Finanzierung bei Küchenkauf: Möbelhaus akzeptiert Widerruf nicht

Online-Rechtsberatung
Stand: 11.02.2015
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir haben in einem Möbelhaus eine Küche gekauft. Die Kaufsumme wird über ein Darlehen (keine 0%-Finanzierung) komplett und ohne Anzahlung finanziert. Das Darlehen wurde direkt im Möbelhaus abgeschlossen.

Zum Kaufvertrag der Küche: (11.07.14)
Kaufsumme 7400€. / Zahlungsvereinbarung Anzahlung 3700€ und Restzahlung 3700€

Zum Darlehensvertrag:(19.07.14)
bei Kaufgegenstand steht die Ware mit der Auftragsnummer des Kaufvertrages der Küche

Jetzt wollten wir vom Kauf zurücktreten ( nach meinen Informationen ist das ein verbundener Vertrag und wir haben ein 14-tägiges Rücktrittrecht). Den Widerruf haben wir per Einschreiben weggeschickt an das Möbelhaus und eine separate Info auch an die Bank.

Gestern hat sich das Möbelhaus dann gleich gemeldet und uns mitgeteilt, dass wir nur vom Darlehen zurücktreten können und nicht vom Kaufvertrag selber. Als Begründung sägte man dann uns: Auf dem Kaufvertrag steht keine Finanzierung, sondern Barzahlung. Die Finanzierung wurde erst danach abgeschlossen.

Ich muss noch hinzufügen, dass ich zusammen mit meiner Frau am 11.07.14 den Vertrag unterschrieben habe. Es war von vornherein klar, dass wir die Küche finanzieren möchten. Das haben wir so auch mit dem Verkäufer kommuniziert. Auf unsere Frage hin, warum dort Anzahlung steht, hatte uns der Verkäufer mitgeteilt, dass das erst mal ganz normal ist. Zur Finanzierung müssen wir eh ins Finanzierungsbüro gehen. Die Regeln das schon. Das stellt dann kein Problem dar.

Als wir dann am 19.07.14 die Finanzierung fix machten (wir mussten dafür den Vertrag mitnehmen) habe ich bemerkt, dass der junge Mann nur die Auftragsnummer des Vertrages kurz abgetippt hat. Es wurde nicht bis Seite 11 geblättert zu den Zahlungsvereinbarungen.

Jetzt meine Frage: Hat das Möbelhaus recht?
Nach meinem Wissensstand nicht.
Egal welchen Vertrag ich mit einem verbundenen Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist kündige, wird der andere damit auch gekündigt bzw. Ist nichtig. Bei einem Darlehensvertrag ist außerdem nicht der Zeitpunkt des Abschlusses interessant, sondern nur was finanziert wird. Letztendlich ist doch das Möbelhaus mit der Bank wirtschaftlich verbunden und das Möbelhaus hat das Darlehen abgewickelt.

Außerdem steht ja auch nicht direkt Barzahlung im Kaufvertrag, sondern nur Anzahlung und Restzahlung unter Zahlungsvereinbarungen.

Antwort des Anwalts

Das Möbelhaus hat nicht recht. Unter den gegebenen Umständen ergreift der wirksame Widerruf des Kreditvertrags nach § 495 BGB *1) auch den damit verbundenen Kaufvertrag.

Terminologisch müssen Sie zunächst streng den Rücktritt vom Widerruf unterscheiden. Hier geht es nur um das Widerrufsrecht, das den Vertrag ex tun, also von vorneherein, entfallen lässt. Kündigung und Rücktritt erlauben grundsätzlich nur die Lösung vom Vertrag ab dem Moment der Erklärung.

Die Meinung des Möbelhauses, dass Sie nur vom Darlehen zurücktreten können, bzw. gemeint ist dabei wohl die Behauptung, dass der wirksam ausgeübte Widerruf des Darlehensvertrags angeblich nicht den Kaufvertrag erfasse, ist nach den Umständen rechtlich nicht haltbar.

Die Verträge im Sinne von § 358 Abs. 3 BGB *2), also einerseits ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und andererseits ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2, sind dann verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Die zeitliche Reihenfolge der Verträge spielt dabei erst einmal keine Rolle. Wenn Sie aber von vorneherein klar gemacht haben, daß der eine Vertrag nur dann abgeschlossen wird, wenn eine Finanzierung angeboten wird, und wenn der Verkäufer sich darauf einlässt und wenn Sie dann sogar von dem Verkäufer zu einer Stelle verwiesen werden, wo ein Finanzierungsvertrag abgeschlossen wird, ist hinreichend, um einen engen wirtschaftlichen Zusammenhang anzunehmen.

Beweislastmäßig müssen Sie zwar damit rechnen, dass der Verkäufer sich entweder gar nicht an den Vorgang erinnern wird, bzw. einen Zusammenhang bestreitet. Hier ist zu empfehlen, gegebenenfalls noch einmal sämtliche Indizien zusammenzutragen, die auf solch einen Zusammenhang hindeuten.

Wenn ich das richtig verstanden habe, befindet sich das Finanzierungsbüro sogar im Hause des Verkäufers, was für Bankgeschäfte ungewöhnlich ist. Das spricht eindeutig nach den äußeren Umständen schon für den erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Darlehen und Kaufvertrag.

Es gibt zudem zur Beantwortung der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit besteht, verschiedene gesetzliche Vermutungen, die die Position des Verbrauchers bei der Frage des erforderlichen Zusammenhangs zwischen Darlehen und dem weiteren Rechtsgeschäft stärken.

Nach § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB gibt es erst einmal eine unwiderlegbare Vermutung des Zusammenhangs dann, wenn die Finanzierung durch den Vertragspartner selbst angeboten wird. Das ist hier nicht der Fall, die X-Bank tritt ja als Drittfinanzierer auf.

Zu Ihren Gunsten können Sie sich aber recht eindeutig auf die (widerlegbare) Vermutung nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB *2) stützen. Im Falle der Finanzierung durch einen Dritten besteht diese Vermutung eines engen wirtschaftlichen Zusammenhangs auch dann, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Das dürfte hier der Fall sein.

Tipp: Bitten Sie den Verkäufer bzw. das Möbelhaus, Ihnen gegenüber die genauen vertraglichen Beziehungen zur X-Bank offen zu legen. Fragen Sie nach dem Mietvertrag für das Büro, oder wurde das etwa unentgeltlich zur Verfügung gestellt? Werden hier etwa Vermittlungsprovisionen gezahlt? An wen? Etwa an das Möbelhaus oder an Mitarbeiter? Eventuell interessiert sich ja auch die Bankenaufsicht für den Vorgang.

Das Argument schließlich, dass auf dem Kaufvertrag keine Finanzierung stehe, sondern Barzahlung, ist zwar ein Indiz gegen die Vermutung des wirtschaftlichen Zusammenhangs. Sie müssen natürlich auch damit rechnen, dass der Verkäufer versuchen wird, notfalls mit falschen Angaben, sich bzw. seinen Vertrag noch zu retten. Unter den Umständen bestehen jedoch wohl hinreichend Indizien und Nachweise, um notfalls auch vor Gericht die Vermutung des engen wirtschaftlichen Zusammenhangs nachweisen zu können.

Tipp: Erklären Sie vorsorglich und zusätzlich auch die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB. Der Verkäufer hat Sie offensichtlich hinsichtlich der Finanzierung wissentlich falsch informiert.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) § 358 BGB Mit dem widerrufenen Vertrag verbundener Vertrag

(1) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung durch einen Unternehmer gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.

(2) Hat der Verbraucher seine auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung auf Grund des § 495 Absatz 1 wirksam widerrufen, so ist er auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Verbraucherdarlehensvertrag verbundenen Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden.

(3) Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag nach den Absätzen 1 oder 2 sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst dem Verbraucher das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.

(4) Auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags sind unabhängig von der Vertriebsform § 355 Absatz 3 und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b entsprechend anzuwenden. Ist der verbundene Vertrag ein Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten und hat der Unternehmer dem Verbraucher eine Abschrift oder Bestätigung des Vertrags nach § 312f zur Verfügung gestellt, hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 9 unter den Voraussetzungen des § 356 Absatz 5 zweiter und dritter Halbsatz Wertersatz für die bis zum Widerruf gelieferten digitalen Inhalte zu leisten. Ist der verbundene Vertrag ein im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Ratenlieferungsvertrag, ist neben § 355 Absatz 3 auch § 357 entsprechend anzuwenden; im Übrigen gelten für verbundene Ratenlieferungsverträge § 355 Absatz 3 und § 357c entsprechend. Im Falle des Absatzes 1 sind jedoch Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. Der Darlehensgeber tritt im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist.

(5) Die Absätze 2 und 4 sind nicht anzuwenden auf Darlehensverträge, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen.

Fassung aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.09.2013 (BGBl. I S. 3642) m.W.v. 13.06.2014.

*2) § 495 BGB Widerrufsrecht

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

  1. die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
  2. die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
  3. die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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