Freundin im Ausland will Geld - Betrug ?

Online-Rechtsberatung
Stand: 22.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine russische Freundin will zu mir auf Besuch für ca. drei Monate. Sie schreibt jetzt, Sie habe in Russland von der Behörde (wo sagt sie nicht) erfahren, ihre Eltern hätten die Wohnung, in der sie momentan in Stadt A mit ihren Eltern lebt, vor Jahren auf Kredit beschafft. Die Wohnung laufe aber auf ihren Namen. Ihre Eltern hätten Kreditschulden, umgerechnet 1773 Euro. Die müssten vor Ausreise durch sie beglichen werden, da sonst keine Ausreise möglich wäre. Gibt es diese Bestimmung oder handelt es sich um einen Betrugsversuch? Die Dame sollte Besuchervisum beantragen und erhält von mir eine Verpflichtungserklärung.

Antwort des Anwalts

Ich möchte vorwegschicken, dass ich Ihren Fall natürlich nicht nach russischem Recht beurteilen kann, sondern in erster Linie nach Erfahrungswerten, die meiner Meinung hier aber relevant sind.

Bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt handelt es sich um einen Sachverhalt, der öfters vorkommt und den ich auch in meiner Praxis als Rechtsanwalt schon öfters beraten und vertreten habe.
In allen diesen bisherigen Fällen konnte ich feststellen, dass es sich um einen Betrugsversuch/Betrug gehandelt hat. Es handelt sich dabei um einen so genannten Vorkassebetrug. Wenn Sie diesen Begriff bei Google eingeben, erhalten Sie weitere Informationen, die möglicherweise mit Ihrem Fall vergleichbar sind.

Ob dies auch in Ihrem Fall so ist, vermag ich natürlich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit zu sagen. Mir ist aber nicht bekannt, dass es im russischen Recht eine Bestimmung gibt, die besagt, dass nur derjenige ins Ausland reisen kann, wenn er in Russland keine Kreditverpflichtungen mehr hat. Eine solche Regelung wäre im Übrigen auch unsinnig, da ja ansonsten jeder, der Grundbesitz durch Kredit finanziert (wie dies vermutlich auch in Russland üblich sein dürfte) mit der Finanzierungszusage automatisch auf seine Reisefreiheit verzichten würde. Auch wirtschaftlich wäre eine solche Bestimmung unsinnig, da Kreditverträge über Immobilien regelmäßig nicht über den Darlehensnehmer abgesichert werden sondern über die Immobilie selbst.

Typische Hinweise, die auf einen Betrugsversuch hindeuten, wären, wenn Ihnen die Freundin aus Russland nicht persönlich bekannt ist und Sie sich über das Internet kennen gelernt haben.
Selbst wenn Ihnen Fotos vorlegen, Sie mit ihr bereits telefoniert haben oder ein Gespräch über Skype stattgefunden hat, könnte dies lediglich den Hintergrund gehabt haben, dass zu Ihnen Vertrauen aufgebaut werden sollte, um einen Betrug vorzubereiten. Wenn man die Vorgehensweise solcher Betrugsangelegenheiten in den letzten Jahren verfolgt, stellt man fest, dass die Kontaktaufnahme in letzter Zeit meist nicht mehr über Spam-Mails, sondern durch persönliche Kontaktaufnahme beispielsweise über Internet-Kontaktbörsen oder Verkaufsplattformen erfolgt.

Grundsätzlich sollte vermieden werden, an unbekannte Dritte Geld zu überweisen. Besonders misstrauisch sollte man werden, wenn Zahlungen durch Banken erfolgen sollen. Wenn Sie bei einer solchen Bank eine Einzahlung machen, müssen Sie den Zahlungsempfänger per SMS oder Internet einen Zahlungscode mitteilen, mit dem dieser das Geld dann abheben kann. Diese Geldabhebung geschieht dann (irgendwo auf der Welt) entweder anonym oder mit gefälschten Papieren. Sie haben daher keine Möglichkeit mehr, den Zahlungsempfänger festzustellen oder das eingezahlte Geld wieder zurück zu erhalten.

Aber auch bei Zahlungen auf andere Konten ist höchste Vorsicht geboten. Eine Variante besteht darin, dass hier in Deutschland „Mitarbeiter“ geworben werden, denen versprochen wird, dass sie nur ihr persönliches Bankkonto zur Verfügung stellen müssen, um Zahlungseingänge von Kunden auf dieses Konto weiterzuleiten. Wenn sie Geld auf ein solches Konto überweisen werden diese Mitarbeiter natürlich genauso betrogen wie Sie, da das deutsche Konto lediglich dazu verwendet wird, bei den Opfern Vertrauen zu erwecken.

Wenn die gewünschte Zahlung aber erfolgt, bricht danach entweder unmittelbar der Kontakt ab, E-Mail-Adresse oder Telefonnummer sind plötzlich nicht mehr erreichbar. Oder das Opfer erhält eine weitere Nachricht, dass der gezahlte Betrag leider nicht ausreicht, da noch weitere Kredite, Verwaltungsgebühren oder Bestechungsgelder bezahlt werden müssen. Die Täter gehen dann davon aus, dass das Opfer durch die bereits erfolgte Zahlung leicht unter Druck zu setzen ist und hoffen so auf weitere Zahlungen.

Im Ergebnis würde ich Ihnen raten, keine Zahlungen an Ihre Freundin in Russland zu überweisen, bevor Sie nicht mit Sicherheit sagen können, dass das Geld seriös verwendet wird und Sie eine Rückzahlung erhalten. Aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und meinen obigen Ausführungen, die auf nunmehr jahrelange Erfahrung mit geschädigten Opfern berufen, würde ich von einer Zahlung abraten.
In Zweifelsfällen hilft es möglicherweise, wenn Sie sich an die deutsche Botschaft in Russland wenden und dort in Erfahrung zu bringen, ob eine derartige Bestimmung im russischen Recht besteht. Mir wurde von Mandanten mitgeteilt, die sich an die Deutsche Botschaft gewandt haben, dass von Seiten der Deutschen Botschaft ebenfalls von einer Zahlung unbedingt abgeraten wird.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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