jeweiligen Bundeslandes jeweils in Verbindung mit den kommunalen Erschließungssatzungen.

Bei der erstmaligen Erschließung von Grundstücken eines Baugebietes erfolgt die Abrechnung nach dem BauGB. Danach tragen die Anwohner stets 90% der Herstellungskosten. Die erstmalige Erschließung ist aber nicht die Anlegung einer Baustraße. Sie ist vielmehr erst dann abgeschlossen, wenn alle Einrichtungen der Straße entsprechend dem Ausbauplan hergestellt worden sind. Maßgeblich ist die Fertigstellung der letzten Teileinrichtung. Zu den Teileinrichtungen zählen z.B. auch die Fußwege, Beleuchtung, Parkbuchten oder die Begrünung. Ist einmal eine Straße abgerechnet worden, ist eine zweite Abrechnung nach dem BauGB nicht mehr möglich. Die Abrechnung nach endgültiger Fertigstellung der Straße muss innerhalb von 4 Jahren erfolgen, da ansonsten Verjährung eintritt. Maßgeblicher Stichtag ist die Vorlage der letzten Unternehmerrechnung bei der Gemeinde.

Für die Beantwortung Ihrer Frage wäre es nun also wichtig zu wissen, ob das Baugebiet in der Vergangenheit bereits einmal abgerechnet worden ist. Hier kann vielleicht ein Gespräch mit langjährigen Anliegern Auskunft geben. Weiter wäre es wichtig zu wissen, ob die Erschließungsanlagen bereits 1954 nach den damaligen Plänen endgültig fertig gestellt waren oder in jüngster Zeit noch schon damals geplante Ergänzungen vorgenommen wurden.

Ob also Verjährung eingetreten ist, hängt von tatsächlichen Umständen ab, die möglicherweise noch ermittelt werden müssten. Sie können hierzu einen Anspruch auf Akteneinsicht bei der Verwaltung geltend machen.

Ist eine einmal fertig gestellte Straße verschlissen, kann ihre Wiederherstellung abgerechnet werden. Diese Abrechnung erfolgt dann nach dem KAG des Bundeslandes iVm der städtischen Satzung. Je nach Nutzungscharakter liegt der Beitragsanteil der Anwohner hier niedriger (in Baugebieten oft 70%). Zudem kann eine Reihe von Kosten, die bei der erstmaligen Erschließung abrechnungsfähig sind (z.B. Bodenerwerb) nicht erneut geltend gemacht werden. Die Wiederherstellung ist für Anlieger also meist deutlich günstiger als die erstmalige Herstellung.

Grundsätzlicher Unterschied also: Erstmalige Erschließung ist erstmalige komplette (!!) Herstellung der so geplanten Straße; Wiederherstellung ist die Sanierung und Modernisierung einer bestehenden verschlissenen Einrichtung.

Auf die unterschiedlichen Berechnungsunterlagen (BauGB / KAG) hatte ich hingewiesen.

Die Entscheidung für den Ausbaustandard liegt ausschließlich beim Gemeinderat. Üblicherweise werden bei Planung der Maßnahme aber Bürgerversammlungen durchgeführt bei denen über die geplanten Maßnahmen informiert wird. Sie sollten daran teilnehmen und gegebenenfalls Anregungen und Bedenken formulieren. Erfahrungsgemäß können in diesem Stadium zumindest viele wichtige Details noch geändert werden.

Findet eine solche Information der betroffenen Anlieger nicht statt, empfiehlt es sich diese durch ein Gespräch/ einen Brief mit/an den Bürgermeister zu fordern. Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Anregungen nicht aufgegriffen werden, ist es durchaus zulässig den Bürgermeister oder einzelne Ratsmitglieder persönlich anzusprechen. Sie müssen von diesen informellen Möglichkeiten (möglichst früh) Gebrauch machen, da es zulässige Rechtsmittel gegen den Ausbaubeschluss des Gemeinderates nicht gibt.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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