Zwangsversteigerte Immobilie erworben - wann muss die ehem. Eigentümerin ausziehen ?

Online-Rechtsberatung
Stand: 19.01.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Worauf muss ich achten, wenn ich eine Immobilie im Zwangsversteigerungsverfahren erwerbe, in der die derzeitige Eigentümerin/Schuldnerin noch wohnt. Stimmt es, dass es meine Pflicht als neuer Eigentümer wäre, der Dame schriftlich eine Frist von 6-8 Wochen zu geben, um das Haus zu verlassen? Was passiert, wenn sie das Haus nach dieser Frist noch nicht verlassen hat? Gibt es Gründe, z.B. Krankheit, Suizidgefahr etc, die eine Zwangsvollstreckung unmöglich machen würden? Welche Rechte/Möglichkeiten hätte ich als neuer Eigentümer in solch einer Situation?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

Grundsätzlich gehen mit dem Zuschlag sämtliche Rechte und Pflichten als Eigentümer auf den Ersteher, also Sie, über. Dies bedeutet, dass Sie ab diesem Zeitpunkt berechtigt sind, nach Ihrem Gusto über die Immobilie zu verfügen. Nicht erforderlich ist zunächst die Vornahme der Eintragung Ihrer Person in das Grundbuch. Diese kann auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Wohnt die ehemalige Eigentümerin noch in dem Objekt, so können Sie von Ihr die sofortige Räumung und Herausgabe der Immobilie an Sie verlangen. Bereits aus praktikablen Erwägungen heraus ist ihr jedoch für die Räumung eine angemessene Frist zu setzen. Die Länge der Frist ist nirgends gesetzlich geregelt und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine normale Wohnung bspw. sollte die Frist 2-4 Wochen betragen, bei einem Haus entsprechend länger. 

Insoweit sollte nach Erhalt des Zuschlags die ehem. Eigentümerin nachweislich zur Räumung aufgefordert werden. Dies also schriftlich und dokumentiert zugestellt. Am sichersten ist die Zustellung über den Gerichtsvollzieher, notfalls reicht jedoch auch ein Einschreiben.

Räumt die Dame binnen der Frist die Immobilie indes nicht, so müssen Sie den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung beauftragen. Der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts wirkt insoweit als Vollstreckungstitel. Sie müssen also nicht noch Räumungsklage vor dem Amtsgericht erheben. Mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses kann sodann der Gerichtsvollzieher die Räumung betreiben und Ihnen den Besitz an der Immobilie einräumen.

Diese Vorgehensweise ist, bei fehlender Räumungsbereitschaft durch die ehem. Eigentümerin, zwingend erforderlich. Keinesfalls darf eine Räumung durch Sie selber durchgeführt werden. Dies würde gleich mehrere Straftatbestände verwirklichen.

Der Räumungstermin würde der ehemaligen Eigentümerin sodann 2 Wochen vorher vom Gerichtsvollzieher angekündigt. Hiergegen kann diese dann versuchen, Vollstreckungsschutz zu erlangen. Dieser würde jedoch nur dann bewilligt, wenn die Räumung für die Schuldnerin eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Hürden hierfür sind sehr hoch. Dies bereits daher, weil im Regelfall eine Gefahr für
Leib und Leben dargetan werden muss (vgl. BGH, NJW 2006, 508; BGH, Beschl. v. 14.06.2007, Az.: V ZB 28/07).

Zwar kann in Einzelfällen Suizidgefahr durchaus als besondere Härte ausgelegt werden. Die Gefahr muss jedoch ärztlich nachgewiesen werden und führte auch nur dazu, dass der Schuldnerin eine längere Räumungsfrist einzuräumen wäre. Ein dauerhaftes Verbleiben in der Immobilie kann hiermit nicht erreicht werden. Außerdem reicht Suizidgefahr allein in den wenigsten Fällen aus, die Zwangsvollstreckung zunächst einzustellen. Vielmehr ist am konkreten Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen dem Grundrecht des Schuldners aus Art. 2 GG und den Rechten des Erstehers auf Eigentumsschutz aus Art. 14 GG und wirksamen Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG vorzunehmen (vgl. BGH, a.a.O.).

In den wenigsten Fällen wird der Schuldner die Anforderung an die Darlegungslast erfüllen können, so dass es dann auch zur Räumung durch den Gerichtsvollzieher kommt.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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