Einheits- oder Mehrheitsbeschluss beim Fällen von Bäumen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 29.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir sind Wohnungseigentümer in einem 6 Familienhaus. Vor unserem Hauseingang stehen rechts und links je 1 Baum (Zierapfel) die inzwischen bis in den 1. Stock hinauf gewachsen sind.

Vor einigen Jahren hatte die Hausgemeinschaft beschlossen (einstimmig), diese Bäume zu fällen. Nach 3 Wochen kam dann von einem Eigentümer ein Einwand, wir dürfen die Bäume nicht fällen. Dies wurde uns durch unseren Hausverwalter mitgeteilt. Wir haben es damals so hingenommen. Jetzt will aber die Mehrheit der Eigentümer diese Bäume nun doch fällen (in Eigenleistung).

Unsere Frage: Ist hierfür ein Einheits- oder Mehrheitsbeschluss notwendig?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

bei der Frage, ob das Fällen der Bäume mehrheitlich oder einstimmig beschlossen werden muss, hängt davon ab, ob es sich um eine bauliche Veränderung oder um die ordnungsgemäße Verwaltung handelt.
Bei einer ordnungsgemäßen Verwaltung ist ein Mehrheitsbeschluss notwendig, bei einer baulichen Veränderung ein einstimmiger.

Welche der beiden Möglichkeiten bei Ihnen vorliegt, beurteilt sich nach dem Einzelfall.
Hier einige Gerichtsentscheidungen:
LG Frankfurt, Beschluss vom 14. April 1989, 2/9 T 352/89: Das ersatzlose Fällen von Bäumen einer Wohnungseigentumsanlage bedarf grundsätzlich eines einstimmigen Beschlusses der Wohnungseigentümer.

Beschluss des OLG Köln vom 29.01.1999: 16 Wx 208/98: Das Fällen von Bäumen in einer Eigentumswohnanlage stellt eine bauliche Veränderung dar, wenn die Bäume für den Gesamteindruck der Anlage mitbestimmend sind. Die Maßnahme bedarf dann der Zustimmung aller Wohnungseigentümer.
Ausnahmsweise ist das Fällen der Bäume jedoch als bloße, in den Rahmen ordnungsgemäße Verwaltung fallende Instandsetzungsmaßnahme zu sehen, wenn dies erforderlich ist, weil die Bäume nicht mehr so standsicher sind.

BayObLG Beschluss vom 21.02.2001 - 2Z BR 142/00: Das Fällen von einzelnen Bäumen in einer Wohnanlage mit rund 60 Bäumen bedarf nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die Maßnahme kann vielmehr mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.

Wenn die Bäume somit das Erscheinungsbild der Wohnanlage prägen und der Charakter der Anlage durch das Fällen stark verändert wird, wird wohl von einer baulichen Veränderung auszugehen sein. Daraus folgt, dass in diesem Fall ein einstimmiger Beschluss gefasst werden müsste.
Wenn der Baum morsch oder krank ist, kann das Fällen von der ordnungsgemäßen Verwaltung umfasst sein, so dass ein Mehrheitsbeschluss ausreicht.
Im Streitfall muss dies durch Ortsbegehung des zuständigen Gerichts begutachtet werden.
Wenn Sie der Ansicht sind, dass ein Beschluss mit Einstimmigkeit beschlossen werden muss, die Beschlussfassung aber nur Mehrheitlich erfolgt, so müssen Sie innerhalb eines Monats gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Ich rate Ihnen hierzu einen Rechtsanwalt aufzusuchen.
Unproblematisch ist es, wenn alle Eigentümer einverstanden sind.
Ein Beschluss ist solange gültig, bis er vom Gericht oder durch Mehrheitsbeschluss in der Versammlung wieder aufgehoben wird. Wie Sie mitteilen, liegt bei Ihnen schon ein einstimmiger Beschluss vor, der auch grundsätzlich vom Verwalter umzusetzen ist.
Dann stellt sich aber die Frage, ob in Ihrer Gemeinde eine Baumschutzverordnung existiert, die das Fällen der Bäume nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Im Allgemeinen kann diese Auskunft beim Ordnungsamt eingeholt werden. Dies ist zwingend notwendig, damit Sie im Nachhinein kein Bußgeld zahlen müssen. Eventuell hat Ihr Hausverwalter auch aus diesem Grund das Fällen der Bäume abgelehnt.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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