Schülerin beleidigt und bedroht Lehrerin

Online-Rechtsberatung
Stand: 26.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Frau arbeitet seit kurzem am italienischen Gymnasium auf Lehrauftragsbasis (wie alle Lehrkräfte an der Schule) als Italienischlehrerin und Klassenlehrerin. Sie hat sich nach der ersten Stunde bei der Direktorin über das Sozialverhalten einer Schülerin (19 J.) beschwert. Gegen den Willen meiner Frau zitierte die Direktorin die besagte Schülerin in ihr Büro. Dort sollte meine Frau der Schülerin die Vorwürfe nochmals begründen. Meine Frau erwähnte die Respektlosigkeit der Schülerin in der vergangenen Stunde. Die Schülerin begann sofort meine Frau auf übelste Weise zu beschimpfen (u.a. als "Lügnerin"). Meine Frau ermahnte die Schülerin, nicht in diesem Ton mit ihr zu reden. Die Schülerin wurde daraufhin noch ausfallender. Unter Verwendung aggressiver Gesten intensivierte die Schülerin ihre verbalen Hasstiraden gegen meine Frau und sprach Todesdrohungen aus (alles in ital. Sprache). Die Direktorin stand nur dabei und versuchte die Schülerin zu beschwichtigen. Die Schülerin ging aus dem Raum und knallte die Tür laut zu. Anschließend gab die Direktorin meiner Frau eine Mitschuld, da sie den Ausdruck "Respektlosigkeit" nicht hätte verwenden dürfen. Meine Frau war geschockt, ich ebenso, als sie mir gestern von dem Vorfall berichtete. Ein solches Verhalten durch eine volljährige Schülerin hätte nach meinem Dafürhalten einen sofortigen Schulverweis zur Folge haben müssen. Meine Frau möchte auf dieser Stelle nun nicht mehr arbeiten. Einen Vertrag hat sie auch nach drei Wochen Arbeit noch nicht erhalten. Ich riet ihr zu rechtlichen Schritten sowohl gegen die volljährige Schülerin (Anzeige wegen Beleidigung und Bedrohung) und gegen die Direktorin wegen Vernachlässigung der Fürsorgepflicht gegenüber einer Mitarbeiterin. Die Schule befindet sich in privater Trägerschaft und steht unter ständigem finanziellen Druck. Sie nimmt daher auch viele problematische Schüler auf, zu disziplinarischen Maßnahmen kommt es daher kaum.

Meine Frage:

Kann gegen die volljährige Schülerin wegen der Beleidigung und Bedrohung ("Lügnerin", "Schlampe", "ich bringe dich um" etc.) rechtlich vorgegangen werden?

Ist es möglich, dass die Schülerin meine Frau in Anwesenheit der Direktorin auf übelste Weise beschimpft wird und dass die Direktorin (wohl aus Angst wegen der niedrigen Schülerzahlen) daneben steht, nichts unternimmt und meiner Frau auch noch eine Mitschuld gibt?

Antwort des Anwalts

Es handelt sich Tat um eine sehr komplizierte Situation, die nach meinem Dafürhalten nicht allein auf rechtlicher Basis zu lösen sein dürfte.

Gleichwohl möchte ich Ihnen zunächst eine rechtliche Einschätzung der Situation geben.
Hinsichtlich der Situation mit der Schülerin können Sie natürlich Strafanzeige wegen Beleidigung und Bedrohung stellen. Dabei müssten Sie dann die Direktorin als Zeugin für den Vorfall benennen. Eine solche Strafanzeige können Sie auch ohne anwaltlichen Beistand direkt bei der Polizei stellen. Die Polizei/Staatsanwaltschaft muss dann entscheiden, ob und in welchem Umfang sie weiter ermittelt. Regelmäßig wird in solchen Fällen zunächst einmal eine Zeugenvernehmung (der Direktorin) stattfinden und dann wird eine Entscheidung getroffen, ob und wie es weitergeht.
Erfahrungsgemäß passiert in solchen Fällen aus strafrechtlicher Hinsicht nicht viel. Sollte die Schülerin nicht bereits einschlägig vorbestraft seien, bedürfe es einer Einstellung des Verfahrens kommen, möglicherweise zu einer Einstellung gemäß § 153a StPO, also unter Verhängung einer Geldstrafe. Den Wortlaut der gesetzlichen Regelung finden Sie über den nachfolgenden Link im Internet:

http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__153a.html

Meiner Meinung nach wäre eine Strafanzeige hier auch nicht sinnvoll. Zum einen, da vermutlich ohnehin keine Verurteilung, sondern lediglich eine Ermahnung oder Einstellung erfolgt.

Der erzieherische Teil einer solchen strafrechtlichen Maßnahme ist nach meinem Dafürhalten ohnehin fraglich und selten erfolgreich. Ich gebe allerdings zu, dass hier verschiedene Auffassungen bestehen, wobei ich mich persönlich eher der Auffassung anschließen würde, dass derartige Maßnahmen keinen erzieherischen Wert haben und nichts bringen.

Darüber hinaus würde durch eine Strafanzeige die Situation in der Schule eher noch verschärft. Ich vermute, dass die Direktorin nicht besonders erfreut sein dürfte, wenn sie in einem Strafverfahren von der Polizei als Zeugen vernommen wird. Zum anderen dürfte das Verhältnis zu der Schülerin durch eine Strafanzeige sicherlich nicht besser werden.

In arbeitsrechtlicher Hinsicht halte ich es allerdings für beanstandenswert, dass die Direktorin die Situation nicht anders gehandhabt hat.
Als Leiterin der Schule und als Arbeitgeberin wäre Sie verpflichtet gewesen, zum einen Ihre Frau in Schutz zu nehmen, zum anderen aber auch, eine Lösung der streitigen Situation zu fördern oder der Schülerin rechtliche Konsequenzen für den Wiederholungsfall anzudrohen oder Maßnahmen sogar gegebenenfalls direkt zu veranlassen. Ein solches Verhalten der Direktorin kann ich hier in der Tat nicht erkennen, zumal das Verschulden ihrer Schilderung nach offenbar eindeutig bei der Schülerin liegt. Weshalb Ihre Frau eine Mitschuld an dieser Situation haben soll, kann ich nicht erkennen.

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern (auch wenn es sich lediglich um ein Lehrauftragsverhältnis handelt). Entscheidend dafür sind die organisatorischen Stellungen der Direktorin und Ihrer Frau und die vertragliche Beziehung zwischen Ihrer Frau in der Schule. Ihre Frau hätte daher aus rechtlicher Sicht die Möglichkeit, die Direktorin/Schule abzumahnen und sie aufzufordern, entweder der Schülerin Konsequenzen für den Wiederholungsfall anzudrohen oder diese sogar von der Schule zu verweisen, um einen geordneten Schulbetrieb um die Sicherheit der Lehrkräfte zu gewährleisten. Für den Fall, dass die Schule/Direktorin sich nicht rechtmäßig verhält, könnte Ihre Frau drohen, rechtliche Schritte einzuleiten oder die Arbeitskraft anzustellen und die Schule auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch zu nehmen.

Entscheidend für den rechtlichen Erfolg einer derartigen Auseinandersetzung sind natürlich die Beweisbarkeit der von Ihnen geschilderten Situation sowie die Intensität der von der Schülerin ausgesprochenen Drohungen. Es muss dabei beurteilt werden, inwieweit Ihrer Frau ein Festhalten an dem Vertragsverhältnis überhaupt noch zumutbar ist.

Alternativ zu rechtlichen Maßnahmen könnte man überlegen, zunächst noch einmal ein Gespräch zu suchen.

Hierzu würde ich vorschlagen, dass Ihre Frau die Situation zunächst einmal unter vier Augen mit der Direktorin bespricht um herauszufinden, wie die Direktorin diese Situation sieht. Insbesondere sollte dabei erörtert werden, worin die Direktorin ein Mitverschulden Ihrer Frau sieht.
Sollte die Reaktion der Direktorin tatsächlich darauf beruhen, dass finanzielle Zwänge herrschen, wird Ihre Frau selbst durch rechtliche Schritte daran vermutlich nichts ändern. Möglicherweise könnte aber durch ein verständiges Gespräch eine Übereinkunft erzielt werden, wie zukünftig mit solchen Situationen vorgegangen wird.

Nach meinem Dafürhalten ist die Vorgehensweise der Direktorin, Ihre Frau die Schülerin zu einem direkten Gespräch in ihr Büro zu bitten, ohne mit den Parteien im Vorfeld gesprochen zu haben, ohnehin nicht besonders professionell und Ziel führen.
Möglicherweise könnten hier Mechanismen geschaffen werden, wie man zukünftig mit solchen Situationen umgeht. Dies wäre unter anderem auch ein Thema für eine Besprechung mit anderen Lehrern, da diese möglicherweise mit ähnlichen Situationen konfrontiert sind.
Erfahrungsgemäß können solche Situationen am besten beherrscht werden, je breiter die Unterstützung im Lehrerkollegium ist.

Basierend auf dem Gespräch mit der Direktorin müsste dann entschieden werden, wie man weiter mit der Schülerin umgeht. Es könnte noch ein weiteres Gespräch mit der Schülerin geben, gegebenenfalls ohne die Anwesenheit Ihrer Frau. Alternativ bestünde natürlich immer noch die Möglichkeit, die Schülerin wegen ihres unangemessenen Verhaltens zu verwarnen oder direkt von der Schule zu verweisen. Alternativ könnte versucht werden, mit der Schülerin eine Schlichtungsgesprächs/eine Mediation zu unternehmen, um die Konfliktsituation und die zukünftigen Verhaltensweisen zwischen Schülern und Lehrern zu regeln. Welche Reaktion hier genau angemessen ist, müsste im Lehrerkollegium und mit der Direktorin besprochen werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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