Nichtbewilligung des Urlaubs trotz mündlicher Zusage

Online-Rechtsberatung
Stand: 01.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Urlaub nicht bewilligt obwohl im Vorjahr mündlich zugesagt. Begründung: weil ich im Vorjahr sooft krank war und ein unverheirateter Kollege seinen Jahresurlaub nicht nehmen konnte, sondern verschieben mußte. Bekomme ich jetzt keinen Urlaub obwohl ich zuerst in der Urlaubsliste stand? Ich bin verheiratet und habe eine 8 jährige Tochter und eine Frau mit einer Pflegestufe zuhause. Des weiteren möchte ich gerne mal wissen, wenn ich meine Frau pflege mit der Pflegestufe 1 habe ich da irgendwelche Sonderrechte die mir bisher nicht bekannt sind?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

Zunächst ein paar grundsätzliche Ausführungen:

Die zeitliche Festlegung des Urlaubs geschieht durch Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer; daraus muss deutlich erkennbar sein, dass er in Erfüllung der Pflicht zur Urlaubsgewährung für einen bestimmten Zeitraum von seiner Arbeitspflicht befreit ist; anderenfalls liegt keine Urlaubsgewährung vor (BAG 19. 9. 2000 ?9 AZR 504/99). Vor der Urlaubsgewährung ist der fällige Urlaubsanspruch zunächst vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in Form einer Kundgabe seiner Urlaubswünsche geltend zu machen. Das kann in gesammelter Form durch die Eintragung in eine Urlaubsliste, die der Arbeitgeber auslegt, geschehen.

Das Urlaubsverlangen muss nicht notwendig, sollte aber auf eine bestimmte Urlaubszeit gerichtet sein und so rechtzeitig gestellt werden, dass eine verlässliche Urlaubsplanung für den Arbeitgeber möglich ist. Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ist vom Arbeitgeber entsprechend der Geltendmachung durch den Arbeitnehmer alsbald zeitlich festzulegen.

Macht der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch nicht geltend und will der Arbeitgeber nicht von sich aus tätig werden, erlischt der Urlaubsanspruch mit dem Jahresende oder dem Ende des Übertragungszeitraums. Gleiches gilt, falls der Arbeitnehmer auf die Erkundigung des Arbeitgebers nicht reagiert und daraufhin eine zeitliche Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber unterbleibt.

Zu beachten ist ? und das ist für Sie und die Verweigerung der Urlaubsgewährung relevant - der Arbeitgeber kann nur bei Vorliegen der sich aus § 7 Abs 1 Hs 2 BUrlG ergebenden Voraussetzungen den Urlaub auf einen anderen als den vom Arbeitnehmner genannten Termin festlegen oder von seinem Recht Gebrauch machen, die zeitliche Festlegung des Urlaubs ganz oder teilweise zu verweigern (Leistungsverweigerungsrecht) (BAG 18. 12. 86). Sie haben als Arbeitnehmer das Recht gegen die ablehnende Entscheidung im Wege der Leistungsklage oder der einstweiligen Verfügung vorzugehen. Allerdings sind Klagen im laufenden Arbeitsverhältnis u. U. gefährlich für den Bestand des Arbeitsverhältnisses als solches.

Die Festlegung des Urlaubs in einen Zeitraum, der nicht mit dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers im Einklang steht, kann nur in Betracht kommen, wenn alle Möglichkeiten der Abstimmung zwischen Urlaubswünschen und den betrieblichen Belangen sowie den Belangen der Belegschaft gescheitert sind.

Gründe für die Nichtberücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers können sein:

  • Dringende betriebliche Belange. Das BUrlG stellt mit dem Begriff der betrieblichen Belange in erster Linie auf den gesicherten Fortgang des Betriebsablaufs ab. Maßgebend sind danach Umstände der Betriebsorganisation, des technischen Arbeitsablaufs, der Auftragslage sowie die konkrete Bedeutung des Arbeitnehmers und der von ihm verrichteten Tätigkeit für den Betrieb (BAG 28. 7. 81 ?1 ABR 79/79). Als dringende betriebliche Belange kommen in Betracht: personelle Engpässe in Saison- und Kampagnezeiten, plötzlich auftretende Produktionsnachfragen, Abschluss- und Inventurarbeiten u.ä.

Die Begründung, dass Sie im vergangenen Jahr so oft erkrankt waren, stellt keinen Grund für eine Verweigerung Ihres geltend gemachten Urlaubsanspruches dar.

Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, wie die Ihres Kollegen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, können allerdings gem § 7 Abs 1 BUrlG der Berücksichtigung Ihres Urlaubswunsches grundsätzlich entgegenstehen. Der Begriff ?soziale Gesichtspunkte? ist im weitesten Sinne zu verstehen. Als soziale Gesichtspunkte kommen vornehmlich in Betracht: Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Zahl der Kinder unter Berücksichtigung ihrer Schulpflichtigkeit, der Gesundheitszustand, Urlaub anderer Familienangehöriger, bestehendes Erholungsbedürfnis in einer bestimmten Jahreszeit, die Urlaubsregelung in den vergangenen Jahren.

Wie ich Ihren Ausführungen entnehmen konnte, ist der Kollege unverheiratet und hat offensichtlich auch keine Kinder, so dass Sie unter sozialen Aspekten vorzugswürdig sind. Die Erkrankung im vergangenen Jahr kann und darf keine Rolle spielen.

Wie schon oben ausgeführt, kann die Urlaubsgewährung auch eingeklagt werden.

Insoweit ist noch zu ergänzen, dass für den Fall, dass Ihnen zustehender Urlaub trotz Geltendmachung nicht gewährt wird und so der Anspruch untergeht wegen Verfalls mit dem Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums unter, so muss der Arbeitgeber Ihnen für den durch den Untergang des Anspruchs entstehenden Schaden einstehen, §§ 275, 286, 280 BGB, so dass an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs als Schadensersatzanspruch ein Ersatzurlaubsanspruch in der gleichen Anzahl von Urlaubstagen wie der vergeblich geltend gemachte Urlaub tritt (ständige Rechtsprechung Bundesarbeitsgericht, BAG 19. 4. 94, 9 AZR 478/92; 31. 5. 90).

Aus der Pflege ergibt sich soweit nichts wirklich anderes. Allerdings gibt es nach dem Pflegezeitgesetz die Möglichkeit der Freistellung zur Pflege eines nahen Angehörigen.
Nach § 2 Abs 1 Pflegezeitgesetz haben Beschäftigte ?das Recht, bis zu zehn Arbeitstagen der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.? Dies gilt aber nur in sogannten Akutfällen. Liegt ein Akutfall vor, erlischt die Arbeitspflicht kraft Gesetzes. Es muss also eine akut eingetretene Pflegesituation vorliegen. Ein unerwartetes Ereignis muss die sofortige familiäre Hilfe erfordern.

Damit scheiden alle planbaren und vorhersehbaren Ereignisse als Grund für die Arbeitsbefreiung aus. Je nach den Umständen des Einzelfalls können auf den ersten Blick gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln sein. In Betracht kommen: Eintritt der Pflegebedürftigkeit als solcher; Ausfall der häuslichen Pflegeperson (Familienmitglied oder Angestellte) infolge Krankheit oder (fristloser) Kündigung, für die nicht rechtzeitig Ersatz beschafft werden kann; plötzliche Schließung der Pflegeeinrichtung (Insolvenz; behördliche Untersagungsverfügung). Auch ein längerer Krankenhausaufenthalt des Pflegebedürftigen kann akuten Handlungsbedarf begründen, wenn der Umfang des künftigen Pflegebedarfs unklar ist und deshalb die sich anschließende Unterbringung (stationäre oder häusliche Pflege) nicht abschließend organisiert werden kann.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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