Fristlose Kündigung aufgrund verspäteter Lohnzahlungen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 17.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Das Gehalt von meinem Mann kommt jeden Monat verspätet auf das Konto, laut Arbeitsvertrag Entlohnung erfolgt am 15. eines Monats. Letzte Gehalt am 21.04 und es wurden 100 Euro ohne Begründung einbehalten. Nun könnte mein Mann eine neue Stelle bekommen, kann er fristlos kündigen?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

Ob eine außerordentliche, d.h. fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, richtet sich in erster Linie nach dem unten stehenden § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB). Es ist demnach ein wichtiger Grund erforderlich, aufgrund dessen es dem Kündigenden nicht zumutbar ist, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten, sondern ihm gestattet, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Es hat hierbei stets eine "Abwägung der Interessen beider Vertragsteile" unter Einbeziehung "aller Umstände des Einzelfalles" zu erfolgen. Sie merken schon an der Wortwahl des Gesetzgebers, dass es leider kaum möglich ist, hier pauschal zu urteilen.

Grundsätzlich gilt aber, dass es für einen Arbeitnehmer einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses darstellen kann, wenn sich der Arbeitgeber mit der geschuldeten Gehaltszahlung in Verzug befindet bzw. dieser sogar Gehalt einbehält. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die Gehaltszahlung in nicht unerheblicher Höhe unterbleibt oder sich der Verzug des Arbeitgebers mit der Gehaltszahlung über einen erheblichen Zeitraum erstreckt. Sofern das Gehalt jeden Monat mit Verspätung von nahezu einer Woche auf dem Konto eingeht, dürfte dies schon eine solche erhebliche Verzögerung darstellen. Allerdings ist für eine außerordentliche (d.h. fristlose) Kündigung in einem solchen Fall auch noch notwendig, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber diesbezüglich zuvor bereits abgemahnt hat. Ihr Mann müsste daher in jedem Fall eigentlich zunächst die zu späten Zahlungen und den Lohneinbehalt monieren und zugleich ankündigen, im Wiederholungsfall außerordentlich zu kündigen.

Das nützt Ihnen natürlich nichts, wenn Ihr Mann jetzt ausscheiden möchte, um eine neue Stelle antreten zu können. Daher dürfte es sich womöglich trotzdem empfehlen, seinen aktuellen Arbeitsplatz außerordentlich (fristlos) zu kündigen, um dies erreichen zu können. Beachten Sie aber bitte, dass die Arbeitsagentur hier höchstwahrscheinlich eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld verhängen würde, sofern Ihr Mann wider Erwarten die andere Stelle nicht bekommt und er dann arbeitssuchend wäre.

Der Noch-Arbeitgeber könnte Ihren Mann jedenfalls nicht gegen seinen Willen an dem Arbeitsplatz binden. Möglicherweise arrangiert er sich ja auch mit der Entscheidung Ihres Mannes, fristlos kündigen zu wollen, denn es bringt ihm ja auch nicht viel, einen Arbeitnehmer weiter bei sich zu beschäftigen, bei dem das Verlassen des Betriebs nur noch eine Frage der Zeit ist, weil er insbesondere wegen der geldlichen Verzögerungen unzufrieden mit seinem Arbeitgeber ist. Sie sollten den bestehenden Arbeitsvertrag aber vorsichtshalber auf Vertragsstrafenregelungen prüfen und sichergehen, dass bei einer solchen Kündigung nicht Ausbildungs- oder Maßnahmekosten zurückzuzahlen sind.

Ansonsten wäre hier im schlimmsten Fall ein Schadensersatzanspruch denkbar. Ein solcher wäre aber grundsätzlich beschränkt auf die Mehrkosten für eine Ersatzkraft, die Ihr Mann ggf. tragen müsste. Er hätte dann die Differenz zwischen seinem und dem Einkommen der Ersatzkraft zu tragen, allerdings nur wenn diese angemessen ist (also allenfalls geringfügig höher) und auch nur für die Zeit der ordentlichen Kündigungsfrist, denn mit deren Ablauf könnte Ihr Mann ja sowieso wirksam kündigen. Dass ein solcher Anspruch hier zu begründen ist (die Höhe des Verdienstes einer Ersatzkraft ist ja nicht klar, möglicherweise gibt es gar keine z.B. wegen tariflicher Bindung) und der der Noch-Arbeitgeber überhaupt an einen solchen Anspruch denkt, halte ich für relativ unwahrscheinlich. Sofern Sie und Ihr Mann dieses überschaubare Risiko einzugehen bereit sind, sollte er fristlos kündigen, um die neue Stelle antreten zu können.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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