Lieferverzug: Welche Rechte habe ich bei verspäteten Lieferungen?

Ihre neue Küche oder Ihr langersehnter Neuwagen hätten schon vor Tagen geliefert werden sollen, doch von der Ware fehlt bislang jede Spur? Lieferverzug ist nicht nur ärgerlich, sondern häufig auch mit Mehrkosten oder Mehraufwand verbunden, weshalb Sie als Verbraucher in solchen Fällen umfangreiche Rechte haben.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Lieferverzug: Das Wichtigste in Kürze

Was gilt als Lieferverzug?

Wenn Sie zwei Wochen lang auf Ihre neue Mikrowelle warten müssen, dann ist das sicherlich ärgerlich. Ob man hier aber schon von Lieferverzug sprechen kann, hängt ganz davon ab, was Sie mit dem Händler vereinbart haben. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem die Frage: Haben Sie einen konkreten Liefertermin ausgemacht oder nicht?

  • Konkreter Liefertermin: In Kaufvertrag oder in der Bestellbestätigung ist ein verbindlicher Liefertermin angegeben. Dieser kann etwa so formuliert sein: „Lieferung erfolgt in 3 bis 5 Tagen“, „Lieferung bis zum 5. April“ oder „Lieferung zwischen dem 8. und 10. Mai“. Bei Online-Käufen ist der Händler gemäß § 312d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dazu verpflichtet, einen konkreten Liefertermin zu nennen.
  • Unverbindlicher Liefertermin: Bei einem unverbindlichen Liefertermin hält der Verkäufer sich eher vage. Entweder der Verkäufer nennt weder Datum noch Zeitraum oder er beruft sich auf eine ungefähre Angabe wie „Lieferung in etwa 4 Wochen“.

Die Unterscheidung zwischen konkretem und unverbindlichem Liefertermin ist wichtig. Verstreicht bei Ersterem die Frist, ist der Verkäufer ab dem ersten Tag automatisch in Verzug.

Gut zu wissen: Lieferverzug ohne Liefertermin

Haben Sie keinen Liefertermin vereinbart, so muss der Verkäufer die Ware spätestens nach 30 Tagen übergeben.

Bei Letzterem hingegen müssen Sie den Verkäufer zunächst anmahnen: Erst die schriftliche Mahnung setzt ihn in Verzug.

Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine und Co.: Kein Lieferverzug bei höherer Gewalt

Gemäß § 286 Abs. 4 BGB gerät ein Händler nicht in Lieferverzug, wenn er die Verzögerung selbst nicht zu verantworten hat. Juristen sprechen dann von „höherer Gewalt“. Diese liegt vor, wenn überraschend äußere Umstände auftreten, die eine pünktliche Lieferung schlicht unmöglich machen. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Baum infolge eines Sturmes auf die Lagerhalle stürzt und dadurch Ware beschädigt wird.

Bedingt durch die Corona-Pandemie sowie den Krieg in der Ukraine kommt es nach wie vor häufig zu Lieferengpässen und viele Händler berufen sich auf höhere Gewalt. Ob dies wirklich zutrifft, ist jedoch nicht pauschal zu sagen. Zu Beginn der Corona-Pandemie waren Lieferschwierigkeiten sicherlich nicht vorhersehbar, weshalb Gerichte häufig zugunsten der Händler urteilten. Mittlerweile hat der „Überraschungseffekt“ von Corona jedoch abgenommen und Händlern kann durchaus zugemutet werden, pandemie-bedingte Verzögerungen vorab einzukalkulieren. Ähnliches gilt auch für Lieferengpässe aufgrund des Ukraine-Konflikts.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob Ihr Händler sich zurecht auf höhere Gewalt beruft, können Sie die Anwaltshotline nutzen. Erfahrene Anwält*innen stehen Ihnen täglich von 7 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts zur Verfügung und helfen Ihnen dabei, Ihre Lage juristisch einzuschätzen. Die selbstständigen Kooperationsanwält*innen der DAHAG erreichen Sie unter 0900/1 875 006 556 (1,99/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunkpreise abweichend).

Liefertermin nicht eingehalten: So setzen Sie den Händler durch Mahnung in Verzug

Bei unverbindlichen Liefertermin müssen Sie eine Mahnung schreiben, um den Händler in Verzug zu setzen. Bei konkreten Liefertermin gerät er zwar automatisch in Verzug, doch empfiehlt es sich auch hier, auf eine Mahnung zurückzugreifen. So verdeutlichen Sie dem Händler, dass Sie sich Ihrer Rechte bewusst sind. In vielen Fällen führt dies zu einer schnelleren Lieferung.

Mahnung bei Lieferverzug: Was gehört ins Mahnschreiben?

Ein Mahnschreiben dient allgemein dazu, jemanden auf einen Vertragsbruch oder ein Fehlverhalten hinzuweisen. Folgendes darf in der Mahnung nicht fehlen:

  • Angaben zu Käufer und Verkäufer
  • Betreff „Mahnung wegen Lieferverzugs“
  • Klare Aufforderung zur Lieferung innerhalb einer angemessenen Nachfrist
  • Dauer der Nachfrist
  • Datum
  • Unterschrift

Küche, Auto und Co.: Welche Frist ist bei Lieferverzug angemessen?

Die Frist muss immer angemessen – also auch wirklich machbar – sein. Bei regulären Online-Käufen, wo davon auszugehen ist, dass die Ware verfügbar und auf Lager ist, reicht normalerweise eine Frist von wenigen Tagen. Geht es hingegen etwa um Möbel, so wird häufig eine Nachfrist von 2 Wochen empfohlen. Noch länger müssen Sie sich in der Regel gedulden, wenn Ihr Neuwagen nicht termingerecht geliefert wird. Viele Autohändler nutzen die Neuwagenverkaufsbedingungen, welche vorsehen, dass die ursprünglich vereinbarte Frist bei neu konfigurieren Neufahrzeugen um bis zu 6 Wochen überschritten werden darf. Allerdings gilt dies nur bei unverbindlichen Lieferterminen. Prüfen Sie Ihren Autokaufvertrag, um herauszufinden, ob die Regelung auch in Ihrem Fall greift.

Welche Rechte habe ich bei Lieferungsverzug?

Wenn der Händler in Verzug geraten ist und auch die Nachfrist gegebenenfalls nicht eingehalten wurde, haben Sie als Käufer mehrere Handlungsoptionen.

Rücktritt vom Kaufvertrag

Kann Ihre Bestellung nicht fristgerecht geliefert werden, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten. Am besten formulieren Sie den Rücktritt schriftlich und versenden das Schreiben per Einwurfeinschreiben. So können Sie später nachweisen, dass Sie auch wirklich von Ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht haben und der Händler kann nicht argumentieren, Ihren Rücktritt nicht erhalten zu haben. Haben Sie den Kaufpreis bereits gezahlt, sollten Sie den Verkäufer auch direkt im Rücktrittsschreiben dazu auffordern, Ihnen das Geld zurück zu überweisen. Setzen Sie ihm hierzu eine Frist von 2 Wochen.

Rückerstattung der Differenz bei teurer Ersatzbeschaffung

Ist die Lieferfrist verstrichen und hat der Händler auch die Nachfrist nicht eingehalten, so können Sie vom Kauf zurücktreten und das Produkt – wenn möglich – bei einem anderen Händler kaufen. Ist das Produkt bei anderen Anbietern nur wesentlich teurer zu haben, muss der ursprüngliche Händler Ihrer Wahl Ihnen die Differenz erstatten.

Beispiel: Sie erwerben eine Fotokamera im Wert von 800 Euro bei Foto-Fachhandel A. Zu Ihrem Leidwesen wird diese allerdings auch nach wiederholter Aufforderung nicht geliefert. Sie entscheiden sich nun dazu, vom Kauf zurückzutreten und die Kamera schlicht bei Foto-Fachhandel B zu kaufen. Allerdings kostet die Kamera dort 880 Euro. Die Differenz – also 80 Euro – können Sie von Foto-Fachhandel A zurückfordern.

Doch Vorsicht: Die Kosten müssen im Rahmen sein. Vergleichen Sie also vorab Preise und wählen Sie eines der günstigeren und nicht einfach das erstbeste Angebot aus.

Schadensersatz

In einigen Fällen kann es sein, dass der Lieferverzug Sie nicht nur zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, sondern dass Ihnen darüber hinaus auch Schadensersatz zusteht. Aber: Schadensersatz erhalten Sie nur, wenn Ihnen nachweislich ein finanzieller Schaden entstanden ist.

Beispiel: Sie haben ein Auto bestellt, welches pünktlich für Ihren Road Trip durch Frankreich geliefert werden sollte. Alle Hotels hatten Sie bereits vorab gebucht. Verzögert sich die Lieferung Ihres Neuwagens nun und können Sie die Hotels nicht mehr stornieren, müssen Sie wohl oder übel auf einen Mietwagen zurückgreifen. Dadurch ergeben sich Mehrkosten, welche Sie bei einer termingerechten Lieferung nicht gehabt hätten. Diese können Sie in Form von Schadensersatz beim Autohändler einfordern.

Preisminderung

Wenn eine Bestellung nicht wie vereinbart zugestellt wird, spekulieren viele Käufer auf einen Preisnachlass. Doch einen gesetzlichen Anspruch auf Preisminderung bei Lieferverzug gibt es nicht. Wenn es sich um kleinere Artikel von geringem Wert handelt, können Sie allerdings auf den Händler zugehen und auf dessen Kulanz hoffen. Um die Zufriedenheit ihrer Kunden sicherzustellen, lassen sich einige Verkäufer auf eine freiwillige Preisminderung ein.

Allerdings müssen Sie bedenken, dass die Preisminderung einer Entschädigung gleichkommt und dass dadurch Ihr Recht auf Schadensersatz entfallen kann. Ist absehbar, dass der Lieferverzug mit einem finanziellen Schaden für Sie einhergeht und stehen Ihre Chancen auf Schadensersatz gut, sollten Sie prüfen, ob es sich für Sie mehr lohnt, den Preisnachlass aus Kulanz abzulehnen.

Tipp: Wichtige Lieferungen mit Vertragsstrafe absichern

Wenn Sie eine wichtige Lieferung erwarten – etwa einen Geschäftswagen oder eine neue Maschine für Ihren Kleinbetrieb – dann sollten Sie mit dem Händler vorab eine Vertragsstrafe gemäß § 339 BGB vereinbaren. Gerät der Verkäufer dann in Verzug, muss er automatisch die vereinbarte Strafe zahlen. Wie hoch diese ausfallen soll, können Sie und Ihr Gegenüber individuell festlegen.

FAQ: Fragen und Antworten zum Lieferverzug

  • Ab wann ist ein Verkäufer in Verzug?

    Bei konkret vereinbarten Lieferterminen (z. B. „Lieferung bis zum 5. Mai“ oder „Lieferung innerhalb von 2 Wochen“) ist der Verkäufer automatisch in Verzug, wenn der Termin nicht eingehalten wird. Bei unverbindlichen Lieferterminen (z. B. „Lieferung in etwa 4 Wochen“) müssen Sie den Verkäufer anhand einer Mahnung in Verzug setzen.

  • Der Verkäufer hat die Ware schon verschickt, aber sie ist nicht rechtzeitig angekommen: Lieferverzug oder nicht?

    Bei Käufen und Bestellungen gilt die sogenannte „Schickschuld“. Das bedeutet, dass das Datum des Versands ausschlaggebend ist und nicht das der Zustellung. Hat der Käufer die Ware also rechtzeitig verschickt und kam es erst auf dem Postweg zu Verzögerungen, liegt kein Lieferverzug vor. Was Sie im Falle eines verspäteten oder verschollenen Pakets unternehmen können, lesen Sie hier: Paket verloren: Wer haftet und was kann ich tun?

  • Der Verkäufer verweigert die Lieferung: Was nun?

    Mitunter kommt es vor, dass Verkäufer Lieferungen nach einer Bestellung verweigern. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn die Ware wesentlich schwerer als gedacht zu beschaffen ist. Wenn der Verkäufer die Lieferung klar und eindeutig verweigert, dann müssen Sie ungeachtet des vereinbarten Lieferdatums keine Mahnung schreiben. Sie können dann vom Kaufvertrag zurücktreten. Sollte die Ware anderswo nur teurer verfügbar sein, können Sie die Differenz vom ursprünglichen Händler Ihrer Wahl zurückfordern.

     


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