Immobilienschenkung - Was ist bei Nießbrauchsrecht und Steuerrecht zu beachten?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.02.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich möchte meiner Tochter eine Immobilie im Wert von ca. 300.000 € schenken (Kaltmiete ca. 10.000 € pro Jahr). Der Freibetrag von 400.000 € ist wg. weiterer Schenkungen bereits fast aufgebraucht.

Gleichzeitig möchte ich meinem Sohn (42 Jahre) das Nießbrauchrecht für diese Immobilie lebenslang übertragen.

Meine Fragen:

  1. Ist die Übertragung der Immobilie an meine Tochter bei Nießbrauchrecht für meinen Sohn grundsätzlich möglich?

  2. Wie wird der Immobilienwert von 300.000 € steuerrechtlich auf meine Tochter und meinen Sohn aufgeteilt?

Antwort des Anwalts
  1. Ist die Übertragung der Immobilie an meine Tochter bei Nießbrauchrecht für meinen Sohn grundsätzlich möglich?

Eine Übertragung der Immobilie an Ihre Tochter unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts für Ihren Sohn im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist grundsätzlich möglich und immer noch bzw. inzwischen, nach Gesetzesänderungen zum Abzugsverbot von in diesem Zusammenhang bereits gezahlten Steuern beim Erbfall, wieder ein durchaus gängiges Gestaltungsmittel.

Gesetzliche Regelungsmaterie ist § 1030 BGB. Danach kann eine Sache in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).

Üblich ist dabei eigentlich die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Schenkers. Es bestehen aber rechtlich keine Bedenken, wenn dieser Nießbrauchsvorbehalt für einen Dritten eingeräumt wird. Der Vorgang bleibt derselbe.

Nur der Vollständigkeit halber noch einige Hinweise:

Einige der zu entscheidenden rechtlichen Vorfragen ist, ob Sie den Nießbrauch dinglich im Grundbuch zugunsten Ihres Sohns eintragen lassen, oder ob Sie den Nießbrauch lediglich schuldrechtlich notariell dem Sohn einräumen und nicht einmal im Grundbuch eintragen, was technisch auch möglich ist. Im letzteren Fall würde die fehlende grundbuchmäßige Sicherheit in gewissen Extremsituationen zu Nachteilen für den Sohn führen können.

Ausdrücklich geregelt werden sollte dabei auch die Frage, die später gerne zu Streit führen, z.B. ob und in welchem Umfang der Nießbrauchsberechtigte die mit dem Nießbrauchseigentum verbundenen weiteren Lasten (Nebenkosten wie Strom, Wasser, laufende Wartung, kleinere oder größere Reparaturen etc.) zu tragen hat.

Eine Schenkung kann binnen einer Frist von 10 Jahren widerrufen werden z.B. bei Verarmung des Schenkers nach § 528 BGB 2) oder bei grobem Undank nach § 530 BGB 3).

Vertraglich regeln kann man weitere Fälle, z.B. ein Rückforderungsrecht bei Insolvenz des Beschenkten, im Falle einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück, beim Vorversterben der Tochter oder im Fall der Ehescheidung.

Wie wird der Immobilienwert von 300.000 € steuerrechtlich auf meine Tochter und meinen Sohn aufgeteilt?

Steuerrechtlich wäre es wohl, da Sie sich den Nießbrauch nicht selbst vorbehalten, eine vollständige Übertragung des Eigentums auf die Tochter, aber belastet mit einem Nießbrauch zugunsten des Sohns. Dabei ist der vorbehaltene Nießbrauch, unabhängig davon, ob Sie sich den Nießbrauch selbst vorbehalten oder für den Sohn, bei der Tochter mit dem Kapitalwert Abzugsposten auf den Wert des Hauses.

Der Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung ist im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

Im Alter von 42 Jahren ist die statistische Lebenserwartung rund 36 Jahre, damit ist der Kapitalwert einer monatlichen Rente von Euro 10.000 jährlich 12.000. Der Betrag liegt unter der Höchstgrenze für den Nießbrauch von 18,6 Prozent des Verkehrswerts, was hier rund 18 T. Euro wären.

Damit beträgt der Kapitalwert des Nießbrauchs bei der derzeitigen statistischen Lebenserwartung Ihres Sohns im Alter von 42 Jahren rund das 17 – fache bzw. geschätzte 204.000 Euro *4).

Gem. § 13c Schenkungs- und ErbStG *5) ist bei bebauten Grundstücken, die zu Wohnzwecken vermietet werden, ein Abschlag von 10 % vom Verkehrswert des Grundstücks zulässig, so daß bei der Tochter ein Schenkung im Wert von Euro 270.000 minus 204.000 Euro = Euro 66.000 noch Schenkungssteuerpflichtig bliebe.

Damit kämen Sie dann, wenn der gesetzliche Freibetrag bei der Übertragung von Vermögen von den Eltern auf die Kinder von 400 T. Euro schon voll ausgeschöpft sein sollte, zu einer Besteuerung der Übertragung bei einem Eingangssteuersatz von 7 Prozent auf geschätzte Euro 4.620.

Dies ließe sich u.U. noch vermeiden, indem Sie z.B. eine weitere Last mit dem Grundstück verbinden und gleichzeitig übertragen würden z.B. in Form einer Hypothek oder durch Grundschulden gesicherten Darlehensforderung, die im Ergebnis dann allerdings die Tochter tragen müsste.

Klarstellen können Sie schließlich auch, ob die Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf einen späteren Erbteil erfolgen sollen oder nicht. Schweigen zu diesem Thema würde gegebenenfalls bedeuten, daß die vorweggenommenen Übertragungen grundsätzlich später nicht auf den Erbteil der Kinder angerechnet werden. Eine Grenze liegt wieder im Pflichtteilsrecht (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) bzw. im Pflichtteilsergänzungsanspruch, der bekanntlich über einen Zeitraum von 10 Jahren jedes Jahr um 1/10 abblättert.

*1) § 1030 BGB Gesetzlicher Inhalt des Nießbrauchs an Sachen

(1) Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).
(2) Der Nießbrauch kann durch den Ausschluss einzelner Nutzungen beschränkt werden.

*2) § 528 BGB
Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers

(1) Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten findet die Vorschrift des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die Vorschrift des § 1615 entsprechende Anwendung.

(2) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

*3) § 530 BGB
Widerruf der Schenkung

(1) Eine Schenkung kann widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht.

(2) Dem Erben des Schenkers steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und widerrechtlich den Schenker getötet oder am Widerruf gehindert hat.

*4) Weiteres Berechnungsbeispiel:

https://www.iww.de/ee/archiv/niessbrauch-nach-wegfall-des-25-erbstg-niessbrauch-als-gestaltungsinstrument-wieder-interessant-f9031

http://www.ivd.net/der-bundesverband/nachrichtendetail/archive/2013/may/article/vorweggenommene-erbfolge-an-grundstuecken-besser-verschenken-als-vererben-1.html

*5) § 13c Erb-SchStG Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke

(1) Grundstücke im Sinne des Absatzes 3 sind mit 90 Prozent ihres Werts anzusetzen.
(2) Ein Erwerber kann den verminderten Wertansatz nicht in Anspruch nehmen, soweit er erworbene Grundstücke auf Grund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder Schenkers auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt, wenn ein Erbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses Vermögen im Sinne des Absatzes 3 auf einen Miterben überträgt. Überträgt ein Erbe erworbenes begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des übertragenen Vermögens.
(3) Der verminderte Wertansatz gilt für bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die

  1. zu Wohnzwecken vermietet werden,

  2. im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind,

  3. nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13a gehören.
    (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 entsprechend.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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