Einbau einer ebenerdigen Dusche: Einverständnis der Eigentümerversammlung nötig?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir sind Eigentümer einer Wohnung in einem 6-Familienhaus.

Wir haben von einer Fachfirma eine ebenerdige Dusche einbauen lassen, wobei eine Kernbohrung durch die Kellerdecke (Gemeinschaftseigentum) erforderlich wurde. Unter unserem Badezimmer befindet sich ein als Fahrradkeller genutzter Raum, hier wurde ein Abflussrohr unter der Decke zum Fallrohr gelegt. Die Nutzung des Raumes erfährt durch die Maßnahme keinerlei Einschränkung.

Bei der letzten Eigentümerversammlung wurde uns mitgeteilt, dass wir hierfür eine Genehmigung der Eigentümer benötigt hätten. Die Eigentümer fordern nun von uns entweder den Rückbau oder eine Zahlung in die Rücklagenkasse in Höhe von 1.000 €.

Der Umbau wurde erforderlich weil meine Frau eine 50 %-ige Behinderung hat und in der alten Duschwanne mehrfach gestürzt war.

Unsere Anfrage: müssen wir diese Zahlung leisten? Oder bestand auf Grund der Sachlage eine "Entbehrlichkeit" der Zustimmungspflicht? Wurden durch diese Maßnahme die Eigentumsrechte der anderen Eigentümer tatsächlich so massiv beeinrächtigt?

Hinweis: Die Ausführung erfolgte sachgerecht.. Wir haben uns verpflichtet für Schäden die nachträglich entstehen könnten, aufzukommen.

Antwort des Anwalts

Sind die Voraussetzungen einer baulichen Veränderung gegeben und unterfällt sie auch nicht den Vorschriften zur Modernisierung, so hängen die weiteren rechtlichen Möglichkeiten, sofern die Teilungserklärung keine besonderen Regelungen vorsieht, davon ab, ob die gewünschte Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums einen oder mehrere Wohnungseigentümer beeinträchtigt. Ist dies der Fall, bedarf die Durchführung der Maßnahme, wie im Gegenschluss aus § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG hervorgeht, grundsätzlich der Zustimmung der betroffenen Miteigentümer.

Beim Bemühen um den Nachweis des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens einer Beeinträchtigung werden die Gegner einer baulichen Veränderung i.d.R. vor geringere Probleme gestellt als der Umbauwillige.
Denn der Begriff des »Nachteils« ist weit zu verstehen und erfasst, wie der Verweis auf § 14 WEG zeigt, jeden bei einem geordneten Zusammenleben nicht schlechterdings unvermeidlichen Nachteil (BVerfG ZMR 2005, 635; BGH NJW 1992, 979; OLG Düsseldorf ZMR 2001, 131).

Es genügt mithin jegliche nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung (BayObLG ZMR 1997, 90; 2003, 515; OLG Düsseldorf ZMR 2001, 131; LG Hamburg ZMR 2012, 888 f.).
Lediglich völlig belanglose Nachteile mit Bagatellcharakter stellen keine Beeinträchtigung i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG dar (LG München I ZMR 2012, 300; AG Hamburg ZMR 2012, 140). Dies wird nur selten angenommen.

Die Schaffung eines von der Teilungserklärung abweichenden Zustands alleine genügt nicht (BGH ZMR 2001, 291; 2012, 210).

Das Vorliegen eines Nachteils bemisst sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des betroffenen Wohnungseigentümers, sondern nach einem objektiven Maßstab, also danach, ob ein neutraler Dritter an seiner Stelle die Veränderung nach der Verkehrsanschauung als Beeinträchtigung empfinden kann (BGH ZMR 2012, 210; BayObLG ZMR 1997, 90; 2003, 515; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 430; 2004, 465; OLG Hamburg ZMR 2005, 305 f.; LG Hamburg ZMR 2012, 888 f.; AG Hamburg, ZMR 2010, 984). Rein subjektive Empfindlichkeiten genügen nicht (BGH ZMR 2012, 210; BayObLG WE 1987, 157; LG Hamburg ZMR 2012, 140); eine Beeinträchtigung muss nach objektiven Maßstäben gegeben sein (OLG Hamburg ZMR 2003, 524 f. [OLG Hamburg 04.03.2003 - 2 Wx 102/99]; LG Flensburg ZMR 2004, 70).

Auch das Risiko einer Beeinträchtigung durch Missbrauch einer baulichen Veränderung genügt nicht (BGH ZMR 2011, 734 f. [BGH 08.04.2011 - V ZR 210/10]) Zur Beurteilung einer Beeinträchtigung können zunächst öffentlich-rechtliche Schutzvorschriften wie das BImschG herangezogen werden. Ihrer Einhaltung durch eine bauliche Maßnahme kommt Indizwirkung dafür zu, dass von der Anlage ausgehende Beeinträchtigungen nur unwesentlich i.S.v. § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB sind (BGH ZMR 2004, 416 ff.; OVG Lüneburg ZMR 2006, 83 f.; skeptischer AG Reutlingen ZMR 2013, 152; a.A. jetzt für Mobilfunkanlagen BGH ZMR 2014, 464 f.). Sie kann aber durch wissenschaftliche Zweifel an der Richtigkeit der Grenzwerte oder durch fundierte Darlegungen zu einem auch bei ihrer Einhaltung fortbestehenden Gefahrenpotenzial im Einzelfall erschüttert werden (BGH ZMR 2004, 418). Weiter können technische Vorschriften wie DIN-Normen (BayObLG ZMR 2000, 311; OLG Köln ZMR 2002, 77; OLG München ZMR 2005, 650) oder VDI-Richtlinien als Maßstab dienen (BayObLG WuM 1985, 234; LG München I ZMR 2012, 479 f.), darüber hinaus auch die Vorschriften zum Nachbarrecht und ihre Konkretisierung in der Rechtsprechung wie auch die Regelungen des Baurechts (BayObLG ZMR 1999, 349; OLG Hamm ZMR 2003, 372 [OLG Hamm 21.10.2002 - 15 W 77/2]), allerdings nicht, wenn trotz Verstoßes gegen eine drittschützende Norm eine bestandskräftige Genehmigung vorliegt (LG Berlin ZMR 2013, 733 f.). Eine pauschale Übernahme oder analoge Anwendung dieser Vorschriften scheidet jedoch aus, da sie die Beziehungen aller Rechtsgenossen untereinander regeln, während unter den Miteigentümern ein erhöhtes, über das übliche Nachbarschaftsverhältnis von Grundstückseigentümern hinausgehendes Maß an Rücksichtnahme geboten ist (OLG Köln ZMR 1997, 48; OLG Stuttgart ZMR 2001, 731; OLG Hamm ZMR 2003, 372). Eine Beurteilung der Beeinträchtigung alleine nach öffentlich-rechtlichen Grenzwerten, DIN-Normen oder VDI-Richtlinien kommt insbesondere bei Anlagen mit überdurchschnittlichem baulichen Niveau nicht in Betracht (OLG Köln ZMR 2004, 463; OLG München ZMR 2005, 650 f.).

Die Feststellung einer Beeinträchtigung ist grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanzen, die in der Revision nur beschränkt überprüft werden kann (vgl. noch zum alten Recht OLG Köln ZMR 1995, 607; BayObLG ZMR 1997, 153; 2003, 857; 2005, 67; OLG Hamburg ZMR 1998, 798; 2003, 525; 2004, 140; 2005, 392). Auch die Revisionsinstanz hat aber zu überprüfen, ob bei der Auslegung des Nachteilsbegriffs gem. § 14 Nr. 1 WEG die Ausstrahlungswirkung des Eigentumsgrundrechtes ausreichend in die Abwägung einbezogen wurde (vgl. noch zum alten Recht BVerfG ZMR 2005, 635 f.; OLG München ZMR 2005, 650; OLG Schleswig ZMR 2005, 817).

Eine Beeinträchtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG ist stets auch dann zu bejahen, wenn es zu Schäden am Gemeinschaftseigentum kommen kann. Das ist etwa bei Mauerdurchbrüchen oder Eingriffen in die Dachhaut der Fall, die in Substanz oder Statik des Gebäudes eingreifen (OLG Düsseldorf ZMR 1997, 437; BayObLG WE 1991, 254; ZMR 1998, 362). Wenn bereits ein Schaden eingetreten ist, erübrigen sich im Hinblick auf die Annahme einer Beeinträchtigung nach § 14 Nr. 1 WEG weitere Prüfungen seiner Vorhersehbarkeit etc., da sich das Risiko dann sogar schon verwirklicht hat (AG Oberhausen ZMR 2012, 59). Es genügt eine konkrete Gefährdung, selbst wenn ein Schaden nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann.

Das ist bei Ihnen wohl der Fall. Hieraus folgt aber, dass die Miteigentümer Ihnen gegenüber die ihnen zustehenden Rechte geltend machen können.

Hat der umbauende Wohnungseigentümer die anderen vor vollendete Tatsachen gestellt, können diese aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG die Beseitigung der baulichen Veränderung verlangen (BayObLG ZMR 1995, 496 f.; OLG Köln ZMR 1995, 606; KG ZMR 2005, 978). Darüber hinaus können sie deren Beseitigung aus § 823 Abs. 1 BGB verlangen, sofern ein schuldhaftes Handeln des Umbauenden vorliegt (OLG Köln ZMR 1995, 606), was aber regelmäßig zu bejahen sein wird. In der Sache führt dieser Anspruch selten weiter als der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB, da auch dieser die vollständige Beseitigung der rechtswidrigen Veränderung umfasst, was verbliebene Schäden wie Dübellöcher, Maueröffnungen usw. einschließt (vgl. BayObLG ZMR 1995, 496 f.; WE 1998, 150; OLG Köln ZMR 1995, 606). Ähnliches gilt für die weiterhin diskutierte Anspruchsgrundlage der positiven Vertragsverletzung, nunmehr § 280 BGB. Hingegen kann aus keiner Anspruchsgrundlage ein »modifizierter Rückbau«, also ein Umbau zu einer dem Beeinträchtigten genehmen Veränderung verlangt werden (OLG Düsseldorf ZMR 2004, 365 f.; ähnlich BayObLG ZMR 2005, 378).
Ferner bestehen Ansprüche auf Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Gemeinschaftseigentums gegen die Eigentümergemeinschaft (OLG Köln ZMR 2004, 708; OLG Hamm ZMR 2005, 307). Antrag und Tenor müssen hinreichend bestimmt sein. Es genügt also nicht, »den Rückbau der Veränderungen« o.Ä. zu beantragen. Der Antragsteller hat die bekämpfte Veränderung im Einzelnen zu beschreiben, so dass in der Zwangsvollstreckung kein Zweifel mehr darüber aufkommen kann, was zu beseitigen ist. Nützlich kann in diesem Zusammenhang die Vorlage von Plänen, Bauzeichnungen oder Lichtbildern sein, die durch Markierungen o.Ä. den Umfang der gewünschten Beseitigung klar machen. Auf eine solche Anlage kann auch im Entscheidungstenor Bezug genommen werden, was einer nicht selten zu Auslegungsschwierigkeiten Anlass bietenden wörtlichen Beschreibung vorzuziehen sein kann. Hingegen hat der Antragsteller keinen Anspruch darauf, wie die Beeinträchtigung durch eine bauliche Veränderung beseitigt wird. Etwa bei Immissionen ist es Sache des Urhebers einer baulichen Veränderung, ob er die Störungsquelle völlig beseitigt oder durch zusätzliche Einbauten neutralisiert (OLG Düsseldorf ZMR 1997, 537). Sofern nur ein Teil der baulichen Veränderung beeinträchtigt, kann der betroffene Wohnungseigentümer nur dessen Entfernung verlangen (BayObLG ZMR 2000, 236). Dem in Anspruch Genommenen steht es aber offen, die Einrichtung insgesamt zu beseitigen. Sofern über den Umfang der baulichen Veränderung und somit über den Antrag Zweifel bestehen, folgt aus § 242 BGB ein Auskunftsanspruch gegen den Wohnungseigentümer, der die bauliche Veränderung vorgenommen hat (OLG Düsseldorf ZMR 1997, 149). Dieser kann im Stufenverhältnis zum Beseitigungsantrag gestellt werden.

Daraus ergibt sich aber, dass der Ihnen unterbreitete Vorschlag wohl wirtschaftlich sinnvoll und auch interessengerecht ist.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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