Nachbarbaustelle auf eigenem Grundstück - Vorgehensweise gegen unbefugte Nutzung

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Schwiegermutter besitzt in einem Ostseebad auf Usedom in zentraler Lage und Strandnah ein voll erschlossenes Grundstück mit ca 1000m² Größe. Dieses ist bisher nicht bebaut . Im August dieses Jahres wurden sie von Anliegern informiert, dass seit geraumer Zeit auf dem angrenzenden Nachbargrundstück,welches bisher ebenfalls nicht bebaut war, intensive Bauarbeiten laufen und das Grundstück meiner Schwiegermutter dabei komplett mitgenutzt wird. Als wir dann sofort eine Vorortbesichtigung durchführten stellten wir fest, dass auf dem benachbarten Grundstück ein 8 -Wohnungshaus mit Tiefgarage im entstehen war. Bauherr und Baubetreuer konnten wir dem aufgestellten Bauschild entnehmen. Ohne meine Schwiegermutter zu informieren und deren Zustimmung einzuholen war ihr Grundstück bereits allumfassend in die Baustelle einbezogen. So hatte man bereits eine befestige Baustraße darüber verlegt, Baustoffe und Materialien gelagert, die Baustellentoilette aufgestellt, Baumaschinen und sonstige Fahrzeuge darauf geparkt, Erdarbeiten dort ausgeführt. Wir setzten uns sofort mit dem Baubetreuer in Verbindung, der uns erklärte auch für alle Abstimmungen den Bauherren betreffend autorisiert zu sein.

Wir erklärten ihm unser befremden über die nicht vorher vereinbarte und somit völlig unbefugte Nutzung eines fremden Grundstückes. Und verbanden dies mit der Forderung nach: Entrichtung eines monatlichen Nutzungsentgeltes, den exakten Nachweis bezüglich Einhaltung der Grundstücksgrenze inclusive der Vorschriften zur Grenzbebauung, sowie sofortige Wiederherstellung des Ursprungszustandes nach Abschluss der Bauarbeiten. Wir haben die Aktivitäten auf unserem Grundstück dann häufiger beobachtet und auch einige Fotos gemacht. Bei den Ausschachtarbeiten zur Tiefgarage wurden auch auf dem Grundstück meiner Schwiegermutter erhebliche Erdarbeiten insbesondere für die Verlegung der Zufahrt zur Tiefgarage ausgeführt. Es erscheint auch so, dass insbesondere in diesem Bereich die Grundstücksgrenze nicht eingehalten wurde und bereits einbetonierte Platten in das Grundstück meiner Schwiegermutter hineinragen. Unserer Forderung nach einem Nutzungsentgelt Nachdruck verleihend, haben wir dann an den Bauherrn mit Kopie an den Baubetreuer per Einschreiben eine formelle Rechnung für den Nutzungszeitraum Mai bis Oktober 2015 gesandt. Wir hatten uns durch Nachfragen bei anderen Baufirmen und einer Rechtsanwaltskanzlei ermittelt, das wir einen monatlichen Anspruch von 600 bis 700 € in Ansatz bringen können. Die Baugrundstücke dort werden gegenwärtig mit einem Wert von 130 bis 150€/m² gehandelt. Aus Kulanz und zum Erreichen einer vernünftigen Regelung haben wir in der ausgelösten Rechnung jedoch nur einen Monatsbetrag von 350€ Zugrunde gelegt. Vielleicht war das schon ein Fehler.

Die Rechnung wurde weder bisher bezahlt noch gibt es irgendeine Reaktion. Lediglich in einem Telefonat des Baubetreuers äußerte sich dieser teilweise sehr unflätig. Wir sind uns jetzt nicht sicher wie weiter zu Verfahren ist. Das betrifft sowohl die Durchsetzung eines Nutzungsentgeldes für die, ich betone es nochmal, ungenehmigte Nutzung. Wie verfahren wir weiter bei der überfälligen bisher unbezahlten Rechnung? Da die Arbeiten unter Einbeziehung des Grundstückes noch laufen, müßte es dann auch noch Folgeberechnungen für die bisher nicht berechnete Zeit geben. In einem vielleicht jetzt noch auszusprechenden generellen Zutrittsverbotes sehe ich in der jetzigen Phase wenig Sinn, da sich die Arbeiten in der Endphase befinden.

Was ist also nun durch uns zu tun? Zum Einen zur Durchsetzung der finanziellen Forderungen zum Anderen aber auch um einen exakten Nachweis über die Einhaltung oder auch Nichteinhaltung der Grundstücksgrenze zu erhalten? Bitte empfehlen Sie uns die nun kurzfristig erforderlichen Schritte.

Antwort des Anwalts

Leider haben Sie sich zu Beginn der Auseinandersetzungen viel zu gutmütig verhalten. Bereits im August hätten sie ein Betretungsverbot aussprechen und dieses unter Zuhilfenahme des Gerichts kurzfristig umsetzen müssen. Dann wären Sie in eine aussichtsreiche Rechtslage gekommen. So nutzt die Baufirma jetzt die faktische Situation aus und lässt Sie ins Leere laufen.

Stattdessen haben Sie den unrechtmäßigen Nutzern die Nutzung ohne Vereinbarung einer festen Nutzungssumme gestattet und sind nunmehr darauf angewiesen eine Nutzungsentschädigung durchzusetzen. Sie können davon ausgehen, dass keine Zahlungen erfolgen werden, da der Bauherr davon ausgeht, dass Sie den Weg zum Gericht scheuen.

Angesichts des fortgeschrittenen Baustadiums würde ich gegenwärtig die Fertigstellung abwarten und dann sowohl den Bauherren wie die Baufirma auffordern die bis zur Fertigstellung angefallene Nutzung zu erstatten und zugleich eine Frist zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes setzten – per Einschreiben. So haben Sie nur ein Verfahren für alle Forderungen. Hinsichtlich der Höhe der Nutzungsentschädigung würde ich nicht zu geringe Werte ansetzen, denn schließlich spart die Baufirma durch die Nutzung Ihres Grundstückes erhebliche Summen ein.

Nach erfolglosem Ablauf der Frist sollte Ihre Schwiegermutter einen Anwalt beauftragen Ihre Forderungen notfalls auch gerichtlich durchzusetzen.

Kosten für Gericht und Anwalt werden auf gesetzlicher Grundlage (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, GerichtskostenG) berechnet und richten sich nach der Höhe des Streitwertes. Konkrete Aussagen sind derzeit nicht möglich, da nicht abzusehen ist, welche Nutzungsentschädigung letztlich anfällt und wie hoch eine nicht ordnungsgemäße Wiederherstellung des Grundstückes anzusetzen ist. Die genauen Werte wird Ihnen Ihr Anwalt nennen können. Soweit Sie Ihre Forderungen erfolgreich durchsetzen können, muss die Gegenseite auch insoweit Ihre Kosten tragen.

Fragen der Einhaltung der Grenzabstände des Neubaus müssen Sie mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde klären. Sind diese nicht eingehalten, können Sie innerhalb eines Jahres Rechtsmittel gegen die erteilte Baugenehmigung einlegen und damit ggfs. den Rückbau erzwingen. Bei der Beurteilung, ob die notwendigen Abstandsflächen eingehalten sind, wird Ihr Anwalt Sie beraten können.

Ansprüche wegen Überbaus setzten voraus, dass Ihr Grundstück tatsächlich in Anspruch genommen worden ist. Diesen Nachweis muss derjenige führen, der den Anspruch geltend macht.

Sind Grenzsteine (nach der Baumaßnahme noch unverrückt?) vorhanden, kann dieses leicht festgestellt werden. Sind Grenzsteine nicht vorhanden oder nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz muss zunächst eine Grenzfeststellung erfolgen. Hierzu müsste ein vereidigtes Sachverständigenbüro beauftragt werden. Die Kosten für die Grenzfeststellung haben Sie zu tragen. Das beauftragte Vermessungsbüro informiert Sie über diese Kosten.

Hinsichtlich der Höhe der Überbaurente warne ich vor zu hohen Erwartungen. Sie richtet sich nach dem Grundstückswert und dem Umfang in dem Ihr Grundstück tatsächlich in Anspruch genommen wurde. Hier gilt es also ggfs. eine Kosten-Nutzungsüberlegung bei eventuell erforderlichen Vermessungskosten anzustellen.

Fazit: Ohne anwaltliche Hilfe werden sie Ihre Ansprüche nicht durchsetzen können, da die Gegenseite auf Ihre Schreiben einfach nicht oder nur unzureichend reagieren wird. Die Beauftragung eines im öffentlichen Baurecht erfahrenen Anwaltes wird empfohlen.

Sichern Sie zwischenzeitlich Beweise für die Inanspruchnahme des Grundstückes (wann, wie intensiv und durch wen durch Fotos und wenn möglich Aufzeichnungen der Nachbarn)

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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