Rente und dennoch Unterhaltszahlungen erhalten ?

Online-Rechtsberatung
Stand: 22.06.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich bekomme seit ein paar Jahren EU-Rente und möchte gerne wissen ob ich nach der Scheidung Anspruch auf Unterhalt habe und wie lange.

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

I. Unterhaltsanspruch: Als Ausnahme von dem durch die Unterhaltsrechtsreform 2007/2008 geschaffenen Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Scheidung in § 1569 BGB kommt in Ihrem Fall ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit und Gebrechen nach § 1572 BGB in Betracht. Danach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Ursächlichkeit der Erkrankung für einen Unterhaltsanspruch nach § 1572 BGB setzt voraus, dass wegen einer konkreten Erkrankung keine reale Beschäftigungschance besteht, vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1994, 1265. Das ist bei bloßen Erwerbsbehinderungen z.B. wegen degenerativer altersmäßiger Veränderungen nicht automatisch der Fall. Diese schließen zwar regelmäßig schwere körperliche Arbeiten, aber nicht leichtere voll- oder halbschichtige Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen aus, vgl. BGH FamRZ 1991, 170. Deshalb kann ggf. auch die Pflicht zu einer Teilzeitbeschäftigung in Betracht kommen. Sofern Sie eine 100 % EU-Rente beziehen, stellt sich diese Frage natürlich nicht.

II. Zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1572 BGB: Seit der Unterhaltsrechtsreform 2007/2008 ist in § 1569 BGB der Grundsatz der Eigenverantwortung festgeschrieben worden, wonach jeder Ehegatte nach der Scheidung grundsätzlich für sich selbst sorgen soll. Es gibt von diesem Grundsatz jedoch mehrere Ausnahmen. In Ihrem Fall z.B. § 1572 BGB (s.o.). Allerdings kann dieser Anspruch neuerlich auch zeitlich gem. § 1578 b BGB begrenzt werden. Die durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eingeführte Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB lässt nunmehr auch beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB eine zeitliche Begrenzung zu. Der Unterhaltsanspruch ist nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus den nach § 1578 b Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechend anzuwendenden Gesichtspunkten für die Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB. Demnach kommt es zunächst darauf an, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben, vgl. BGH FamRZ 2009, 406. Sowohl nach der Rechtsprechung des BGH zu § 1573 Abs. 5 BGB (a.F.) als auch nach der daran orientierten Neufassung des § 1578 b Abs. 2 BGB liegen ehebedingte Nachteile vor, wenn die Gestaltung der Ehe, insbesondere die Arbeitsteilung der Ehegatten, die Fähigkeit eines Ehegatten, für seinen Unterhalt zu sorgen, beeinträchtigt hat, vgl. Senatsurteil vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582.

Es wäre danach möglich, dass Ihr Unterhaltsanspruch zeitlich begrenzt wird. Sicher lässt sich dies erst im Zeitpunkt der Scheidung unter Würdigung sämtlicher Gesichtspunkte Ihres Einzelfalls beurteilen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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