Betriebsarzt, Durchgangsarzt, Amtsarzt und MDK: Wer ist für mich zuständig?

Die Erstellung eines ärztlichen Berichts für die Kranken- oder Unfallversicherung, die Durchführung einer medizinischen Eignungsprüfung oder die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz: das sind nur einige Beispiele, für die im Arbeitsrecht das Gutachten eines sachverständigen Arztes eingeholt wird. Doch wer ist eigentlich in Ihrem Fall für die Begutachtung zuständig? Wo liegen die Unterschiede zwischen Betriebsarzt, Durchgangsarzt, Amtsarzt, Vertrauensarzt und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste im Überblick

Betriebsarzt im Unternehmen: Zuständigkeiten & Aufgaben

Betriebsärzt*innen sind durch eine entsprechende Facharztausbildung auf die Arbeitsmedizin spezialisiert. Sie unterstützten den Arbeitgeber hinsichtlich Arbeitsschutz und Unfallverhütung (§ 1 Arbeitssicherheitsgesetz ASiG). Das heißt: Sie ermitteln Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Mitarbeiter*innen und beraten das Unternehmen hinsichtlich Arbeitssicherheit und Arbeitsgestaltung zur Gesundheitsförderung.

Wann wird ein Betriebsarzt eingeschaltet?

Jedes Unternehmen, das Mitarbeiter*innen beschäftigt, muss die Unterstützung eines Betriebsarztes einholen. Dabei sind regelmäßige Untersuchungen sinnvoll, um arbeitsbedingten Krankheiten oder Unfällen vorzubeugen. Das Gesetz sieht vor, dass Ihr Arbeitgeber spätestens dann eine Betriebsärztin bestellt, sobald dies hinsichtlich Unfall- und Gesundheitsgefahren erforderlich ist (§2 ASiG). Des Weiteren ist der Arbeitgeber verpflichtet, Betriebsärzt*innen in jeder Hinsicht bei der Unfall- und Krankheitsprävention zu unterstützen.

Welche Aufgaben hat ein Betriebsarzt?

Die Aufgaben von Betriebsärzt*innen sind in § 3 ASiG festgelegt. Darunter fallen alle Tätigkeiten, die den Arbeitgeber bei der Förderung und dem Erhalt der Gesundheit seiner Mitarbeiter*innen unterstützen, zum Beispiel:

  • Die Beratung verantwortlicher Personen hinsichtlich der Gesundheitsförderung und Gefährdungsbeurteilung. Dies gilt zum Beispiel bei der Planung, Ausführung und Unterhaltung von sanitären Einrichtungen, der Einführung neuer Arbeitsverfahren sowie bei hygienischen, physiologischen, ergonomischen und psychologischen Fragen wie Arbeitszeit, Pausenregelung und Arbeitsplatzgestaltung.
  • Die medizinischen Vorsorgeuntersuchungen der Arbeitnehmer*innen sowie die Auswertung und arbeitsmedizinische Beurteilung der Untersuchungsergebnisse.
  • Die Kontrolle der Durchführung aller notwendigen Maßnahmen, die für den Arbeitsschutz und die Unfallvermeidung erforderlich sind, beispielsweise eine Begehung des Arbeitsplatzes, um Mängel (also potenzielle gesundheitsschädliche Auswirkungen von Arbeitsbedingungen) zu erfassen und auf die Durchführung der Maßnahmen hinzuwirken, darüber hinaus die Einleitung der erforderlichen Maßnahmen und die Prüfung der Umsetzung.
  • Die Untersuchung von arbeitsbedingten Erkrankungen, die Ursachenermittlung und das Vorschlagen von Maßnahmen zur zukünftigen Prävention dieser Erkrankungen.
  • Die Schulung der Mitarbeiter*innen hinsichtlich Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Organisation der ersten Hilfe im Betrieb.

Gut zu wissen: Dafür ist der Betriebsarzt nicht zuständig

Das Gesetz weist ausdrücklich darauf hin, dass zu den Aufgaben des Betriebsarztes nicht gehört, vermeintlich falsche Krankmeldungen zu prüfen. Falls ihr Arbeitgeber Sie also des Krankfeierns verdächtigt, muss er den Medizinischen Dienst der Krankenkasse zurate ziehen (§ 3 Absatz 3 ASiG).

Was ist ein Durchgangsarzt?

Durchgangsärzt*innen (D-Arzt) sind in der Regel auf Unfallchirurgie und Orthopädie spezialisiert und deshalb Ihr Ansprechpartner*innen bei Arbeits- und Wegeunfällen. Sie sind speziell von den Berufsgenossenschaften zugelassen und erstellen Gutachten für die gesetzliche Unfallversicherung.

Wann sollte ich einen Durchgangsarzt aufsuchen?

Haben Sie einen Arbeits- oder Wegeunfall, ist Ihre freie Arztwahl eingeschränkt. Für dringende Erste-Hilfe-Maßnahmen können Sie sich zwar selbstverständlich auch von anderen (Not-)Ärzt*innen behandeln lassen; danach sollten Sie aber unbedingt einen Druchgangsarzt aufsuchen. Das gilt vor allem dann, wenn Ihre Behandlung länger als eine Woche andauert, Sie auch über den Unfalltag hinaus arbeitsunfähig sind oder Heil- und Hilfsmittel benötigen.

Denn der ärztlicher Befund von Durchgangsärzt*innen ist entscheidend für die Frage, ob Ihr Unfall vom zuständigen Unfallversicherungsträger als Arbeits- oder Wegeunfall anerkannt wird. Eine solche Anerkennung ist wiederum die Voraussetzung dafür, dass Sie als gesetzlich Unfallversicherter entsprechende Leistungen wie Verletztengeld erhalten. Da Durchgangsärzt*innen auf Unfallmedizin spezialisiert sind, können sie außerdem eine zuverlässige Diagnose stellen, über die weitere Behandlung entscheiden und einschätzen, ob eine fachärztliche Behandlung erforderlich ist.

Welche Aufgaben hat ein Durchgangsarzt?

Die Aufgaben von Durchgangsärzt*innen sind in erster Linie:

  • Diagnose, Untersuchung des Unfallhergangs und der Unfallursache.
  • Medizinische Erstversorgung.
  • Erstellen und Einreichen eines Arztberichts bei der Unfallversicherung, in dem das Untersuchungsergebnis dargelegt wird und entsprechend notwendige Leistungen empfohlen werden.
  • Entscheidung über die weitere Behandlung, Überweisung an behandelnde Ärzte oder Einrichtungen sowie der Behandlungsabschluss; dies soll die Wirksamkeit der Behandlung sicherstellen.

Gut zu wissen: Bei kleineren Unfällen

In bestimmten Fällen ist es nicht nötig, die Durchgangsärztin aufzusuchen. Beispielsweise kann auch Ihr behandelnder Arzt Sie bei kleineren Unfällen behandeln, wenn Sie nicht länger als während des Unfalltages arbeitsunfähig sind, Ihre Behandlung weniger als eine Woche dauert oder Sie keine Heil- oder Hilfsmittel benötigen.

Was macht der Amtsarzt?

Amtsärzt*innen sind im öffentlichen Dienst in der Gesundheitsverwaltung tätig und arbeitet beispielsweise für das Gesundheitsamt oder die Arbeitsagentur.

Wann muss ich einen Amtsarzt aufsuchen?

Amtsärzt*innen werden vor allem im Beamtenwesen konsultiert, um beispielsweise neutrale medizinische Einschätzungen abzugeben und Untersuchungen hinsichtlich der Arbeitseignung und Verbeamtung durchzuführen. Sind Sie als Beamter tätig, kann Ihr Dienstherr den Amtsarzt auch zur Beurteilung Ihrer Dienstfähigkeit im Sinne des Beamtengesetzes hinzuziehen.

Welche Aufgaben hat ein Amtsarzt?

  • Medizinische Eignungsprüfungen und Verbeamtungsprüfungen (also Einstellungsuntersuchungen für Beamte) und Einschulungsuntersuchung.
  • Bewilligung von Rehabilitationsmaßnahmen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Beamte.
  • Erstellung von Gutachten und medizinischen Stellungnahmen, zum Beispiel zur vorzeitigen Pension aufgrund von Krankheit.
  • Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens, wenn der Dienstherr begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Beamten hat.

Gut zu wissen: Schweigepflicht

Egal, ob Sie von einem Amtsarzt, einem Durchgangsarzt oder dem MDK untersucht wurden: Ein Recht darauf, Ihre Diagnose zu erfahren, hat Ihr Arbeitgeber nicht. An was Sie erkrankt sind, fällt für Mediziner*innen unter die Schweigepflicht und darf nicht an Ihren Arbeitgeber weitergeleitet werden. Dieser wird lediglich darüber informiert, ob und wie lange Sie arbeitsunfähig sind.

Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)

Der MDK unterstützt die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung hinsichtlich der Beratung und Begutachtung. Er setzt sich aus Ärzten verschiedener Fachgebiete mit zusätzlichen sozialmedizinischen Kenntnissen, sogenannten Sozialmedizinern, zusammen.

Wann wird der MDK eingeschaltet?

Der MDK wird von den Krankenkassen hinzugezogen, um ärztliche Diagnosen und die Berechtigung der verordneten Maßnahmen zu prüfen. Auch der Arbeitgeber kann den MDK einschalten, wenn er zum Beispiel an der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers zweifelt – vorausgesetzt, der Arbeitnehmer ist gesetzlich krankenversichert.

Welche Aufgaben hat der MDK?

Der MDK erstellt Gutachten zur Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitnehmers, in erster Linie für die Kranken- und Pflegeversicherung. Nach § 275 Absatz 1 SGB V sollte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK dann eingeholt werden, wenn ...

  • Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeit bestehen: Der MDK ist unter bestimmten Voraussetzungen dazu berechtigt, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hinsichtlich ihrer Berechtigung zu überprüfen.
  • Die Arbeitsfähigkeit erkrankter Mitarbeiter verbessert oder wiederhergestellt werden soll: Der MDK ermittelt in diesem Fall die Notwendigkeit, Art und Dauer von Leistungen und Rehabilitation, leitet die erforderlichen Maßnahmen ein und soll so den Behandlungserfolg sichern.
  • Es darum geht, die Pflegebedürftigkeit einer gesundheitlich eingeschränkten Person zu ermitteln und einen Pflegegrad zu vergeben.

Darf mein Arbeitgeber mich einfach zum MDK schicken, wenn er mich wegen Krankfeierns verdächtigt?

„Der Arbeitgeber kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt“ (§ 275 SGB V).

Der Arbeitgeber hat also die Möglichkeit, den MDK einzuschalten, wenn er an der Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers zweifelt. Dafür braucht er allerdings gute Gründe: Denn ist die Erkrankung des Mitarbeiters ärztlich bescheinigt, hat ein solches Attest zunächst hohen Beweiswert. Fälle, in denen die Zweifel des Arbeitgebers durchaus begründet sind, sind in § 275 SGB V aufgeführt. Dort heißt es beispielsweise: Zweifel sind angebracht, wenn Mitarbeiter „auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist“.

Diese Aufzählung ist aber nicht abschließend: Auch aus anderen berechtigten Gründen kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzweifeln, zum Beispiel dann, wenn Mitarbeiter*innen trotz Krankschreibung bei einer Unternehmung beobachtet werden, die für Kranke in der Regel unangebracht ist, beispielsweise beim Feiern oder beim Fußballspielen trotz Grippe. Falls das MDK-Gutachten vom Gutachten Ihres behandelnden Arztes abweicht, wird ersterem eine höhere Glaubwürdigkeit beigemessen. Auf diese Weise können sogenannte „Gefälligkeitsatteste“ außer Kraft gesetzt werden.

Was ist ein Vertrauensarzt?

Der Begriff „Vertrauensarzt“ ist nicht legal definiert und hat keine besondere Bedeutung. Er wird im Sprachgebrauch jedoch häufig für einen Arzt verwendet, der medizinische Gutachten erstellt, etwa für Behörden, Sozialversicherungen oder wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit aus berechtigten Gründen anzweifelt. Diese Aufgaben werden allerdings weitgehend von dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder dem Amtsarzt erfüllt.


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