Wie ist bei der Suche nach einem Testament zu verfahren?

Online-Rechtsberatung
Stand: 29.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Großtante ist vor ein paar Tagen gestorben. Sie lebte in einem Altenheim und hatte eine Nichte zur "Bevollmächtigten" bestimmt.

Meine Großtante hatte mir gegenüber mehrmals betont, dass sie mich in einem Testament als Erben eingesetzt hat. Nach ihrem Tod wurde dies auch so von anderen Bekannten meiner Großtante mir so bestätigt.

Ich bin kein "Blutsverwandter" meiner Großtante. Sie war die Frau meines Großonkels, der Bruder meines Großvaters. Die "Bevollmächtigte" ist ihre "leibliche" Nichte. Von daher ist wohl klar, dass sie die Erbin ist, sofern es kein Testament gibt.

Die Frage ist also, ob es tatsächlich ein Testament gibt. Sofern dies der Fall ist, müsste ein solches in der Wohnung meiner Großtante auffindbar (gewesen) sein. Die Wohnung wurde durch die Nichte (in ihrer Funktion als Bevollmächtigte) betreten und ggf. auch zwischenzeitlich enträumt.

Meine Frage: Wie kann ich in diesem Fall darauf hinwirken, dass der Frage, ob es ein Testament gibt und wie dessen Inhalt aussieht, nachgegangen wird? Kann man z.B. das Amtsgericht / Nachlassgericht bitten, dieser Frage nachzugehen?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrter Mandant

Leider ist es so, dass das Nachlassgericht zum Verbleib eines Testaments keinerlei eigene Ermittlungen anstellt. Ich weiß aus eigener Praxis auch von Fällen, in denen die Erblasserin gegenüber Zeugen erklärt hat, sie wolle zugunsten eines Dritten ein Testament errichten, dies jedoch in Wirklichkeit nicht getan hat. Es liegt daher an Ihnen, ein Dokument vorzulegen, aus dem sich die Erbfolge zu Ihren Gunsten ergeben kann. Darüber hinaus sollten Sie vorsorglich sicherstellen, dass vom Konto der Erblasserin vorläufig keine unberechtigten Abhebungen erfolgen. Zu alledem empfehle ich Ihnen folgende Vorgehensweise:

  1. Zunächst kündigen Sie vorsorglich die Vollmacht der Nichte gegenüber der Bank. In der Regel erreichen Sie damit, dass die Bevollmächtigte über das Konte nicht mehr verfügen kann. Stellt sich heraus, dass kein Testament zu Ihren Gunsten existiert, geht die Kündigung ins Leere und ist wirkungslos, sobald die Verfügungsbefugnis der Erbin durch Erbschein nachgewiesen wird.

  2. Sie erkundigen sich beim Nachlassgericht (Gericht des letzten Meldewohnsitzes der Erblasserin) unter Vorlage der Sterbeurkunde und Darlegung Ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu der Verstorbenen, ob ein Testament hinterlegt ist. Die Erblasserin kann zwar ein Testament zuhause aufbewahren; war Ihre Großtante juristisch beraten, so ist ihr mit Sicherheit die Hinterlegung beim Nachlassgericht empfohlen worden. Befindet sich das Testament nicht im Besitz der Erblasserin, sondern bei einer anderen Person, so ist diese gemäß § 2259 BGB verpflichtet, es beim Nachlassgericht abzuliefern.

  3. Führt die Anfrage beim Nachlassgericht nicht zum Erfolg, sollten Sie auf jeden Fall die Bekannten Ihrer Großtante, die Ihnen die Absicht der Verstorbenen, ein Testament zu Ihren Gunsten zu errichten, bestätigt haben, noch einmal befragen, wo sich dieses Testament befindet oder ob die Verstorbene gegebenenfalls eine Fotokopie dieses Testaments hergestellt und jemand anderem übergeben hat.
    Zwar ist eine Testamentskopie an sich unwirksam; sie lässt jedoch den Schluss zu, dass ein Testament tatsächlich existiert, jedoch lediglich nicht aufgefunden wird. Ob Sie aus einer solchen Testamentskopie im Ergebnis eine Erbanspruch zu Ihren Gunsten herleiten können, ist zwar - so weit ich sehe - durch höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht entschieden; die Nacchlassgerichte gehen jedoch nach meiner Erfahrung dazu über, auch eine Kopie anzuerkennen, wenn sich die Vernichtung des Originals - dann ist das Testament unwirksam - nicht nachweisen lässt.

Führt auch diese Maßnahme nicht zum Erfolg, werden Sie leider leer ausgehen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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