Schadensersatz wegen abgeworbener Kunden

Online-Rechtsberatung
Stand: 30.10.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir sind ein kleines IT-Systemhaus. Ein Mitarbeiter hat am 01.09.2011 selbst zum 31.12.2011 gekündigt. Seit 01.01.2012 arbeitet er jetzt bei einem anderen Systemhaus in der Nähe. Seit seiner Kündigung gingen von mehreren längjährigen Kunden Kündigungen ihrer Internethostingverträge bei uns ein. Nun haben wir diesen Monat (08-2012) festgestellt, daß der Mitarbeiter nach den Übernahmen der bei uns gekündigten Verträge seinem neuen Arbeitgeber und sich selbst als Verwalter der Domains eingetragen hat. Und bei vielen Kunden bereits im Dezember 2011, als er noch bei uns gearbeitet hatte.
D.h. er hat bereits Kunden abgeworben, als er noch bei uns beschäftigt war und hat sich dort bereits als Domainverwalter mit dem neuen Firmennamen eingetragen. Nachzuprüfen durch die Denic-Abfrage Who-IS und sichtbar mit dem letzten Aktualisierungsdatum, das immer noch 12-2011 ausweist, also in der Zeit, als er sein Gehalt von uns bezogen hatte.

Welche Möglichkeiten habe ich, hier Schadensersatzforderungen (entgangene Gewinne oder Gehaltsrückzahlungen) zu verlangen ?
Gibt es da überhaupt Aussicht auf Chancen ?

Antwort des Anwalts

Sie haben gegen den ehemaligen Mitarbeiter Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz u.a. aus sogenannter positiver Vertragsverletzung (pVV) des Arbeitsvertrags sowie nach dem UWG (Gesetz über den unlauteren Wettbewerbsgesetz).

In ernsthafte Erwägung zu ziehen ist ferner eine Strafanzeige und Strafantrag wegen Geheimnisverrats gegen den ehemaligen Mitarbeiter nach § 17 UWG.

  1. Ansprüche aus Verletzung des Arbeitsvertrag (PVV)

Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber Schutz- und Treuepflichten. Hergeleitet wird der Anspruch PVV aus § 241, 242 BGB (Treu und Glauben).

Durch die Zweckentfremdung des firmeninternen Wissens (Ihre Kunden) in einem laufenden Arbeitsverhältnis und eigennützige Verwendung verletzt im vorliegenden Fall Ihr ehemaliger Arbeitnehmer seine arbeitsrechtlichen Treuepflichten Ihnen gegenüber.

Er ist Ihnen zum Ersatz des dadurch entstehenden Schadens verpflichtet.

Gem. §§ 249 ff. BGB müssen Sie so gestellt werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten ist.

Der Anspruch auf Schadensersatz richtet sich zunächst einmal auf Wertersatz, insoweit die Kunden Ihnen nicht zurück übertragen werden können. In diesem Rahmen kommt auch ein Ersatz des entgangenen Gewinns in Frage, § 252 BGB.

Ein Anspruch auf Rückgabe des von Ihnen gezahlten Lohns ist als solcher nicht vorgesehen, es sei denn, Sie können dem Arbeitnehmer positiv nachweisen, daß er seine Arbeitszeit insoweit zweckentfremdet hatte.

Sie können aber mit den Schadensersatzansprüchen gegebenenfalls mit ausstehenden Lohnforderungen verrechnen bzw. die Aufrechnung erklären, §§ 387 ff. BGB.

Zuständig für Ihre Klage, sofern diese gegen den ehemaligen Arbeitnehmer gerichtet ist, ist das Arbeitsgericht, hilfsweise die Zivilgerichte.

In erster Instanz gibt es dabei auch bei Obsiegen keine Kostenerstattung.

  1. §§ 61, 60 HGB

Sofern die Eigenschaft eines Handlungsgehilfen angenommen werden kann, kämen Ansprüche wegen Verstosses gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB in Betracht. Bei einem Arbeitnehmer wäre das allerdings vermutlich eher nicht der Fall.

  1. Anspruchsgrundlage § 3 ff. i.Vb. m. § 8 UWG

Der Missbrauch der Kundendatei kann unlauterer Wettbewerb sein. Sie müssten Ihrem ehemaligen Mitarbeiter jedoch nachweisen, daß er dabei unerlaubt Ihre Kundendatei verwendet. Anerkannt ist allerdings, daß ehemalige Mitarbeiter Kontakte nach dem Gedächtnis verwenden dürften.

Sofern der Nachweis der Kundendatei Ihnen nicht möglich ist, würden Sie vermutlich im Prozess beweisfällig gestellt werden.

Es hat den Anschein, daß es von Ihrer Seite aus versäumt wurde, eine entsprechende Konkurrenzklausel mit Strafklauseln in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Hier gibt es Kriterien nach der Rechtsprechung, wonach diese örtlich und zeitlich (zwei Jahre) begrenzt sein muss, sowie eine Entschädigung vorsehen muß. Dies wäre gegebenenfalls auch ein anwaltlicher Beratungsfehler.

Tipp: Sie sollten erwägen, das für die Zukunft zu veranlassen.

  1. Anspruchsgrundlage §§ 823 Abs. 1 BGB i.Vb. m. § 17 UWG als Schutzgesetz.

Auch diese Anspruchsgrundlage kommt in Betracht, sofern eine Verletzung von § 3 UWG angenommen und bewiesen werden kann. Siehe oben unter 3.

Nach § 10 UWG kommt auch eine Gewinnabschöpfung in Frage.

Verjährung nach § 11 UWG *3): Die Ansprüche aus UWG verjähren innerhalb 6 Monaten. Die

Auf die kurze Antragsfrist für einen Strafantrag wegen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses in § 17 UWG von drei Monaten weise ich hin.

Tipp: Vorab sollten Sie überlegen, hier die im Wettbewerbsrecht üblichen Schritte Abmahnung und strafbewehrte Unterlassungerklärung sowie Auskunftsanspruch vorzunehmen.

Üblich ist in derartigen Fällen, sofern nicht hinreichend Auskunft gewährt wird über die Einnahmen, eine Stufenklage. Sie begehren vor Gericht zunächst Auskunft und erst dann Schadensersatz.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) § 8 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

  1. jedem Mitbewerber;

  2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt;

  3. qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel 4 der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. EG Nr. L 166 S. 51) eingetragen sind;

  4. den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern.
    (4) Die Geltendmachung der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
    (5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle des Anspruchs gemäß § 1 oder § 2 des Unterlassungsklagengesetzes die Unterlassungsansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4a des Unterlassungsklagengesetzes vor.

*2) § 17 UWG Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen

(1) Wer als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, mitteilt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen,

  1. sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch
    a)
    Anwendung technischer Mittel,
    b)
    Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses oder
    c)
    Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis verkörpert ist,
    unbefugt verschafft oder sichert oder

  2. ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nummer 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt.
    (3) Der Versuch ist strafbar.
    (4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  3. gewerbsmäßig handelt,

  4. bei der Mitteilung weiß, dass das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll, oder

  5. eine Verwertung nach Absatz 2 Nummer 2 im Ausland selbst vornimmt.
    (5) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
    (6) § 5 Nummer 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

*3) § 11 UWG - Verjährung

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Kapitel 2 (Rechtsfolgen)

(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 und 12 Absatz 1 Satz 2 UWG verjähren in sechs Monaten.

(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn

  1. der Anspruch entstanden ist und

  2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(3) Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens in 30 Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an.

(4) Andere Ansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in drei Jahren von der Entstehung an.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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