Auskunftspflicht gegenüber Sozialhilfebehörde

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Schwägerin (48 Jahre) bezieht ca. 1998 Sozialhilfe und später die Grundsicherung nach SGB XII vom Sozialamt Hannover.
Der Regelsatz abzüglich Miete und Strom wird auf das Girokonto meines Mannes überwiesen und er übergibt ihr den Betrag. Miete und Strom überweist das Sozialamt direkt an Wohngenosssenschaft und Stadtwerke.

Meine Schwägerin besitzt kein eigenes Girokonto, da es in der Vergangenheit zu Überziehungen, Konten-Sperrungen und schlechter Schufa-Auskunft gekommen ist.
Jedes Jahr muß die Grundsicherung mittels eines wirtschaftlichen Fragebogens zur Überprüfung des Anspruchs neu beantragt und bewilligt werden.
Erstmals im letztem Jahr verlangte das Sozialamt Hannover Kontoauszüges des letzten Monats von dem Konto, auf dem alle Geldzu- ung abgänge meiner Schwägerin verzeichnet sind. Also das Konto meines Mannes!
Meine Schwägerin hat wirklich keine einzigen Zu- und Abgänge, außer die monatliche Grundsicherung.
Im letzten Jahr reichte dem Amt nach Rücksprache eine schriftliche Bestätigung hierüber. Jetzt wollen sie aber Kopien der Kontoauszüge meines Mannes eingereicht haben.
Lt. Schreiben dürfen Kontoempfänger unkenntlich gemacht werden, wenn es Zahlungen personenbezogener Daten betrifft, wie z.B. Gewerkschaften, politische Parteien usw. Alle Einnahmen müssen unbegrenzt aus den Kontoauszügen hervorgehen.
Wie ist jetzt die Rechtslage, auch in Hinblick auf die nächsten Jahre:
Ist mein Mann bzw. jeder Kontoempfänger von Sozialhilfe bzw. Grundsicherung verpflichtet, alle seine Kontoauszüge des jeweils letzten Monats dem Amt generell offen vorzulegen?

Antwort des Anwalts

Die Auskunftspflicht Ihrer Schwägerin sowie Ihres Ehemannes gegenüber der Sozialhilfebehörde begründet sich aus § 117 SGB XII.

Zweck der Regelung ist es, dem Träger der Sozialhilfe die Prüfung der Bedürftigkeit des Leistungsberechtigten zu ermöglichen, ihn in die Lage zu versetzen, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Nachrang der Sozialhilfe durch Inanspruchnahme von etwaigen Unterhalts- oder Kostenersatzpflichtigen hergestellt werden soll.

Auskunftspflicht Ihrer Schwägerin gemäß § 117 I SGB XII
Die Unterhaltspflichtigen, ihre nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner und die Kostenersatzpflichtigen haben dem Träger der Sozialhilfe über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse Auskunft zu geben, soweit die Durchführung dieses Buches es erfordert. 2Dabei haben sie die Verpflichtung, auf Verlangen des Trägers der Sozialhilfe Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. 3Auskunftspflichtig nach Satz 1 und 2 sind auch Personen, von denen nach § 39 trotz Aufforderung unwiderlegt vermutet wird, dass sie Leistungen zum Lebensunterhalt an andere Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbringen. 4Die Auskunftspflicht der Finanzbehörden nach § 21 Abs. 4 des Zehnten Buches erstreckt sich auch auf diese Personen.
Hinsichtlich der Vorlage von Kontoauszügen ist noch nicht endgültig geklärt, wie weit hier eine Vorlagepflicht des Hilfesuchenden - also für den fall dass Ihre Schwägerin ein Konto führen würde- tatsächlich besteht.

Von den meisten unteren Gerichten wird jedoch befürwortet, dass sowohl für die Feststellung der Unterkunfts- und Heizkosten als auch für die Höhe eventuellen Einkommens und Vermögens es notwendig ist, den Mietvertrag sowie Unterlagen von Banken und Versicherungen im Original einzusehen, um einen Missbrauch auszuschließen. Dies gilt entsprechend für die Vorlage von ungeschwärzten Kontoauszügen für wohl mindestens die letzten sechs Monate; der aktuelle Kontoauszug soll insoweit nicht genügen, da die Kontobewegungen der letzten Monate zur vollständigen Ermittlung von Einkommen und Vermögen notwendig sein sollen.

Die Darlegung der Einkommens- und vor allem auch Vermögensausgaben ist darüber hinaus im Hinblick darauf relevant, ob vor allem Vermögen „verschleudert“ wurde, so dass die Hilfebedürftigkeit im gewissen Sinne selbst verschuldet wurde. Ich nehme an, dass der Sozialhilfeträger in erster Linie deshalb die Auskunft möchte.

Auskunftspflicht Ihres Ehemannes
Hinsichtlich Ihres Ehemannes gilt zunächst einmal, dass er gemäß § 117 I SGB XII grundsätzlich keine Auskunftspflicht hat. Ihr Ehemann ist gegenüber seiner hilfebedürftigen Schwester nämlich nicht zum Unterhalt verpflichtet . § 117 Abs. 1 SGB XII betrifft nur die Auskunftspflicht von Personen, die dem Hilfeempfänger gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sind.

  1. Persönlich erfasst § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII
    • Unterhaltspflichtige,
    • nicht getrennt lebende Ehegatten oder Lebenspartner und
    • Kostenersatzpflichtige.

    „Unterhaltspflichtige“ sind Personen, zwischen denen Unterhaltsansprüche bestehen. Unterhaltsansprüche bestehen nach dem Zivilrecht kraft Gesetzeszwischen:
    • Ehegatten (§§ 1360 ff. BGB),
    • Partnern einer geschiedenen oder aufgehobenen Ehe (§§ 1569 ff. BGB),
    • eingetragenen Lebenspartner (§§ 5, 12 LPartG),
    • Partner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft (§ 16 LPartG),
    • Verwandten in gerader Linie (§ 1601 BGB) und
    • nicht miteinander verheirateten Eltern (§ 1615 l BGB).

Zwischen Geschwistern bestehen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch wie gesagt keine Auskunftspflichten.

  1. Auskunftspflicht nach § 117 Abs. 3 SGB XII

Eine Auskunftspflicht Ihres Mannes kann sich aus § 117 Abs. 3 SGB XII ergeben.

Persönlich erfasst § 117 Abs. 3 Satz 1 SGB XII Personen, die antragstellenden oder bereits im Leistungsbezug stehenden Hilfebedürftigen
• Fall 1: zu Leistungen verpflichtet sind oder waren, die geeignet sind oder waren, die Sozialhilfeleistungen auszuschließen oder zu mindern, oder
• Fall 2: für ihn Guthaben führt oder Vermögensgegenstände verwahrt.

Die Norm des § 117 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB XII betrifft insbesondere Geld- und Kreditinstitute und Versicherungen mit allen Anlageformen, die zur Entstehung von zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen führen. Da Ihr Ehemann für sein Schwester aufgund der Überweisung der Sozialhilfe ein Guthaben führt ist die Auskunftspflicht insoweit übertragbar.

Leistungen des Dritten im Sinne des § 117 Abs. 3 Satz 1 § 117 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB XII sind alle Leistungen, die geeignet sind oder waren, eine Hilfebedürftigkeit auszuschließen. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach § 19 SGB XII sind Einkommen und Vermögen (§§ 82 ff. SGB XII) des Hilfebedürftigen zu berücksichtigen. Der Dritte ist somit dann auskunftspflichtig, wenn er dem Hilfebedürftigen zu bedürftigkeitsrelevanten Leistungen jeglicher Art verpflichtet ist oder war, die Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 82 ff. SGB XII darstellen und nach diesen Normen auch zu berücksichtigen, also nicht privilegiert sind.

Hinsichtlich des Umfangs der Vorlagepflicht von Kontoauszügen ist – da ich eine einschlägige Rechtsprechung hierzu nicht gefunden habe- auf die allgemeinen Grundsätze zur Vorlage von Kontoauszügen gerechtfertigt, s.oben unter 1.
Im Ergebnis, sehr geehrte Frau Schweda, ist eine Auskunftsverpflichtung daher am ehesten dadurch zu vermeiden, dass zukünftig eine alternative Form der Guthabenverwaltung der Sozialleistung für Ihre Schwägerin gewählt wird. Ich könnte mir diesbezüglich die Variante vorstellen, dass für Ihre Schwägerin eventuell ein reines Guthabenkonto eingerichtet wird. Dabei bliebe es aber noch bei der eventuell auftretenden Gefahr, dass nach dem jeweiligen Geldeingang die Regelleistungen von Ihrer Schwägerin sofort verbraucht würden. Alternativ könnte es angezeigt sein, dass Ihr Ehemann die Betreuung für Ihre Schwägerin im Hinblick auf deren Vermögensverhältnisse beantragt. Ein solcher Antrag müsste bei der Vormundschaftsabteilung des örtlichen Amtsgerichts beantragt werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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