Probezeit verlängern? Was Ihr Chef darf und was nicht!

Die Probezeit ist aus dem Arbeitsrecht nicht mehr wegzudenken: Der Arbeitgeber kann die Fähigkeiten seines neuen Mitarbeiters so im wahrsten Sinne des Wortes auf die Probe stellen; der Arbeitnehmer hingegen hat die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis schnell aufzulösen, wenn der neue Job doch nicht das Gelbe vom Ei ist. Doch was ist, wenn sich Ihr Chef auch nach Ablauf der Probezeit nicht sicher ist, ob Sie zur Firma passen Kann er die Probezeit dann einfach verlängern?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Probezeit: Das Wichtigste im Überblick

Wie lange darf die Probezeit maximal dauern?

Das Arbeitsrecht sieht vor, dass die gesetzliche Probezeit in keinem Fall länger als 6 Monate dauern darf. Danach greift bei Mitarbeiter*innen in Unternehmen mit regelmäßig mehr als zehn Angestellten (Teilzeitkräfte werden anteilig gerechnet, Auszubildende zählen nicht) automatisch das Kündigungsschutzgesetz, das eine gesetzliche Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen vorschreibt.

Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass aus einem eher unsicheren Arbeitsverhältnis, das ohne Angabe von Gründen innerhalb von zwei Wochen beendet werden kann, eine gesicherte Beschäftigung wird. Will der Arbeitgeber Ihnen also nach Ablauf der Probezeit kündigen, muss er dafür triftige Gründe haben.

Darf mein Chef die Probezeit verlängern?

Grundsätzlich gilt: Nach Ablauf der gesetzlichen 6 Monate darf Ihr Arbeitgeber die Probezeit nicht einfach ohne sachlichen Grund verlängern. Wurde im Arbeitsvertrag allerdings eine Probezeit von weniger als sechs Monaten vereinbart, kann Ihr Chef diese tatsächlich verlängern. Doch auch in diesem Fall darf die maximale Dauer von einem halben Jahr nicht überschritten werden.

Beispiel: In Ihrem Arbeitsvertrag ist eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Am letzten Tag kommt Ihr Chef auf Sie zu und teilt Ihnen mit, dass er sich noch nicht sicher ist, ob Sie wirklich in den Betrieb passen. Doch er möchte Ihnen gerne eine zweite Chance geben. Er schlägt also vor, die Probezeit noch einmal um drei Monate – also auf insgesamt sechs Monate – zu verlängern. Dies ist möglich, wenn Sie dem zustimmen. Als Arbeitnehmer befinden Sie sich hier in einer unangenehmen Situation: Lehnen Sie die Probezeitverlängerung ab, riskieren Sie die Kündigung.

 

Tipp: Kündigungsschutzklage einreichen?

Sie haben die gesetzlichen 6 Monate Probezeit bestanden, doch Ihr Arbeitgeber unterbreitet Ihnen dennoch den Vorschlag einer längeren Bewährungsfrist? Dann können Sie dem getrost zustimmen, denn die Vereinbarung ist ungültig. Nach 6 Monaten tritt automatisch das Kündigungsschutzgesetz in Kraft. Will der Chef Ihnen jetzt kündigen, sollten Sie unbedingt Kündigungsschutzklage einreichen!

Ausnahme: Längere Krankheit oder Abwesenheit während der Probezeit

Das Gesetz erkennt allerdings eine Ausnahme an, nämlich wenn Sie während Ihrer Probezeit für einen längeren Zeitraum krank oder abwesend waren. In diesem Fall darf Ihr Arbeitgeber Sie zunächst befristet weiterbeschäftigen, um Ihre Fähigkeiten auf Herz und Nieren testen zu können. Die längere Abwesenheit stellt einen sachlichen Grund für die Befristung dar.

Auch dies ist jedoch keine tatsächliche Verlängerung der Probezeit, denn es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Die Lösung stellt also einen Mittelweg dar, der Sie zwar im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes absichert, Ihrem Arbeitgeber jedoch einen Weg bietet, sich noch nicht gänzlich an Sie zu binden.


Frage aus unserer Online-Rechtsberatung: Ist eine mündlich vereinbarte Probezeit gültig?


Schlupflöcher: Aufhebungsvertrag und verlängerte Kündigungsfrist

Auch wenn eine Probezeit von mehr als sechs Monaten ausgeschlossen ist, haben Arbeitgeber grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Wackelkandidaten danach noch genauer unter die Lupe zu nehmen.

  1. Die verlängerte Kündigungsfrist: Kurz vor Ablauf der Probezeit können Arbeitgeber dem jeweiligen Angestellten die Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist aussprechen. In diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis zwar weiter, doch da die Kündigung ja bereits überreicht ist, ist der Arbeitgeber nicht zur Weiterbeschäftigung verpflichtet.
  2. Der Aufhebungsvertrag: Arbeitgeber können ihren Angestellten vor Ablauf der Probezeit auch einen Aufhebungsvertrag vorlegen. Auch hier kann eine verlängerte Auslauffrist vereinbart werden, sodass nach der Probezeit noch ein paar Wochen oder Monate bleiben, um die Fähigkeiten und Talente des Angestellten richtig einschätzen zu können.

Gut zu wissen: Fristen dürfen nicht zu lange angesetzt werden

Egal ob Aufhebensvertrag oder verlängerte Kündigungsfrist – für beide Optionen müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. So muss Ihnen Ihr Arbeitgeber dafür ganz klar die bedingte Wiedereinstellungszusage geben, wenn Sie sich doch noch bewähren. Auch darf die verlängerte Kündigungs- beziehungsweise Auslauffrist nicht zu lange angesetzt werden. In einem Urteil von 2002 erklärte das Bundesarbeitsgericht einen Zeitraum von vier Monaten für zulässig. Länger sollte der Arbeitgeber also nicht benötigen, um sich eine finale Meinung zu bilden.

Probezeitverlängerung in der Ausbildung: Was müssen Azubis beachten?

Anders als bei Fachkräften darf die Probezeit von Azubis maximal 4 statt 6 Monate dauern. Doch auch in der Ausbildung gilt die Regel: Wenn der/die Auszubildende zum Beispiel wegen Krankheit längere Zeit abwesend war, darf der Arbeitgeber die Probezeit verlängern. Das Arbeitsrecht spricht sich hier sogar ganz konkret aus: Wer mehr als ein Drittel seiner Probezeit in der Ausbildung abwesend war, muss mit einer Verlängerung rechnen. Eine solche Klausel wurde 2016 vom Bundesarbeitsgericht für wirksam erklärt (BAG, Urt. v. 09.06.2016 – 6 AZR 396/15).

Wurde allerdings keine Ausbildungszeit versäumt und der Arbeitgeber möchte die Probe dennoch über die gesetzlichen 4 Monate hinaus verlängern, ist diese Vereinbarung rechtlich unwirksam. Dann greift auch für Auszubildende das Kündigungsschutzgesetz.


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