Bank fordert 100.000 Euro Grundschuld: Was kann ich tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich hatte bei meiner Hausbank eine Grundschuld eintragen lassen Zwecks zwischen Finanzierung meiner Geschäfte.
Nun Hatte ich meine Fa Verkauft und Der Rechtsnachfolger hat Bürgschaft nicht übernommen, obwohl das Konto bei Übernahme ein Guthaben hatte. Leider habe ich es versäumt meine Bürgschaft sofort bei der Bank zurückzufordern. Der neue Inhaber der Fa. hat mein Fa. Konto weiter genutzt und das Minus auf dem Konto hatte sich bei meiner Kündigung bei der Bank beireits auf 70000,00€ angehäuft. Die Bürgschaft lautete auf 100.000,00€. Inzwischen hat mein Rechtsnachfolger Insolvenz angemeldet. Nun Fordert die Bank meine Grundschuld einzulösen.

Frage: Könnte die Bank noch nach Rückforderrung die Bürgschaft weiter bis zu 100.000,00€ weiter nutzen? Hätte die Nutzung bei 70.000,00€ nicht enden müssen?

Antwort des Anwalts

Sie wollen wissen, ob die Bank die EUR 100.000,00 aus der Grundschuld fordern kann oder ob wegen Ihrer Kündigung nur 70.000,00 aufgebracht werden müssen.
Sie schreiben einerseits von einer Bürgschaft, andererseits von einer Grundschuld. Beides sind verschiedene Sicherungsmittel, die ich nachstehend kurz darstelle:
Eine Bürgschaft ist ein Vertrag, mit dem sich der Bürge verpflichtet, die Verpflichtungen des Schuldners gegenüber dem Gläubiger zu erfüllen, sofern der Schuldner sie nicht selbst erfüllt. Der Vertrag wird zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger geschlossen und bedarf grundsätzlich der Schriftform.

Vor Inanspruchnahme des Bürgen muss der Gläubiger zunächst versuchen, durch Vollstreckung die Schuld bei dem Schuldner einzutreiben (sogenannte Einrede der Vorausklage), es sei denn der Bürge hat hierauf verzichtet (selbstschuldnerische Bürgschaft).

Der Bürge übernimmt eine fremde Schuld, der Umfang der Bürgschaft richtet sich, wenn nichts anderes vereinbart worden ist, nach der Hauptschuld. Diese ist wiederum durch die Auslegung des Bürgschaftsvertrages zu ermitteln (OLG Frankfurt am Main 30.05.2012 - 1 U 52/11).

Das Bürgschaftsversprechen, aber nicht der Bürgschaftsvertrag, muss schriftlich abgegeben werden. Nur ein Kaufmann kann, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft darstellt, die Bürgschaftserklärung formlos abgeben.

Der Anspruch aus einer Bürgschaft entsteht und wird fällig mit der Fälligkeit der Hauptschuld und ist nicht von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig (BGH 29.01.2008 - XI ZR 160/07).

Der zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebliche Zeitpunkt ist der Vertragsschluss. Die finanziellen Verhältnisse des Bürgen bei der Geltendmachung der Sittenwidrigkeit bleiben außer Betracht.

Ein reines Missverhältnis zwischen Vermögen des Bürgen und Bürgschaftssumme ist für die Annahme einer Sittenwidrigkeit nicht ausreichend. Der Bürge muss bei Abschluss des Vertrages vermögenslos (im Verhältnis zur Bürgschaftssumme) gewesen sein und es dürfen keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass sich dies in absehbarer Zeit ändert.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit der Haftung vermögensloser Angehöriger war zwischen dem IX. und dem XI. Senat des Bundesgerichtshofs nicht einheitlich. Nachdem die Zuständigkeit in Bürgschaftssachen auf den XI. Senat übergegangen war, der seine Grundsätze zur Sittenwidrigkeit der Ehegattenbürgschaft insbesondere in den Urteilen BGH 14.05.2002 - XI ZR 81/01 und BGH 14.05.2002 - XI ZR 50/01 erläutert hat, sind Urteile des IX. Senats nur noch eingeschränkt zu verwerten.

Nach den obigen Urteilen bestehen daher folgende Kriterien für die Sittenwidrigkeit aufgrund der finanziellen Überforderung des Bürgen:

Der Bürge hat kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Darlehensgewährung.

Es wird daher (widerlegbar) vermutet, dass er die Bürgschaftsvereinbarung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner eingegangen ist und diese emotionale Verbundenheit von dem Darlehensgeber in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt wurde.

Für den Bürgen besteht ein außerordentlich hohes Haftungsrisiko.

Der BGH unterscheidet insbesondere zwischen der Ehegattenbürgschaft / Lebenspartnerschaftsbürgschaft und der Bürgschaft mittelloser Kinder.

Hieraus folgt für Sie, dass Sie aufgrund des Bürgschaftsvertrages mit der Bank in dem die Bürgschaft umfassenden Umfang voll und ganz haften. Eine etwaige Sittenwidrigkeit kann nicht gesehen werden, da Ihre Geschäfte damit abgesichert worden sind.
Es spielt keine Rolle, dass das Geschäft dann später veräußert wurde. Die Bürgschaft bleibt bestehen.
Eine Bürgschaft kann vom Bürgen nicht einfach gekündigt werden. Vielmehr ist der Zweck der Bürgschaft ja gerade, dass eine Sicherheit für die andere Seite gewährt wird.

Der Bürge kann daher nur bei einer Vertragsverletzung, oder vorvertraglichen Pflichtverletzung durch den Gläubiger (die Bank) verlangen, dass er so gestellt wird, wie wenn er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte.

Anspruchsgrundlage für den Bürgen ist das Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsanbahnung (culpa in contrahendo, Verschulden bei Vertragsanbahnung).

Voraussetzung dafür ist eine schuldhafte Pflichtverletzung, die bei der Vertragsanbahnung zu einem Schaden geführt hat.

Eine solche Pflichtverletzung kann dann vorliegen, wenn der Bürge sich im Irrtum über den Umfang der Haftung befindet und dies vom Bankangestellten veranlasst wurde. Nicht unter eine Pflichtverletzung fällt es, wenn der Bürge nicht ausreichend auf das Risiko einer Bürgschaft hingewiesen und aufgeklärt wurde, da eine diesbezügliche Aufklärungspflicht nicht besteht. Es kann aber erwartet werden, dass die Rechtsprechung sich diesbezüglich in den nächsten Jahren noch ändern wird.

Voraussetzung ist jedoch auch, dass der Bankangestellte schuldhaft handelte, wobei schon fahrlässiges Handeln ausreicht. Bei vorvertraglicher Pflichtverletzung ist Schadensersatz zu leisten. Die bedeutet nach § 249 BGB, dass der Zustand wiederherzustellen ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde (Naturalrestitution). Ohne mangelhafte Aufklärung hätte der Bürge den Vertrag nicht abgeschlossen. Also kann der Bürge als Schadensersatz die Aufhebung des Vertrages verlangen.

Die von Ihnen geschilderten Umstände lassen daher eine nachträgliche Aufhebung des Bürgschaftsvertrages nicht zu. Aus der Bürgschaft haften Sie daher bis zum mitgeteilten Höchstbetrag in Höhe von EUR 100.000,00.

Weiter wäre die Grundschuld zu prüfen:

Die Grundschuld nach § 1191 BGB ist ein Grundpfandrecht und gewährt ihrem Inhaber das Recht, durch Verwertung einen Geldbetrag aus dem Grundstück zu erlangen. Sie wird als eine Belastung des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Für die Zahlung des Geldbetrages haftet nicht der Schuldner bzw. der Grundstückseigentümer persönlich, sondern das Grundstück selbst.

Unterschied zur Hypothek

Das Gesetz sieht die Hypothek als Normalfall des Grundpfandrechts an. Die Hypothek wird gesetzlich umfassend geregelt; das Gesetz verweist für die Grundschuld auf das Hypothekenrecht (§ 1192 BGB). Die Vorschriften sind in Bezug auf das Entstehen, Übertragen und Verwerten identisch. In der Praxis hat sich allerdings die Grundschuld als das fast ausschließlich verwendete Grundpfandrecht herausgestellt.

Die Grundschuld unterscheidet sich im Wesentlichen von der Hypothek dadurch, dass sie von der Forderung unabhängig ist. Daher hat sie den Vorteil, dass sie auch wechselnde Forderungen sichern kann. Eine Grundschuld, die nicht der Absicherung einer Forderung dient, wird als isolierte Grundschuld bezeichnet. Sie ist allerdings in der Praxis sehr selten.

Sicherungsgrundschuld

Meist dient auch die Grundschuld der Sicherung einer Forderung, nur bestimmt sich der Zusammenhang zwischen Grundschuld und Forderung nicht aus dem Gesetz, wie bei der Hypothek, sondern durch eine schuldrechtliche Sicherungsabrede.

Weil die Grundschuld im Gegensatz zur Hypothek nicht akzessorisch ist, kann der Schuldner auf die Forderung oder auf die Grundschuld zahlen. Meist wird aber in der Sicherungsabrede eine Zahlung auf die Forderung vereinbart sein, weil dann dem Grundschuldgläubiger die Grundschuld in voller Höhe erhalten bleibt. Ist eine solche Abrede nicht vorhanden und ergibt sich aus der Zahlungsbestimmung eine Zahlung auf die Grundschuld, so geht diese bei vollständiger Zahlung auf den Eigentümer als Eigentümergrundschuld kraft Gesetz über.

Die Bestellung der Grundschuld erfolgt heute banküblich in einer notariellen Urkunde, die neben dem gesetzlichen Inhalt der Grundschuld (vgl. § 1191 BGB) im Regelfall die Übernahme der persönlichen Haftung im Rahmen eines Schuldanerkenntnisses ggf. mit persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung enthält; zumeist wird zugleich oder zeitgleich der sog. Sicherungsvertrag abgeschlossen. Dennoch sind diese Vereinbarungen rechtlich selbstständig und unterliegen eigenständiger Bewertung.

Häufig einigen sich Bank und Kreditnehmer bzw. Sicherungsgeber vorab über die Bestellung einer grundpfandrechtlichen Sicherheit für den noch zu gewährenden Kredit. Eine auf die Bestellung einer Sicherungsgrundschuld gerichtete Vereinbarung unterliegt den Regeln des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften. Liegt demnach bei Abschluss dieser Vereinbarung eine Haustürsituation i.S.d. § 312 BGB vor, so kann der Sicherungsgeber diese Erklärung wirksam widerrufen.

Die Grundschuld kann als Buch- oder Briefgrundschuld bestellt werden (§§ 1191, 1192 Abs. 1, 1116 BGB). Bedeutung hat diese Unterscheidung insb. für den Erwerb und die Übertragung des Rechts (vgl. §§ 1117, 1154 BGB); die Briefgrundschuld ist Wertpapier im weiteren Sinne.

Bei der Gesamtgrundschuld (vgl. §§ 1192 Abs. 1, 1132 BGB) dienen mehrere Grundstücke zur Sicherung, während bei der Einzelgrundschuld lediglich ein Grundstück als Sicherheit dient.

Die Abgrenzung zwischen Eigentümergrundschuld (§ 1196) und Fremdgrundschuld betrifft die Frage, wer Inhaber der Grundschuld ist. Allerdings ist der Eigentümer bei einer Eigentümergrundschuld gehindert, Befriedigung durch Zwangsvollstreckung des Grundstücks zu erreichen (§ 1197 Abs. 1 BGB). Hat jedoch ein Gläubiger des Eigentümers wirksam die Grundschuld gepfändet, kann dieser die Zwangsversteigerung betreiben. Bei Verkauf des Grundstücks ohne Abtretung der Eigentümergrundschuld an den Erwerber wird die bisherige Eigentümergrundschuld eine Fremdgrundschuld.

Bei der Inhabergrundschuld (§ 1195 BGB) wird die Grundschuld in der Weise bestellt, dass der Grundschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt wird; wegen § 1195 Satz 2 BGB sind die Vorschriften der §§ 793 ff. BGB anwendbar.

Die Bestellung einer Fremdgrundschuld erfolgt durch Einigung und Eintragung (§ 873 BGB). Bis zur Briefübergabe an den Gläubiger steht diese Grundschuld dem Eigentümer zu (§§ 1192, 1117, 1163 Abs. 2 BGB). Eine einseitige Eigentümererklärung und Eintragung reicht für die Bestellung einer Inhaber- oder Eigentümergrundschuld aus (§§ 1195, 1196 BGB).

Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Briefgrundschuld erfolgt nach §§ 1192, 1154 Abs. 1 BGB durch schriftliche Abtretungserklärung und Übergabe des Grundschuldbriefes. Lediglich für die Änderung der Grundbucheintragung ist eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde (vgl. § 29 GBO) erforderlich. Die Übertragung einer Buchgrundschuld erfolgt demgegenüber nach §§ 1192, 1154, 873 BGB, während die Inhabergrundschuld gem. §§ 929 ff. BGB abgetreten wird.

Die im Rahmen von Kreditsicherheiten verwendeten Grundschulden stellen im Regelfall eine sog. Sicherungsgrundschuld dar; sie besitzt unter allen Grundschuldarten die größte praktische Bedeutung. Sie ist eine Fremdgrundschuld, die den Erwerber oder einen Dritten wegen einer Forderung gegen den Eigentümer des Grundstücks oder einen Dritten sichert, indem sie bei Nichterfüllung der persönlichen Forderung zu deren Befriedigung verwertet werden darf. Trotz der Bezeichnung und der eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit ist auch diese Grundschuld abstrakt; eine Eintragung des Sicherungszwecks, der Sicherungsabrede oder der zu sichernden Forderung im Grundbuch ist daher nicht möglich.

Diese letztgenannte Form dürfte Ihren Angaben zufolge vorliegen.

Der Sicherungsvertrag stellt die schuldrechtliche Verbindung zwischen persönlicher Forderung (z.B. aus Kreditvertrag) und dinglicher Sicherheit (wie z.B. Grundschuld) dar. Häufig genug ist der schuldrechtliche Sicherungsvertrag auch Rechtsgrund (Kausalgeschäft) für die spätere dingliche Grundschuldbestellung. Ein solcher Vertrag wird regelmäßig schriftlich getroffen; die Sicherungsabrede ist aber auch formlos oder konkludent wirksam. Der Inhalt der Sicherungsabrede ist allerdings nicht im Grundbuch eintragungsfähig.

Parteien des Sicherungsvertrages sind einerseits der Eigentümer des dinglichen Objektes als Sicherungsgeber und der Sicherungsnehmer, der im Regelfall zugleich Inhaber der persönlichen Forderung ist. Sind Kreditnehmer und Sicherungsgeber nicht identisch, dient die Grundschuld der Sicherung einer fremden Schuld. Rechtsgrund für die Bestellung dieser Sicherheit für den vom Kreditnehmer fremden Sicherungsgeber kann dann z.B. Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Schenkung sein.
Die Wirksamkeit dieses Rechtsverhältnisses zwischen Kreditnehmer und Sicherungsgeber berührt die Wirksamkeit der Grundschuldbestellung oder -übertragung sowie der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger nicht.
Die für die Bürgschaft geltenden Grundsätze der Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB gelten bei der Grundschuld nicht.
Begründet wird dies insb. damit, dass durch den Einsatz eines Grundstücks als werthaltige Sicherheit die Sicherungsgeber anders als der nicht leistungsfähige Bürge gezeigt haben, dass sie über Vermögen verfügen. Etwas Anderes könne nur gelten, wenn der Sicherungsgeber darlegen und beweisen könne, dass die Bank ihn unter Übergewichtung der eigenen wirtschaftlichen Interessen in eine Verschuldung genommen habe, aus der er sich wegen der ihn überordernden Zins- und Tilgungsleistung aus eigener Kraft nicht mehr befreien könne.
Bei unwirksamer oder fehlender Sicherungsabrede ergibt sich der Rückgewähranspruch jedoch aus § 812 BGB.

In Ihrem Falle lagen aber die Voraussetzungen insgesamt vor. Die Absicherung wurde durch den Verkauf nicht hinfällig, auch war die Bank nicht verpflichtet, wegen des Verkaufes die Sicherheit Ihnen zurück zu gewähren und sich bei dem Käufer um eine neue Sicherheit zu bemühen.

Der Inhalt eines solchen Sicherungsvertrages betrifft neben der Verpflichtung zur Grundschuldverschaffung i.d.R. auch die Abreden über die zu sichernden Forderungen, die Zahlungsverrechnung, die Verwertungsbeschränkung und die Rückgewähr der Grundschuld nach Wegfall des Sicherungszwecks. Wegen der fehlenden Akzessorietät ist die Grundschuldbestellung oder -übertragung auch dann wirksam, wenn der Sicherungsvertrag nicht wirksam ist.
Etwas Anderes gilt nur, wenn der Sicherungsvertrag bei einem Wucherdarlehen gem. § 138 Abs. 2 BGB231 oder wegen anfänglicher Übersicherung sittenwidrig ist.
Aber auch das liegt bei Ihnen wohl nicht vor, da Ihren Angaben zufolge das Geschäft bei Verkauf ja noch auf gesunden Füßen stand.

Wesentlicher Teil der Sicherungsabrede ist die Verbindung von persönlicher Forderung zur Grundschuld (Zweckerklärung).
Hieraus ergeben sich im Regelfall auch Einreden aus §§ 242, 821, 823 BGB hinsichtlich der Verwertung, wenn der Gläubiger die Grundschuld entgegen der Sicherungsabrede verwerten will.

Sind Kreditnehmer und Sicherungsgeber personenidentisch, bestehen keine Bedenken gegen eine sog. weite Zweckerklärung des Inhalts, dass die Grundschuld alle gegenwärtigen oder zukünftigen Forderungen der Bank gegen den Kreditnehmer absichert. Liegen mehrere Zweckerklärungen vor, so ist die jüngste Zweckerklärung maßgeblich.

Sind dagegen Darlehensnehmer und Sicherungsgeber personenverschieden, so ist eine formularmäßige weite Zweckerklärung unwirksam. Diese sog. Anlassrechtsprechung des BGH orientiert sich an dem Widerspruch zwischen der subjektiven Zweckvorstellung des Sicherungsgebers und der formularmäßigen Ausweitung des Sicherungszwecks.
Dies gilt selbst dann, wenn der Dritte Ehegatte des Sicherungsgebers ist.

Allerdings gibt es von diesem Grundsatz bedeutende Ausnahmen. So ist die weite Zweckerklärung wirksam, wenn Sicherungsgeber und Dritter persönlich und wirtschaftlich so eng miteinander verbunden sind, dass das Risiko künftiger von der Grundschuld erfasster Verbindlichkeiten für den Sicherungsgeber berechenbar und vermeidbar ist. Dies gilt etwa für alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer, die persönlich für Verbindlichkeiten ihrer GmbH Grundschulden als Sicherheiten gewähren, oder wenn der Sicherungsgeber ein mit Kreditgeschäften vertrautes Unternehmen ist.
Eine weitere Ausnahme gilt dann, wenn der Kreditgeber i.R.d. Vertragsverhandlungen auf den weitreichenden Haftungsumfang der Grundschuld ausdrücklich hingewiesen hat; hierfür trägt allerdings der Sicherungsnehmer auch die Beweislast.

Das trifft nun bei Ihnen zu, da Sie und Ihr Geschäft bei der Bestellung wirtschaftlich wie oben genannt verflochten waren. Die Grundschuld haftet daher im Umfang der Zweckerklärung. Eine einseitige Verkürzung auf die EUR 70.000,00 durch Ihre „Kündigung“ ist daher leider nicht möglich.

Folge der Anwendung des Abstraktionsprinzips von Forderung und Grundschuld ist der Umstand, dass die Forderung ohne die Grundschuld und die Grundschuld ohne die Forderung übertragen werden kann; die §§ 401, 1153 BGB gelten nicht. Die Sicherungsabrede verhindert grds. eine solche isolierte Abtretung nicht. Sie stellt auch kein Abtretungsverbot i.S.d. § 399 BGB dar.247 Widerspricht aber die isolierte Übertragung dem Sicherungszweck, kann ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB begründet sein. Im Übrigen kann auch nach isolierter Abtretung der persönlichen Forderung die Sicherungsfunktion der Grundschuld fortbestehen. Ist aber die persönliche Forderung zwischenzeitlich getilgt worden, kann der Sicherungsgeber den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung geltend machen, wird dennoch aus der Grundschuld die Zahlung geltend gemacht.

Bei Ihnen besteht aber die Schuld eben noch.

Eine Übersicherung durch Grundpfandrechte liegt vor, wenn die Grundschuld die gesicherte Forderung übersteigt, wobei es nicht auf den realisierbaren Verwertungserlös ankommt. Hierbei ist zu unterscheiden: Die ursprüngliche Übersicherung lässt das Geschäft als sittenwidrig erscheinen, wenn es im Zeitpunkt seines Abschlusses nach seinem – aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden – Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.252 Bei nachträglicher Übersicherung ergibt sich ein Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers, wobei im Regelfall dem Gläubiger das Wahlrecht (vgl. § 262 BGB) zusteht, welche Sicherheit er zurückgibt.

Eine Übersicherung ist aber in Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht zu erkennen.

Letztlich ergibt sich aus der Sicherungsabrede auch der Rückgewähranspruch, wenn der Sicherungszweck entfallen ist.
Der Anspruch richtet sich nach Wahl des Inhabers des Rückgewähranspruchs auf Übertragung der Grundschuld auf ihn oder einen Dritten, auf Verzicht (§ 1168 BGB) oder auf Aufhebung (§§ 183, 875 BGB).
Der Rückgewähranspruch richtet sich gegen den Grundschuldgläubiger, mit dem der Sicherungszweck der Grundschuld verabredet oder der Partei des Sicherungsvertrages war.
Eine zwischenzeitlich vorgenommene Abtretung der persönlichen Forderung und der Grundschuld enthält nicht stets die stillschweigende Vereinbarung einer Übernahme der Verbindlichkeit auf Rückgewähr der Grundschuld des Zedenten aus dem Sicherungsvertrag.

Den Sicherungsgeber trifft grds. die Darlegungs- und Beweislast für eine aus einer Sicherungsabrede abgeleitete Einwendung und damit auch für das Vorhandensein einer Sicherungsabrede. Ebenso muss der Sicherungsgeber den Wegfall eines Sicherungszwecks und damit auch das Erlöschen der abgesicherten Forderung beweisen. Dies gilt selbst dann, wenn der Sicherungsgeber nicht Schuldner der persönlichen Forderung ist. Solange er auch zum Erlöschen der Forderung nicht schlüssig vorgetragen hat, obliegen dem Sicherungsnehmer keine eigenen Darlegungen zum Fortbestand der Forderung.

Anders ist die Beweislastfrage zu lösen, wenn bei Bestellung der Grundschuld die Höhe der Forderung noch nicht feststand; in diesen Fällen muss der Sicherungsnehmer Umfang und Höhe der gesicherten Forderung darlegen und beweisen.

Der Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr kann durch eine Vormerkung i.S.d. § 883 BGB bereits bei Bewilligung der Grundschuldeintragung geschützt werden oder später, dann ist jedoch die Bewilligung des Grundschuldgläubigers erforderlich.

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs ist gem. §§ 398 ff. BGB zulässig und gem. § 399 BGB auch durch Vereinbarung auszuschließen. Die Abtretung von Rückgewähransprüchen vorrangig eingetragener Grundschulden an nachrangige Grundpfandrechtsgläubiger erfolgt einerseits zur Verschaffung rangbesserer Sicherung oder zur Sicherung eines entsprechenden Versteigerungserlöses. Bei Bestellung einer Grundschuld und gleichzeitiger Abtretung der Ansprüche auf Rückgewähr vorrangiger Grundschulden ist aber die formularmäßige Zweckerklärung, die vorrangigen Rechte sollten als weitere Sicherheit dienen, dahin auszulegen, dass der Gläubiger nur den Vorrang ausnutzen darf, nicht aber über die Höhe seiner nachrangigen Grundschuld hinaus Befriedigung verlangen kann.

Die Abtretung des Rückgewähranspruchs kann auch konkludent erfolgen. Ein Grundstückskaufvertrag, nach dessen Inhalt der Erwerber ein dem Verkäufer von dritter Seite gewährtes Grundschulddarlehen in Anrechnung auf den Kaufpreis übernimmt, enthält grds. die stillschweigende Abtretung des – durch die Tilgung des Darlehens bedingten – Rückgewährungsanspruchs hinsichtlich der Grundschuld an den Erwerber.

Die Verwertungsbefugnis des Grundschuldgläubigers ergibt sich ebenfalls aus dem Inhalt der Sicherungsabrede. Die zwangsweise Verwertung erfolgt durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Eine Bank, die die Verwertung eines zu ihren Gunsten belasteten Grundstücks betreibt, hat aber dabei die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer Weise zu berücksichtigen, soweit nicht ihre Sicherungsinteressen entgegenstehen.
Der Sicherungsnehmer hat daher die möglichst günstigste Verwertungsart zu wählen. Handelt es sich bei der Grundschuld um einen Dritten, der nicht gleichzeitig Schuldner der persönlichen Forderung ist, hat die Bank bei der Verwertung der Grundschuld keine Sorgfaltspflichten gegenüber diesem Dritten, sie darf aber nicht willkürlich zum Schaden des Sicherungsgebers handeln.

Wurde allerdings eine Grundschuld zur Absicherung mehrerer Darlehen unterschiedlicher Schuldner bestellt, kann der Gläubiger, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde, in vollem Umfang zur Befriedigung wegen eines der gesicherten Darlehen verwerten, wenn die Voraussetzungen für die Verwertung gerade bei diesem Darlehen eingetreten sind; eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Schuldner anderer gesicherter Darlehen besteht dabei auch dann nicht, wenn die Darlehensnehmer die Sicherheit gemeinsam zur Verfügung gestellt haben.

Eine anderweitige Verwertung der Grundschuld ist der freihändige Verkauf, sofern der Sicherungsgeber den Sicherungsnehmer dazu ermächtigt hat. Hierbei ist der Sicherungsnehmer nicht an die Beschränkungen der §§ 1234 ff. BGB gebunden; der Sicherungsnehmer ist aber verpflichtet, nur so abzutreten, dass sich auch der Erwerber nur i.H.d. persönlichen Forderung aus dem Grundstück befriedigen kann.

In der Verwertung wird aber nochmals die Verbindung von Grundschuldbestellung und abstraktem Schuldversprechen deutlich. Denn mit der Bezugnahme auf den Grundschuldbetrag wird die Höhe des abstrakten Schuldversprechens bestimmt, ohne dass der konkrete Betrag nochmals bezeichnet werden muss; darüber hinaus wird aber auch eine Verbindung zwischen Grundschuld und Schuldversprechen geschaffen, als der Gläubiger den für die Grundschuld angegebenen Betrag aus der Urkunde nur einmal verlangen und vollstrecken darf. Erhält die Bank aus der Grundschuld Zahlung und Befriedigung, kann sie aus dem Schuldversprechen selbst dann nicht mehr vorgehen, wenn ihr weitere Forderungen gegen den Schuldner zustehen.

Die Sicherungsabrede kann auch eine Vereinbarung über die Verrechnung von Zahlungen beinhalten; sie hat insb. dann Bedeutung, wenn bei Zahlung der Wille über eine Verrechnung nicht ausdrücklich erklärt, sondern aus den Umständen, insb. aus der Interessenlage der Parteien, zu ermitteln ist.

Bei Zahlung durch den Eigentümer, der zugleich der persönliche Schuldner ist, ist zu unterscheiden: Zahlt der Schuldner nur auf die persönliche Forderung, so bleibt die Grundschuld Fremdgrundschuld; allerdings wird der Rückgewähranspruch fällig. Zahlt allerdings der Schuldner auf die Grundschuld, erwirbt er sie entsprechend §§ 1191, 1192, 1142, 1143 BGB als Eigentümergrundschuld.

Die Auslegung der Interessenlage der Parteien ergibt im Regelfall, dass im Zweifel der persönliche Schuldner, der nicht zugleich Sicherungsgeber ist, nur auf die persönliche Forderung zahlt; Gleiches gilt für den mit dem Sicherungsgeber identischen persönlichen Schuldner, wenn er laufende Teilzahlungen leistet. Andererseits zahlt der mit dem persönlichen Eigentümer nicht identische Sicherungsgeber im Regelfall auf die Grundschuld. Für die Frage aber, ob eine wirtschaftlich mit einer Grundschuld zusammenhängende Zahlung des Eigentümers auf die Grundschuld oder auf die gesicherte Forderung geleistet wird, kommt es auf dessen bei der Zahlung erklärten Willen an. Fehlt eine solche Willenserklärung, kommt es für diese Frage auf die Umstände des Einzelfalles und insb. auf die Interessenlage der Beteiligten an.

Zahlt ein bzgl. der Grundschuld ablösungsberechtigter Dritter auf diese, so erwirbt der Zahlende die Grundschuld nach §§ 1192, 1150, 268 Abs. 3 Satz 1 BGB. Hat der Zahlende ein Ablösungsrecht bzgl. der gesicherten Forderung, weil der Gläubiger dieser Forderung in das Grundstück vollstreckt, erwirbt der Zahlende die Forderung gem. § 268 Abs. 3 BGB; ein Übergang der Grundschuld auf den Zahlenden erfolgt dann mangels Anwendbarkeit von § 401 BGB nicht. Die Grundschuld bleibt Fremdgrundschuld mit der Folge, dass der Rückgewähranspruch fällig wird.

Hieraus folgt aber leider nun gerade, dass die Bank bis zur Höhe der gesicherten EUR 100.000,00 vorgehen kann. Eine Beschränkung auf den Kontostand bei Ihrer „Kündigung“ ist gerade nicht möglich.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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