Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit: Wo die Unterschiede liegen und auf welche Leistungen Sie jetzt Anspruch haben

Leider kann man es nie ganz ausschließen: Erkrankungen und Unfälle passieren – und die Betroffenen sind langfristig nicht mehr in der Lage, in ihrem Beruf zu arbeiten. Doch wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Berufs-, Erwerbs-, Dienst- und Arbeitsunfähigkeit? Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann? Und welche Leistungen stehen mir zu? Wir klären die wichtigsten Fragen.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Was versteht man unter Berufsunfähigkeit?

Als Arbeitnehmer sind Sie berufsunfähig, wenn Sie Ihre bisherige Erwerbstätigkeit aufgrund einer psychischen oder körperlichen Erkrankung oder wegen der Folgen eines Unfalls für mindestens sechs Monate nicht mehr ausüben können. Das heißt allerdings nicht, dass Sie generell nicht mehr arbeiten können: Liegt eine Berufsunfähigkeit vor, können Sie lediglich die Arbeit in ihrem erlernten oder bisherigen Beruf nicht mehr leisten, durchaus aber andere Tätigkeiten übernehmen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Herr Müller ist gelernter Dachdecker. Aufgrund eines Unfalls kann er sein rechtes Bein nicht mehr ausreichend belasten und hat Probleme, sein Gleichgewicht zu halten. Die Arbeit als Dachdecker kann er nun nicht mehr ausführen, wohl aber Verwaltungs- und andere Bürotätigkeiten.

Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit: wo liegen die Unterschiede?

Liegt bei Ihnen eine Berufsunfähigkeit vor, muss das nicht zwangsläufig auch heißen, dass Sie gleichzeitig erwerbsunfähig sind. Erwerbsunfähig sind Sie nämlich nur dann, wenn Sie gar keinen Beruf mehr ausüben können – unabhängig von Ihren erlernten und bisherigen Tätigkeiten. Eine volle Erwerbsunfähigkeit (auch: Erwerbsminderung) liegt dann vor, wenn Sie krankheitsbedingt weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können. Eine teilweise Erwerbsunfähigkeit, wenn Sie täglich bis zu sechs Stunden arbeiten können.

Greifen wir das obige Beispiel auf, wäre Herr Müller nur dann erwerbsunfähig, wenn er durch den Unfall körperlich so weit eingeschränkt wäre, dass er überhaupt keine Arbeit länger als drei Stunden ausführen kann – auch keine sitzende Tätigkeit im Büro. Könnte er trotz körperlicher Einschränkungen weiterhin bis zu sechs Stunden am Tag arbeiten, wäre er zumindest teilweise erwerbsunfähig.

Berufsunfähig – und jetzt?

Eine Berufsunfähigkeit wird durch eine ärztliche Begutachtung festgestellt. Schildern Sie Ihrem Arzt Ihre bisherigen Tätigkeiten, damit dieser beurteilen kann, in welchem Umfang Sie berufs- oder erwerbsunfähig sind. Bestätigt der Arzt eine solche Unfähigkeit, haben Sie eventuell Anspruch auf staatliche Leistungen. Voraussetzung ist, dass Sie zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig sind (§ 240 SGB XI Absatz 2). Außerdem müssen Sie seit mindestens fünf Jahren gesetzlich rentenversichert sein und innerhalb der fünf Jahre vor Ihrer Erwerbsunfähigkeit für mindestens drei Jahre die Pflichtbeiträge gezahlt haben.

Welche Leistungen stehen mir zu?

Sind Sie vor dem 2. Januar 1961 geboren, haben Sie Anspruch auf die staatliche Berufsunfähigkeitsrente und erhalten zwei Drittel der gesetzlichen Altersrente. Für später Geborene kommt je nach Einschränkung eventuell auch eine Erwerbsminderungsrente infrage, deren Höhe vom Ausmaß Ihrer gesundheitlichen Einschränkung abhängt. Bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit steht Ihnen die volle Erwerbsminderungsrente zu, die in etwa 30 Prozent Ihres bisher bezogenen Bruttolohns ausmacht. Sind Sie teilweise erwerbsunfähig, haben Sie zumindest Anspruch auf die Hälfte der Erwerbsminderungsrente und erhalten rund 15 Prozent Ihres vormaligen Bruttolohns.

Können Sie trotz Berufsunfähigkeit weiterhin in einem beliebigen anderen Beruf für täglich sechs oder mehr Stunden arbeiten, haben Sie keinerlei Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Auch wenn Sie als Selbstständiger nicht in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt haben oder wenn Sie als Berufseinsteiger vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit weniger als fünf Jahre lang sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, steht Ihnen keine Erwerbsminderungsrente zu. Für Sie ist eventuell der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll.

Berufsunfähigkeitsversicherung – was ist das und wann ist sie sinnvoll?

Da der Staat bei Erwerbsunfähigkeit nur eine kleine Erwerbsminderungsrente zahlt, entschließen sich viele Arbeitnehmer dazu, zusätzlich vorzusorgen und eine Berufsunfähigkeitsversicherung als private Zusatzversicherung abzuschließen. Je nach Anbieter und Vereinbarungen werden unterschiedliche Beiträge und Leistungen gezahlt. Die Beiträge errechnen sich aus verschiedenen Faktoren, zum Beispiel Ihrem Gesundheitszustand, Ihrer Arbeit und der Höhe der monatlichen Rente, die im Falle der Berufsunfähigkeit gezahlt werden soll. Diese wird vorab vertraglich vereinbart. Die Berufsunfähigkeitsversicherung springt ein, wenn Sie zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig sind. Im Gegensatz zur staatlichen Erwerbsminderungsrente erhalten Sie die Leistungen bereits bei Berufsunfähigkeit und nicht erst bei Erwerbsunfähigkeit.

Wann spricht man von Dienstunfähigkeit?

Beamte, die ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können, bezeichnet man offiziell nicht als berufs-, sondern als dienstunfähig. Eine Dienstunfähigkeit liegt nach § 44 BBG dann vor, wenn der Beamte „wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist“ oder „infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.“ Liegen diese Voraussetzungen vor, werden Sie in den Ruhestand versetzt und haben Anspruch auf Ruhegehalt. Dies gilt aber nur, wenn Sie nicht anderweitig einsetzbar sind oder kein anders Amt ausüben können.

Die Höhe des Ruhegehalts ist abhängig von der Anzahl Ihrer Dienstjahre und in der Regel höher als die staatliche Erwerbsminderungsrente für nicht-verbeamtete Arbeitnehmer.

Ob Sie dienstunfähig sind, entscheidet Ihr Arbeitgeber. Daher ist ein dienstunfähiger Beamter aus gesetzlicher Sicht nicht immer unbedingt berufsunfähig – und hat demnach nicht zwangsläufig Anspruch auf die Rente einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Für Beamte ist deshalb eine Dienstunfähigkeits- anstatt einer Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll. Das gilt vor allem für Berufsanfänger, denn Anspruch auf das Ruhegeld haben Sie erst nach mindestens fünf Jahren Dienstzeit.

Wie unterscheidet sich die Berufs- und Erwerbsunfähigkeit von der Arbeitsunfähigkeit?

Wer berufs- oder erwerbsunfähig ist, ist zwar gleichzeitig arbeitsunfähig – wer arbeitsunfähig ist, ist aber nicht zwingend berufs- oder gar erwerbsunfähig. Arbeitsunfähig zu sein bedeutet nämlich lediglich, die bisher ausgeführten Tätigkeiten aufgrund einer Erkrankung vorübergehend nicht mehr leisten zu können.

Im Falle von Herrn Müller läge eine Arbeitsunfähigkeit beispielsweise dann vor, wenn er wegen einer Grippe für einige Tage krankgeschrieben ist, nach seiner Genesung aber wieder vollkommen gesund an seinen Arbeitsplatz als Dachdecker zurückkehrt.

Liegt in Ihrem Fall eine Arbeitsunfähigkeit vor, so haben Sie bis zu sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung – das heißt, Ihr Arbeitgeber zahlt Ihnen weiterhin vollen Lohn. Dauert Ihre Krankheit länger an, springt für gesetzlich Versicherte die Krankenkasse ein und zahlt Ihnen Krankengeld.


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