Ty­ran­ni­sie­rung durch Nachbar: Was kann ich tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.03.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich wohne in der Wohnung über einem Nachbarn, der seit Frühsommer 2011 immer wieder gegen Wände und Heizungen schlägt, um sich über angebliche Ruhestörungen durch mich und meine Kinder zu beschweren. Die den "Protesten" aus meiner Wohnung irgendwie zuzuordnenden Geräusche sind z.B. das vereinzelte Gehen ohne Hausschuhe, das Hinknien eines Kindes, das verschieben eines Stuhls oder einer Spielkiste etc., häufig ist auch gar nicht erkennbar, worauf sich das Klopfen bezieht. Zusätzlich klingelt der Nachbar zuweilen an unserer Wohnungstür, um mich nach deren Öffnung im Treppenhaus anzuschreien oder zu beschimpfen. Zudem tritt er zuweilen gegen unsere Wohnungstür oder gegen seine eigene, wenn ich und/oder meine Kinder an ihr vorbei gehen, er beschimpft mich vom Balkon aus, macht "Klingelstreiche", wenn er das Haus verlässt u.Ä.
Nach gescheiterten Gesprächen mit ihm, meiner Beschwerde und einem gemeinsamen Gespräch bei der Hausverwaltung (die feststellen ließ, dass die Trittschallisolierung dem Stand der 80er Jahre entspricht - und damit aus ihrer Sicht als ausreichend anzusehen sei), einer folgenlose Anzeige wegen Beleidigung meinerseits und der umfangreichen (und ebenfalls folgenlosen) Dokumentation der Belästigungen durch ihn (eingereicht bei der Hausverwaltung und anlässlich der Anzeige wg. Beleidigung bei der Polizei - kein öffentliches Interesse), sind wir nun an einem Punkt, an dem ich nicht mehr weiß, wie ich meine Kinder und mich gegen diese Tyrannisierung schützen soll.
Mein Sohn (8 Jahre) hat Angst, allein an der Wohnungstür des Nachbarn vorüber zu gehen, teilweise Angst, allein bei uns auf die Toilette zu gehen, wenn der Nachbar einige Zeit vorher an der direkt daneben liegenden Wohnungstür war. Insbesondere die Kinder (die Tochter ist 12 Jahre alt) erstarren, sowie das sehr laut vernehmliche Klopfen ertönt, unabhängig davon, was und ob sie gerade etwas gemacht haben. Aber auch ich zucke inzwischen bei jedem lauteren Geräusch zusammen. Zuletzt habe wir versucht, es einfach zu ignorieren - aber das gelingt nicht einmal mir mehr.
Eine lange Darstellung - aber auch eine lange, erfolglose Zeit, mit der Situation umzugehen. Die kürzeren, konkreten Fragen:

  1. Kann ich den Nachbarn wegen Körperverletzung zum Nachteil meiner Kinder (aussichtsreich) verklagen?
  2. Kann ich die Miete kürzen, um den Vermieter zum Handeln zu bewegen? Und was kann ich da an Reaktion erwarten?
  3. Gibt es Anderes/Besseres, was ich juristisch tun kann?
Antwort des Anwalts
  1. Kann ich den Nachbarn wegen Körperverletzung zum Nachteil meiner Kinder (aussichtsreich) verklagen?
    Solange Ihr Nachbar nicht eindeutig handgreiflich gegenüber Ihren Kindern wird, ist eine Klage wegen Körperverletzung gegen Ihre Kinder eher aussichtslos.
    Sie bzw. die Staatsanwaltschaft müssten zuerst den Nachweis führen, dass das Verhalten des Nachbarn direkt ursächlich für medizinisch relevante Belastungen Ihrer Kinder von bestimmter Erheblichkeit sind. Ihre Kinder müssten also extreme Reaktionen zeigen, wie psychosomatische Störungen oder psychische Erkrankungen. Wenn Sie diese große Hürde überwinden würden, bleibe immer noch, dass dem Nachbarn in welcher Form auch immer ein Wissen und Wollen um die Körperverletzung zuzurechnen wäre.
    Er müsste bei seinem Verhalten zumindest mit der Möglichkeit rechnen das körperliche Wohlbefinden Ihrer Kinder nachhaltig zu stören und es muss ihm zumindest egal sein.
    Aus Ihrer Schilderung heraus, sehe ich da keine realistische Erfolgsaussicht, gleich ob Sie die Sache strafrechtlich oder zivilrechtlich in die Wege leiten würden.

  2. Kann ich die Miete kürzen, um den Vermieter zum Handeln zu bewegen? Und was kann ich da an Reaktion erwarten?
    Ja, Sie können die Miete mindern, wegen der andauernden Belastungen durch das Verhalten des Vermieters. Die Höhe der Minderung ist Einzelfallfrage, die letztendlich von einem Richter zu entscheiden wäre. Angesichts Ihrer Schilderung kann eine Minderung von 30 % durchaus angemessen sein. (Die Minderung würde mit 30% von der Warmmiete berechnet und dann als € Betrag von der Kaltmiete abgezogen).

Ihr Vermieter kann die Minderung zum Anlass nehmen Ihren Nachbarn abzumahnen und bei fortgesetzten Verhalten kündigen. Ihr Vermieter kann Ihren Minderungsbetrag als Schadensersatz gegenüber dem Nachbarn geltend machen.
Es kommt allerdings häufiger vor, dass Vermieter den Konflikt mit dem Störer scheuen und sich gegen die gestörten Mieter wenden. Damit müssen Sie rechnen. Dann könnte der Vermieter z.B. die Minderungsumstände leugnen und die einbehaltene Miete ihnen gegenüber verfolgen.

  1. Gibt es Anderes/Besseres, was ich juristisch tun kann?
    Sie können von dem Nachbarn eine sog. strafbewährte Unterlassungserklärung verlangen. Damit verpflichtet er sich das unbotmäßige Verhalten künftig zu unterlassen und verpflichtet sich eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlen.
    Allerdings sollten Sie dabei beachten, dass Sie in dem Fall der Verweigerung durch den Nachbarn die Sache auch mit einer Unterlassungsklage fortführen sollten, sonst wäre der Vorstoß zahnlos. Also sollten Sie Zeugen und Beweismittel für die angegriffenen Verhaltensweisen haben. In einigen Bundesländern ist in Nachbarschaftssachen ein vorgeschaltetes Schlichtungsverfahren vorgeschrieben. Das wäre dann zu beachten.
    Für die rechtssichere Formulierung einer strafbewährten Unterlassungserklärung ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltes angeraten.
    Nach meiner Erfahrung ist die Erfolgsaussicht einer strafbewährten Unterlassungserklärung gemischt. Einige geben nach, weil die mit dem Unterlassungsverlangen verbundenen Anwaltskosten Angst vor weiteren Forderungen machen. Andere stellen auf stur und der Weg zur Klage wird unumgänglich, wenn man dem Gegner nicht die Befriedigung geben will einzuknicken.
Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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