Kündigungszugang: Wann gilt das Kündigungsschreiben als zugestellt?

Die Berechnung der Kündigungsfrist ist abhängig vom Kündigungszugang. Doch wann gilt eine Kündigung eigentlich als zugestellt? Und welche Regeln greifen, wenn das Schreiben beim Nachbarn oder bei der Postfiliale abgegeben wurde?

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Kündigungszugang: Das Wichtigste im Überblick

Wenn Ihnen ein Arbeitgeber kündigen will, muss er sich an feste, gesetzliche Regeln halten. Er kann Ihnen zwar mündlich eine Kündigung androhen, wirksam wird diese allerdings erst, wenn Sie Ihnen schriftlich zugegangen ist. Worauf Sie achten müssen und wann Sie gegen die Kündigung vorgehen können, erfahren Sie hier.

Auf den Zeitpunkt kommt es an. Besonders wenn es um Kündigungen im Arbeitsrecht geht. Sobald Sie von Ihrem Chef ein Kündigungsschreiben mit seiner Originalunterschrift in den Händen halten, fängt für Sie die Zeit an zu laufen (§ 130 Abs. 1 BGB). Ab diesem Moment haben Sie zum Beispiel drei Wochen Zeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen, um rechtlich gegen die Kündigung vorzugehen.

Welche Formalien und Fristen sind beim Kündigungszugang entscheidend?

Will Ihnen Ihr Arbeitgeber kündigen, muss er das zwingend schriftlich – also per Brief – tun und die Kündigung auch eigenhändig unterschreiben. So regelt es § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine Kündigung, die Ihnen auf elektronischem Weg zugeht, egal ob via E-Mail, Fax oder gar SMS oder WhatsApp, ist nicht wirksam.

Besonders wichtig wird diese Tatsache, wenn Sie sich dazu entschließen sollten, gegen diese Kündigung gerichtliche Schritte einzuleiten. Insbesondere wenn Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen wollen, kann es von entscheidender Bedeutung sein, an welchem Tag und oft sogar zu welcher Tageszeit Ihnen das Schreiben zugegangen ist. Eine Kündigungsschutzklage können Sie nämlich nur in den ersten drei Wochen einreichen – und die Frist beginnt zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs zu laufen, nicht etwa mit dem Datum auf dem Kündigungsschreiben.

Der Kündigungszugang ist außerdem entscheidend für die Berechnung der Kündigungsfrist beziehungsweise des letzten Arbeitstages.

Wie kann die Kündigung zugestellt werden?

Der Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten, Sie von der schriftlichen Kündigung in Kenntnis zu setzen. Er kann Ihnen die Kündigung persönlich überreichen. Wenn er dies unter Zeugen tut, ist es für ihn die sicherste Lösung. Dann wird es für Sie als Arbeitnehmer schwer, zu behaupten, dieses Schreiben nicht erhalten zu haben.

Anders sieht es aus, wenn Ihr Vorgesetzter Ihnen die Kündigung auf dem Postweg zukommen lässt. Entweder er wirft das Schriftstück persönlich in Ihren Briefkasten oder er beauftragt ein Postunternehmen mit der Zustellung. In jedem Fall ist es wichtig, dass die Kündigung in Ihren „Machtbereich“ gelangen konnte, wie es Juristen nennen. Gemeint ist damit, wann Sie die Möglichkeit haben, die Kündigung wahrzunehmen.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber selbst entscheiden, wie er Ihnen die Kündigung zukommen lässt. Er muss nur beweisen können, dass Sie tatsächlich zugestellt wurde. Sonst wird sie unter Umständen unwirksam und kann angefochten werden.

Persönliche Zustellung: Kündigung am Arbeitsplatz

In vielen Fällen wird Ihnen die Kündigung von Ihrem Arbeitgeber persönlich, wenn möglich unter Zeugen überreicht. Beweistechnisch ist das für Ihren Chef die beste Lösung, besonders dann, wenn es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht kommen sollte. Schließlich muss Ihr Chef beweisen, dass Ihnen die Kündigung tatsächlich zugegangen ist. Ist Ihr Chef klug, holt er sich also einen Zeugen, der den Inhalt des Schreibens in Ihrer Gegenwart durchliest, bevor er es Ihnen in die Hand gibt. Immerhin könnten Sie behaupten, dass Sie zwar einen Brief überreicht bekamen, der jedoch nur die letzte Gehaltsabrechnung enthielt.

Außerdem könnte er von Ihnen verlangen, den Erhalt des Kündigungsschreibens schriftlich zu bestätigen. Zu einer solchen „Zugangsbestätigung“ sind Sie jedoch nicht verpflichtet. Sobald Sie die Kündigung in Empfang nehmen, gilt sie als zugegangen – selbst wenn Sie diese ungelesen im nächsten Mülleimer entsorgen.

Zustellung durch Dritte: „Briefkasten“-Kündigung

Sie finden die Kündigung in Ihrem Briefkasten. Dann kommt es darauf an, wann genau Ihnen das Dokument zugeht. Nach herrschender Rechtsprechung ist ein nachmittags eingeworfenes Kündigungsschreiben erst am darauffolgenden Tag zugegangen, die genaue Uhrzeit kann dabei variieren. Das ist besonders wichtig, wenn es um die Feststellung einer Frist für die Kündigungsschutzklage geht.

Entdecken Sie eine Benachrichtigung über ein Einschreiben in Ihrem Briefkasten, liegt es bei Ihnen, wann Sie zur Post gehen, um das dort hinterlegte Schreiben abzuholen. Erst an dem Tag, an dem Sie das Dokument bei der Post entgegennehmen, beginnt für Sie die Frist für die Kündigungsschutzklage. Wenn Sie das Schreiben nicht abholen, gilt es als nicht zugegangen.

Bei Zustellungen an Sonn- und Feiertagen startet die Frist erst mit dem nächsten Werktag.

Beispiel 1: Wann gilt die Kündigung bei einer Postzustellung als zugegangen?

Weil Sie nicht zu Hause sind, wird der Kündigungsbrief, der als sogenanntes Übergabe-Einschreiben verschickt wurde, zur Abholung bei der nächstgelegenen Postfiliale hinterlegt. In dem Fall könnte es für den Arbeitgeber schwierig werden, seine angestrebte Kündigungsfrist einzuhalten, denn die Postfiliale ist nicht Ihr „Machtbereich“, die Kündigung gilt also erst als zugestellt, wenn Sie sie wirklich abgeholt haben. Ist Ihnen das aber nicht möglich, geht der Brief wieder an den Absender zurück.

Beispiel 2: Wie berechnet sich die Kündigungsfrist anhand des Kündigungszugangs?

Der Arbeitgeber will Herrn Müller zum 30. September kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat zum Ende des Kalendermonats. Das Kündigungsschreiben muss spätestens am 31. August zugegangen sein. Es reicht nicht, wenn der Arbeitgeber die Kündigung erst am späten Nachmittag des 31. Augusts in Herrn Müllers Briefkasten wirft. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sie dann nicht mehr am 31. August in seinen Machtbereich gelangen kann. Herrn Müllers letzter Arbeitstag wäre aufgrund der zu spät zugegangenen Kündigung der 31. Oktober.

Gut zu wissen: Arbeitnehmerseitige Kündigung

Die Regelung gilt auch für arbeitnehmerseitige Kündigungen. Wenn Sie also einen neuen Job in Aussicht haben, sollten Sie darauf achten, Ihrem Chef Ihre schriftliche Kündigung rechtzeitig zugehen zu lassen.

Zustellung durch Dritte: „Boten“-Kündigung

Ihr Arbeitgeber kommt bei Ihnen zu Hause vorbei. Oder er beauftragt eine andere Person, Ihnen die Kündigung an Ihrer Haus- oder Wohnungstür zu übergeben. Meist schickt er einen Bevollmächtigten, der dem Unternehmen nahe steht: seinen Stellvertreter, einen Angestellten oder jemanden aus der Personalabteilung. Er kann auch auf die Hilfe außenstehender Personen zurückgreifen. In seltenen Fällen kommt es vor, dass diese Aufgabe ein Gerichtsvollzieher wahrnimmt.

Für Ihren Arbeitgeber ist es wichtig, dass der Überbringer den Inhalt des Kündigungsschreibens kennt. Falls es zu einem Gerichtsprozess kommt, kann dieser als Zeuge geladen werden.

In erster Linie geht es darum, Sie persönlich anzutreffen. Denn nur dann kann Ihr Chef oder sein Bote sicher sein, dass Ihnen die Kündigung rechtswirksam zugeht.

Sind Sie nicht zu Hause, wird Ihr Chef oder eine damit beauftragte Person aber versuchen, die Kündigungsunterlagen an eine dritte Person zu überreichen. Das ist erlaubt. Ob die Gerichte die Kündigung allerdings als wirksam zugestellt einordnen oder nicht, hängt stark davon ab, wem sie übergeben wird. Wer das Schreiben entgegen nimmt, muss der allgemeinen Lebenserfahrung nach zur Entgegennahme von Briefsendungen berechtigt sein. Volljährige Familienangehörige, aber auch Vermieter oder WG-Mitbewohner zählen zu diesem Kreis. Hier gilt die Kündigung als zugegangen, wenn er sie entgegennimmt, weil man davon ausgeht, dass das Schreiben tatsächlich weitergereicht wird. In diesem Fall beginnt die Kündigungsfrist ebenso wie die Frist für eine Kündigungsschutzklage mit dem Tag, an dem die Kündigung in Ihre oder in die Hände einer zum Empfang berechtigten Person gerät (BAG-Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 6 AZR 687/09).

Wird die Kündigung aber an einen nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen ausgehändigt, also beispielsweise an Ihre 15-jährige Tochter oder an Ihre demenzkranke, unter rechtlicher Betreuung stehende Schwiegermutter, reicht das nicht. Auch Personen, die sich nur zufällig in Ihrer Wohnung aufhalten – Handwerker oder Babysitter zum Beispiel – zählen nicht zu den Empfangsberechtigten.

Oft verlangt der Überbringer der Kündigung von Ihnen, die Aushändigung schriftlich zu bestätigen. Dem Wunsch können Sie zwar nachkommen, Sie müssen es aber nicht.


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