Erbengemeinschaft: Das müssen Sie bei einem gemeinsamen Erbe wissen

Ehepartner, Kinder, Verwandte oder gemeinnützige Organisationen – in einem Sterbefall gibt es viele Möglichkeiten, wer erbt. Doch nicht nur ein Einzelner oder eine Einzelne kann erben, sondern auch mehrere Personen auf einmal. Erfahren Sie hier, wann eine solche Erbengemeinschaft entsteht, was das genau bedeutet und was für Sie als Miterbe wichtig ist.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Erbengemeinschaft: Das Wichtigste in Kürze

Im Testament festgelegt oder ganz automatisch: Wann entsteht eine Erbengemeinschaft?

Stirbt eine Person und hinterlässt sie ihr Vermögen mehreren Erben, entsteht eine sogenannte Erbengemeinschaft. Das kann aus zwei Gründen passieren: Entweder der Erblasser hat sich bewusst entschieden, seinen Nachlass an mehrere Personen weiterzugeben und dies zum Beispiel in einem Testament festgelegt. Oder aber vom Verstorbenen wurde keine Regelung getroffen und die gesetzliche Erbfolge sieht mehrere Erben vor. Dann können zum Beispiel der Ehepartner und die Kinder eine Erbengemeinschaft bilden.

Mit Miterben erben: Was bedeutet eine Erbengemeinschaft?

In einer Erbengemeinschaft sind alle Miterben dazu verpflichtet, den Nachlass gemeinsam zu verwalten. Das bedeutet in der Folge auch, dass Sie alle diesbezüglichen Entscheidungen gemeinsam treffen müssen. Ein Miterbe kann nicht allein über den gesamten Nachlass oder Teile davon entscheiden. Der juristische Begriff dafür ist „Gesamthandsgemeinschaft“ und bedeutet vereinfacht ausgedrückt „Allen gehört alles“. Das Erbe wird nicht von Beginn an unter den Miterben aufgeteilt. Jeder Miterbe kann aber über seinen Erbteil als Ganzes bestimmen und zum Beispiel seinen Anteil am Erbe verkaufen.

Ein Beispiel: Die gesamte Erbmasse besteht aus einem Haus mit 3 Wohnungen, einem Auto und 30.000 Euro. Sie wird an drei Personen zu gleichen Teilen vererbt. Dann gehören nicht jedem Miterben eine Wohnung, ein Drittel des Autos und 10.000 Euro, sondern allen Miterben gehören das Haus mitsamt allen Wohnungen, das Auto und das Geld gemeinsam. Ein Miterbe kann daher nicht einfach eine der Wohnungen verkaufen. Vereinfacht gesagt, kann er oder sie lediglich den Anspruch auf ein Drittel des Erbes verkaufen.

Vollmacht

Wenn alle Miterben gemeinsame Entscheidungen fällen müssen, kann das durchaus kompliziert werden. Eine Vollmacht kann die ganze Sache einfacher gestalten. Damit wird eine einzelne Person von der gesamten Erbengemeinschaft bevollmächtigt in deren Namen zu handeln. Das kann ein Miterbe sein oder ein Außenstehender. Fällt nun Verwaltungsarbeit für den Nachlass an, kann der- oder diejenige in den meisten Fällen diese Aufgaben ohne zusätzliche Rücksprache erledigen.

Rechte und Pflichten in der Erbengemeinschaft

Als Erbe nehmen Sie rechtlich gesehen den Platz des Verstorbenen ein. Im Falle einer Erbengemeinschaft übernehmen alle Miterben gemeinsam diese Rolle. 

Daraus ergeben sich einige zusätzliche Pflichten, die Sie als Miterbe erfüllen müssen. Gleichzeitig genießen Sie selbst aber auch einige Rechte, die Sie, vor allem gegenüber den anderen Miterben, geltend machen können.

Rechte Pflichten
Auskunftsrecht gegenüber Miterben Auskunftspflicht gegenüber Miterben
Recht auf Ausschlagung des Erbes Verwaltung des Nachlasses
Ausgleichsrechte (zum Beispiel für Pflege) Haftung für Nachlassverbindlichkeiten

Das Auskunftsrecht funktioniert in beide Richtungen: Ihre Miterben müssen Ihnen die nötigen Informationen zukommen lassen, doch dafür müssen Sie selbst auch gegebenenfalls Auskunft geben.

Ein wichtiges Recht für Sie ist das Recht auf Ausschlagung des Erbes. Sie sind nicht verpflichtet, ein Erbe anzunehmen. Mit der Ausschlagung verzichten Sie auf Ihren Erbteil und auf den Anspruch auf den Pflichtteil.

Außerdem haben Sie ein Recht auf Ausgleich. Falls Sie für den Erblasser eigene Ausgaben hatten, haben Sie die Möglichkeit, aus dem Erbe dafür einen Ausgleich zu erhalten. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Sie für die Pflege des Verstorbenen aufgekommen sind.

Wer haftet im Fall von geerbten Schulden?

Mit der Annahme des Erbes übernehmen Sie die Verwaltung des Nachlasses. Dazu gehören nicht nur der Besitz des Verstorbenen, sondern auch Verbindlichkeiten (zum Beispiel Schulden), die zum Erbe gehören. Dafür sind Sie und Ihre Miterben ebenfalls verantwortlich.

Die Erbengemeinschaft haftet prinzipiell gemeinsam als Schuldner. Das bedeutet, dass alle Erben zusammen wie eine einzelne Person die Schulden des Verstorbenen begleichen müssen. Davon kann mitunter auch Ihr Privatvermögen betroffen sein. Entscheidend dafür ist der Zeitpunkt der Nachlassteilung.

Ist das Erbe noch nicht aufgeteilt, können Sie die Haftung mit Eigenvermögen verweigern. Damit müssen alle Verbindlichkeiten aus dem Nachlass beglichen werden. Ihr Privatvermögen ist somit geschützt.

Ist die Erbengemeinschaft aufgelöst, haften in der Regel alle Miterben auch mit ihrem Privatvermögen. 

Immobilien in der Erbengemeinschaft

Wollen Sie eine geerbte Immobilie verkaufen, braucht es die Zustimmung aller Miterben. Wie bereits erwähnt:  Allen gehört alles. Daher kann ein einzelner Erbe nicht über einen Verkauf bestimmen. Zieht nur ein Miterbe nicht mit, kann die Immobilie erstmal nicht verkauft werden.

Wenn Sie nicht verkaufen wollen, müssen Sie die Immobilie in der Erbengemeinschaft verwalten. Für alltägliche Verwaltungsaufgaben reicht normalerweise eine Abstimmung unter den Miterben aus. Dabei entsprechen die Stimmrechte dem Erbanteil und die Mehrheit entscheidet. Haben Sie aber Größeres mit der Immobilie vor – zum Beispiel, sie abzureißen – brauchen Sie wieder die Zustimmung aller Miterben.

Entscheidet sich Ihre Erbengemeinschaft dafür, die Immobilie zu vermieten, teilen sich die Kosten entsprechend der Erbanteile auf. Anders verhält es sich mit den Mieteinnahmen: diese gehören gesammelt der gesamten Erbengemeinschaft und werden bei der Aufteilung des Erbes mit verteilt. Solange die Erbengemeinschaft besteht, können Sie also nur Geld in eine vermietete Immobilie stecken und bekommen vorerst noch nichts von den Einnahmen. 

Wollen Sie oder einer Ihrer Miterben die Immobilie selbst nutzen, ist die Regelung nicht so einfach. Denn zunächst darf jeder Miterbe die Immobilie nutzen, aber nur, wenn er oder sie damit die Nutzung für die anderen Miterben nicht beeinträchtigt. In einem gemeinsamen Haus oder gar einer Wohnung ist das denkbar schwierig. Daher müssen sich hier meistens alle Miterben auf eine Nutzungsregelung einigen.

Können Sie sich nicht einigen, könnte vielleicht eine Abschichtungsvereinbarung die Lösung sein: Hierbei verzichtet ein Erbe gegen eine Abfindung auf seinen Erbanteil. Als letzte Maßnahme bleibt noch die Teilungsversteigerung. Werden sich die Miterben nicht einig was mit der Immobilie geschehen soll, wird sie versteigert und der Erlös gehört der Erbengemeinschaft.

Konflikte in der Erbengemeinschaft: Das können Sie tun!

Wenn mehrere Personen gemeinsam erben und zusammen für einen Nachlass verantwortlich sind, kommt es häufig zu Konflikten. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die einzelnen Miterben unterschiedliche Interessen haben.

Um Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft zu verhindern, ist es am besten, wenn der Erblasser schon zu Lebzeiten vorsorgt. Ist zum Beispiel in einem Testament oder Erbvertrag festgelegt, wer was bekommt, ist die Lage klar.

Kommt es aber zur Erbengemeinschaft und es gibt Probleme, haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

  • Den Erbteil verkaufen 
    Sie können Ihren gesamten Erbteil an einen Dritten verkaufen. Damit verlassen Sie selbst die Erbengemeinschaft und jemand anderes tritt an Ihre Stelle. Dabei haben Ihre Miterben das Vorkaufsrecht. Ein solcher Verkauf des Erbteils muss von einem Notar beurkundet werden.
  • Abschichtung 
    Sie können die Erbengemeinschaft durch eine Abschichtungsvereinbarung verlassen und verzichten so auf Ihre Rechte als Miterbe. Sie können mit Ihren Miterben eine Abfindung aushandeln, einen gesetzlichen Anspruch darauf haben Sie aber nicht. „Sich das Erbe ausbezahlen lassen“ gibt es also dem Gesetz zufolge nicht.
  • Das Erbe ausschlagen
    Wie bei jedem Erbe haben Sie auch in einer Erbengemeinschaft die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Damit verzichten Sie auf Ihren Anteil und haben auch keinen Anspruch auf den Pflichtteil. Was Sie bei der Ausschlagung eines Erbes beachten müssen, lesen Sie im Ratgeber „Erbe ausschlagen: Fristen, Kosten und Risiken“.

Keine Dauerlösung: Wann löst sich eine Erbengemeinschaft auf?

Die Erbengemeinschaft ist nur zur Regelung des Nachlasses gedacht und nicht als langfristiges Konstrukt. Sobald das Erbe komplett aufgeteilt ist, löst sich die Erbengemeinschaft auf. Diese Aufteilung nennt man Erbauseinandersetzung.

Das Erbe kann aber auch komplett bei einem einzelnen Miterben zusammenkommen – entweder, weil er die anderen Anteile gekauft hat oder weil zum Beispiel alle seine Miterben das Erbe ausgeschlagen haben. Nachdem das gesamte Erbe dann einer Person gehört, ist eine Erbengemeinschaft nicht mehr notwendig. 

FAQ – die wichtigsten Fragen und Antworten zur Erbengemeinschaft

  • Kann der Erblasser schon zu Lebzeiten eine Vollmacht für die Erbengemeinschaft ausstellen?

    Ja, kann er. Der künftige Erblasser kann zu Lebzeiten schon festlegen, wer in der Erbengemeinschaft seinen Nachlass verwalten soll. Stellt er demjenigen eine sogenannte „Vollmacht über den Tod hinaus“ aus, kann der Bevollmächtigte im Sinne des Erblassers entscheiden.

  • Was passiert, wenn ein Grundstück zur Erbmasse gehört?

    Mit einem Grundstück verhält es sich in der Erbengemeinschaft wie mit einer Immobilie. Es gehört allen Miterben zusammen. Daher müssen auch alle zusammen über das weitere Vorgehen entscheiden. 

  • Zahlt die Erbengemeinschaft die Erbschaftssteuer oder muss ich das individuell regeln?

    Jeder Miterbe muss die Erbschaftssteuer individuell zahlen und das Erbe in seiner Steuererklärung angeben. Das passiert gesondert über eine eigene Feststellung.

     

  • Braucht jeder Miterbe einen eigenen Erbschein?

    Nein. Wenn Sie in der Erbengemeinschaft zum Beispiel Banken gegenüber als Einheit auftreten, reicht meistens ein gemeinsamer Erbschein. Jeder Miterbe hat aber die Möglichkeit, einen eigenen Erbschein zu beantragen. Der Preis hängt dabei vom Wert des Nachlasses ab – je höher der Nachlass, desto teurer der Erbschein.

  • Kann ein Miterbe auch Testamentsvollstrecker sein?

    Ja. Will ein Erblasser sichergehen, dass sein letzter Wille auch umgesetzt wird, kann er einen Testamentsvollstrecker benennen. Das kann ein neutraler Dritter sein, aber auch einer der Miterben.


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