Falsche Namensangabe bei Asylantrag: Was tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 16.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ein Mann aus Gambia, bekam in Italien politisches Asyl. Er hat Papiere, Documento di Viaggio, Republica italiana Carta didentita und vom Ministero dellinterno. Permesso di Soggiorno per Stranieri.
In Italien muss er auf der Straße leben, da er keine Arbeit und er keine Wohnung bekommt. Im Glauben in Deutschland würde es besser sein kam er mit seinen Papieren hierher.
Leider kannte er auch hier niemanden und stand auf der Straße. Aus Verzweiflung stellte er in Deutschland einen Asylantrag unter falschem Namen, um wenigstens ein Bett zu haben.
Er bekam eine Duldung, die er schon einmal verlängern konnte, nun bis 18.08. Da er Fingerabdrücke abgeben musste, fand die Behörde raus, dass er in Italien registriert ist und er deshalb kein Asyl bekommen kann und er nach Italien zurück muss.
Die Zeit drängt und er möchte am 18.8. nochmal zum Asylanwalt um seine Duldung zu verlängern. aber ich befürchte, dass er das nicht bekommt und sie ihn direkt nach Italien schicken und er aufgrund seiner Lüge möglicherweise nicht mehr nach Deutschland einreisen darf. Er vertraut seinem Asylanwalt nicht, deshalb weiß dieser auch nichts von seinen echten Papieren, bzw. der ganzen Geschichte.
Ich möchte ihm gerne helfen, er könnte bei mir wohnen und ich würde ihm helfen einen Job zu finden. Wir sind kein Paar und ihn zu heiraten ist keine Option.
Gibt es irgendeine Möglichkeit, diesen Fehler, mit dem falschen Asylantrag zu lösen, sodass er in Deutschland bleiben kann?
Könnte er seinen Asylausweis wegwerfen und mit seinen echten Papieren hier wohnen?

Antwort des Anwalts

Gibt es irgendeine Möglichkeit, diesen Fehler, mit dem falschen Asylantrag zu lösen, so daß er in Deutschland bleiben kann?

Antwort Rechtsanwalt:

Bei unerlaubter Einreise innerhalb der EU-Staaten ist für die Durchführung eines Asylverfahrens Art. 10 Abs. 1 Dublin II-Verordnung *1) einschlägig, seit 26. Juni 2013 (19. Juli 2013 in Kraft getreten) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III).

Danach muss der Asylsuchende in dem Mitgliedsstaat, den er zuerst betreten hat, seinen Asylantrag stellen. Im Einzelnen sind die darauf gestützten Praktiken ziemlich umstritten und noch in Bewegung. Auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei hingewiesen *2). Hier wurde eine Verletzung von Artikel 3 (Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung) durch Griechenland aufgrund der Haft- und der Lebensbedingungen des Beschwerdeführers und eine Verletzung von Artikel 13 (Recht auf wirksame Beschwerde) in Verbindung mit Artikel 3 durch Griechenland aufgrund der Mängel des dortigen Asylverfahrens im Fall des Beschwerdeführers festgestellt. Weiterhin lag eine Verletzung von Artikel 3 durch Belgien aufgrund der Überstellung des Beschwerdeführers nach Griechenland, die ihn dem dortigen mangelhaften Asylsystem und den damit verbundenen Risiken sowie den dortigen Haft- und Lebensbedingungen aussetzte, vor, die gegen Artikel 3 verstießen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Angelegenheit im Wesentlichen der Europäischen Politik überlassen, vgl. aber Beschluss vom 25. 1. 2011 Az. 2 BvR 2015/09, wonach Erledigung eintrat, weil das Bundesministerium des Innern das Bundesamt angewiesen hatte, generell von Überstellungen Asylsuchender nach Griechenland abzusehen und die Schutzgesuche im nationalen Verfahren zu prüfen.

Die deutschen Gerichte haben dementsprechend ausnahmsweise im Rahmen von Dublin II einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegen die Praktik der direkten Abschiebung wegen erheblicher konkreter Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zugesprochen, vgl. VG Augsburg, Urteil vom 18. Juni 2013 • Az. Au 5 K 11.30477 m.w.N. *3).

Diese Rechtsprechung könnte der Anwalt möglicher Weise zugunsten des Asylanten aus Gambia ausnutzen, er müsste dann allerdings von dem Sachverhalt informiert werden. Grundsätzlich ist es immer vorzuziehen, dem eigenen Anwalt reinen Wein einzuschenken. Man ist als Anwalt lediglich der verlängerte Arm seines Mandanten.

Informationen, die zwar die Gegenseite hat, der Anwalt aber nicht, weil der eigene Mandat etwas verschwiegen hat, erlaubt eine interessensgerechte Vertretung nicht und würde eventuell dazu führen, dass der Kollege das Mandat niederlegt. Ich persönlich nehme es Mandanten sehr übel, wenn Sie mich falsch informieren. Gegen Berichtigungen gibt es allerdings nichts einzuwenden. Es ist auch den Behörden klar, dass besonders in Asylsituationen, wenn z.B. Lebensgefahr droht, eventuell andere Spielregeln gelten.

Tipp: Sie sollten um einen Besprechungstermin bitten und dem Kollegen sämtliche Informationen geben sowie um seinen professionellen Rat zu dem Dilemma bitten.

Könnte er seinen Asylausweis wegwerfen und mit seinen echten Papieren hier wohnen?

Antwort Rechtsanwalt: Das kann er selbstverständlich. Ob er damit wegkommt, ist eine zweite Sache. Sobald die Behörden davon Kenntnis erlangen, bricht natürlich die gesamte fiktive Existenz zusammen. Es gibt allerdings prominente Beispiele aus der Zeit des Dritten Reichs (Verfolgung u.a. von Juden und Kommunisten durch die Nazis). So ist ja bekannt, dass der damalige Bundeskanzler Willi Brandt früher einmal Herbert Frahm hieß! Probleme hatte er deswegen natürlich keine bekommen.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

1) http://de.wikipedia.org/wiki/Dublin_II#cite_note-9 m.w.N.
2) http://de.wikipedia.org/wiki/Dublin-III-Verordnung

*3) EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland (Beschwerde-Nr. 30696/09)
Volltext: http://www.asyl.net/index.php?id=114&tx_ttnews[tt_news]=41666

*4) BVerfG, Beschluss vom 25. 1. 2011 Az. 2 BvR 2015/09 (lexetius.com/2011,37)
http://lexetius.com/2011,37

*3) VG Augsburg http://openjur.de/u/636368.html

Klaudia Dok, Okt. 2011 Das Dublin-Verfahren:
http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/08513.pdf

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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