Haager Übereinkommen und daraus resultierende Unterhaltspflichten

Online-Rechtsberatung
Stand: 16.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein Freund ist Südafrikaner und er zahlt Unterhalt an seinen 17 jährigen Sohn.
Seine Mutter lebt aber mit dem Sohn in Australien und alle haben die südafrikanische Staatsbürgerschaft. Mein Freund hat eine Urkunde beim Jugendamt für die Unterhaltszahlungen unterschrieben, will seine Ex-Frau ihm gesagt hat, dass sie das für das Visum braucht um nach Australien gehen zu können. Später haben wir dann auf dem Jugendamt nach gefragt, warum er als nicht deutscher Staatsbürger, solch eine Urkunde unterschreiben muss, obwohl das unterhaltpflichtige Kind auch nicht deutsch ist und auch noch im Ausland lebt. Daraufhin sagte das Jugendamt, dass sie garnicht wüssten, dass sich das Kind nicht mehr in Deutschland befindet und das sie jetzt nicht wüssten wie die Rechtslage ist. Meine Frage ist nun, ob das alles so rechtens ist und warum er nach Düsseldorfer Tabelle zahlen muss obwohl keiner der Beteiligten deutsch ist?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

anzuwenden ist auf diesen Fall das "Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht" vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II, S. 837). das gem seinem Art. 3 als "loi uniforme" beschlossen wurde, was bedeutet, dass es von einem Vertragsstaat angewendet wird, auch wenn ein anderer Staat betroffen ist, der dieses Übereinkommen nicht gezeichnet hat. In Deutschland ist es deshalb anwendbar, auch wenn Südafrika und Australien nicht Vertragsstaaten sind.
Ob und in welcher Höhe Unterhalt zu bezahlen ist richtet sich nach diesem Übereinkommen nach dem Aufenthaltsstaat des Kindes. Wenn der Aufenthalt gewechselt wird, dann ist das Recht des neuen Aufenthaltsstaates anwendbar. Dieses sog. "Unterhaltsstatut" ist damit wandelbar. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es grundsätzlich nicht an. Eine Ausnahme gibt es nur dann, wenn das unterhaltsberechtigte Kind nach dem Recht seines Ausfenhalts keinen Unterhalt bekommen kann. Ausnahmsweise ist dann das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit (Kind und Unterhaltsverpflichteter) anzuwenden (Art. 5). Das wäre dann sürafrikanisches Recht.
Offenbar war der Sohn Ihres Freundes in Deutschland, deshalb war für den Unterhalt auch deutsches Recht anwendbar. Dass der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle festgesetzt wurde, weil das Kind in Deutschland Aufenthalt hatte, war deshalb richtig.
Jetzt lebt er in Australien, deshalb ist jetzt australisches Recht für den Unterhalt anwendbar und nicht mehr deutsches Recht. Der deutsche Unterhaltstitel bleib aber aufrecht, so lange niemand diesen Titel wegen der Nichtanwendbarkeit des deutschen Rechts in Form einer Abänderungsklage angreift. Das könnte Ihr Freund theoretisch tun, indem es bei Gericht beantragt, dass der Unterhalt auf "Null" gesetzt wird, weil nunmehr deutsches Recht nicht mehr anwendbar ist.
Sinnvoll ist dies aber so lange nicht, als die Mutter des Kindes nicht in Australien einen Unterhalt nach australischem Recht begehrt. In Australien wird nämlich der Unterhalt eines Kindes von der Child Support Agency festgesetzt und beträgt für das erste Kind 27% des Einkommens, welches sich aus den Einkünften vom 30. Juni eines Jahres bis 30. Juni des Folgejahres ermittelt. Im Ergebnis dürfte der Unterhalt in Australien also höher sein als in Deutschland. Ihrem Freund ist deshalb anzuraten still zu halten und weiter den in Deutschland festgesetzten Unterhalt zu bezahlen. Nur wenn ein Unterhaltsverfahren in Australien begonnen wird, sollte er die deutsche Unterhaltsfestsetzung zu Fall bringen, denn ansonsten gäbe es zwei Unterhaltstitel, die beide vollstreckt werden könnten. Ein australischer Unterhaltstitel kann nämlich auch in Deutschland nach dem "Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen" vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II, S. 826) vollstreckt werden, weil Deutschland und Australien Mitglied ist.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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