Mietminderung wegen anhaltender Bauarbeiten

Online-Rechtsberatung
Stand: 24.02.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Unsere Wohnung ist in einer Neubausiedlung und auf der Seite der Straße (Haupteingang) wird ein Graben aufgerissen um die Wände trocken zu legen. 
Zugesichert wurden Brücken an den Eingängen. Diese Brücken werden aber nicht gebaut und die Türen zugebaut so dass wir 200 m ums Haus auf unbefestigten und unbeleuchteten Wegen zum Müll und zurück laufen müssen, wir aus dem 5 Stock immer runter müssen da kein Türöffner genutzt werden kann. Der Notarzt und die Feuerwehr kommen auch nicht in die Häuser und auf der Hinterseite ist keine Straßen Anbindung so dass die Baumaßname ca. 8 Wo. eine schwierige Zeit wird.

Wie hoch ist eine Angemessene Mietminderung bei 390,-Euro kalt.
Wenn der Vermieter die zugesagten Brücken nicht baut.
Oder giebt es Möglichkeiten den Bau zu stoppen bis die Brücken gebaut werden.

Antwort des Anwalts

Sehr geehrter Mandant,

Frage 1.: Wie hoch ist eine angemessene Mietminderung bei 390,-Euro kalt.

Der Mieter hat einen Erfüllungsanspruch gem. § 535 BGB auf den vertragsgemäßen Gebrauch. Wird ihm der vertragsgemäße Gebrauch dadurch entzogen, dass die Mietsache einen Mangel aufweist oder eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder ein Rechtsmangel vorliegt, ist der Mieter von der Pflicht zur Zahlung der Miete entweder völlig oder teilweise befreit, solange der Mangel besteht. Unter einem Mangel im Sinne des § 536 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes (Isttauglichkeit) von dem vertraglich geschuldeten Zustand (Solltauglichkeit) zu verstehen, vgl. BGH WuM 2004, 715. Ein Minderungsanspruch ist auch dann gegeben, wenn der Mangel nicht direkt innerhalb der Wohnung liegt, sondern diese nur mittelbar betroffen ist, wie in Ihrem Fall. Die Mietminderung setzt kein hierauf gerichtetes Verlangen des Mieters voraus, sondern sie tritt nach § 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB automatisch kraft Gesetzes ein, solange die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache herabgesetzt oder aufgehoben ist. Der Mieter muss sich deshalb auch nicht auf die Minderung berufen. Der Mieter hat dem Vermieter lediglich den Mietmangel anzuzeigen (§ 536 c Abs. 1 BGB), da er andernfalls Gefahr läuft, mit der Minderung ausgeschlossen zu werden, vgl. § 536 c Abs. 2 BGB. Die Minderungsabsicht muss der Mieter nicht mitteilen. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist bei einem Wohnraummietverhältnis unwirksam. Bei der Mietminderung handelt es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung, die der Mieter dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete entgegenhalten kann. Sie bewirkt kraft Gesetzes eine Änderung der Vertragspflicht des Mieters. Für die Minderung ist es deshalb auch gleichgültig, ob der Vermieter den Mangel zu vertreten hat, diesen überhaupt beseitigen kann, oder die Ursache überhaupt in seinem Einflussbereich liegt. Es ist für Ihren Anspruch auf Mietminderung unerheblich, ob die Baumaßnahmen vom Nachbarn oder der Gemeinde durchgeführt werden.

Für die Höhe der Minderung sind allein die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Von besonderer Bedeutung ist die Schwere des Mangels sowie Grad und Dauer der Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit. Mehrfache Versuche in der Literatur, hier schematische Festlegungen in Tabellenform oder ähnliches aufzustellen, sind bislang gescheitert, da stets der konkrete Einzelfall beurteilt werden muss. Ihre Schilderung gibt insoweit durchaus Anhaltspunkte her. Im Rechtsstreit ist der Mieter nicht verpflichtet, den Umfang der Mietminderung vorzutragen; dieser ist vielmehr vom Gericht selbst zu schätzen (§ 287 ZPO), vgl. Bamberger/Roth/Ehlert BGB § 536 Rn 41. Allerdings wirkt sich bei der Höhe natürlich aus, dass Ihre Wohnung als solche noch vollumfänglich genutzt werden kann. Eine Minderung von 10 % der Bruttomiete halte ich aber für vertretbar.

Als für die Minderung heranzuziehende Miete gilt die Bruttomiete (vgl. BGH NJW 2005, 2773), so dass bei der Vereinbarung der Nettomiete die daneben im Wege der Vorauszahlung erhobenen und auf den Minderungszeitraum entfallenden Betriebskosten einschließlich der Heizkostenvorschüsse hinzugerechnet werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Nebenkosten als Pauschale oder als Vorauszahlung geschuldet werden. Insoweit gehen Sie offensichtlich fehlerhaft von einer Minderung der Kaltmiete aus.

Frage 2.: Oder gibt es Möglichkeiten den Bau zu stoppen bis die Brücken gebaut werden

Einen Baustopp könnten Sie nur für den Fall erreichen, wenn von den Baumaßnahmen konkrete Gefahren ausgehen würden, die nur durch einen Baustopp abgewendet werden könnten. Sind die Zuwegungen (Feuerwehrzufahrt etc.) unsicher oder nicht gewährleistet, sollten Sie das Ordnungsamt informieren. Dieses ist zum Einschreiten verpflichtet, wenn von den Baumaßnahmen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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