Teilzeitansprüche nach der Elternzeit?

Online-Rechtsberatung
Stand: 17.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich möchte nach der Elternzeit in Teilzeit an meinen Arbeitsplatz zurück. Dies wird und wurde in meiner Firma schon mehrfach praktiziert, auch mit der von mir gewünschten Teilzeit. Meine Firma ist bekannt dafür, bei der Einstellung nach Elternzeit Hürden in den Weg zu legen. Mehr als 40% macht aus familiären als auch finanziellen Gründen keinen Sinn. Man will mich aber langfrisitg mit 70% vertraglich verpflichten. Kann ich mich dagegen wehren? Sollte ich den Vertrag annehmen und mich später dagegen wehren? Wie kann ich mich am geschicktesten hier verhalten um meinen Anspruch auf Wiederbeschäftigung nicht zu verspielen und schlussendlich nicht mehr als 40% arbeiten zu können?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

es gibt gesetzlich zwei Arten von Teilzeitansprüchen, zum einen nach § 15 BEEG und zum anderen nach § 8 TzBfrG.
Der Anspruch nach § 15 BEEG besteht während der Elternzeit, der nach § 8 TzBfrG ist der allgemeine Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, welcher außerhalb der Elternzeit anwendbar ist. Ich habe Ihre Frage so verstanden, daß die Elternzeit komplett beendet werden soll und anschließend nur noch in Teilzeit gearbeitet werden soll, so daß hier nur die Regelung des § 8 TzBfrG von Bedeutung ist.
Bevor ich hierzu speziell etwas sage, noch einige allgemeine Erläuterungen zum Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit.
Während der Elternzeit ruht das bisherige Arbeitsverhältnis. Das bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis grundsätzlich unverändert fortbesteht, außer dass die wechselseitigen Hauptpflichten wie die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Entgeltpflicht des Arbeitgebers für die Elternzeit entfallen. Endet nun die Elternzeit, leben diese Hauptpflichten automatisch wieder auf und Sie müssen wieder arbeiten und der Arbeitgeber das Gehalt wieder zahlen. Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach der Elternzeit bestimmt sich nach den arbeitsvertraglichen, betrieblichen und tarifvertraglichen Bestimmungen (sofern ein Tarifvertrag anwendbar ist). Sind Sie laut Arbeitsvertrag als Sachbearbeiterin im Versand eingestellt und fehlt eine sogenannte Öffnungsklausel, dass Sie auch auf anderen vergleichbaren und ihren Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplätzen im Unternehmen eingesetzt werden können, dann muss der Arbeitgeber Sie auf dem alten Arbeitsplatz einsetzen. Ist ihre Tätigkeit im Arbeitsplatz nicht so konkret umschrieben und/oder findet sich dort eine Öffnungsklausel, dann können Sie auch auf einem anderen vergleichbaren und Ihren Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz eingesetzt werden.

Im Ergebnis geht es also weiter, wie vor Beginn der Elternzeit. Wie angeführt, ist eine Verringerung der Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz möglich. Nach § 8 TzBfrG hat
jeder Arbeitnehmer Anspruch auf eine Verringerung der Arbeitszeit, wenn er länger als 6 Monate in einem Betrieb beschäftigt ist, das Unternehmen mehr als 15 Beschäftigte (abzüglich der Auszubildenden) hat und keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Ich gehe davon aus, dass Sie länger als 6 Monate - die Elternzeit wird hinzugerechnet - bei dem Unternehmen beschäftigt sind. Zudem gehe ich davon aus, dass Ihr Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

Ob betriebliche Gründe entgegenstehen, kann ich nach den mir hier vorliegenden Informationen nicht abschätzen.
Als Beispiele für entgegenstehende betriebliche Gründe hat der Gesetzgeber folgendes angeführt:
Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Das ist leider etwas schwammig, jedoch hat das Bundesarbeitsgericht die Hürden für Arbeitgeber durchaus hoch gelegt.
Der Arbeitgeber muss z. B. ein Arbeitszeitkonzept darlegen, das von vernünftigen und plausiblen wirtschaftlichen oder unternehmenspolitischen Gründen getragen wird. Der Arbeitgeber muss also begründen, warum eine Teilzeittätigkeit des Arbeitnehmers dem Konzept des Unternehmens widerspricht. So zum Beispiel, dass eine Kundenbetreuung nur aus einer Hand erfolgen soll, oder die Anwesenheit bestimmter Mitarbeiter laufend erforderlich ist. Das Organisationskonzept muss dabei die Arbeitszeitregelung bedingen. Weiter wird dann geprüft inwieweit der Reduzierungswunsch dem Organisationskonzept entgegensteht. Es kommt also darauf an, ob das Organisationskonzept auch dann noch sinnvoll durchgeführt werden kann, wenn der Arbeitnehmer in die Teilzeit geht. Sollte sich herausstellen, dass das Organisationskonzept tatsächlich dem Teilzeitwunsch entgegensteht, dann folgt in einem dritten Schritt noch eine Interessenabwägung. Hier werden das Interesse des Arbeitnehmers, also bei Ihnen die Notwendigkeit der Kinderbetreuung und die Interessen des Arbeitgebers gegeneinander abgewogen.
Die Teilzeitarbeit kann auch zurückgewiesen werden, wenn sie die Arbeitsabläufe wesentlich beeinträchtigt.
Im Falle bestimmter Maschinenlaufzeiten oder eines Schichtsystems ist es kaum möglich, daß ein Arbeitnehmer einfach einen oder zwei Arbeitstage streicht. Gerade bei schwierigeren Maschinen- oder Schichttätigkeiten ist es nicht ohne weiteres möglich, einen Ersatzarbeitnehmer für eine Teilschicht oder einen Teil der Maschinenlaufzeit einzusetzen.
Arbeitsabläufe können auch gestört werden bei häufigen Reisetätigkeiten, z.B. im Bereich der Spedition und Fernfahrer.
Inwieweit Arbeitsabläufe durch Teilzeitarbeit im Bereich des Kundenverkehrs beeinträchtigt werden, muß im Einzelfall beurteilt werden. Solche Beeinträchtigungen werden z.B. im Bereich des Verkaufes, der Auftragsbearbeitung, des Chefsekretariats etc. behauptet. Dies ist aber nicht generell einleuchtend.
Arbeitsabläufe können dagegen leichter gestört werden, wenn intensive Übergabegespräche und intensive Einweisungen für jede Übergabe erforderlich sein sollten.
Auch wenn übermäßige Kosten entstehen, kann der Teilzeitwunsch abgelehnt werden. Das wäre z. B. der Fall, wenn ein völlig neuer Arbeitsplatz zusätzlich eingerichtet werden muss, ein weiterer Büroraum notwendig wird o. ä..
Die Gründe, die von Arbeitgebern vorgebracht werden, sind vielfältig und müssen einzeln geprüft werden.

Im Ergebnis kann Ihr Arbeitgeber Ihren Teilzeitwunsch nicht einfach pauschal ablehnen. Nach der Konzeption des TzBfG soll der Arbeitgeber Ihren Teilzeitwunsch mit Ihnen erörtern und es soll eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Ist dies nicht möglich, dann ist auch eine gerichtliche Durchsetzung des Teilzeitanspruchs möglich.
Wichtig ist noch folgendes:

Sie müssen den Anspruch auf Teilzeit mindestens 3 Monate vor Beginn (am besten schriftlich) geltend machen und sollten dabei auch die Verteilung der Arbeitszeit angeben, also ob Sie einige Tage der Woche voll und andere gar nicht arbeiten oder ob Sie jeden Tag etwas weniger arbeiten möchten. Ich denke, dieses werden Sie bereits getan haben.

Der Arbeitgeber muß spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn schriftlich eine Entscheidung mitteilen. Unterläßt er diese schriftliche Mitteilung, dann verringert sich Ihre Arbeitszeit automatisch auf das gewünschte Maß. Dies gilt genauso für die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann aber die Verteilung der Arbeitszeit wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt. Erforderlich ist aber eine Änderungskündigung, gegen die auch geklagt werden kann.

Sollte Ihr Arbeitgeber die Teilzeit fristgemäß schriftlich ablehnen, dann können Sie Klage beim Arbeitsgericht auf Zustimmung zur Reduzierung der Arbeitszeit erheben. Es handelt sich dabei um eine Leistungsklage, die auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt werden kann.
Hat der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit abgelehnt, dann müssen Sie weiter arbeiten wie bisher oder können natürlich auch selbst den Arbeitsvertrag fristgemäß kündigen. Bei der Eigenkündigung haben Sie leider keinen Anspruch auf eine Abfindung, es sei denn, dieses ist im Arbeitsvertrag vorgesehen, was in der Regel nicht der Fall ist. Grundsätzlich ist von einer Eigenkündigung abzuraten. Nicht nur, daß Sie keine Abfindung bekommen, es besteht auch die Gefahr, daß das Arbeitslosengeld für 3 Monate gesperrt wird.
Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen aus, dann haben Sie leider auch keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung, es sei denn, daß eine solche im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Nur bei einem Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage sieht das Gesetz zur Belohnung eine Abfindung in Höhe eine halben Bruttomonatsgehalts pro Beschäftigungsjahr vor.
Alternativ gibt es noch die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages, in dem eine Abfindung frei verhandelt werden kann. Möchte der Arbeitgeber Sie aber eigentlich behalten, dann wird es schwierig sein, hier etwas herauszuholen und über die gesetzliche Höhe für den Fall einer Arbeitgeberkündigung aus betriebsbedingten Gründen hinauszukommen.
Am sichersten ist es zunächst, in dem Arbeitgeber den Wunsch zu erzeugen, Sie loswerden zu wollen. Unter anderem hilft dabei natürlich, wenn Sie auf Ihre Rechte bestehen und sich z. B. nicht auf das Teilzeitangebot des Arbeitgebers einlassen, sondern auf Ihren Wunsch bestehen. Dann muss der Arbeitgeber eine schriftliche Ablehnung verfassen und im Zweifel vor Gericht die Gründe beweisen. Dieses Risiko könnte ihm zu hoch sein. Andererseits besteht natürlich auch für Sie das Risiko, daß die Gründe des Arbeitgebers tatsächlich vorliegen und beweisbar sind. Das ist schwer abzuschätzen. Abgesehen davon müßten Sie eine Zeitlang wieder Vollzeit arbeiten. Hier wird der Arbeitgeber annehmen, daß Sie das nicht können und auf die kostengünstige Eigenkündigung hoffen.
Natürlich sind normalerweise junge Mütter bei Arbeitgebern eher unbeliebt, weil diese häufiger krank sind, d. h. sie sind zwar nicht selbst krank, werden aber wegen einer Erkrankung des Kindes krankgeschrieben. Diesen Punkt könnte man dem Arbeitgeber in Erinnerung rufen. Hat man einen Gesprächstermin vereinbart, dann sagt man diesen kurzfristig unter Hinweis auf eine Erkrankung des Kindes ab und erwähnt z. B. etwas wie: das ist jetzt schon die fünfte Erkältung und immer dieses Fieber" etc..
Ich bedauere, Ihnen keine eindeutigere und einfachere Antwort geben zu können,

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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