Neues Handy defekt: Wann kommt ein Rücktritt vom Kaufvertrag infrage?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich habe 2014 ein Smartphone im Onlineshop des Herstellers gekauft. Dieses Gerät hat immer wieder denselben Fehler gehabt: Ein Plastikteil hat sich vor die Kamera über dem Display geschoben – ein beim Hersteller bekanntes Problem.

Es wurde mehrmals ausgetauscht da ich eine Versicherung für das Gerät beim Hersteller abgeschlossen habe. Nach dem dritten Mal wurde das Handy gegen ein komplett neues Gerät getauscht. Leider war das Problem damit nicht behoben. Inzwischen wurde es insgesamt achtmal seit 2014 ausgetauscht.

Jetzt will ich eigentlich vom Kaufvertrag zurücktreten, da ich keine Besserung sehe und meine Garantie in drei Wochen abläuft. Der Hersteller sagt jetzt aber, dass Sie bisher noch keinen Reparaturversuch hatten, da das Gerät immer nur vorab getauscht wurde.

Als Laie würde ich jetzt sagen, dass ich trotzdem vom Kaufvertrag zurücktreten kann. Was mir ein Termin bei der Verbraucherzentrale bestätigt hat, aber auch dieser Hinweis an den Hersteller hat leider nichts gebracht. Sie stellen sich quer und verweigern mir den Rücktritt.

Was würde es kosten so etwas juristisch anzugehen? Sehen Sie überhaupt eine Chance gegen den Hersteller bzw. steht der Aufwand im Verhältnis zum Preis von knapp 900€?

Antwort des Anwalts

1. Was kostet es, gegen den Hersteller aufgrund der Verweigerung des Rücktrittes vorzugehen?

Hierzu vorab wegen des besseren Verständnisses ein paar allgemeine Anmerkungen: Grundsätzlich ist die Situation so, dass Sie zunächst dem Hersteller gegenüber den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären müssen. Dies sollten Sie schriftlich tun und zwar unter Hinweis darauf, dass bisherige Austauschversuche fehlgeschlagen sind. 

Ich gebe allerdings zu bedenken, dass es in der Tat richtig ist, dass der Hersteller abgesehen von den Umtauschversuchen auch die Möglichkeit hat, einen Reparaturversuch (Nachbesserung) zu unternehmen.

Erst wenn dieser Versuch der Nachbesserung fehlgeschlagen ist, steht Ihnen das Recht zum Rücktritt zu. Es wäre daher taktisch sinnvoll, auch im Hinblick auf die möglicherweise entstehenden Kosten eines Rechtsstreits, den Hersteller zunächst dazu aufzufordern, das Gerät nunmehr zu reparieren und eine angemessene Frist zur Reparatur zu setzen.

Angesichts der vielen Geschäfte, die man auch online findet, die Reparaturen an Smartphones anbieten, und den dortigen kurzen Reparaturzeiten, dürfte eine derartige Reparaturfrist sicherlich nicht allzu lange anzusetzen sein. Erst wenn diese Frist abgelaufen ist oder nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat, würde ich an Ihrer Stelle den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Diese Erklärung sollte dann schriftlich gegenüber dem Hersteller erfolgen. Die Erklärung kann sowohl an den Onlineshop als auch an jede andere Hersteller-Filiale gerichtet werden, mit der Sie im Rahmen der Reparatur zu tun hatten.

Die nunmehr ablaufende Garantiezeit spielt im Übrigen dabei keine Rolle, da der Garantiefall ja bereits eingetreten und beim Hersteller bekannt ist.

Bei dem Rücktritt vom Kaufvertrag handelt es sich um eine sogenannte "einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung". Dies bedeutet, dass der Rücktritt dann wirksam wird, wenn die Rücktrittserklärung beim Hersteller eingeht. Es ist nicht notwendig, dass der Hersteller die Rücktrittserklärung akzeptiert.

Der Hersteller kann allerdings nach Eingang der Rücktrittserklärung verweigern, die aus dem Rücktritt folgenden Konsequenzen, nämlich Rücknahme des Gerätes gegen vollständige Erstattung des Kaufpreises, vorzunehmen. Sofern sich der Hersteller weigern sollte, müssten Sie dies dann gerichtlich durchsetzen.

Die gerichtliche Durchsetzung würde über eine Zahlungsklage in Höhe des Kaufpreises (in etwa 900 Euro) beim zuständigen Amtsgericht erfolgen. Als Begründung für die Zahlungsklage wäre dann der Kaufbeleg vorzulegen, welcher die Höhe des Kaufpreises belegt und die Mängel an dem Gerät sowie die Reparaturgeschichte zu schildern und glaubhaft zu machen bzw. unter Beweis zu stellen. Der Zahlungsanspruch ergibt sich dann aus der ausgesprochenen Rücktrittserklärung, wobei Sie sicherheitshalber darauf achten sollten, dass Sie den Zugang dieser Erklärung auch nachweisen können. Dies geschieht üblicherweise entweder durch Unterzeichnung eines Empfangsbekenntnisses bei persönlicher Übergabe oder durch Nachweis eines Rückscheins bei der Post.

Grundsätzlich können Sie ein derartiges Verfahren vor dem Amtsgericht selbst führen und benötige nicht zwingend einen Rechtsanwalt. Das Verfahren vor dem Amtsgericht unterliegt nämlich nicht der Anwaltspflicht.

Wenn Sie das Verfahren ohne Rechtsanwalts führen, haben Sie lediglich die Gerichtskosten einzuzahlen. Diese belaufen sich bei einem Gegenstandswert von 900 Euro auf 159 Euro.

Sollten Sie sich dazu entscheiden, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, wären hiernach mindestens die Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu entrichten. Diese Gebühren berechnen sich wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3100, 1008 VV RVG: 104,00 Euro
Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG: 94,00 Euro
Auslagen Nr. 7001 u. 7002 VV RVG: 20,00 Euro
MwSt.: 41,80 Euro
eigene Anwaltskosten: 261,80 Euro

Im Falle des Unterliegens müssten Sie auch die Kosten des gegnerischen Anwalts erstatten. Somit besteht für den Prozess folgendes Kostenrisiko:

Eigene Anwaltskosten: 261,80 Euro
Fremde Anwaltskosten: 261,80 Euro
Gerichtskosten: 159,00 Euro
Summe: 682,60 Euro

2. Inwieweit besteht überhaupt eine Chance, gegen den Hersteller vorzugehen bzw. steht der Aufwand im Verhältnis zum Preis des Gerätes von knapp 900 Euro?

Diese Frage ist insofern schwer zu beantworten, da schwierig vorherzusehen ist, wie sich der Rechtsstreit entwickeln wird.

Es spricht vieles dafür, dass der Hersteller bei Eingang einer derartigen Klage möglicherweise „einknickt“ und der Rückabwicklung des Kaufvertrages dann doch noch zustimmt und das Smartphone zurücknimmt und Ihnen den vollständigen Kaufpreis auszahlt.

Falls dies nicht geschieht, wären Sie beweispflichtig dafür, dass tatsächlich ein Mangel vorliegt, welcher Sie zum Rücktritt berechtigt. Sollte der Hersteller dies bestreiten, müsste im schlimmsten Fall sogar durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, dass ein entsprechender Mangel besteht. Diese Kosten müssen Sie dann als Kläger vorfinanzieren.

Grundsätzlich ist die Verteilung der Kostenlast so, dass Sie als Kläger sowohl die Gerichtsgebühren als auch Ihre eigenen Anwaltskosten und gegebenenfalls auch (im allerschlimmsten, allerdings eher unwahrscheinlichen Fall) die Gutachterkosten vorfinanzieren müssten.

Sollten Sie den Rechtsstreit gewinnen, also das Gericht zu Ihren Gunsten entscheiden, müsste Ihnen der Hersteller neben dem vollständigen Kaufpreis auch sämtliche entstandenen Kosten erstatten. Damit würden Ihnen letztlich dann für das Verfahren keine Kosten entstehen. Dies wäre allerdings der positivste Fall, dass Sie vollständig obsiegen.

Oft enden derartige Streitigkeiten allerdings so, dass (ohne Sachverständigengutachten) vor Gericht ein Vergleich geschlossen wird, mit dem die Sache dann erledigt wird. Dies kann häufig dazu führen, dass die Parteien auf ihren jeweiligen Kosten sitzen bleiben. In Ihrem Fall würde dies dann beispielsweise bedeuten, dass Sie zwar Ihr Recht vollständig oder zumindest zum Teil durchgesetzt hätten, aber auf einem Teil Ihrer Kosten sitzen bleiben würden. Ob dies dann am Ende wirtschaftlich ist oder nicht, lässt sich leider schwer vorhersagen.

Gleichwohl bin ich der Meinung, dass man sich von derartigen Risiken nicht von einem Prozess abhalten lassen soll, zumal in dem von Ihnen geschilderten Fall es doch so erscheint, als ob unstreitig ein Mangel vorliegt und der Hersteller sich derzeit lediglich darauf beruft, dass noch kein Reparaturversuch durchgeführt wurde. Wenn Sie sich jetzt bereit erklären würden, dem Hersteller diesen Reparaturversuch zuzugestehen, hätten Sie ideale Voraussetzungen, sollte dieser nicht den gewünschten Erfolg bringen, eine Klage erfolgreich zu führen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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