Steuerliche Rückzahlungsforderungen bei Selbstständigen

Online-Rechtsberatung
Stand: 18.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich erhalte seit Jahren (mit Unterbrechung durch Arbeitslosigkeit) Einkünfte aus - hauptberuflicher - nichtselbstständiger Arbeit. Habe mich im Jahr 2002 nebenberuflich selbständig gemacht (Direktvertrieb). Die Verluste aus dieser selbständigen Arbeit habe ich mit meiner Einkommensteuer aus nichtselbstständiger Arbeit verrechnet, so daß ich regelmäßig Steuerrückerstattungen bekommen habe. Da ich aus Zeitgründen die selbständige Arbeit aber nicht so ausüben konnte, wie anfangs geplant, hat mir das Finanzamt nun im Jahre 2010 diese Selbstständigkeit aberkannt.

Nun ging mir in den letzten Tagen per Post mein Einkommenssteuerbescheid für 2009 ein, gleichzeitig aber auch ein berichtigter Steuerbescheid von 2002, in dem ich nun 771,67 Euro nachzahlen soll.

Da die bisherigen Steuerbescheide wohl nach Paragraph 165 vorläufig waren, frage ich mich nun, ob das Finanzamt noch Bescheide aus dem Jahr 2002 folgende berichtigen kann. Soweit ich weiß, greift doch hier die Festsetzungsverjährung mit einer Frist von 4 Jahren zum Ende des Kalenderjahres, in dem der Steuerbescheid erlassen wurde. Im Falle der Einkommensteuer aus 2002, die ja im Jahre 2003 festgelegt wurde, müßte doch somit der Bescheid mit Ablauf des 31.12.2008 enden bzw. verjähren?

Oder gibt es in diesem speziellen Fall, in dem ich meine Verluste aus selbständiger Arbeit steuerlich geltend gemacht habe, andere oder gar keine Fristen?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandant,

mir ist bewusst, dass das deutsche Steuerrecht es den Selbständigen nicht immer leicht macht und ich kann mir vorstellen, dass gerade Rückzahlungsforderungen immer ärgerlich sind.
Was Ihr Problem angeht, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass die Rechtslage eindeutig ist. Der zu Grunde liegende Bescheid von 2002 war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 165 I, II Abgabenordnung (AO), wie bei Selbständigen üblich. Hintergrund dieses Vorbehaltes ist, dass das Finanzamt gerade bei Selbständigen zur Möglichkeit der Außenprüfung nach § 193 ff AO greift und dadurch in Nachhinein eine andere Besteuerung in Frage kommen könnte. Eine Änderung derartiger Bescheide ist nach § 171 VIII AO möglich, danach endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Gründe für den Vorbehalt beseitigt sind und das Finanzamt davon Kenntnis erlangt hat. Ihnen wurde nach eigenen Angaben 2010 die Selbständigkeit aberkannt. Ich gehe davon aus, dass Sie über die Jahre 2002 bis 2009 mit Ihrer Selbständigkeit nur Verluste erzielt haben. In derartigen Fällen geht das Finanzamt davon aus, dass Ihnen die für die Selbständigkeit notwendige Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Dies wird meist nach 7 Jahren überprüft, weil jedem Selbständigen eine gewisse „Gründerphase“ zugesprochen wird, wo mehrheitlich mit Verlusten zu rechnen ist. Bei der Überprüfung fordert das Finanzamt dann den sogenannten „Totalgewinn in der Totalperiode“, das heißt , in diesen 7 Jahren muss das Unternehmen insgesamt Gewinn gemacht haben, sonst geht das Finanzamt von einem Hobby oder im Fachjargon von einer „Liebhaberei“ aus, wo keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar ist, mit der Folge, dass etwaige geltend gemachte Verluste zurückgefordert werden können, wie in Ihrem Fall geschehen. Die von Ihnen angesprochene 4-Jährige Verjährungsfrist nach § 169 I Nr.2 AO gilt in Ihren Fall nicht, insoweit ist § 171 VIII AO eine Sondervorschrift, eine Verjährung liegt dann erst Ende 2011 vor.
Für Ihren Fall ist noch entscheidend, ob die Versagung der Selbständigkeit noch anfechtbar ist oder nicht. Die Einspruchsfrist beträgt nach § 355 AO einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides. Falls dies noch möglich ist, wäre ein Vortrag insoweit möglich, dass in diesen 7 Jahren durchaus Gewinnerzielungsabsicht bestand, dies kann man durch Vorlage von Business-Plänen oder Marketing-Strategien belegen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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