Ausgleichspflichten unter Erben bei Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers

Online-Rechtsberatung
Stand: 18.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Erbfall: Onkel
Frau: bereits verstorben; keine Kinder; Eltern und einziger Bruder verstorben
Nächste direkte Erben: 3 Kinder des Bruders.

Als Schenkung vor 9 Jahren:

Nichte1: 4 Bauplätze
Neffe: 4 Bauplätze
Nichte2: 4 Bauplätze - für die Grabpflege 1 Bauplatz (Wert ca. 250.000,-- €)
für die Versorgung des Erblassers 1 Haus mit 2 Wohnungen (1 Wohnung wurde vom Erblasser bewohnt) andere vermietet. Bank- und Behördenvollmacht

Nach Übergabe des Hauses an Nichte2 hat diese das Haus (Baujahr 62) saniert (neue Heizung, neue Wasserleitungen, neue Bäder, Fliesen, Türen), Fenster und Dach wurden 5 Jahre vorher saniert. (gesamt ca. 100.000,-- €) Rechnungen wurden vom Erblasser bezahlt. (War nicht mehr der Besitzer)

Frage:

Muß sich Nichte2 die Renovierungskosten auf Ihren Erbteil anrechnen lassen, da Ihr das Haus gehörte.

Falls ja, wer kontrolliert wie hoch die Renovierungskosten waren und konnte sie sich am Vermögen "bedienen", da sie Bankvollmacht hatte?

Das jetzt noch vorhandene Erbe wird an alle 3 Erben zu gleichen Teilen
(kein Testament) aufgeteilt.

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

In den §§ 2050 ff BGB sind die Ausgleichspflichten unter Erben für den Fall, daß einer von ihnen bereits zu Lebzeiten Zuwendungen erhalten hat, abschließend geregelt. Eine solche besteht lediglich unter ABKÖMMLINGEN des Erblassers, d.h. bei Verwandtschaft in gerader Linie. Sie und Ihre Geschwister, also auch die Nichte des Erblassers, die die Immobilie erhielt, auf die dann ca. 100.000,00 € verwendet wurden, sind über den vorverstorbenen Bruder, Ihren Vater, mit dem Erlasser verwandt, also in Seitenlinie. Ausgleichspflichten bestehen dann allenfalls, wenn der verstorbene Onkel dies ausdrücklich so angeordnet hat. Hiervon gehe ich nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalts nicht aus. Offenbar sollte Ihre Schwester durch Übertragung der Immobilie durchaus einen größeren Anteil erhalten, als Gegenleistung wurde wohl Versorgung des Onkels, möglicherweise auch ein Nießbrauchs- oder Wohnrecht gewährt.
Sollte ein Nießbrauch bestanden haben, d.h. der Verstorbene hat sich lebenslang die Nutzungen, hier mietfreies Wohnen und Mieteinnahmen, vorbehalten, so wäre er auch verpflichtet zum Erhalt der Immobilie verpflichtet gewesen. Hierzu würde man in jedem Fall Erneuerung von Heizung, Fenstern, Dach, Wasserleitungen zählen können. In diesem Fall würde es bereits an einer Zuwendung / Schenkung mangeln, da Ihr Onkel dann lediglich seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre.

Da Sie mangels Verwandtschaft in direkter Linie auch nicht pflichtteilsberechtigt sind, scheiden Pflichtteilsergänzungsansprüche als Miterbin aufgrund Schenkungen zu Lebzeiten ebenfalls aus.

Nichte 2, wie Sie sie bezeichnen, hatte Bank- und Behördenvollmacht. Bezüglich Abbuchungen und Abhebungen zu Lebzeiten des Onkels können die Miterben aus eben den oben genannten Gründen keine Auskunft verlangen, da davon auszugehen ist, daß solche -selbst wenn die Nichte sich hier bereichert hat - von der erteilten Vollmacht umfaßt waren und Schenkungen an sie sein sollten. Auch hier besteht mangels der Abkömmlingseigenschaft der Erben kein Ausgleichsanspruch.
Allerdings sind den Miterben die Kontostände und -bewegungen ab Todestag umfassend mitzuteilen. Sollten Abbuchungen nicht dazu gedient haben, Nachlaßverbindlichkeiten, wie Beerdigungskosten, Grabpflege, mögliche Gläubigerforderungen, etc. zu bedienen, so besteht ein Anspruch der beiden Miterben gegen die Nichte / Schwester, die möglicherweise zu Unrecht entnommenen Beträge dem Nachlaß wieder zuzuführen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice