Finanzielle Pflege der Mutter: Was müssen die Kinder zahlen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 22.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Eine Ehefrau und ihr Ehemann haben zwei erwachsene Kinder, eines davon in Ausbildung. Beide Ehegatten sind selbständig, das Vorsteuerergebnis aus selbständiger Geschäftstätigkeit jeweils ca. 100.000 Euro pro Jahr. Es existiert eine eigengenutzte bezahlte Wohnung in Köln plus ca. 150.000 Euro weiteres Vermögen in Wertpapieren/Festgeld.

Die Mutter der Ehefrau ist Witwe, 81 Jahre alt und lebt alleinstehend in Bremen. Es ist zu vermuten, dass sie früher oder später stationärer Pflege bedarf. Die Mutter kann nachgewiesener Weise nicht mehr in eine deutschen Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen werden. Sie ist bei einer englischen Krankenversicherung privat versichert. Diese Versicherung beinhaltet jedoch keinerlei Pflegeleistungen. Die Mutter hat eine eigene kleine Rente von 200 Euro. Derzeit lebt sie von Ersparnissen, die in absehbarer Zeit aufgebraucht sein werden.

Die Mutter der Ehefrau hat insgesamt 5 Kinder, zwei davon leben im Ausland.

Fragen:

  1. In welcher Weise und in welchem Umfang können wir, Ehefrau und Ehemann als Tochter und Schwiegersohn, zur Pflege der Mutter finanziell herangezogen werden? Mit welchen Forderungen kann man an uns herantreten und wie werden diese errechnet?

  2. Inwieweit ist die eigene Altersabsicherung der Eheleute betroffen? Die Eheleute haben nur eine geringe eigene Rente. Der Hauptteil der Altersabsicherung liegt daher im Vermögen und Lebensversicherungen und ist darauf angelegt, dass in den nächsten 10-15 Jahren diese weiter ausgebaut werden.

  3. Welche Mittel können zur Absicherung des Ruhestandes aber auch der eigenen Geschäftstätigkeit als Selbständige angespart werden oder bleiben?

  4. Welches ist die Einkommens- und Vermögensbasis, auf die Freibeträge angerechnet und Forderungen ermittelt werden?

Antwort des Anwalts
  1. Pflegebedürftige Menschen haben die Kosten für eine notwendige Pflege zunächst aus eigenem Einkommen und Vermögen sicherzustellen. Ist dieses (nachgewiesen) nicht ausreichend, besteht Anspruch auf Sozialhilfe.

  2. Das in Anspruch genommene Sozialamt leitet den Unterhaltsanspruch der Mutter gegen ihre Kinder (sog. Elternunterhalt) auf sich über und macht den Anspruch gegen die Kinder geltend.

  3. Die Kinder haften quotenmäßig nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Dazu muss das Sozialamt die wirtschaftlichen Verhältnisse aller 5 Kinder überprüfen um dann eine Quote zu berechnen. Es erfolgt also keine Haftung nach Kopfzahl, Alter oder Geschlecht sondern nur nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

  4. Die Höhe des Elternunterhaltes bemisst sich nach den Pflegekosten eines einfachen Pflegeheimes. Je nach Pflegebedürftigkeit können diese Kosten aber bis zu 3500 €/Monat erreichen. Diese Kosten müssen die Kinder im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit tragen.

  5. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bemisst sich nach Einkommen und Vermögen der Kinder. Maßgeblich sind ausschließlich Einkommen und Vermögen der Kinder – nicht der Schwiegerkinder. Das Einkommen der Schwiegerkinder wird allerdings mittelbar bei der Ermittlung des Familieneinkommens mit berücksichtigt.

  6. Als Einkommen wird der Gewinn, der durchschnittlich in den letzten 3 Jahren erzielt wurde, zugrundegelegt. Einkommensteuerbescheide und Bilanzen der letzten 3 Jahre sind daher vorzulegen.

  7. Das so ermittelte Einkommen ist zu bereinigen. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind abzuziehen. Bei Selbständigen treten an ihre Stelle die Beiträge zu privaten Versicherungen. Dabei gilt ein Aufwand von 20% des Gewinns für die Altersvorsorge als angemessen.

Abzuziehen sind weiter Unterhaltsverpflichtungen (z.B. Kind in Ausbildung) in Höhe der Düsseldorfer Tabelle sowie Leistungen auf private(!) Kreditverbindlichkeiten. Geschäftliche Kredite sind bereits im Rahmen der Gewinnermittlung berücksichtigt.

Bitte beachten sie aber, dass auch weitere Einkünfte wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitaleinkünfte als Einkommen mit berücksichtigt werden. Auch das Wohnen im eigenen Haus wird als Einkommen bewertet, da die Selbstbehalte hierfür Kosten vorsehen.

  1. Die Ermittlung Ihrer individuellen Leistungsfähigkeit ist daher nur anhand der Kenntnisse bestehender Versicherungsverträge sowie weiterer Zahlungen zu den o.g. Zwecken möglich. Sie müssen allerdings davon ausgehen, dass angesichts der guten Einkommenssituation der Familie eine erhebliche Leistungsfähigkeit bestehen wird. Der Selbstbehalt für das unterhaltspflichtige Kind liegt bei 1600 €; für Eheleute bei 2650 €.

  2. Auf Vermögenswerte wird nur dann zurückgegriffen, wenn das Einkommen zur vollständigen Abdeckung der Pflegekosten nicht ausreicht.

Das selbstgenutzte Eigenheim bleibt immer anrechnungsfrei. Berücksichtigt werden zudem ausschließlich die Vermögen der Kinder. Da dabei von dem Inhaber der jeweiligen Konten ausgegangen wird, bietet sich hier die Möglichkeit einer rechtzeitigen Vermögensverschiebung.

Die Höhe des Freibetrages ist gesetzlich nicht klar definiert. Nach neuester Rechtsprechung des BGH ist das bestehende Vermögen rentenmäßig auf der Grundlage von § 14 Abs.1 Satz 4 BewG zu kapitalisieren. Es bleibt danach in jedem Fall der Betrag geschützt, der notwendig ist, um aus dem angesparten Vermögen einen angemessenen Ruhestand zu finanzieren. Angemessen ist dabei mindestens(!!) der Selbstbehalt von 1600 € für das Kind. Korrigierend zu berücksichtigen ist dabei nach der Rechtsprechung das Alter der unterhaltspflichtigen Kinder sowie die statistische Lebenserwartung des pflegebedürftigen Elternteiles.

Danach gehe ich davon aus, dass aus einem gemeinschaftlichen Vermögen von 150.000 € kein Elternunterhalt zu leisten ist.

  1. Fazit:
    Aufgrund Ihres aktuell hohen Einkommens gehe ich davon aus, dass ihre Frau zu erheblichen Unterhaltsleistungen verpflichtet ist. Es drängt sich daher die Frage auf, ob die Zahlungen für das Pflegeheim nicht durch die Kinder direkt ohne Einschaltung des Sozialamtes vorgenommen werden sollen. Dieses vermeidet die ansonsten notwendige Offenlegung aller Konten und lange Auseinandersetzungen mit dem Sozialamt obwohl trotzdem eine erhebliche Belastung verbleibt.

Wird aber die Auseinandersetzung mit dem Sozialamt gewünscht, ist die rechtzeitige Einschaltung eines mit diesen Dingen vertrauten Fachanwaltes sehr empfehlenswert.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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