Aufhebungsvertrag: Was gilt es zu beachten?

Sie werden eines Tages in das Büro Ihres Chefs zitiert. Sie würden angeblich infolge einer Umstrukturierung demnächst gekündigt werden. Allerdings schlägt Ihr Chef Ihnen vor, einen Aufhebungsvertrag – der eine großzügige Abfindung vorsieht – zu unterschreiben. Ist das Angebot wirklich so gut wie der Chef behauptet oder lohnt es sich eher, auf die Kündigung zu warten?

Hier erfahren Sie, welche Vor- und Nachteile ein Aufhebungsvertrag hat und was Sie vor der Unterzeichnung unbedingt beachten müssen!

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Aufhebungsvertrag: Das Wichtigste im Überblick

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Ein Aufhebungsvertrag – auch Auflösungsvertrag genannt – beendet das Arbeitsverhältnis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Der Unterschied zur Kündigung besteht darin, dass es sich bei dieser um eine einseitige Erklärung handelt: Wenn Ihr Chef Ihnen kündigt, müssen Sie dem nicht zustimmen. Bei einem Aufhebungsvertrag hingegen handelt es sich um eine zweiseitige Regelung: Er ist nur dann wirksam, wenn Sie diesem zustimmen.

Beachten Sie: Ihr Arbeitgeber kann Sie nicht dazu zwingen, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen! Ebenso wenig darf er von Ihnen fordern, dass Sie sich sofort entscheiden. Eine angemessene Bedenkzeit muss gewährt werden (BAG-Urteil vom 16. Januar 1992, Az. 2 AZR 412/91).

Welche Gründe gibt es für einen Aufhebungsvertrag?

Zu einem Aufhebungsvertrag greifen Arbeitgeber meist, wenn Sie die rechtlichen Unsicherheiten, die sich bei einer Kündigung ergeben können, umschiffen wollen. Da der Gesetzgeber ein bestehendes Arbeitsverhältnis als höchst schützenswert ansieht, kann ein Angestellter nur aus gutem Grund entlassen werden. Stellt sich die Kündigung als nicht gerechtfertigt heraus oder werden formale Fehler festgestellt, kann sie im Rahmen einer Kündigungsschutzklage für unwirksam erklärt werden.

Bei einem Aufhebungsvertrag stellen sich diese Probleme nicht. Wird der Vertrag vom Arbeitnehmer unterschrieben, stimmt dieser der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu: Er kann danach also nicht klagen.

Abfindung bei Kündigung und Aufhebungsvertrag

In den meisten Fällen zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn er einem Aufhebungsvertrag zustimmt. Was zunächst wie ein fairer Deal wirkt, sollte im Detail geprüft werden: Die Abfindung sollte angemessen sein und dies lässt sich für Laien nur schwer beurteilen. Beachten Sie allerdings, dass Sie im Falle einer Kündigung und einer darauf folgenden Kündigungsschutzklage keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung haben: Zwar enden Kündigungsschutzprozesse häufig mit einer Abfindung, doch ist diese nicht sicher.

Kann auch ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag vorlegen?

Ja, auch Sie als Arbeitnehmer können Ihrem Chef einen Aufhebungsvertrag vorschlagen. Zu diesem Mittel wird vor allem dann gegriffen, wenn sich Arbeitnehmer im Job nicht mehr wohl fühlen und bereits eine neue Stelle in Aussicht haben. Will der neue Arbeitgeber dann, dass die Vakanz möglichst schnell besetzt wird, kann das alte Beschäftigungsverhältnis dank eines Aufhebungsvertrags mit sofortiger Wirkung beendet werden.

Dabei gilt aber: Da Ihr Arbeitgeber Sie nicht zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags zwingen kann, können Sie Ihren Arbeitgeber auch nicht dazu zwingen. Wenn Ihr Arbeitgeber Sie also bis zum Ablauf Ihrer gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist weiterhin beschäftigen will, müssen Sie auch weiterhin zur Arbeit erscheinen. Lässt Ihr Chef sich nicht auf einen Aufhebungsvertrag ein, bleibt Ihnen nur die ordentliche Kündigung.

Weitere Informationen: Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung

 

Die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrags

Abfindung

In der Regel wird Ihnen Ihr Arbeitgeber im Gegenzug für Ihre Einwilligung zum Aufhebungsvertrag eine Abfindung anbieten.

Keine Kündigungsfristen

Im Gegensatz zur Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen bei einem Aufhebungsvertrag nicht. Wenn Sie dem zustimmen, kann Ihr Arbeitsverhältnis auch mit sofortiger Wirkung beendet werden.

Viel Verhandlungsspielraum

Vergessen Sie nicht: Wenn Ihr Chef Ihnen einen Aufhebungsvertrag in die Hand drückt, will er etwas von Ihnen – nicht anders herum. Zögern Sie also nicht, Forderungen Ihrerseits zu stellen: So können Sie beispielsweise auf ein gutes Arbeitszeugnis oder Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld bestehen. 

Kein Kündigungsschutz

Wenn Sie unter Kündigungsschutz stehen, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nur betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt kündigen. Eine grundlose Kündigung ist nicht möglich. Bei einem Aufhebungsvertrag muss er hingegen keine Gründe angeben: Wenn Sie unterzeichnen, verzichten Sie freiwillig auf Ihren Kündigungsschutz. Das gilt selbst bei Personengruppen, die unter besonderem Kündigungsschutz stehen und quasi unkündbar sind. Dazu zählen beispielsweise Schwangere und Betriebsratsmitglieder.

Keine Anhörung des Betriebsrats nötig

Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat, muss Ihr Angeber diesen vor einer Kündigung anhören. Bei einem Aufhebungsvertrag gilt dies nicht: Der Betriebsrat muss darüber nicht informiert werden.

Sperre vom Arbeitsamt möglich

Stimmen Sie einem Aufhebungsvertrag zu, kann das Arbeitsamt Ihnen das Arbeitslosengeld für eine bestimmte Frist sperren. Lesen Sie hierzu den Absatz Aufhebungsvertrag kann zu Sperre beim Arbeitslosengeld führen

Aufhebungsvertrag kann zu Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen

Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, muss mit einer zwölfwöchigen Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. Das Jobcenter geht nämlich gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III davon aus, dass Sie Ihr Arbeitsverhältnis durch Unterzeichnen des Aufhebungsvertrags selbst beendet und Ihre eigene Arbeitslosigkeit dadurch „vorsätzlich oder grob fahrlässig“ selbst verursacht haben. Als Strafe wird erhalten Sie zwölf Wochen lang kein Arbeitslosengeld.

Umgehen können Sie die Sperre beim Arbeitsamt, wenn Sie nachweisen können, dass es ohne Aufhebungsvertrag unweigerlich zu einer betriebsbedingten Kündigung gekommen wäre. Dies muss eindeutig so im Aufhebungsvertrag festgehalten werden. Auf Nummer sicher können Sie gehen, wenn Sie vor der Unterschrift mit Ihrem Jobcenter Rücksprache halten und den Ihnen vorliegenden Vertrag sowie die darin enthaltenen Formulierungen prüfen lassen.

Zwei weitere Bedingungen müssen gegeben sein, damit Sie keine Sperrzeit vom Arbeitsamt befürchten müssen:

  • Die Abfindung darf nicht höher sein als die Abfindung, die Ihnen von Gesetzes wegen bei einer betriebsbedingten Kündigung zugestanden hätte (§ 1a Abs. 2 KSchG). Dabei handelt es sich um ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Fällt Ihre Abfindung deutlich höher aus, geht das Jobcenter davon aus, dass Ihr Arbeitgeber sich Ihre Einwilligung „erkauft“ hat.
  • Die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen müssen eingehalten werden: Wollen Sie keine Sperrzeit beim Arbeitsamt riskieren, müssen Sie darauf achten, dass Ihr Aufhebungsvertrag keine verkürzten Kündigungsfristen vorsieht.

Ein Beispiel aus der E-Mail-Beratung: Agentur für Arbeit fordert Stellungnahme zum Aufhebungsvertrag

Wie muss ein Aufhebungsvertrag aussehen?

Formvorgaben eines Aufhebungsvertrags

Gemäß § 623 BGB muss ein Aufhebungsvertrag immer schriftlich vorliegen, um wirksam zu sein. Das bedeutet auch, dass das Dokument von beiden Parteien handschriftlich unterzeichnet sein muss. Ein Aufhebungsvertrag, der per Fax, E-Mail oder sogar SMS geschlossen wurde gilt nicht.

Inhalt eines Aufhebungsvertrags

Wie der Aufhebungsvertrag inhaltlich auszusehen hat, hängt ganz von Ihrem Beschäftigungsverhältnis ab. Im Aufhebungsvertrag können und sollten allerlei Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgehalten werden. Gerade deshalb empfiehlt es sich, einen solchen Vertrag immer von einem Rechtsanwalt checken zu lassen.

Die folgenden Punkte könnten in Ihrem Aufhebungsvertrag zu finden sein:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Regelung über noch zu leistende Gehaltszahlungen
  • Was passiert mit dem Resturlaub? Ist die Urlaubsabgeltung (=Auszahlung restlicher Urlaubstage) vorgesehen?
  • Zeugnisnote und Zeugnisinhalt
  • Ist eine Abfindung vorgesehen? Wenn ja: In welcher Höhe?
  • Wird der Arbeitnehmer freigestellt?
  • Ausgleichsklausel, wonach gegenseitige Ansprüche der Parteien sofort oder nach Ablauf einer vereinbarten Frist verfallen
  • Gibt es Ansprüche auf Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Provisionen)?
  • Muss Firmeneigentum zurückgegeben werden? Was passiert mit dem Dienstwagen?
  • Vereinbarung zum Wettbewerbsverbot

 

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Aufhebungsvertrag

  • Was unterscheidet den Aufhebungsvertrag von einem Abwicklungsvertrag?

    Der Aufhebungsvertrag beendet ein Arbeitsverhältnis, während der Abwicklungsvertrag lediglich Regelungen zur Beendigung trifft. Einem Abwicklungsvertrag muss also immer eine Kündigung vorausgehen.

  • Welche Abfindungshöhe gilt beim Aufhebungsvertrag?

    Es gibt bei Aufhebungsverträgen keine gesetzlich festgelegte Abfindungshöhe. Ganz im Gegenteil: Sie haben als Arbeitnehmer nicht einmal einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung.

    Nichtsdestotrotz ist eine Abfindung beim Aufhebungsvertrag aber üblich. Das hängt damit zusammen, dass Ihrem Arbeitgeber Vorteile durch die schnelle und unkomplizierte Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses entstehen. Als Ausgleich erhalten Sie eine Abfindung.

    Eine Faustregel für die Höhe der Abfindung ist: halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

    Grundsätzlich kommt es bei der Höhe der Abfindung aber auf Verhandlungsgeschick an. Bei finanzstarken Unternehmen und einer langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers wird die Abfindung eher höher ausfallen. Wenn Sie davon ausgehen, dass eine Kündigung nicht sozial gerechtfertigt wäre (beispielsweise weil es keinen guten Grund dafür gibt oder weil soziale Aspekte wie Ihr hohes Alter dagegen sprechen), können Sie ebenfalls pokern und eine hohe Abfindung herausschlagen.

  • Ich habe den Aufhebungsvertrag unterschrieben und will dies rückgängig machen: Geht das?

    In der Regel stehen die Chancen auf die Anfechtung oder den Widerruf eines Aufhebungsvertrags schlecht. Ist er einmal unterschrieben, ist er auch wirksam. Es gibt jedoch drei Ausnahmen:

    1. Anfechtung bei widerrechtlicher Drohung oder arglistiger Täuschung (§ 123 BGB): Wenn Ihr Arbeitgeber beispielsweise bewusst behauptet, dass der Betrieb sowieso bald aufgelöst wird, obwohl dies nicht der Wahrheit entspricht oder wenn er eine Krankheit ausnutzt (BGH-Urteil, Az. 6 AZR 75/18), können Sie den Aufhebungsvertrag anfechten.
    2. Rücktritt bei Verletzung der Vertragspflichten: Sie können vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, wenn Ihr Gegenüber gegen seine Vertragspflichten verstößt. Beispiel: Ihr Arbeitgeber zahlt die vereinbarte Abfindung nicht rechtzeitig. Wenn Sie ihm eine Frist zur Zahlung gestellt haben, diese aber noch immer nicht erfolgt ist, können Sie unter Umständen vom Aufhebungsvertrag zurücktreten.
    3. Widerruf bei vertraglichem Widerrufsrecht: Wenn auf Ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet und die Möglichkeit des Widerrufs darin vereinbart ist, können Sie den Aufhebungsvertrag unter den tarifvertraglich festgelegten Konditionen widerrufen.
  • Betriebsübergang: Ist ein Aufhebungsvertrag wirksam?

    Von einem Betriebsübergang spricht man, wenn ein Teil des Betriebs oder der ganze Betrieb an einen neuen Inhaber übertragen wird.

    Kündigungen, die aufgrund eines Betriebsübergangs ausgesprochen werden, sind unwirksam. Aus diesem Grund greifen viele Arbeitgeber auf Aufhebungsverträge zurück: Entscheiden sich die Angestellten zur Unterzeichnung, ist die Vereinbarung wirksam. Lässt sich allerdings belegen, dass der Aufhebungsvertrag lediglich dazu dient, das Kündigungsverbot zu umgehen, ist er unwirksam. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Arbeitnehmern nach Unterschrift des Aufhebungsvertrags ein neuer Arbeitsvertrag mit schlechteren Konditionen vorgelegt wird. Der Aufhebungsvertrag darf kein Schlupfloch für Arbeitgeber sein.

  • Muss mein Chef mich über die Folgen des Aufhebungsvertrags aufklären?

    Bei einem Aufhebungsvertrag muss Ihr Arbeitgeber – vor allem wenn der Aufhebungswunsch von ihm selbst ausging – Sie über bestimmte Folgen informieren. Dazu zählt vor allem die Aufklärung über Einbußen bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge.

    Bleibt die Aufklärung aus, können Sie als Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz haben (BAG-Urteil vom 17. Oktober 2000, Az. 3 AZR 605/99).

    Geht der Aufhebungsvertrag allerdings von Ihnen selbst aus, müssen Sie sich auch selbst über alle etwaigen Konsequenzen informieren.

  • Erhalte ich auch eine Abfindung, wenn ich als Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag vorschlage?

    Nein, in diesem Fall wird Ihr Arbeitgeber mit großer Wahrscheinlichkeit keine Abfindung zahlen.

  • Soll ich den Aufhebungsvertrag unterschreiben oder doch lieber auf die Kündigung warten?

    Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Es bedarf immer einer Einzelfallprüfung.


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